Martin Habermann
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist äußerst bedauerlich, dass der Entschließungsantrag zurückgezogen wurde; denn in der Hälfte meines Redemanuskriptes habe ich mich um eine Auseinandersetzung mit diesem Entschließungsantrag bemüht.
Aber das macht nichts. Dann bleibe ich beim Staatskirchenvertrag und werde das zunächst einmal wiederholen - wiederholen zwar nicht mit den gleichen Worten, aber mein ambivalentes Verhältnis als Abgeordneter zu Staatsverträgen noch einmal deutlich machen. Da hatte Herr Vietze natürlich 100%ig Recht: Wir haben diesen Staatsverträgen eben nur zuzustimmen, wir können nichts ändern. Wir haben zwar zwei Lesungen, aber zwischen der 1. und der 2. Lesung haben wir keine Variationsmöglichkeiten, sodass es bei Staatsverträgen immer die Auseinandersetzung gibt, inwieweit wir als Parlament direkt benötigt werden.
Was übrigens die Qualität der Anhörung im Hauptausschuss betrifft, kann ich auch nur unterstreichen: Ich habe selten eine qualitativ so hochwertige Anhörung erlebt wie gerade zu diesem Sachverhalt.
Der Vertrag regelt das Verhältnis und die Zusammenarbeit zwischen dem Land und der katholischen Kirche. Eigentlich schreibt er nur fest, was inzwischen, wie der Ministerpräsident es auch bei der Vertragsunterzeichnung sagte, gute und gängige Praxis im Land Brandenburg ist. Gerade weil das so ist, liegt die besondere Bedeutung dieses Vertrages auch darin, dieses gute Miteinander langfristig zu sichern.
Selbst wenn die katholische Kirche im Land Brandenburg eine reine Diasporakirche mit nur ca. 100 000 Gläubigen ist, wird wohl niemand ernsthaft in Abrede stellen wollen, dass sie ein wesentlicher Teil der Gesellschaft ist: im gesellschaftlichen Diskurs als meinungsbildender Partner, in der Caritas und im seelsorgerischen Handeln - Stichworte: Gefängnisseelsorge, Militärseelsorge, Unfallseelsorge und Ähnliches. Natürlich gibt es eine Trennung von Kirche und Staat, aber aufgrund der gerade kurz beschriebenen gesellschaftlichen Verzahnungen sind klare Regelungen, wie sie in diesem Staatskirchenvertrag festgelegt sind, nötig.
Einen weiteren Grund für diesen Staatskirchenvertrag sehe ich in der Gleichbehandlung gegenüber der evangelischen Kirche. Den Vertrag mit der evangelischen Kirche hat Brandenburg bereits im Jahr 1996 abgeschlossen und ich hoffe, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis wir einen Staatsvertrag mit der jüdischen Gemeinschaft abschließen können. Allerdings sind wir das letzte Land unter den neuen Bundesländern, das einen solchen Vertrag mit der katholischen Kirche abschließt. Die Akteure, die damals den Verhandlungsakt vollzogen, Nuntius Kadar und Ministerpräsident Stolpe, sind schon längst nicht mehr im Amt. Wir haben sehr lange dazu gebraucht, aber Ursache waren unterschiedliche Standpunkte zum Religionsunterricht und nicht die Langsamkeit der Landesregierung, Herr Abgeordneter Schuldt.
Übrigens ist das ein gutes Beispiel für Formulierungen in Staatsverträgen. Sie sind in vielem nämlich mühevoll erarbeitete Kompromisse. Der Artikel 4 des vorliegenden Staatsvertrages ist ein hervorragendes Beispiel. Meinen Sie nicht auch, dass sich sowohl die Landesregierung als auch die katholische Kirche durchaus andere Formulierungen in diesem Artikel 4 gewünscht hätten?
Die Ausrichtung des vorliegenden Vertrages an den grundlegenden staatskirchenrechtlichen Vorgaben, niedergelegt in der Weimarer Reichsverfassung, dem Reichskonkordat und dem Preußenkonkordat, stößt bei manchen Zeitgenossen - wir haben es vorhin gerade wieder gehört - auf Unverständnis. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass diese fortgeltendes Recht sind. Natürlich werden abweichende Regelungen getroffen, wenn Vertragsbestandteile nicht mehr zeitgemäß sind. Ich verweise da auf Artikel 3 des Vertrages, Ämterbesetzung.
Die Trennung von Kirche und Staat ist in Deutschland anders als in Frankreich oder in den USA; sie ist nicht so strikt. Es gibt hier keine undurchlässige Mauer. Ich halte das auch für gut; denn in vielen gesellschaftlichen Bereichen übernehmen Staat und Kirche anteilig gleiche Aufgaben, der eine in Ausübung seiner Hoheitspflicht gegenüber seinen Bürgern, der andere aus seinem Sendungsauftrag heraus. Aufgaben der Bildung und Erziehung, der Caritas, des Denkmalschutzes - um nur einige zu nennen - gehören dazu. An diesen Aufgaben haben beide Seiten ein primäres Interesse. Das muss geregelt werden.
Auch wenn ich eingangs die katholische Kirche in Brandenburg als Diasporakirche klassifizierte, schmälert das nicht ihre Bedeutung für unsere Gesellschaft. Ich will weder auf die Prägung des christlichen Abendlandes durch die Kirche eingehen noch auf ihre Bedeutung für die darstellende Kunst, für Musik und Literatur, sondern will nur auf die jüngste Vergangenheit verweisen. Die Kirchen - auch die katholische betrifft das, obwohl das oft nicht so deutlich wurde - haben wesentlich daran mitgewirkt, dass wir jetzt in einer freiheitlichen Demokratie leben können. Oder nehmen Sie die von uns allen so oft im Munde geführte soziale Marktwirtschaft. Sie hat ihre Grundlagen in der katholischen Soziallehre und in der evangelischen Sozialethik. Ich führe das nur an, um die Bedeutung der Kirchen auch für uns heute deutlich werden zu lassen.
Mit Sicherheit trete ich Ihnen nicht zu nahe, wenn ich feststelle, dass auch in diesem hohen Hause die wenigsten aktive Mitglieder einer Kirche sind. Das ist das Resultat zweier im Grunde genommen kirchenfeindlicher Diktaturen, der einen von 1933 bis 1945 und der zweiten von 1945 bis 1989. Man könnte zu dieser Thematik noch viel sagen. Dazu fehlt mir natürlich jetzt die Zeit.
Gehen Sie bitte unabhängig von Ihrer weltanschaulichen Position pragmatisch an den vorliegenden Staatsvertrag heran. Die Zustimmung zu diesem Vertrag setzt nicht religiöses Wissen oder religiöse Erfahrung voraus.
Er ist gut für unser Land, er ist gut für unsere Gesellschaft, er ist wert, einstimmig angenommen zu werden. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Große, ich gebe Ihnen Recht, was den letzten Satz und die Quintessenz Ihres Beitrags anbetrifft. Aber alle Unterstellungen, die Sie hier gebracht haben, auch was den Rechtsanspruch auf Bildung anbelangt, könnte ich nicht unterschreiben.
Auch wenn es tatsächlich noch rund drei Monate dauert, bis die EU um zehn Staaten erweitert wird, ist der Begriff Vorabend, an dem ich mich erst ein bisschen gerieben habe, angesichts der erheblichen Veränderung, die der Beitritt für uns alle herbeiführen wird, vielleicht doch nicht übertrieben.
Der Begriff Vorabend provoziert natürlich noch ein anderes Bild. Danach müsste nach dem 1. Mai 2004 als Vorabend, dem Datum des Beitritts Polens und weiterer neun Länder zur Europäischen Union, der helllichte Tag anbrechen.
- Herr Klein, Sie ahnten es. - Aber wird das wirklich so sein, meine Damen und Herren?
Wir alle sind Realisten genug, um zu wissen, dass sich vieles ändern wird, dass aber auch bereits jetzt erkennbare Probleme bestehen bleiben werden. Manche Probleme werden sogar größer. Insgesamt wird dieser Bereich der Probleme gegenüber
den Chancen und Möglichkeiten, die durch den Beitritt eröffnet werden, jedoch klein sein. Wir haben wiederholt darüber debattiert, zuletzt im Zusammenhang mit den Großen Anfragen der CDU- und der PDS-Fraktion zum Prozess der Erweiterung der EU.
Damit möchte ich auf meine Vorredner eingehen. Die von Frau Große vorgetragenen Aspekte waren, jedenfalls in diesem Umfang, relativ neu. Die Ausführungen des Kollegen Lenz enthielten jedoch viele Punkte, die keinen Neuheitswert hatten, die hier schon wiederholt angesprochen worden sind. Grundsätzlich Neues werden Sie auch von mir nicht hören, sondern eher hinlänglich Bekanntes, dies aber hineingestellt in eine leicht veränderte politische Atmosphäre. Ich werde darauf zurückkommen.
Bleiben werden ohne Zweifel die Aspekte der Sicherung des Friedens in Europa, das Rücken Brandenburgs von einer Randlage in die Mitte Europas, die Chance Brandenburgs, zur zentralen Drehscheibe zu werden, die Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Immigration und organisierter Kriminalität durch die Verschiebung der EU-Außengrenze nach Osten, die Verringerung des Wohlstandsgefälles zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarstaaten und die Erhöhung des Lebensstandards in diesen Ländern, der freie Verkehr von Arbeit, Waren und Dienstleistungen auch der neuen Mitglieder im gesamten Binnenmarkt. Übergangsvereinbarungen werden manches erleichtern. Ich will es bei dieser Aufzählung bewenden lassen.
Den Beitrittsprozess begleitet das Land Brandenburg mit einer Vielzahl einzelner Maßnahmen, die vor allem in enger Kooperation mit den angrenzenden Woiwodschaften, die durch Bürger, Institutionen, Unternehmen, Kammern, Euroregionen und auch durch die oberen Landesbehörden abgearbeitet werden. Diese Aktivitäten, die uns hinlänglich bekannt sind, werden am 1. Mai 2004 nicht enden, sondern werden, vielleicht sogar auf einem noch höheren Niveau, weitergeführt werden. Nehmen Sie beispielhaft nur die Wirtschaftsbeziehungen und die grenzüberschreitende Infrastruktur, auf die im Übrigen mein Kollege Dr. Ehler noch eingehen wird, oder die Wissenschaftskooperation, getragen durch die Viadrina in Frankfurt, oder alles, was zum Erlernen der Sprache des jeweils anderen Landes führt, worüber auch Frau Große gerade gesprochen hat.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir auf dem eingeschlagenen Weg nur weiterzugehen brauchen. Das müssen wir sogar, um letztlich von diesem geeinten Europa zu profitieren.
Ich sprach gerade von einer leicht veränderten politischen Atmosphäre. Das hat seine Ursache. Mich hat eine kürzlich vom polnischen Außenminister gehaltene Grundsatzrede erschreckt. Der polnische Außenminister bezeichnete als Warschaus Schlüsselpartner in der Europäischen Union Spanien, Italien, Großbritannien und Irland, nicht Deutschland. Es ist schade, dass die politische Verstimmung wegen des Irak-Krieges und der Verfassungsdiskussion die natürlichen Interessen beider Länder so in den Hintergrund treten lässt.
Lassen wir uns davon aber nicht irritieren. Die CDU-Fraktion und natürlich auch ich sind davon überzeugt, dass es nur einen Weg gibt, und zwar den in die Richtung einer kooperativen Zusammenarbeit zum Wohle beider Länder. - Herzlichen Dank.
Frau Kollegin Stobrawa, wenn Sie zu dem Verfassungsvertrag so viele Bedenken äußern, dann frage ich Sie, weshalb Sie nicht kurz formulieren: Die PDS lehnt diesen EU-Verfassungsvertrag rigoros ab.
Mit einem Volksentscheid ändern Sie keinen Inhalt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der im Antrag formulierte Vorschlag - das muss ich zugeben - ist sehr interessant. Er ist nicht nur interessant, sondern es gibt auch viele Gründe, für einen Volksentscheid zur Annahme der EU-Verfassung zu stimmen bzw. für einen solchen einzutreten. Es gibt auch in meiner Fraktion eine Reihe von Mitgliedern, die dem durchaus nahe stehen. Ich sage das vorab, damit Sie nicht denken, wir wollten hier eine dogmatische Meinung vertreten.
Derzeit sehen die Verfassungen von 17 der 25 Mitglieds- und Beitrittsstaaten der EU die Möglichkeit des Volksentscheids vor. Sechs weitere Länder führen bereits Plebiszite ohne Verfassungsgrundlage durch. Lediglich in Deutschland sowie in den Niederlanden fehlt es an beidem, nämlich an den rechtlichen Voraussetzungen und an der politischen Praxis. Aber, liebe Frau Kollegin Stobrawa, Deutschland deshalb als „demokratisches Entwicklungsland“ zu bezeichnen, wie Sie es hier formuliert haben, halte ich doch für etwas stark.
Aber unabhängig davon, ob der Verfassungsvertrag durch Volksentscheid oder durch die jeweils höchste Volksvertretung angenommen wird, ist wichtig, dass er überhaupt von allen jetzigen und künftigen Mitgliedern der Europäischen Union ratifiziert wird; denn der von uns allen begrüßte Entwurf der EUVerfassung ist trotz aller Kompromisse, die nun einmal eingegangen werden mussten, eine sehr gute Grundlage für ein vereintes Europa.
Die Vermittlung des Inhalts dieses Verfassungsentwurfs obliegt nun uns allen und erfordert erhebliche Anstrengungen, unabhängig davon, ob ein Volksentscheid durchgeführt wird oder nicht. Deswegen befürworte ich ausdrücklich eine Informationskampagne und meine, dass es wichtig ist, dass sich jeder Bürger in unserem Land und in Deutschland über die Grundzüge dieses Verfassungsvertrags im Klaren ist. Auf eine Wertung des Verfassungsvertrags muss ich aus Zeitgründen verzichten.
Meine Damen und Herren, ich glaube zwar nicht, dass eine Volksbefragung - jetzt zitiere ich - „sektiererischen Kräften, die Europa zu Fall bringen wollen, eine riesige Bühne bietet“, wie einer meiner Parteifreunde sich presseöffentlich äußerte, aber Sie müssen doch zugeben: Eine Gefahr ist es in jedem Fall. Und das ist es nicht allein. Der Verfassungsvertrag ist ein sehr komplexes Werk. Da teile ich durchaus die Meinung von Bundesjustizministerin Zypries, die in der „Frankfurter Rundschau“ vom 11.06.2003 äußerte:
„Wenn die Komplexität des Gegenstandes so groß ist wie bei einem europäischen Verfassungsvertrag, ist ein Referendum, bei dem man nur zustimmen oder ablehnen kann, sehr schwierig. Das reduziert sich schnell auf eine Frage wie: Brauchen wir mehr Europa, ja oder nein? und wird zum Vehikel entsprechender Vorurteile.“
Ich würde hinzufügen: „und von Emotionen“.
Gerade wir in Brandenburg haben doch Ähnliches mit dem Staatsvertrag zum gemeinsamen Bundesland Berlin-Brandenburg erlebt. Wir brauchen doch nicht drum herum zu reden. Ein Volksentscheid zum Verfassungsvertrag würde uns allen auch die Verpflichtung auferlegen, intensiv zu informieren und für das geeinte Europa zu werben. Diese Aufgabe steht meiner Meinung nach ohnehin und davon unabhängig vor uns; denn sie hätten wir ohnehin.
Ich will aber noch eine Frage hinzufügen: Hätten wir, wenn wir so intensiv informierten, auch die Garantie, dass genügend Bürger an die Wahlurnen träten? Die letzte Europawahl oder die kürzlich durchgeführten Kommunalwahlen haben doch andere Realitäten offenbart und da ging es nicht um ferne europäische Themen, sondern um unsere ureigenen Probleme.
Lassen Sie mich noch eine Frage stellen, denn man sollte beim Beschreiten eines neuen Weges auch das mögliche Ende bedenken: Was für Folgen für Europa hätte eine Ablehnung des Verfassungsentwurfs bei einem Volksentscheid in Deutschland? Die plebiszitären Elemente überhaupt ins Grundgesetz aufzunehmen ist ein gesondertes Thema. Das würde ich hieran nicht festmachen wollen. Dazu wird es auch im Bundestag entsprechende Diskussionen geben. Das ist übrigens für die CDU kein Trauma, liebe Kollegin, sondern die CDU hat aus Verantwortung die Verankerung dieser Elemente im Grundgesetz bisher abgelehnt.
Ihrem Antrag kann man nicht zustimmen, und zwar aus zwei Gründen: Erstens ist dieses Thema schon auf der Bundesebene; wir brauchen es also nicht erst per Bundesratsinitiative dorthin zu transportieren. Zweitens ist es heute im Bundestag - gestern in den zuständigen Ausschüssen - behandelt und abgelehnt worden. Damit hat sich Ihr Antrag erledigt. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Vorfeld zu dieser Aktuellen Stunde bin ich wiederholt angesprochen worden mit der Frage, ob es hier und heute nicht andere Themen zu diskutieren gebe, die viel wichtiger seien. Gerade diese Fragestellung ist in meinen Augen bezeichnend und zeigt gleichzeitig die Notwendigkeit auf, gerade über dieses Thema hier zu sprechen.
Zurzeit geschieht etwas, was noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre: Die Teilung Europas wird endgültig überwunden. Fast der gesamte Kontinent wird von einem Band gemeinsamer Werte und gemeinsamen Rechts geeint. All dies geschieht im Grunde genommen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Jedenfalls wird dieser Vorgang in seiner ganzen Dimension viel zu wenig wahrgenommen.
Das ist ein guter Grund, darüber zu reden. Das wird mit Sicherheit uns alle betreffen und unser aller Leben in gewisser Weise verändern.
Die Euroäische Union wird in Kürze um zehn Staaten erweitert. Brandenburg ist aufgrund der bisherigen EU-Schengen-Außengrenze davon unmittelbar betroffen.
In den vergangenen Wochen stimmte die Bevölkerung unserer unmittelbaren Nachbarn Polen und Tschechische Republik der Mitgliedschaft ihrer Länder in der EU zu. Damit ist eine der letzten Hürden für den Beitritt dieser Länder zur EU gefallen.
Mit dem Beitritt dürfen Arbeit, Waren, Dienstleistungen im gesamten Binnenmarkt ungehindert angeboten werden und zirkulieren. Daraus ergeben sich weit reichende Folgen für die Wirtschaft, und zwar sowohl für die der bisherigen als auch für die der künftigen Mitgliedsstaaten.
Nicht zuletzt wegen der schwierigen konjunkturellen Lage, die wir derzeit alle spüren, wurden Übergangsvorschriften vereinbart. Hiernach gelten die bisherigen nationalen Regelungen für einen bestimmten Zeitraum weiter, wenn ansonsten schwerwiegende wirtschaftliche Folgen zu befürchten sind. Diese Restriktionen dürfen mindestens zwei, höchstens jedoch sieben Jahre nach dem Beitritt der neuen Mitgliedsländer bestehen bleiben. Für Brandenburg bedeutet dies, dass die Freizügigkeit von polnischen Arbeitnehmern insbesondere im Baugewerbe höchstwahrscheinlich für eine gewisse Zeit eingeschränkt werden wird.
Meine Damen und Herren, das waren die kurzen Auführungen für die Pessimisten, also für diejenigen, die durch die Osterweiterung der Europäischen Union erhebliche Nachteile befürchten. Lassen Sie mich nun zu der Passage für die Optimisten kommen, zu denen ich auch mich zähle.
Europa wird größer. Brandenburg rückt von einer Randlage in die Mitte Europas und hat die Chance, zur zentralen Drehscheibe zu werden. Durch die Erweiterung wächst die Europäische Union um nahezu 100 Millionen Menschen zu einem Wirtschaftsraum mit insgesamt 500 Millionen Einwohnern. Dadurch entsteht der weltweit größte einheitliche Markt. Durch den Beitritt wird das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Deutschland um rund 0,5 % wachsen. Die Außengrenze der EU wird nach Osten verschoben. Die Übernahme der EU-Standards durch die neuen Mitgliedsstaaten erleichtert die Bekämpfung von illegaler Migration und organisierter Kriminalität. In einigen Jahren wird die Oder-Neiße-Grenze keine Quelle der Kriminalität mehr sein, und zwar einerseits dadurch, dass sie keine Außengrenze der EU mehr sein wird, aber auch deswegen, weil sich das Wohlstandsgefälle zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarstaaten durch die Erhöhung des Lebensstandards in diesen Ländern entscheidend verringern wird. Durch die Erhöhung der Umweltstandards in den Beitrittsländern wird die grenzüberschreitende Luft- und Wasserverschmutzung erheblich reduziert werden. Gerade die Zuwanderung von Osteuropäern nach Westeuropa wird zu einer wesentlichen Quelle für Wohlfahrtssteigerungen und Produktivitätszuwächse in Europa werden. Dies ist nicht eine optimistische Annahme meinerseits, sondern entstammt einer Studie des seriösen Ifo-Instituts.
Für unser Land gibt es nunmehr großartige Chancen in allen Bereichen. Sowohl im kulturellen als auch im wissenschaftlichen und insbesondere im wirtschaftlichen Bereich gilt es, Ost und West zu verbinden. Wer könnte das besser als wir Brandenburger, die sozusagen an dem Scharnier nach Osteuropa hin sitzen? Hierfür benötigen wir leistungsfähige Verkehrsachsen, ja, wir müssen zu dem Verkehrsknoten und -zentrum Europas werden.
Das war bekanntlich auch schon mehrfach Thema in diesem Hause.
Mit dem nun prinzipiell feststehenden Beitritt der MOE-Staaten zur EU - Sie wissen, dass in einigen Ländern noch die Ratifikation fehlt - am 1. Mai 2004 ist die Frage an uns verbunden, ob wir die richtige Europapolitik betrieben haben und wo gegebenenfalls Korrekturen angebracht sind. Ich habe nicht die Zeit, hier die Ergebnisse einer tiefer gehenden Analyse im Ein
zelnen auszubreiten, aber eines wird unter uns allen sicherlich unstrittig sein: Die Europapolitik des Landes Brandenburg in den vergangenen Jahren war gut und richtig, und zwar bis zum heutigen Tage. Wie Sie wissen, gibt es aber nichts, was nicht noch verbesserungswürdig wäre. Wir von der Politik müssen uns in verstärktem Umfang um eine bessere verkehrliche Erschließung des grenznahen Raumes, um eine erweiterte grenzüberschreitende Verkehrsinfrastruktur, um aktive, lebendige Euroregionen, um eine stabile Förderung der Grenzregionen und um die intensive Erfüllung der mit den polnischen Woiwodschaften und mit anderen Regionen der östlichen Beitrittsländer abgeschlossenen Unterstützungsverträge kümmern.
Unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen müssen „europatauglich“ gemacht werden. Wie Sie wissen, arbeiten die Kammern bereits intensiv daran. Jeder einzelne Bürger sollte sich mit dem Phänomen dieses geeinten Europas beschäftigen, um in Kenntnis der Fakten - nicht etwa in Kenntnis irgendwelcher dubiosen Annahmen - zu einem offensiven Befürworter der europäischen Einigung zu werden.
Man kann das alles auch anders formulieren: Es gibt keinen Grund zur Selbstzufriedenheit, sondern es gibt noch sehr viel zu tun.
Meine Damen und Herren, stellen Sie sich einmal vor, der Beitritt der zehn neuen Mitgliedsstaaten würde am 1. Mai 2004 erfolgen und es gäbe als Rechtsgrundlage nur die Römischen Verträge und die sich daraus ableitenden, uns allen bekannten Verfahrensregelungen. Ich glaube, dass die Erweiterung der EU auf dieser Grundlage nicht gelingen würde. Deswegen waren die Einsetzung des Konvents und die Erarbeitung des europäischen Verfassungsvertrages logisch, folgerichtig und, wie wir inzwischen wissen, erfolgreich. Es bleibt nur zu hoffen, dass der Rat den Verfassungsvertrag möglichst unverändert annimmt und dass dieser Verfassungsvertrag auch die Zustimmung aller nationalen Parlamente findet.
Im Grunde findet durch diesen Verfassungsvertrag nämlich eine Neugründung der Europäischen Union statt. Vieles von dem, was wir in der Vergangenheit oftmals als problematisch und hemmend dargestellt haben, ist jetzt neu geregelt. Ich will hier nur beispielhaft nennen: die besseren Möglichkeiten einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, der Innen- und Justizpolitik, der Formulierung einer klaren Kompetenzordnung, der Reorganisation der europäischen Institutionen bis hin zur Einführung der Mehrheitsentscheidungen.
Für uns als deutsches Bundesland sind besonders wichtig die Definition und die verfahrensmäßige Sicherung zum Subsidiaritätsprinzip, die Achtung der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung - das war übrigens eine der wichtigsten Forderungen der CDU/CSU im Rahmen der Konventsarbeit -, die Klagerechte für die nationalen Parlamente, die Klagerechte für den Ausschuss der Regionen und sogar für einzelne Kammern der regionalen Parlamente; übersetzt in unsere Sprache: das Klagerecht für den Bundesrat. Ich möchte hier abbrechen; der Verfassungsvertrag wird uns in Zukunft noch öfter beschäftigen.
In dieser Aktuellen Stunde die EU-Erweiterung aus der Sicht Brandenburgs zu betrachten ist zwar legitime Aufgabe dieses
Parlaments, die aber eigentlich zu eingegrenzt ist. Dieser Erweiterungsprozess hat eine völlig andere Dimension. Er ist die Voraussetzung für Frieden und politische Stabilität in Europa und das möchte ich immer wieder unterstreichen. Sind so gesehen alle Schwierigkeiten, die mit der EU-Erweiterung verbunden sind, nicht vergleichsweise marginale Probleme? - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin etwas erstaunt über die Äußerungen von Herrn Firneburg bezüglich eines Sinnbildes von freiheitlicher Ordnung und
Recht in Deutschland von Herrn Erhard. Wenn Herr Erhard diese Unterstellung hörte, dann würde er sich nicht nur im Grabe umdrehen, sondern er würde dort rotieren, wenn ich das einmal so despektierlich sagen darf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der PDS, liebe Frau Stobrawa, natürlich habe ich auch mit Ihren Ausführungen Probleme, wie Sie sich wahrscheinlich vorstellen können. Wenn Sie sagen, die Antworten auf die Große Anfrage - ich komme darauf gleich noch im Einzelnen zu sprechen - stellten vielfach Sprechblasen dar, dann halte ich Ihnen entgegen, dass Sie sich fragen sollten, ob nicht vielleicht Ihre Fragestellung so gestaltet ist, dass auf die Fragen nicht anders geantwortet werden konnte. Ich werde das gleich noch belegen.
Wenn Sie der Landesregierung dann unterstellen, dass die Zusammenarbeit mit Polen nicht einen Schwerpunkt ihres Handelns darstellt, dann glauben Sie das im Grunde genommen selber nicht,
und zwar nicht bloß wegen Artikel 2 der Verfassung, sondern grundsätzlich, das heißt wegen der vielen Aktivitäten Brandenburgs gegenüber den polnischen Woiwodschaften. Es ist schade, dass die PDS-Fraktion bei der Aussprache mit den Kollegen von der Woiwodschaft Wielkopolski am Freitag nicht dabei war. Bei dieser Aussprache hätten Sie die Einschätzung dieser Zusammenarbeit durch unsere polnischen Kollegen gehört, hätten Sie vernehmen können, wie dankbar die Kollegen für die Aktivitäten Brandenburgs sind und wie hoch sie die Qualität dieser Zusammenarbeit einschätzen. Ihre Einschätzung ist aus PDSSicht sicherlich gerechtfertigt, aber die Beteiligten sehen das doch etwas anders.
Meine Damen und Herren, ich komme auf die Große Anfrage zurück. Ich muss gestehen, dass es mir sehr schwer fällt, zu dieser Großen Anfrage der PDS-Fraktion eine fundierte Stellungnahme abzugeben. Frau Stobrawa, ich habe Ihnen aufmerksam zugehört - das gilt übrigens auch für meinen Kollegen Lenz, dem ich die Freude darüber angemerkt habe, dass er für Ausführungen zu einem europapolitischen Thema endlich einmal reichlich Zeit hatte und alles im Einzelnen darlegen konnte - und dabei festgestellt, dass in Ihren Darlegungen wichtige Faktoren fehlten. So geht es mir jetzt auch. Der Grund dafür ist nicht das Thema als solches, sondern das liegt daran, wie das, was Sie in die Große Anfrage aufgenommen haben und worüber wir jetzt diskutieren, in dem Fragenkatalog abgehandelt worden ist und dann zwangsläufig dementsprechend von der Landesregierung beantwortet wurde. In die Große Anfrage haben Sie nämlich fast alle gegenwärtig diskutierten europapolitischen Themenkreise aufgenommen. Wenn Sie auch noch die Arbeit des Konvents und den Einsatz unserer Experten in Brüssel hineingenommen hätten, dann wären wirklich alle europapolitischen Themen mit der Diskussion des heutigen Tages abgehandelt und wir - so sage ich einmal - hauptamtlichen Europäer brauchten das Plenum bis zum Ende der Legislaturperiode damit nicht mehr zu behelligen. - Schade, es gibt eben nichts Vollkommenes.
131 Fragen mit 45 Unterfragen wurden gestellt; ich habe mir die Mühe gemacht, das zu zählen. Es ist fast alles angefragt worden,
selbst das, was uns in anderen Landtagsdrucksachen als Antwort der Landesregierung auf Kleine Anfragen, auf Anträge und auf Berichtsbeauftragungen bereits aktuell vorliegt. Besonders aufgefallen sind mir in diesem Zusammenhang Fragen, die die Landesregierung in ihrem letzten Bericht zur Vorbereitung des Landes auf die Erweiterung der Europäischen Union - Landtagsdrucksache 3/4505 - oder im Twinning-Bericht, den wir in der letzten Landtagssitzung behandelt haben, bereits beantwortet hat.
Sie, liebe Kollegen von der PDS, fordern sonst immer mehr Effizienz im Verwaltungshandeln oder, wie kürzlich erst, die Zusammenlegung von Ministerien, um Doppelarbeit zu vermeiden. Damit bin ich ja völlig einverstanden, aber provozieren Sie dann bitte auch nicht durch Große Anfragen Doppelarbeit, zumal Sie wissen, dass Ihnen kaum etwas abgelehnt werden kann, wenn Sie eine Große Anfrage stellen. Oder wollten Sie vielleicht eine geschlossene Dokumentation über den Komplex haben, damit Sie es leichter haben nachzuschlagen, Sie also nicht in viele Einzeldokumentationen zu schauen brauchen?
- Bei Zusatzbeanspruchungen durch eine Bürgermeistertätigkeit sehe ich ein, dass eine solche Dokumentation durchaus von Vorteil ist.
Ich bin mir sicher, dass mit der Beantwortung Ihrer 131 Fragen und 45 Unterfragen - Sie merken, wie ich mich an dieser Zahl berausche - ein gut qualifizierter und gut bezahlter Beamter einige Monate beschäftigt war. Was hätte der für unser gemeinsames Anliegen Gutes leisten können, wenn er diese Zeit in Zielona Gora zugebracht und unsere polnischen Kollegen in Vorbereitung auf ihren EU-Beitritt beraten hätte! Das wäre eine wirklich gute Sache gewesen.
- Selbstverständlich hätte er gedurft. Bei Twinning gibt es eine Menge Möglichkeiten, Herr Trunschke. - In der jetzigen Phase kommt es nämlich auf praktische Hilfe an und nicht auf Fragen, die von der Landesregierung entweder nicht beantwortet werden können - wie etwa die Frage 30.2, wie viele Polen in den Grenzwoiwodschaften Deutsch sprechen; wie gesagt, es ist auch ein Problem der Fragestellung, welche Antworten man provoziert oder nur einen zweifelhaften statistischen Wert haben.
Meine Damen und Herren, ich habe mich im Zusammenhang mit dieser Großen Anfrage auch ausgiebig mit der Geschäftsordnung des Landtages beschäftigt und dabei Folgendes festgestellt: Nur bei Kleinen Anfragen bestimmt die Geschäftsordnung die Konzentration auf einen bestimmten Sachverhalt. Bei Großen Anfragen gibt es also keine Beschränkung. Insoweit sind Sie, liebe Kollegen von der PDS-Fraktion, auf der sicheren Seite.
Aber meinen nicht auch Sie, dass einzelne Abschnitte Ihrer Großen Anfrage so komplex und wichtig sind, dass daraus eigenständige Große Anfragen hätten werden können? - Schade,
dass Sie mich nicht vorher gefragt haben. Ich hätte Ihnen zum Beispiel Große Anfragen zu folgenden Themen vorgeschlagen:
Wirksamkeit der Instrumentarien der EU, des Bundes und des Landes für den Beitritt Polens zur EU. Oder: Unterstützung der KMU in den Grenzregionen in Vorbereitung von Kooperationen mit polnischen Unternehmen.
Oder: Ausbau der grenznahen und grenzüberschreitenden Verkehrsinfrastruktur.
Solche Einzelthemen hätten den Vorteil gehabt, dass sich auch die einzelnen Fachleute der Fraktionen sowie die zuständigen Ressorts der Landesregierung hätten positionieren müssen und dass sich hier nicht nur die Europapolitiker darstellen.
- Von Ihnen kommt noch ein Nachschlag; ich weiß.
Obwohl dies nur Vorschläge waren, wird Ihnen vielleicht aufgefallen sein, dass ich den wichtigen Komplex der Erweiterung der Sprachkompetenz und der Schulen in kein Thema für eine Große Anfrage gekleidet habe.
Der Grund ist einfach: In einer Sitzung des Europaausschusses in Frankfurt, die kürzlich stattgefunden hat - Herr Lenz hat schon darauf hingewiesen -, stand dieses Thema auf der Tagesordnung und wurde von Minister Reiche, von deutschen und polnischen Direktoren, Lehrern und Schülern erschöpfend erörtert.
- Sie haben dieses Thema doch sicherlich auch für diese Sitzung in Frankfurt gewünscht. - Ich habe schon gesagt: Keine Doppelarbeit.
Ich fasse zusammen: Meine Redezeit ist zu kurz - obwohl mir diesmal viel Redezeit zur Verfügung steht -, um eine inhaltliche Bewertung der Antworten zu allen Fragenkomplexen vornehmen zu können. Das haben auch meine Vorredner nicht geschafft. Würde ich nur einen Komplex herausgreifen, hieße das indirekt, dass ich eine Wertung vornehmen würde. Das will ich vermeiden. Deswegen danke ich der Landesregierung im Namen der CDU-Fraktion für die fleißige und umfassende Beantwortung der Fragen. Ich freue mich auf die Sitzungen des Europaausschusses in den nächsten anderthalb Jahren, in denen die Antworten auf die Große Anfrage stückweise Verwendung finden werden. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Stobra
wa, auf Ihren Beitrag muss ich zuerst zu sprechen kommen. Sie haben ihn mit der Frage begonnen: Was wollte uns die Landesregierung damit sagen? - Sie müssen doch fairerweise zugeben, dass der Bericht, was die Aufgabenstellung zu Twinning-Projekten betrifft, ausführlich und aussagekräftig ist. Ich bin froh, dass ich von der Landesregierung einmal einen Bericht ohne „Lyrik“ bekommen habe, der sich auf das Wesentliche konzentriert. Das tut er in diesem Fall: Er zeigt die Ziele auf, er zeigt, wie man sie erreicht. Er leitet Handlungsalgorithmen ab. Das finde ich sehr positiv.
Wenn Sie, Frau Stobrawa, immer wieder - in Ihrem Redebeitrag ist mir das aufgefallen - darauf Bezug nehmen, was das Land Brandenburg primär davon hat, muss ich Sie darauf hinweisen, dass die Twinning-Projekte eigentlich nicht für das Land Brandenburg gemacht worden sind, sondern die Europäische Union sie als „Vorbeitrittshilfe“ für die Länder eingerichtet hat, die wir nach dem Gipfel von Kopenhagen dankenswerterweise in der CDU begrüßen können. Also geht es primär um deren Nutzen und nicht primär um den Nutzen, den wir daraus ziehen können.
Dass man aus dieser Sache Nutzen ziehen kann, wird von niemandem bestritten. Frau Ministerin Richstein hat schon darauf Bezug genommen, dass man die Erfahrungen der in diesen Projekten Tätigen durchaus nutzen sollte, um weiter daran zu arbeiten. Wenn man zudem weiß, dass lediglich eine einzige Kraft aus den Landesbehörden in den Langzeiteinsätzen tätig ist, setzt man auch den Bezug zu den Erfahrungswerten und den Datenbanken, die wir dabei aufbauen wollen, in die entsprechende Relation und schraubt seine Erwartungen nicht ganz so hoch.
Eine Bemerkung dazu, warum sich das Land Brandenburg auf diesem Gebiet so stark engagiert. Ich finde das ausgezeichnet. In Sachsen wird dies analog gehandhabt, da sich die Verhältnisse ähneln. Die osteuropäischen Länder schauen gern zu uns, weil wir solche Transformationsprozesse seit 1990 durchlaufen haben und in diesem Zusammenhang vieles mit den Verhältnissen absolut vergleichbar ist, die in jenen Ländern zum Teil noch herrschen. Insoweit sind wir natürlich gute Berater. Diese Tätigkeit begrüße ich durchaus.
Ihrem Entschließungsantrag, liebe Frau Stobrawa - ich bin ein höflicher Mensch, muss dies jedoch sagen - kann ich nicht viel abgewinnen, und zwar aus dem einfachen Grund: Sie haben im Punkt a) ausdrücklich von der Landesregierung verlangt, den Nutzen der einzelnen Projekte für die Vorbereitung der Beitrittsländer darzustellen. Ich bin ein alter Ingenieur. Schreiben Sie doch bitte einmal auf, wie der Nutzen zu beziffern wäre, wenn ich jemanden berate, wie er mit Gesetzgebungsvorhaben oder Förderanträgen umgehen sollte! Wie quantifiziert man da den Nutzen? Damit hätte ich echte Probleme.
Nein, sie wollte sicherlich etwas fragen.
Ich habe Sie richtig verstanden, stelle aber beim Lesen Ihres Entschließungsantrags, in dem immer wieder vom Nutzen für Brandenburg die Rede ist, fest, dass Sie sich in Ihrer Argumentation widersprechen.
In der EU natürlich.
Das andere würde ich auch begrüßen, aber der Anspruch wäre wohl etwas zu hoch.
Was den zweiten Punkt Ihres Entschließungsantrags betrifft, liebe Frau Stobrawa, möchte ich Ihnen mitteilen, dass wir Ähnliches vorhaben. Wir haben einiges, was Sie die Handlungsempfehlungen im Punkt 6 betreffend anmahnen, schon erfasst. Ich glaube, dass Sie das von Herrn Lenz Gesagte im Grunde genommen unterstützen. Wir liegen bei Europathemen ja selten weit auseinander. Wir sollten uns also im Ausschuss noch einmal damit befassen. Dann kämen die noch fehlenden konkreten Beschreibungen der 17 Twinning-Projekte zum Tragen. Damit werden wir uns sicherlich noch im Einzelnen beschäftigen, das ist eine interessante Angelegenheit. Man sollte dieses Thema vielleicht halbjährlich aufrufen, weil sich hier auch die Verhältnisse stark ändern und Twinning-Einsätze vor allem im kurzfristigen Bereich gefahren werden. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich könnte zu diesem Tagesordnungspunkt feststellen, dass inzwischen alles formuliert worden ist, nur nicht von mir. Ich werde trotzdem auf den Antrag eingehen und ihn zumindest in vier Punkten analysieren.
Übrigens, Herr Thiel, hat der Landtag nicht abgelehnt, im September über diese Problematik zu diskutieren, sondern der Antrag wurde von der antragstellenden Fraktion zurückgezogen. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Ich weise nur deshalb darauf hin, weil diese Behauptung vorhin in den Raum gestellt wurde.
Erstens die Fakten - ich fasse mich relativ kurz -: Ende 2000 ist der Entwurf einer Verordnung über die Schaffung einer gemeinsamen Klassifikation der Gebietseinheiten - die so genannte NUTS-Verordnung - von der EU vorgelegt worden. Die NUTSKlassifikation ist streng hierarchisch und greift auf bestehende administrative Einteilungen der Mitgliedsstaaten zurück. In Deutschland wurde festgelegt, dass NUTS 1 die Länder, NUTS 2 die Regierungsbezirke und NUTS 3 die Kreise bezeichnet. Der Meldetermin ist übrigens von der Bundesregierung festgesetzt worden. Es war also keine unnötige Eile unsererseits, sondern wir standen mehr oder weniger unter Zwang.
Da Brandenburg keine Regierungsbezirke besitzt, gibt es zwei Varianten. Entweder wird NUTS 1 mit NUTS 2 gleichgestellt oder es werden NUTS-2-Gebiete nach bestimmten vorgegebenen Kriterien festgelegt, zum Beispiel zusammenhängende Gebiete, die auf NUTS 3 aufbauen, und mindestens 800 000 Einwohner in einem Gebiet.
Ich muss aber ausdrücklich hinzufügen: Die vorgenannten Kriterien sind von der Bundesregierung, dem eigentlichen Partner der EU-Kommission, bestätigt worden.
Nun komme ich zu Punkt 2, den Möglichkeiten: Unter der Annahme, dass das jetzige Ziel-1-Kriterium - die 75 % BIP pro Kopf - in der EU erhalten bleibt, könnte a) das ganze Land nach Beitritt der osteuropäischen Länder aus der Ziel-1-Förderung herausfallen, b) eines der beiden NUTS-2-Gebiete noch die Förderung erhalten, könnten c) beide NUTS-2-Gebiete Ziel-1Gebiete bleiben. Bezüglich der Varianten a) und b) verweise ich - Herr Wiebke hat dies auch getan - ausdrücklich auf die in Europa bisher immer geübte Praxis, für den Übergangszeitraum
entsprechende Förderungen zu gewährleisten, die zumindest in der Anfangszeit immer dieselbe Höhe haben. Verlautbarungen aus der EU-Kommission - nämlich von Barnier - lassen tatsächlich den Schluss zu, dass solche Gebiete bis zum Jahre 2012 mit einer europäischen Förderung rechnen können.
Nun komme ich zu Punkt 3: Spekulationen.
Von Ihnen wird angenommen, die Strukturförderung der EU wird mit den gleichen Kriterien - weil immer wieder auf den 75 % herumgeritten wird - nach Beitritt der osteuropäischen Länder weitergeführt. Das kann ein gewaltiger Irrtum sein. Erstens ändert sich das Fördergebiet völlig, zweitens können sich Kriterien und die verfügbaren Summen ändern. Wir haben erst gestern den erfreulichen Bericht der Kommission zur Kenntnis genommen, dass wir im Jahre 2004 zehn Beitrittsstaaten haben. Damit hat man schon wieder eine neue Variante im Spiel; denn vorher war ja nur von acht die Rede.
Zweitens: Die bestehenden Kriterien für die NUTS-Gebietseinteilung können noch einmal korrigiert werden. Das ist durchaus möglich, aber ich halte es für sehr schwer, da diese Kriterien mit den EU-Mitgliedsländern abgestimmt und von ihnen akzeptiert wurden und die Bundesregierung ebenfalls bereits zugestimmt hat.
Drittens: Aufgrund des größeren Bedarfs - auch eine Spekulation - werden mehr Mittel für die EU-Strukturförderung bereitgestellt. Auch das halte ich für einen Irrtum, weil das ja heißen würde, dass die Mitgliedsstaaten mehr Beiträge an die EU zahlen, und das kann ich mir nicht vorstellen.
Nun komme ich zum Antrag der PDS; das ist Punkt 4: Punkt 1 des Antrages wurde bereits geprüft und bei Einhaltung der vorliegenden Kriterien als gegenwärtig nicht realisierbar eingestuft. Im Übrigen gibt es bereits die Zusage der Landesregierung darauf möchte ich ausdrücklich verweisen -, jede andere NUTS2-Einteilung zu prüfen, die sich bei eventueller Änderung der EU-Verordnung ergeben könnte. Ich bin mir sicher, dass die Diskussion der Variante „engerer Verflechtungsraum einerseits und äußerer Entwicklungsraum andererseits” dann genauso eingeschlossen ist wie eine eventuelle Dreiteilung des Landes auf der Ebene NUTS 2. Verhandlungspartner ist dabei in erster Linie die Bundesregierung. Die CDU-Fraktion unterstützt diese Vorgehensweise ausdrücklich mit einem Fraktionsbeschluss, einschließlich der logischen Forderung nach Ausgleichsmaßnahmen, sollte die EU-Förderung eingeschränkt werden.
Sie sehen, Ihr Antrag enthält nichts Neues und die Landesregierung hat das längst als ihre Aufgabe akzeptiert.
Punkt 2 des Antrages - da nehme ich nur einmal Punkt a) heraus - beinhaltet quasi eine Aufgabenstellung für eine Regierungserklärung des Ministerpräsidenten. Haben Sie doch noch Geduld bis November; da bekommen Sie doch die Antwort auf die Frage.
Was den zweiten Teil von Punkt 2 anbelangt, gehen Sie von einer falschen Grundlage aus. Nach 2006 ist eine Kompensation für verloren gehende EU-Förderung nicht unbedingt notwendig. Selbst im ungünstigsten Fall wird es für Brandenburg erst ab 2012 um eine Kompensation für verloren gehende EU-Förderung gehen. Unter diesen Voraussetzungen im Jahre 2002 konkrete Aussagen zu fordern halte ich für sehr realitätsfern.
Ich bin beim vorletzten Satz. - Ihr Antrag ist somit entbehrlich und kann beruhigt abgelehnt werden, meine Herren von der PDS.
Ich erlaube mir noch einen Zusatz: Im Übrigen sollte man solche Themen wie dieses nicht so aufgeregt diskutieren, vor allem, wenn man die vielen Unbekannten einer zukünftigen Förderpolitik mit berücksichtigt. Der Begeisterung für Europa hat man damit mit Sicherheit keinen Dienst erwiesen. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme später auf Einzelheiten aus den Beiträgen meiner Vorredner zu sprechen, will aber insgesamt erst einmal feststellen, dass der Bericht „Energiestrategie 2010“ der Landesregierung von meiner Fraktion als sehr gut bewertet wird. Er verbindet eine prägnante Analyse des gegenwärtigen Realisierungsstandes mit den zukünftigen energiepolitischen Zielen. Die Landesregierung bleibt dabei aber nicht bei der Formulierung der Ziele stehen, sondern schreibt in diese neue Energiestrategie 2010 die notwendigen Handlungsoptionen.
Wir hier im Plenum und sicherlich noch nachfolgend der Wirt
schaftsausschuss haben zu bewerten, ob diese Strategie zum gegenwärtigen Zeitpunkt als zielführend und ausreichend angesehen wird oder ob sie gleich noch erheblicher Ergänzungen bedarf.
Als energiepolitischer Sprecher meiner Fraktion kann ich zufrieden erklären, dass ich gegenwärtig keine notwendigen Ergänzungen zum heutigen Tage erkenne, womit ich aber keineswegs gesagt haben will, dass der vorliegende Bericht absolut kritiklos hingenommen werden sollte.
Die Überlegungen, zu denen ich anregen möchte, sind aber von der Landesregierung gut hinzunehmen. Sie lösen sich zum Teil schon in der Arbeitsmethodik auf, die der Erstellung dieses Berichtes zugrunde lag. Die Einbeziehung aller von der Problematik direkt betroffenen Ressorts der Landesregierung bereits in die Erarbeitung der Strategie und nicht erst im obligatorischen Mitzeichnungsverfahren war erst einmal eine gute Maßnahme.
Die Diskussion der Arbeitsergebnisse und des Prognos-Gutachtens mit den Fachleuten der Verbände und vor allen Dingen der Wirtschaft tat ein Übriges. Damit habe ich im Grunde genommen schon bestätigt, dass das, was der Minister gesagt hat, sich hier in dieser Art und Weise wiederfindet. Er sagte, man müsse mehr den Dialog mit den Beteiligten suchen. Er hat es in der Erarbeitung getan. Ich würde mir wünschen, dass dieses Arbeitsgremium aufrechterhalten wird, jährlich einmal zusammenkommt, um die Fachkompetenz für die Landesregierung, für den Landtag zu nutzen. Man sollte vielleicht alle zwei Jahre im Plenum einen Fortschrittsbericht vorlegen, um zu erfahren, inwieweit die Energiestrategie 2010 hier einer Ergänzung bedarf bzw. so bestätigt werden kann.
Trotzdem möchte ich zu den Inhalten des Berichtes kurz kommen. Da ich nicht so viel Redezeit habe, möchte ich nur einige Punkte herausgreifen.
Erstens: Ich habe bedauert, dass erst auf der Seite 8 die energiepolitischen Zielsetzungen von 1996 aufgeführt wurden. Sie werden nach meinem Empfinden so nebensächlich dargestellt, dass man fast den Eindruck gewinnen kann, als seien sie damals gut gewesen, aber heute überholt. Das Gegenteil ist der Fall. Die energiepolitischen Zielstellungen von 1996 haben volle Gültigkeit. Es hat bestenfalls eine Verschiebung der Gewichtung gegeben.
Zweitens: Bei der Energiestrategie 2010 des Landes Brandenburg - ich betone: des Landes Brandenburg, nicht der Bundesrepublik Deutschland und auch nicht der Europäischen Union hätte ich erwartet, dass immer zuerst die wichtigsten einheimischen Ressourcen mit der größten Bedeutung für den Brandenburger Arbeitsmarkt angeführt werden. Braunkohlengewinnung und Braunkohlenverstromung finden Sie bestenfalls unter „ferner liefen“, aber nie als Punkt 1 dieser Energiestrategie. Man hat fast den Eindruck, als müsse man sich bei den Vertretern der erneuerbaren Energien - der Beitrag von Herrn Gemmel war für mich wieder ein beredtes Beispiel - dafür entschuldigen, dass es diese Technologie noch gibt. Es ist nur dumm, dass auf Basis der konventionellen Kraftwerkstechnik noch 95 % des Energiebedarfes abgedeckt werden, und zwar nicht nur zum jetzigen Zeitpunkt, sondern dies wird auch noch im Jahr 2010 so sein.
Damit komme ich zu einigen anderen Punkten. Man kann nicht einfach nur beklagen, dass wir als Land Brandenburg einer der größten CO2-Emittenten der Bundesrepublik sind. Man hätte fairerweise dazu sagen müssen, dass das Land Brandenburg das Bundesland ist, welches in den letzten Jahren am meisten zur CO2-Minderung beigetragen hat. Das vergisst man bei dieser Diskussion immer.
Wir haben Kraftwerke abgeschaltet. Das fängt in Lübbenau/Vetschau an, reicht über Schwarze Pumpe, Lattendorf und Boxberg. Wenn aber jetzt, da wir einen modernen Kraftwerkspark haben, verlangt wird, wir müssten weiter an der CO2Minderung arbeiten, und zugleich begrüßt wird, dass wir aus der Atomnutzung aussteigen, dann frage ich mich, womit die Grundlast abgedeckt werden soll.
- Natürlich wird die Energie im Grundlastbereich aus thermischen Kraftwerken kommen. Was meinen Sie, woher der Strom kommen wird?
Mit den geringen Steigerungsraten im Bereich der erneuerbaren Energie können Sie nicht das erreichen, was nötig ist.
Da hier gesagt wurde, die Energiestrategie sei auch im Hinblick auf Energieeinsparung nicht konkret genug, fordere ich Sie auf, freundlicherweise mit der Finanzministerin zu reden. Fragen Sie sie einmal, ob sie in der Lage ist, ein kommunales Investitionsprogramm aufzulegen, damit wir wenigstens öffentliche Gebäude dämmen und dadurch eine wesentliche Energieeinsparung erreichen können. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz: Man kann nicht in einer Haushaltsberatung das eine diskutieren und in einer Debatte über Energiestrategien vom Wirtschaftsminister konkrete Maßnahmen in einer anderen Richtung fordern.
Drittens: Damit kein Missverständnis auftritt: Ich messe der Nutzung erneuerbarer Energien eine hohe Bedeutung bei. Trotzdem darf man den für Brandenburg so enorm wichtigen Bereich der Braunkohlenverstromung nicht als Nebensache behandeln, schon gar nicht in einer Landesenergiestrategie bis zum Jahr 2010. Dies geht auch nicht mit einem Konzept wie dem Ihren, Herr Gemmel, dessen Maßnahmen im Jahre 2050 wirksam werden. Darüber kann man sich natürlich auch unterhalten. Aber wir haben hier ein anderes Dokument vorliegen.
Im Bereich der erneuerbaren Energien hätte ich mir zum Beispiel eine klarere Orientierung auf den gesamten Bereich der kontinuierlichen Energiebereitstellung gewünscht. Natürlich macht es sich gut, zu bilanzieren, dass sich in Brandenburg der Bestand von Windenergieanlagen seit 1997 verfünffacht hat und jetzt 870 Anlagen umfasst - eine Zahl, die im Bericht übrigens nicht vorkommt. Aber weiß denn die Bevölkerung unseres Landes, dass sie bei einem im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgesetzten Abnahmepreis von ca. 10 Cent pro Kilowattstunde dies mit dem von ihr bezahlten Strompreis mitfinanziert? Ist
auch bekannt, dass diese Anlagen sowohl bei Flaute - das ist vielleicht noch einsichtig - als auch bei beginnendem Sturm automatisch abschalten, sodass man dann wieder auf den viel gescholtenen Braunkohlenstrom angewiesen ist?
Bitte schön.
Das kann man nicht steuern, das hängt vom Zufall ab. Wir haben in jedem Falle im konventionellen Bereich die Erzeugerkapazitäten bereitzuhalten, die das Kriterium der Versorgungssicherheit gewährleisten. Es besagt, dass alle Bürgerinnen und Bürger und alle Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland jederzeit ausreichend mit Strom versorgt werden. Wie es einmal werden wird, wenn wir Offshoreanlagen auf dem Meer haben, wo es eine kontinuierliche Windbeauflagung gibt, steht auf einem anderen Blatt. Die Anlagen im Lande werden immer von solchen Zufällen abhängig sein. Ich spreche mich nicht gegen die erneuerbaren Energien aus. Sie sind eine wertvolle Ergänzung, aber man soll nicht immer so tun, als seien sie das Allheilmittel. Nur dagegen wehre ich mich.
Viertens: Da nun die vorliegende Energiestrategie 2010 von den Arbeitsfeldern „Erneuerbare Energien“ und „CO2-Einsparung“ dominiert wird - als Beleg nenne ich Seite 46, „Energieperspektive für Brandenburg im Jahr 2010“; dort sind zehn Punkte angeführt, erst ab Punkt 5 kommt die Braunkohle vor und es befassen sich überhaupt nur zwei Punkte mit diesem Thema -, hätte ich mir gewünscht, dass die Brandenburger Möglichkeiten hier klarer herausgestellt werden, kontinuierlich im Bereich der erneuerbaren Energien zu arbeiten. Beispielsweise hätte ich mir klarere Ausführungen zur wissenschaftlich-technischen Entwicklung der druckaufgeladenen Wirbelschichtfeuerungen an der
BTU Cottbus oder zu Verfahren zur Vortrocknung des Brennstoffes durch Entnahmedampf gewünscht. Erhebliche Verbesserungen des Wirkungsgrades bei Feuerungsanlagen hätten hier in das Konzept gehört, ebenso eine Schwerpunktsetzung auf Entwicklungen zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe - in diesem Falle Holz - in Brandenburg. Ich hätte mir auch die Betonung der Förderung von Verfahren zur kontinuierlichen Energiebereitstellung im Wärme- und Stromsektor bei erneuerbaren Energien unter Einbeziehung unserer Forschungseinrichtungen im Hinblick auf die Energieträger Bioalkohol und Brennstoffzellen gewünscht. All dies kommt in der Energiestrategie nicht zum Tragen.
Ich fasse zusammen: Trotz meiner Anmerkungen halte ich den Bericht für gut. Er ist eine kontrollfähige Unterlage zur Weiterentwicklung der Energiepolitik des Landes. Wie ich vorhin schon sagte, sollte überlegt werden, ob wir nicht regelmäßig Fortschrittsberichte abfordern können. Vielleicht ist es dann auch möglich, die eine oder andere meiner Überlegungen in die Betrachtung einzubeziehen, Herr Minister. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte mich an das Thema und werde über die Probleme in Brandenburg sprechen und nicht, Herr Kollege Fritsch, über die Probleme in Deutschland oder in der Welt. Schon gar nicht gehe ich auf Finnland ein, was ja offensichtlich in Mode gekommen ist.
Herr Bisky, ein Wort noch zu Ihnen: Die beiden Probleme fehlende Arbeitsplätze und demographische Entwicklung sind von der Landesregierung und der Politik in den letzten Jahren nie verniedlicht oder kleingeredet worden. Das möchte ich ausdrücklich feststellen.
Wenn Sie Patentrezepte haben, dann legen Sie diese doch einmal vor! Wir wissen doch, dass die Arbeitsplatzsituation das grundlegende Problem bei uns in Brandenburg ist. Wenn Sie behaupten, Sie hätten Konzepte für die Uckermark, die Prignitz und sonstige Randregionen, dann müssen Sie auch einmal nachweisen, wie Sie diese finanzieren wollen.
Ich kann mir auch aufschreiben, was ich mir alles wünsche. Wenn ich diese Wünsche aber nicht umsetzen kann, dann erreiche ich damit gar nichts.
Meine Damen und Herren, lange war unser Land infolge der Anziehungswirkung Berlins und seines Umlandes das einzige Bundesland mit einem immer noch positiven Saldo zwischen Zu- und Abwanderung. Das hat sich aber nun geändert. Diese Entwicklung war der Grund, weshalb auch dieses Problem jetzt in den Mittelpunkt der politischen Diskussion gerückt ist. Das halte ich für gut. Ich bin der SPD-Fraktion dankbar, dass diese Thematik mit der heutigen Aktuellen Stunde auch den Bürgern nahe gebracht wird.
Erstmals seit vielen Jahren verließen im vergangenen Jahr mehr Menschen unser Land, als sich hier neu ansiedelten. Dabei müssen wir erkennen, dass sich die Landflucht und die Veränderungen in der Altersstruktur Brandenburgs in der Summe gegenwärtig nicht einmal durch die Magnetwirkung des so genannten Speckgürtels ausgleichen.
Das möchte ich am Beispiel meiner Heimatstadt Lübbenau demonstrieren. Diese Stadt hat von 1990 bis 2001, also innerhalb der letzten zehn Jahre, ein Viertel ihrer Bevölkerung verloren. Noch 1990 hatten wir in dieser Stadt 2 180 Kinder im Alter von bis zu 6 Jahren. Dem standen 2 180 Bürger im Alter von über 65 Jahren gegenüber. Beide Gruppen haben sich also die Waage gehalten. Im Jahr 2001 lebten in der gleichen Stadt noch 672 Kinder im Alter von bis zu 6 Jahren, während sich bei den Rentnern ein Aufwuchs auf 3 444 Personen ergab. Diese Zahlen sprechen Bände. Wenn man zudem bedenkt, dass diese Stadt in einem touristischen Supergebiet Deutschlands liegt und die Tourismusbranche in den letzten Jahren enorme Zuwächse verzeichnet hat, aber dennoch eine solche Bevölkerungsentwicklung zu konstatieren ist, dann zeigt das die ganze Dramatik der Situation.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Folgen der demographischen Entwicklung sehen Sie überall in Brandenburg.
Erstens: Manche Regionen altern. Junge Menschen verlassen ihre Heimat. Die Generation ihrer Eltern und Großeltern bleibt. Die dritte und vierte Generation wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr in Brandenburg geboren und hier auch nicht ihren Lebensweg beschreiten.
Zweitens: Uns stehen weitaus weniger Fachkräfte zur Verfügung. Dies wird in den nächsten Jahren an vielen Standorten und in einigen Wachstumsbranchen einen beträchtlichen Mangel an Facharbeitern und anderen Nachwuchskräften auslösen und auch zu einem Investitionshindernis werden. Davon bin ich überzeugt.
Drittens: Wir müssen in zunehmendem Umfang ohnehin knappe öffentliche Mittel dafür verwenden, die Folgen der demographischen Entwicklung in unserem Land zu mildern, etwa um den zunehmenden Wohnungsleerstand zu bekämpfen. Anders ausgedrückt: Gegenwärtig werden zunehmend öffentliche Mittel zur Abschwächung der Folgen des Bevölkerungsverlustes verausgabt. Diese Mittel fehlen uns, um die Gründe der Abwanderung zu bekämpfen. Diesen Zusammenhang muss man erkennen.
Ich komme auch in Bezug auf diesen Punkt auf meine Heimatstadt Lübbenau zurück. Die dortigen Wohnungsbaugesellschaften stellen zunehmend Förderanträge, um Blöcke für altersgerechtes Wohnen umbauen oder abreißen zu können. So stellt sich die Situation dar.
Viertens: Ein weiteres Problem, dessen Ursprung in der Bevölkerungsentwicklung in unserem Land liegt, wird in der öffentlichen Diskussion gern vernachlässigt - auch heute habe ich davon nichts gehört -: Alle Transferzahlungen, ob von der EU, vom Bund oder aus dem Länderfinanzausgleich, sind eng an die Einwohnerzahl geknüpft. Die Transferzahlungen, die wir zu erwarten haben, nehmen aufgrund der Bevölkerungsverluste zwangsläufig ab.
Im kommunalpolitischen Bereich finden Sie übrigens die gleiche Situation: Sinkende Einwohnerzahlen bedeuten eine sinkende Steuerkraft, die Kaufkraft vermindert sich und die einzelnen Städte und Gemeinden erhalten weniger Schlüsselzuweisungen.
Unsere Probleme verschärfen sich also und die Anforderungen
an die öffentlichen Haushalte steigen. Das ist ein verhängnisvoller Kreislauf.
Als Schlussfolgerung daraus möchte ich zwei grundlegende Punkte herausstellen. Erstens - Herr Fritsch hat das dankenswerterweise ausführlich dargestellt - kann der Staat allein das Problem der Bevölkerungsentwicklung nicht lösen, es sei denn um den Preis der Einmischung in Lebensbereiche, die sich dem politischen Zugriff entziehen. Selbst Prof. Bisky hatte das ja nicht in Ansatz gebracht.
Zweitens: Das beste Instrument, um Abwanderungen zu begegnen, sind zukunftsfähige Arbeitsplätze hier im Land. Unser Politikschwerpunkt, die Schaffung einer leistungsfähigen Wirtschaftsstruktur in unserem Lande zu unterstützen, bleibt damit der wichtigste Ansatzpunkt zur Bekämpfung der Landflucht.
Ohne es detailliert ausführen zu wollen, stelle ich fest, dass für die CDU-Fraktion deswegen die Förderung des Mittelstandes genauso prioritär ist wie die Ausgründung von innovativen Unternehmen aus unseren Hochschulen und die Realisierung von Großprojekten - Herr Prof. Bisky, hören Sie mit Ihrer Fraktion einmal zu - wie der Flughafen Schönefeld und die Chipfabrik Frankfurt (Oder).
Meine Damen und Herren, ich erlaube mir an dieser Stelle, einige zentrale Handlungsfelder der Politik der nächsten Jahre zu umreißen. Sie sind nur schlaglichtartig aufgeführt und müssten zum Beispiel noch durch viele Aspekte der Arbeits-, der Familien- und der Kommunalpolitik ergänzt werden. Dies ist auch schon angeklungen.
Erstens: Wir müssen klare Prioritäten setzen: Was können wir finanzieren? Vor allem: Was sollten wir finanzieren? Dazu zählt, dass wir uns ehrlich die Frage beantworten, was die entscheidenden Faktoren sind, die zusätzliche Investitionen anziehen, und wie unsere Instrumente darauf ausgerichtet sind. Ist die dezentrale Konzentration das Leitbild, das uns in den letzten Jahren geholfen hat, der Abwanderung im gewünschten Maße zu begegnen? Mit einem klaren Ja wird das mit Sicherheit keiner von uns beantworten. Die Stärkung zentraler Orte hat es in der Gesamtschau der vergangenen Jahre nicht vermocht, in ausreichendem Maße neue Investitionen für die berlinfernen Regionen anzuwerben, übrigens auch nicht differenzierte Fördersätze; das füge ich noch hinzu.
Wirtschaftspolitik in Brandenburg muss auf Wachstumsregionen, auf Wachstumsbranchen und auf den Mittelstand ausgerichtet bleiben. Das ist unsere einzige Chance im internationen Wettbewerb der Regionen.
Zweitens: Die hohe Arbeitslosigkeit in Brandenburg bleibt unser Hauptproblem. Vor diesem Hintergrund eine Diskussion über das Anwerben ausländischer Fachkräfte zu führen halte ich für nicht vordringlich. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, die Arbeitslosen in Brandenburg auch mithilfe der Instrumente des zweiten Arbeitsmarktes - das sage ich ausdrücklich auch als
CDU-Fraktionsmitglied - wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.
Gegenwärtig müssen wir feststellen, dass der zweite Arbeitsmarkt seine Brückenfunktion nicht in dem notwendigen Maß erfüllt. Es muss uns gelingen, Wirtschaft und Arbeitsförderung enger zu verzahnen sowie Weiterbildungsmaßnahmen und Änliches stärker auf die Anforderungen des ersten Arbeitsmarktes auszurichten.
Drittens: Wir müssen die Infrastruktur nicht nur der berlinfernen Teile unseres Landes entwickeln. Ich beziehe mich jetzt nur auf die Verkehrsinfrastruktur. In dem Maße, in dem es uns gelingt, einerseits die sturkturschwachen Regionen lebenswert zu gestalten, ihre Entwicklungspotenziale, etwa was den Tourismus betrifft, auszuschöpfen und andererseits die Mobilität der Menschen in unserem Lande zu erhöhen, wird Landflucht unnötig. So ist es beispielsweise nötig, wachstumsschwache Regionen durch eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur gewissermaßen näher an den Speckgürtel Berlins heranzubringen. Dafür brauchen wir natürlich auch den Rückenwind der Bundespolitik. Doch auf die dringend nötige Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans warten wir noch immer.
Viertens: Schließlich sollte das Land Brandenburg den Mut und die Energie aufbringen, auf Bundesebene und auch in Brüssel dafür zu werben, dass Zahlungen, die unser Land erhält, zukünftig in geringerem Maße an die Bevölkerungszahl gebunden werden. Genau dies gilt übrigens auch in Bezug auf die kommunale Ebene bei uns im Lande. Ich hoffe, dass mit dem in Vorbereitung befindlichen Finanzausgleichsgesetz den Kommunen, die unter einer starken negativen Bevölkerungsentwicklung leiden, wirksam geholfen wird.
Meine Damen und Herren, Sie erkennen, dass viele meiner Forderungen bereits Gegenstand der Politik der Landesregierung sind. Deswegen möchte ich Ihnen, Herr Prof. Bisky, ausdrücklich widersprechen. Wir als Koalitionspartner stehen hinter dieser Politik, wissen aber gleichzeitig, dass wir einen sehr langen Weg beschreiten und dass wir auch nicht kurzfristig mit Lösungen rechnen können. Lassen Sie uns aber diesen Weg gemeinsam gehen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin eigentlich versucht, erst einmal darüber zu philosophieren, weshalb durch die Tagesordnungsänderung ein so wichtiges Thema wie die Energiepolitik als letztes behandelt wird
und dann noch als Tagesordnungspunkt 13; das ist fast anrüchig. Aber ich werde das mal stecken lassen und werde zum Thema kommen. Ich werde, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die energiewirtschaftlichen Aspekte nicht mehr eingehen.
Sie erinnern sich bestimmt daran, dass die CDU-Fraktion auch in der Zeit, als sie noch in der Opposition war, grundsätzlich alle Maßnahmen der Landesregierung unterstützt hat, die mit dem Energiesparen im Zusammenhang standen. Das wird natürlich jetzt in doppelter Hinsicht weitergeführt. Der vorliegende komprimierte Bericht der Landesregierung stellt im Grunde genommen ja auch das Ergebnis der Arbeit von Jahren dar und weist letztlich den Weg, wie mit den bisher gewonnenen Erkenntnissen theoretisch und praktisch umzugehen ist.
Neben den gesamten positiven Aspekten, die meine Vorredner zumindest zum Teil bereits aufgeführt haben, halte ich vor allen Dingen die Schonung von energetischen Ressourcen und auch die positiven Auswirkungen auf die Umwelt bei verringertem Energieverbrauch für besonders wichtig.
Wenn ich das aber speziell auf das Land und auf unsere Kommunen beziehe, muss ich noch eine wichtige Frage anfügen, und zwar die Frage der möglichen finanziellen Auswirkungen auf die Haushalte der Städte und Gemeinden. Auch hierzu ist andeutungsweise bereits einiges gesagt worden, sodass ich mich
gleich den im Bericht enthaltenen Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen seitens der Landesregierung zuwenden möchte.
Ich unterstütze im Namen der CDU-Fraktion vorab vorbehaltlos die dort angeführten vier Handlungsoptionen. Ich halte sie nicht für so flach, wie Herr Gemmel das dargestellt hat, sondern meine, dass sie auch bezüglich ihrer Umsetzung sehr anspruchsvoll sind. Das muss man auch berücksichtigen.
Trotzdem, meine Damen und Herren, möchte ich mir die Bemerkung erlauben, dass mir manches an diesen Handlungsoptionen etwas theoretisch vorkommt. Ich glaube nämlich nicht, dass die Handlungsempfehlung, die Investitionspauschalen zielgerichtet für Maßnahmen zur rationellen Energieanwendung und für Investitionen zur energetischen Verbesserung in kommunalen Gebäudebeständen einzusetzen, sehr wirklichkeitsnah ist. Erst in der vorhergehenden Landtagssitzung haben wir die Höhe der Investitionspauschalen im Zusammenhang mit dem Beschluss zum Gemeindefinanzierungsgesetz erheblich reduziert und ich glaube nicht, dass die Kommunen in dieser Situation jetzt nichts Eiligeres zu tun haben, als die gekürzten Mittel für die Investitionspauschalen ausschließlich für diesen Zweck zu verwenden. Da wird es in den Gemeinden und Städten noch eine ganze Reihe anderer Aufgaben geben, die mindestens die gleiche Wertigkeit haben.
Trotzdem meine ich, dass auch diese Handlungsoption aufgeführt werden muss, weil auch eine Menge Sanierungsarbeiten an Gebäuden des öffentlichen Bereichs durchzuführen sind. Mittelzentren beispielsweise sind oft auch Schulzentren ihrer Region und die Mittel aus ihren Investitionspauschalen gehen schon über Jahre hinweg in den Bereich der Sanierung der Schulgebäude und Turnhallen. Dass bei so vielen Sanierungsmaßnahmen natürlich vorrangig auf Energieeinsparungsaspekte zu achten ist, setze ich eigentlich voraus, zumal die Kommunen auch verpflichtet sind, bei Investitionsmaßnahmen diesen Sachverhalt besonders zu berücksichtigen.
Bei Neubaumaßnahmen wird das in Zukunft sogar noch stringenter gehandhabt; denn nach der neuen Energiesparverordnung des Bundes, die am 1. Februar dieses Jahres in Kraft gesetzt wird, ist jeder öffentliche Investor verpflichtet, bei Gebäuden ab 100 m3 Rauminhalt einen Energiebedarfsausweis vorzulegen, der auch Bestandteil der Genehmigungsunterlagen wird.
Mich hat in diesem Bericht der Landesregierung etwas anderes erschreckt: Bei aller positiven Darstellung der bisherigen Arbeit scheint eine flächendeckende Berücksichtigung der Aspekte der rationellen Energieanwendung bei den Liegenschaften der kreisfreien Städte, Ämter und Gemeinden im Land Brandenburg noch nicht gewährleistet zu sein.
Deswegen unterstütze ich ausdrücklich auch die anderen Handlungsoptionen, die die Voraussetzung dafür schaffen, Herr Gemmel, dass das in Zukunft auch so erfolgt.
Ich hätte aus dieser Überlegung heraus, meine Damen und Herren, noch einen weiteren Vorschlag, und zwar für eine fünfte Handlungsoption. Diese Option knüpft an die Tatsache an, dass viele Haushalte unserer Städte und Gemeinden nur unter Schwierig
keiten ausgeglichen gestaltet werden können. Ich schlussfolgere eigentlich daraus, dass in diesen Städten und Gemeinden ein primäres Interesse vorliegen muss, Ausgaben zu reduzieren. Wenn Städte und Gemeinden hier nicht von sich aus ein Einsparpotenzial sehen, dann sollte die jeweilige Kommunalaufsicht beim Kreis, die den Haushalt für das laufende Jahr zu genehmigen hat, darauf achten, dass im Haushalt ausdrücklich vermerkt wird, dass sich ein Energiebeauftragter um konkrete Einsparungen auf dem Gebiet der Betriebskosten der öffentlichen Gebäude bemüht.
Wenn das in die jeweilige kommunale Haushaltssatzung vielleicht auch nur unter Schwierigkeiten einzuarbeiten ist, so kann es zumindest bei all den Kommunen problemlos gemacht werden, die eine Haushaltssicherungskonzeption vorzulegen haben, damit ihre Haushalte überhaupt genehmigt werden können. Für diese Haushaltssicherungskonzeptionen würde ich dringend empfehlen festzulegen, dass solche Maßnahmen verpflichtend auszuweisen sind. Das kann die Kommunalaufsicht nämlich eindeutig kontrollieren und man hätte damit einen indirekten Hebel zu einer positiven Entwicklung in der Hand.
Das setzt selbstverständlich voraus, dass sich das Wirtschaftsund das Innenministerium entsprechend verständigen, um sol
che Handlungsempfehlungen der Landesregierung auch an die Kreise reichen zu können. Aber ich denke, das dürfte kein Problem sein.
Zusammenfassend noch folgenden Satz: Wir sind auf dem richtigen Weg, nur ist er noch zu schmal und wird noch von zu wenigen begangen. Ich hoffe, das ändert sich in Zukunft. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst ein Wort zu Herrn Firneburg von der DVU: Auch eine repräsentative Demokratie, meine Damen und Herren, gewährt Sicherheit im politischen Handeln. Man braucht also nicht für jedes Problem eine Volksabstimmung. Das möchte ich erst einmal voranstellen, weil das hier vorhin infrage gestellt wurde.
Vor exakt einem Jahr haben wir hier im Landtag den Beschluss gefasst, dass die Landesregierung uns in einem Bericht den Stand der Vorbereitungen des Landes auf die Erweiterung der Europäischen Union darstellt. Heute liegt nun dieser Bericht vor und wir können uns mit dieser wichtigen Problematik befassen. Er ist eine logische Folge der Bestandsaufnahme der Landesregierung zur Europapolitik, die uns mit der Antwort zur Großen Anfrage „Brandenburg und Europa” gegeben wurde und die wir im Januar dieses Jahres im Plenum diskutierten. Im März sprachen wir dann über das europapolitische Programm der Landesregierung „Herausforderung Europa”.
Fast übereinstimmend legten damals bereits alle Redner die Handlungsschwerpunkte bei der künftigen Osterweiterung der
Europäischen Union auf die Bereiche Wirtschaft, ländlicher Raum, Verkehrsinfrastruktur, Inneres/Justiz und auf die Information und die bewusste Mitnahme der Bevölkerung in dieser großen Aufgabe. Genau dies findet sich in diesem Bericht der Landesregierung wieder, dem übrigens wieder ein guter Analyseteil vorangestellt wurde.
Die in Punkt 2 aufgeführten Maßnahmen des Landes zur Vorbereitung auf die EU-Erweiterung, die ich durchaus, Frau Stobrawa, als eine Heranführungsstrategie aus heutiger Sicht betrachte, sind nicht nur schwerpunktorientiert, sondern sehr vielschichtig und anspruchsvoll.
Ich will überhaupt nicht beurteilen, ob die Maßnahmen vollständig sind, eines weiß ich aber mit absoluter Sicherheit: Es wird viel Mühe und Kraft kosten, sie umzusetzen. Hier wird dann auch viel Gemeinsamkeit zwischen dem Landtag und der Landesregierung gefordert sein. Natürlich will ich damit nicht den Grundsatz des Landtages negieren, die Arbeit der Landesregierung gegebenenfalls kritisch zu begleiten. Ich hoffe jedoch, wir streiten dann nur um das Wie und nicht um die Notwendigkeit der Aufgabe selbst.
Auf einige Aspekte des vorliegenden Berichtes möchte ich noch kurz eingehen. Ich bin der Auffassung, dass das Gebilde Europäische Union für einen Großteil der Bevölkerung immer noch viel zu abstrakt ist. Die Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung ist zwar beispielhaft aktiviert worden, aber oben genannter Befund ist eigentlich in der Allgemeinheit so geblieben. Ich bin der Überzeugung, dass das nur mit der Diskussion praktischer Einzelprobleme umgekehrt werden kann.
Gerade aufgrund des anstehenden Beitritts der Republik Polen zur Europäischen Union ist in unserem Bundesland das Interesse an der Erweiterung der Europäischen Union gewachsen; denn nicht nur lange Staus vor den Grenzen interessieren die betroffene Bevölkerung, sondern auch die Frage nach den wirtschaftlichen Konsequenzen, die sich aus einer Erweiterung der Europäischen Union ergibt. Ich nenne hier nur die Beispiele Freizügigkeit, Wegfall der Schengen-Außengrenze, Grenzlandförderung. Dies alles sind Themen, die auf zunehmend größeres Interesse stoßen.
Meine Damen und Herren! Gerade unter den im Bericht aufgeführten mittelfristig anzustrebenden Maßnahmen befinden sich Punkte, die vor wenigen Jahren noch völlig utopisch gewesen wären, so etwa die Verbesserung der inneren Sicherheit durch eine gemischt besetzte deutsch-polnische Polizeidienststelle in Frankfurt (Oder). Ein weiteres Beispiel ist die Förderung der Arbeitsmärkte durch eine gemeinsame grenzüberschreitende Arbeitsmarktstrategie in den Grenzregionen. Eine solche Arbeitsmarktstrategie ist bereits mit dem Marschall der Woiwodschaft Lubuskie verabredet.
Fast schon selbstverständlich mutet es da an, dass im Rahmen des Projektes „Spotkanie” rund 1 000 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen acht und zwölf Jahren engagiert sind. Angestrebt ist eine Erweiterung dieses Projektes, an dem zurzeit 36 Gruppen beider Nationalitäten teilnehmen, auf mindestens 70 Gruppen.
Auch eine Erweiterung der schon mehr als 70 Partnerschaften zwischen brandenburgischen und polnischen Städten, Gemein
den und Landkreisen ist meines Erachtens als Basis für das Zusammenwachsen unverzichtbar. Ich betrachte übrigens diese Partnerschaften als einen Bestandteil der immer angemahnten Informationskampagne auf der Basis, wo sie hingehört.
Die Wirklichkeit ist übrigens besser als die Statistik, Herr Minister; denn in meiner Heimatstadt Lübbenau gibt es inzwischen zwei Partnerschaften mit polnischen Städten und nicht nur eine, wie Sie ausgewiesen haben.
Die Region Ostbrandenburg wird sich in der künftig erweiterten Europäischen Union gut behaupten können, wenn die derzeitigen Planungen auch umgesetzt werden. Ich nenne hier nur als Beispiele die geplante Oder-Lausitz-Trasse, die geplante Chipfabrik in Frankfurt (Oder) oder Investitionen im Chemiebereich, wie sie für Schwedt geplant sind.
Im Bereich der grenznahen Verkehrsinfrastruktur scheinen wir in Brandenburg mit den zusätzlichen Bundesmitteln ein sehr großes Stück vorwärts gekommen zu sein. Ich sagte aber: grenznahe Verkehrsinfrastruktur. Herr Lenz sprach das schon an: Mehr Sorge macht auch mir die schnelle Verbesserung der grenzüberschreitenden Verkehrsinfrastruktur. Hier werden mir viel zu viel Absichtserklärungen postuliert. Übrigens haben diese Sorge nicht nur wir, sondern auch unsere Kollegen aus Mecklenburg-Vorpommern, wie eine kürzlich durchgeführte gemeinsame Ausschusssitzung bewies.
Meine Damen und Herren! Bei aller Europaeuphorie dürfen natürlich die Bedenken insbesondere der Kammern, aber auch der ganz normalen Bevölkerung nicht vergessen werden. Mir erscheinen deshalb die unter Punkt 2.3.4. auf Seite 23 aufgeführten Aussagen der Landesregierung zur Thematik illegale Beschäftigung, Einhaltung der Mindestlöhne, Tariftreue usw. sehr wichtig.
Das Aufschreiben von Maßnahmen ist übrigens das eine, das Umsetzen das andere. Wenn es uns nicht gelingt, Mittel von der EU und dem Bund allein für das schon so oft genannte Grenzlandprogramm, und zwar ohne Abstriche bei den Strukturfonds und beim INTERREG-Programm, in ausreichender Menge zu erhalten, wird es schwierig werden. Hier müssen wir vermutlich zuallererst ansetzen.
Im Übrigen, Frau Stobrawa, betrachte ich den Haushaltsvorbehalt im Bericht als eine Geste der Ehrlichkeit. Wenn man sieht, wie jetzt das Grenzlandprogramm finanziert wird, wenn wir nicht wissen, wie hoch die Zuschüsse des Bundes und der Europäischen Union sind, was wollen Sie dann an zu realisierenden Maßnahmen im Bericht wiederfinden? Das ist aus heutiger Sicht nicht zu leisten.
Deswegen geht Ihre Kritik zwar in die richtige Richtung, aber sie ist nicht korrekt, wenn man das im Ganzen sieht.
Ich will abschließend feststellen, dass der Bericht der Landesregierung eine geeignete Basis dafür ist, sowohl eine Grundlage für die weitere Diskussion zu bieten als auch das kurz- und mittelfristig Notwendige zu sehen und vor allen Dingen zielgerichtet umzusetzen. Hierzu wünsche ich uns allen Erfolg, aber
auch Stehvermögen, denn die Aufgabe EU-Osterweiterung ist weiß Gott keine Tagesfrage. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man als Letzter in der Reihe der für die Fraktionen Stellung Nehmenden spricht, hat man es relativ leicht. Man kann sich entweder darauf beziehen, was vorher gesagt worden ist, und sagen: Ich bin der gleichen Meinung, oder man kann das eine oder andere richtig stellen. Das möchte ich hier tun.
Punkt eins, zu Ihrem Beitrag, Herr Schuldt: Wir reden hier - und das schon seit einigen Monaten - über das Aktionsprogramm zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Grenzregionen. Dabei meinen wir die Grenzregionen hier in Deutschland.