Marina Marquardt
Sitzungen
Letzte Beiträge
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Petitionsausschuss beschäftigt Sie in Plenarsitzungen nicht allzu oft. Aber einmal im Jahr muss es nach dem Gesetz sein, dass Ihnen der Bericht über die Arbeit des Ausschusses vorgelegt wird.
Nach dem Petitionsgesetz, das der Landtag vor knapp zehn Jahren verabschiedet hat, ist dem Petitionsausschuss als einzigem Ausschuss eine selbstständige Entscheidungskompetenz zugewiesen worden. Anders als die übrigen Ausschüsse, die Entscheidungen des Landtagsplenums vorbereiten, entscheidet er abschließend über die Petitionen, die ihm vorgelegt werden. Sie alle hören und sehen nicht viel von der Arbeit des Petitionsausschusses. Deshalb wollen wir Ihnen mit dem Bericht, der Ihnen jetzt als Drucksache vorliegt und den ich Ihrer Aufmerksamkeit empfehlen möchte, einige Schwerpunkte aus unserer Arbeit schildern und diese durch die Darstellung verschiedener Einzelfälle illustrieren.
Wir leben in einer nahezu restlos verwalteten Welt. Von der Wiege bis zur Bahre sind wir Objekt bürokratischer Aktivitäten. Es gibt nahezu nichts mehr im menschlichen Dasein, was nicht durch Gesetze und Verordnungen geregelt ist und von Bürokratien und Behörden in der Brandenburger Landes- und Kommunalverwaltung verwaltet, überwacht oder gesteuert wird. Da werden Wohnungen zugewiesen, Kinder unterrichtet, Jugendliche betreut, Hilflose unterstützt. Eine Behörde schützt vor Lärm und Umweltverschmutzung, die andere treibt Steuern ein, die dritte verwahrt Strafgefangene. Da werden Bahnen und Straßen gebaut, deren Betrieb mit Lärm und Schmutz für die Umwelt verbunden ist. Da geht es um Sicherheit, Lebensqualität, um Notwendiges und Vergnügliches. Man könnte das beliebig fortsetzen.
Ständig gerät der Bürger in Kontakt mit einer Verwaltung, die ihm sehr oft übermächtig und undurchschaubar erscheint und gegenüber der er sich nicht selten hilflos fühlt, weil er sie nicht versteht und deshalb ihre Entscheidungen nicht begreifen kann, obwohl sie ihn häufig ganz persönlich betreffen. Wenn der Bürger dann noch an einen Beamten gerät, der ihn unsachlich, unfreundlich oder gar unrichtig bedient, dann ist es bis zum viel beklagten Missbehagen an der Verwaltung, am Staat und letztlich an der Demokratie nicht mehr weit. Hier zu vermitteln, zu helfen, nach Möglichkeit auch vorzubeugen ist eine der Hauptaufgaben des Petitionsausschusses.
Die Aufgabe des Ausschusses ergibt sich unmittelbar aus Artikel 17 des Grundgesetzes sowie den entsprechenden Bestimmungen der Landesverfassung und des Petitionsgesetzes, nach denen jeder Bürger sich mit Bitten, Beschwerden, Kritik und Anregungen an die Volksvertretung wenden kann.
Der Petitionsausschuss hat in Entsprechung zu diesem Bürgerrecht die Pflicht, die Zuschriften aus der Bevölkerung entgegenzunehmen, sie sachlich zu prüfen und den Einsender darüber zu unterrichten, was aufgrund seiner Petition veranlasst worden ist. Das kann eine Mitteilung sein, in welcher Weise seinem Anliegen entsprochen werden konnte. Es kann aber auch eine Begründung sein, dass die beanstandete Behandlung seines Anliegens durch die Verwaltung rechtens war und den vorgegebenen gesetzlichen Bestimmungen entsprach. In diesen Fällen
versuchen wir darzustellen, weshalb eine behördliche Entscheidung so und nicht anders ausfallen musste, weshalb etwa die beantragte Baugenehmigung nicht erteilt werden konnte oder weshalb die begehrte Vergütungsgruppe versagt werden musste.
Mit dem Petitionsgesetz hat der Landtag zudem einen erheblichen Teil einer seiner wichtigsten Funktionen an den Petitionsausschuss übertragen: die parlamentarische Kontrolle über die Verwaltung, deren Spitzen dem Landtag politisch verantwortlich sind, die punktuell, das heißt auf eine Beschwerde hin, einsetzt. Diese Aufgabe üben die Mitglieder des Petitionsausschusses in Ihrer aller Namen aus.
Wir beteiligen die übrigen Mitglieder des Hauses nur in sehr beschränktem Maße an dieser Arbeit und nur dann, wenn es das Gesetz erlaubt und sachliche Gegebenheiten dies erforderlich machen. So wird es gelegentlich nötig, zu bestimmten Problemen die Auffassung eines Fachausschusses zu erfragen. Betrachten Sie dies dann bitte nicht als unnötige Störung Ihrer Tätigkeit, sondern teilen Sie uns Ihre eigene Auffassung mit, die nicht die der Landesregierung sein muss. Die kennt der Petitionsausschuss in der Regel bereits.
Meine Damen und Herren! Der Petitionsausschuss ist kein Gericht. Er kann Entscheidungen der Verwaltung nicht, wie es die Judikative kann, von sich aus aufheben oder ändern. Er ist eingebunden in das System der Gewaltenteilung, das unsere verfassungsmäßige Ordnung bestimmt. So hat er nur die Möglichkeit, der Landesregierung eine Überprüfung der getroffenen Entscheidungen nahe zu legen oder ihr ein bestimmtes Verwaltungshandeln zu empfehlen. Mehr lässt, wie gesagt, unsere Verfassung nicht zu. So erleben wir es auch immer wieder einmal, dass die Exekutive die Vorstellungen des Petitionsausschusses zurückweist, ein Gericht dann aber die getroffene Entscheidung der Verwaltung aufhebt oder korrigiert, manchmal mit den gleichen oder ähnlichen, tatsächlichen oder rechtlichen Erwägungen, die zuvor auch der Ausschuss angestellt hatte.
Mehrere Beispiele dazu finden sich in unserem Bericht. Auch der letzte Bericht aus der vergangenen Wahlperiode schildert einen solchen Fall. Vielleicht sollte die Landesregierung aus dieser Tatsache die Einsicht gewinnen, die Arbeit dieses Ausschusses noch etwas ernster zu nehmen. Dies wäre eine lobenswerte Einstellung, die unser aller Aufgabe dienen könnte: der Arbeit für das Wohl unserer Bürger. - Ich danke Ihnen.