Werner Firneburg
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Jahr geht schnell vorbei. Fast auf den Tag genau behandelten wir dieses Thema bereits im letzten Jahr im Parlament. Nun sagt ein Sprichwort. dass gut Ding Weile haben will. Da das zu verabschiedende Musikschulgesetz allerdings von Personen mit zugenähten Hosentaschen entworfen wurde, bezweifle ich, dass es sich bei diesem Gesetz uni ein gut Ding handelt. Ich werde Ihnen anhand des zu beschließenden Gesetzes auch gleich beweisen, warum ich dies so sehe.
Zunächst beginnt der Inhalt des Gesetzes noch recht harmlos.
Immerhin haben die Koalitionäre nach der Anhörung geballten Sachverstandes erkannt, dass die ursprünglich im Gesetzentwurf vorgesehene Mindestzahl von wöchentlich 50 Unterrichtsstunden ein Witz ist. Bereits jetzt unterrichten fast alle Musikschulen im Land ihre Schüler in mehr als 190 Wochenstunden. Da bereits heute die finanziellen Bäume der Musikschulen nicht in den Himmel wachsen, können wir davon ausgehen, dass dies die Mindeststundenzahl für qualitativ hochwertigen Unterricht darstellt. Diesen fordert der Gesetzgeber ja im Rahmen seiner „Anerkannten Musikschulen im Land Brandenburg". Wie gesagt wurden anfangs mindestens 50 Stunden gefordert und 6,5 Millionen DM angeboten. Nun fordert man 150 Stunden und bietet immer noch dieselbe Summe. Wie ernst können wir die Erhöhung der Mindeststundenzahl zur Qualitätssicherung nehmen, wenn für die geforderten Mehrstunden nicht mehr Zuschüsse gezählt werden? Natürlich - Herr Dr. Trunschke, wir haben viel darüber diskutiert - ist ganz klar, dass man es zur Pflichtaufgabe machen Das gleiche Spiel findet man im § 3 Abs. 7. Dort fordert der
Gesetzgeber die zweifellos richtige Festanstellung des Musikschulleiters, um sich allerdings wenige Zeilen weiter - unter 5 Abs. l Satz 3 - der daraus erwachsenden finanziellen Forderung zu entziehen. Darin heißt es nämlich süffisant:
"Ändern sich nach dem Haushaltsjahr 2001 die Personalkosten für die fest angestellten Lehrkräfte an Musikschulen aufgrund einer tarifvertraglichen Anpassung der Gehälter, kann sich der anteilige Zuschuss nur in dem Umfang erhöhen, in dem entsprechende Haushaltsmittel zur Verfügung stehen."
Mit anderen Worten: April, April! in Sachen Zuschusserhöhung. Denn das, was wir von Anfang an als ungedeckten Scheck in Sachen Doppelhaushalt bezeichneten und was die neue Finanzministerin als Konkursverwalterin der Exministerin erst kürzlich bestätigen musste, gilt nach wie vor: Es gibt keine einzige Mark mehr. Ganz im Gegenteil! Die Benennung der vorn Sachverstand geforderten Drittelfinanzierung zwischen Land. Kommunen und Erziehungsberechtigten wurde tunlichst vermieden. Nun sage ich Ihnen bereits heute das Ergebnis dieses Gesetzes voraus:
I. Der vorn Land gezahlte Zuschuss von 6,5 Millionen DM wird nicht um eine einzige Mark erhöht. Vielmehr werden das Gesetz geändert und die Summe verringert.
2. Die Kommunen senken ihre freiwilligen Zuschüsse notgedrungen von Jahr zu Jahr - falls sie diese Zahlungen nicht ganz einstellen.
3. Die Erziehungsberechtigten der Musikschüler tragen die aus den zuvor genannten stetig größer werdenden Deckungslücken resultierenden finanziellen Mehrbelastungen.
Daraus folgt - 4. - ganz zwangsläufig. dass sich die Zahl der Musikschüler immer weiter verringert. und zwar noch stärker. als dies durch die sinkenden Geburtenraten ohnehin schon der Fall wäre. Damit haben wir dann endlich auch im Bereich der kindlichen Musikausbildung die Kollaps-Spirale festgeschrieben.
Wir als Fraktion der Deutschen Volksunion enthalten uns der Stimme, da wir einerseits die Notwendigkeit eines Gesetzes sehen, andererseits aus den vorgenannten Gründen dem hier vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen können. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Die DVU-Fraktion möchte eine grundle gende Novellierung des vierten Abschnittes des Parteiengesetzes. Das jährliche Gesamtvolumen staatlicher Mittel. das an Parteien höchstens ausgezahlt werden darf, beträgt 245 Millionen DM. Unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 8 des Parteiengesetzes führt § 21 aus, dass die Länder für die Auszahlung der Mittel. die anlässlich der Landtagswahlen anfallen, zuständig sind.
Ich kann verstehen, dass die Parteien der großen Koalition. die in zahlreiche Parteispendertaffiiren verwickelt sind. die Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung bereits verplant haben. Doch dies kann kein Maßstab sein. 1.1111 neue Überlegungen darüber anzustellen, wie sich politische Parteien zukünftig finanziell ausstatten. Wer Schwarzgeldkoffer durch die Gegend trägt oder anonyme Konten in Liechtenstein unterhält. braucht sich nicht zu wundem. wenn nach dem Parteiengesetz entsprechende Sanktionen verhängt werden. Obwohl das Bundesverfassungsgericht seit Jahrzehnten in zahlreichen Urteilen immer wieder mahnend den Zeigefinger gegen die politischen Parteien wegen ihrer Finanzieningspraxis erhoben hat, wurden stets neue Quellen entdeckt. um den Steuerzahler direkt oder indirekt zu schröpfen.
Die Väter des Grundgesetzes. darunter auch der spätere hessische Ministerpräsident Zinn. haben überhaupt nicht daran gedacht. Parteien staatheherseits zu alimentieren. Auch das Bundesverfassungs gericht hat im 20. Band auf den Seiten 56 und 108 zum Ausdruck gebracht. dass Parteien die finanziellen Aufwendungen für ihre Organisationen und ihre Tätigkeit aus eigener Kraft bestreiten sollen.
„In der staatlichen Parteienfinanzierung spitzen sich die Gefahren des Missbrauchs unkontrollierter Macht förnilich zu. Das seit einigen Jahrzehnten explosionsarti g ausgeweitete Volumen ist nicht nur Ausdruck der Parteienmacht, sondern auch Mittel. diese immer weiter auszudehnen. Wer die Macht der Parteien be grenzen will, muss zuvörderst ihre Finanzierung aus öffentlichen Haushalten eindämmen.
Diese Worte stammen von dem Staatsrechtler und Professor an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Hans Herbert von A mi
Die Parteien wirken gemäß Artikel 21 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes an der politischen Willensbildung des Volkes mit. Sie haben also nur eine Mitwirkungsfunktion und sind keine Staatsparteien wie in der ehemaligen DDR. Nach Artikel 21 Abs. 1 Satz 4 müssen die Parteien öffentlich Rechenschaft über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen legen. Dadurch soll eben verhindert werden. dass Schwarzgeldkoffer kreuz und quer durch Europa getragen werden.
Gegen die Absicht des Grundgesetzes - hier ist nur von der Mitwirkung bei der politischen Willensbildung die Rede - haben sich die Parteien, wie der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker betonte, immer mehr zu beherrschenden Organsationen des
gesamten öffentlichen Lebens entwickelt. Sie vermittelten den Eindruck. dass sie sich den Staat vollends zur Beute machen. schreibt von Amine. Er führt weiter aus, die Gewaltenteilung werde unterlaufen und auch neutrale Gewalten wie Verwaltung. Justiz und Wissenschaft würden zunehmend vereinnahmt.
Bei der staatlichen Parteienfinanzierung, stand immer im Vordergrund. die herrschenden Parlamentsparteien zu be günstigen. um neue politische Strömungen erst gar nicht aufkommen zu lassen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Urteil aus dem Jahre 1957 herausgestellt. Die damalige Bundestagsmehrheit hatte die steuerliche Abzugsfähigkeit nur für Bundestagsparteien zugelassen. uni neue politische Strömungen auszuschalten. Diese Verfahrensweise verstieß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit und war damit verfassungswidrig.
In den Jahren 1958. 1967 und 1979 hat das Bundesverfassungsgericht das Parteiengesetz teilweise für verfassungswidrig erklärt. Trotz der immensen öffentlichen Finanzierung wenden die Altparteien immer neue verfassungswidrige Praktiken an.
Ende der 70er Jahre flog ein Skandal auf, der die ganze Republik erschütterte. Die zunächst in Köln. später in Koblenz angesiedelte Staatsbürgerliche Vereinigung e. V. von 1954 hatte abzugsfähige Spenden an CDU und FDP in Höhe von mehr als 200 Millionen DM weitergeleitet. Auch so genannte Berufsverbände. die nur auf dem Papier standen. erhielten Spenden, die an Parteien weitergeleitet wurden.
Ich verweise auch auf das Spendenurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1986. Es ging hier wieder einmal uni die steuerliche Abzugsfähi gkeit, die teilweise für verfassungswidrig erklärt wurde. Am 9. April 1992 distanzierte sich das Karlsruher Gericht von seiner 86er Entscheidung. Chancenausgleich und Sockelbetrag wurden für verfassungswidrig erklärt. Die steuerliche Be günstigung der Spenden von Körperschaften wurde völlig verboten.
Im Übrigen wurde die steuerliche Begünstigung von Großspenden untersagt. Kein Gesetz stand so oft auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand wie das Parteiengesetz. Dies ist auch kein Wunder, denn die Politiker entscheiden in eigener Sache. Volksabstimmungen auf Bundesebene werden gar nicht erst zugelassen. sodass es den Bürgern untersagt ist, den Gesetzgeber zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen.
1958 hatte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts festgestellt, dass eine staatliche Parteienfinanzierung keinesfalls verfassungsrechtlich geboten ist. Das Gericht hat lediglich in einer Nebenbemerkung angedeutet. dass es eine direkte Finanzierung unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes akzeptieren könnte. Dieser Wink mit dem Zaunpfahl hat die damaligen Bundesparteien veranlasst, für Parteizwecke 5 Millionen DM aus der Staatskasse zu entnehmen. Die Mittel wurden als Zuschüsse zur Förderung der politischen Bildungsarbeit der Parteien deklariert. 1962 stiegen die Subventionen auf 20 Millionen DM. 1964 auf 38 Millionen DM an.
Die Einführung der Staatsfinanzierung der Parteien in der Bundesrepublik Deutschland war eine europäische Premiere. Es folgten später skandinavische Länder, die Niederlande und Italien. Großbritannien und vor allen Dingen die Schweiz kennen die staatliche Parteienfinanzierung nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber materielle Schranken gesetzt. Das Gericht wörtlich:
„Nach Artikel 21 und 20 Abs. 2 Grundgesetz ist es unzulässig. dass politischen Parteien von Staats wegen laufende Zuschüsse zu ihrer gesamten politischen Tätigkeit gewährt werden.'
1_arich.a2 Brandeliburu - 3. Wahlperiode - Plenarpnlokoll 3 22 - 18. 011ober 24X10 1333
Folglich kam man auf den Trick der staatlichen Teilfinanziefing. Die DVU-Fraktion lehnt solche Tricksereien ab. Nach dem Grundgesetz wie auch nach der brandenburgischen Landesverfassung gibt es die Parteienfreiheit. Dieser Grundsatz darf nicht dadurch ausgeltebelt werden, dass bereits etablierte Parteien gi gantisch finanziell bevorteilt werden, während politische Neuerscheinungen als Habenichtse dastehen. Prof. von Amim spricht zu Recht von einem Parteienkartell, das sich etablier hat und in eigener Sache entscheidet. Neue Ideen braucht das Land und damit von Zeit zu Zeit auch neue Köpfe.
Bei so schwer wiegenden Paneispendenaffaren. wie wir sie in den letzten Monaten erlebt haben. hätten die Italiener kurzen Prozess gemacht. Als die führenden Köpfe der italienischen Sozialdemokraten und Christdemokraten - exemplarisch nenne ich hier Craxi und Andreoni - int Parteispendensumpf standen. wurden sie durch den allgemeinen Volkszorn kurzerhand weggejagt. Es bildete sich ein neues Parteiengefüge. Dies war wichtig und notwendig und es hat dem italienischen Staat auch keineswegs geschadet.
Die DVU-Fraktion setzt sich dafür ein. dass verkrustete Strukturen aufgebrochen werden. Filz und Korruption müssen hekämpft werden.
Die Schalthebel der Macht dürfen nicht in den Händen weniger liegen, sondern müssen von einem breiten politischen Spektrum betätigt werden. Es ist notwendig, dass wir die Lehren aus den furchtbaren Diktaturen des vergangenen Jahrhunderts ziehen und zu dem zurückkehren...