Günter Baaske

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einen schönen guten Morgen!
Wir haben gleich zu Anfang eine Geschäftsordnungsdebatte. Das ist für eine konstituierende Sitzung etwas Neues. Sehr verehrter Kollege Goetz, ich finde es etwas befremdlich, wenn man über die Presse erfährt, dass die Verfassung, respektive das Abgeordnetengesetz, respektive die Geschäftsordnung in einer solch wichtigen Passage geändert werden soll. Da ruft man einmal an und sagt, dass man das und das aus den und den Gründen vorhat. So kann das Verfahren in diesem Landtag nicht laufen. Ich ermuntere Sie ausdrücklich, uns bei ähnlichen Anlässen einfach anzurufen und uns mitzuteilen, dass Sie ein Begehr haben, über das Sie reden möchten, um zu beraten, wie man es gestalten kann.
Es gibt in diesem Landtag seit 1990 die Regelung, dass die jeweils zweitstärkste Fraktion den Vizepräsidenten stellt. Das war übrigens auch so, als wir schon einmal einen 5-ParteienLandtag hatten. Die ähnliche Konstellation - die Alterspräsidentin hat es vorhin erwähnt - gab es schon Anfang der 90er Jahre, bis 1994. Wenn es jemals einen guten Grund gegeben hätte, zwei Vizepräsidenten zu bestellen, dann in dieser Zeit.
Ich habe mir erzählen lassen, dass der Landtag damals bis spät in die Nacht debattierte, dass man wesentlich öfter als heute tagte und dass damals vielleicht tatsächlich die Notwendigkeit bestand, dass der Vorsitz eine Ablösung mehr erfährt.
Frau Funck, ich habe mich im Übrigen nie als Notlösung empfunden. Ich habe das gern gemacht,
und jemand, der eine Fraktion leitet, kann auch einmal eine Landtagsitzung leiten.
Herr Goetz, ich fand es übrigens sehr lustig, als Sie sagten, dass diese Sitzung vom Präsidenten, vom Vizepräsidenten, und wenn beide nicht da sind, vom Vertreter der SPD geleitet wird. Gut! Das ist seither so.
In der Geschäftsordnung steht, dass es der Vertreter der stärksten Fraktion ist. Damit, dass das schon fast Gesetz geworden ist, können wir gut leben. Danke für die Anerkennung an dieser Stelle.
Ich habe noch nicht erlebt, dass es in diesem Hause durch den Präsidenten oder die Vizepräsidentin nicht gelungen wäre, unseren Landtag, respektive das Land ordentlich zu repräsentieren. Überall, wo sie gefragt waren - ob das Eröffnungen, Grußworte oder Begehrlichkeiten bei irgendwelchen Veranstaltungen waren -, waren sie präsent. Sie waren da und haben unseren Landtag gut vertreten. Es gab selten die Möglichkeit, dass jemand anders einspringen sollte - aus dem Präsidium allerdings -, weil Präsident oder Vizepräsident nicht dabei sein konnten.
Nun aber zu dem entscheidenden Punkt, den Sie auch vorgetragen haben, nämlich, dass eine Änderung der Geschäftsordnung reichen würde, diesen zweiten Vizepräsidenten zu etablieren. Sie haben ganz bewusst - das liegt vielleicht in der Intention Ihres Berufs - den Absatz 1 vorgetragen. Dort steht: Präsidium, bestehend aus dem Präsidenten - dem, Dativ! -, Vizepräsidenten und weiteren Mitgliedern. Dort steht nicht: dem - Dativ! Präsidenten, den Vizepräsidenten, sondern dem Präsidenten, Vizepräsidenten, womit das „dem“ auch auf das zweite Wort bezogen wird.
Ich bin noch nicht fertig. Absatz 2 hat er unterschlagen. Absatz 2 lautet:
„Präsident, Vizepräsident“
- Vizepräsident!
„sowie die anderen Mitglieder des Präsidiums.“
Das ist eindeutig. Herr Goetz, wenn Sie das anders auslegen,
dann mag das die Rechtslehre der Akademie für Staat und Recht sein. Das gilt hier nicht. Das ist eindeutig.
So können Sie hier nicht verfahren. Ich bitte, in Zukunft diese Verfassung zu achten und zu ehren und bei allen Debatten auch auf das zurückzukommen, was tatsächlicher Wortlaut ist.
Wenn es nicht allzu sehr in juristische Tiefen geht, aber das kann ich wohl nicht erwarten.
Ja, aber ich nehme es Ihnen nicht ab, weil ich weiß, dass die Väter der Verfassung - ich habe mit einigen telefoniert - es damals anders meinten.
Ich will noch einige Worte zur Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen sagen, weil wir das im Anschluss diskutieren bzw. auch entsprechend darüber abstimmen werden. Die SPD-Fraktion hat überhaupt kein Problem, der Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen zuzustimmen. Da sehen wir überhaupt keine Hürde. Wir meinen allerdings - das sage ich auch im Hinblick auf die vorliegenden Anträge -, dass man sich das beispielsweise für die Debatte in einem Hauptausschuss gut überlegen muss, es gut gestalten muss, da es dort bestimmte Dinge gibt, die man nicht öffentlich diskutieren darf - das sollten wir in der Geschäftsordnung regeln -, und dass man das meiste, was in diesen Ausschüssen diskutiert wird, öffentlich machen sollte.
Wir haben darüber gesprochen - diesbezüglich sollten wir uns die Zeit nehmen -, dass Anfang Januar die endgültige Geschäftsordnung vorliegen soll. Das wird uns auch gelingen. Wir werden einer entsprechenden Debatte nicht abgeneigt sein und werden auch entsprechend abstimmen, allerdings lediglich der Überweisung an den Hauptausschuss zustimmen, um dort das Nähere für die Geschäftsordnung zu regeln. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zur CDU-Fraktion teile ich die Auffassung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass wir eine gesetzliche Regelung brauchen. § 20 Stasi-Unterlagen-Gesetz sieht eindeutig vor, dass eine Normierung geschaffen werden muss, in welchem Rahmen eine solche Überprüfung stattfindet und wer wie mit diesen Unterlagen umgeht. Nur dann wird die Birthler-Behörde entsprechend zuarbeiten.
Die SPD unterstützt diesen Antrag. Wir werden einer Überweisung zustimmen. Ich glaube, dass die Gelegenheit, die wir jetzt zum letzten Mal haben, genutzt werden sollte. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz wurde vom Bundestag verändert. Es ist geregelt, dass dieses Verfahren nur bis zum Jahre 2011 zulässig ist. Insofern ist es jetzt die letzte Gelegenheit. Man sollte sie nutzen.
Dies sage ich nicht etwa, weil ich Angst habe, dass in meiner Fraktion irgendetwas hochkocht, was uns dann Sorgen bereiten könnte, weil wir lieber den bösen Schein wahren wollen, sondern ganz im Gegenteil: Wir wollen deutlich machen, dass wir mit der Geschichte leben können. Wir wissen, dass wir in unseren Reihen zumindest keine hauptamtlichen Mitarbeiter haben. Genau das wollen wir damit auch sagen.
Ich habe andererseits auch Verständnis für die, die bei uns in der Fraktion und anderswo im Land sagen: Leute, jetzt haben wir uns viermal, fünfmal, vielleicht schon sechsmal gaucken oder birthlern lassen. Muss es jetzt wirklich noch einmal sein? - Da sage ich: Gut. Aber ich nehme an, dass bei der BirthlerBehörde am Ende nur Daten wie Name, Adresse etc. abgeglichen werden und festgestellt wird: Die Person haben wir im vorigen Jahr überprüft; das schicken wir so noch einmal raus. Dann ist das auch nicht so aufwendig und dient vielleicht auch in diesem Hause der Klarheit.
Noch einige Bemerkungen dazu, was wir in den kommenden Wochen, wenn wir diesen Antrag diskutieren, berücksichtigen sollten: Zum einen verweisen Sie, Herr Vogel, in Ihrer Begründung in fast jedem Absatz auf das Thema Stasi. Wir müssen aufpassen, dass wir für all das, was unter und mit der Stasi passiert ist, nicht allein die Stasi verantwortlich machen. Die Stasi war ein Handlanger in einem System, in dem eine Partei besonders gewirkt hat, aber in dem auch andere Parteien mitgewirkt und dieses System gesteuert haben. Die haben sich der Staatsicherheit bedient, dass sie die Menschen unter Repressionen setzt, sie bespitzelt und verfolgt. Das kann man nicht allein der Stasi anhängen, denn um so etwas zu ermöglichen, bedurfte es mehr als nur der Staatssicherheit.
Ich appelliere noch einmal an die CDU, der Überweisung dieses Antrags zuzustimmen, denn wir kommen mit Ihrem Antrag nicht weiter. Ich will darauf hinweisen, dass in anderen Landtagen, zum Beispiel in Sachsen oder in Thüringen, nicht nur die Überprüfung der IMs der Staatssicherheit berücksichtigt wurde, sondern man auch die IMs, die zum Beispiel für das Amt für Nationale Sicherheit oder für die Spezialabteilung der Polizei, die K1, gewirkt haben - die hatten auch inoffizielle Mitarbeiter -, überprüft wurden. Dafür gibt es in der Birthler-Behörde eine entsprechende Abteilung. Wir sollten es wie andere Landtage im Abgeordnetengesetz regeln.
Herr Vogel, zum anderen - darüber haben wir schon gesprochen - glaube ich nicht, dass das Präsidium des Landtags die als Bewertungskriterium geeignete Institution ist. Ich glaube, man sollte noch einmal in Ruhe darüber reden, wen man da anspricht. Ich glaube, das sollte in einer anderen Runde geschehen als ausgerechnet in der des Präsidiums des Landtags, denn es muss auch eine Möglichkeit für diejenigen geben, die mit einer Akte daherkommen, sich an irgendjemanden zu wenden und zu sagen: Ich erkläre dir einmal, was damals passiert ist. - Genau das meinten wir mit der Aussage - von Stolpe übernommen - „mit menschlichem Maß“. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat geht es, wenn wir über diesen Antrag reden, auch um den Änderungsantrag, den die CDU-Fraktion vorgelegt hat. Frau Wanka, ich teile in Ansätzen, vielleicht sogar ganz, wenn man über die eine oder andere Formulierung noch einmal redet, Ihren Absatz 2. Ich weiß auch, was Sie damit wollen, nämlich dass wir auch auf den 20. Jahrestag aufmerksam machen, dass wir darauf hinweisen, dass am 9. November abends um 19 Uhr in der Lindenstraße eine Veranstaltung stattfindet, wo es darum geht, noch einmal die Demokratie zu würdigen, das, was wir in den letzten 20 Jahren geschaffen haben. Eine ähnliche Veranstaltung findet dann am 10. November nachmittags an der Glienicker Brücke statt. Es ist wichtig, dass wir darauf hinweisen, es ist aber nicht die Intention, die wir mit unserem Antrag verfolgen. Der Antrag, wie wir ihn vorlegen, greift das auf, was wir in den Jahren zuvor hier leider immer wieder machen mussten, nämlich darauf hinweisen, dass wir in diesem Lande gefährliche rechtsextreme Tendenzen haben, die dazu führen, dass Veranstaltungen, wie sie die NPD dieses Jahr wieder in Halbe durchführen will, unsere Reaktion erfordern. Diese Veranstaltungen erfordern unsere Reaktion! Genau das wollten wir tun.
Die DVU - das ist auch ein Punkt, den wir hier berücksichtigen wollten und sollten - saß zwei Legislaturperioden in diesem Landtag. Wir sind froh und glücklich, dass wir all das, was wir von Frau Hesselbarth und Herrn Schuldt - ich will die Namen gar nicht mehr nennen - über Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Menschenfeindlichkeit, Rechtsextremismus schlechthin, hören mussten, nicht mehr hören müssen.
Auch das sollte durch Beschluss dieses Antrags zum Ausdruck kommen. Dazu kann man sich auch bekennen. Wir sind in dieser Frage in den vergangenen Jahren gut vorangekommen. Wir konnten in der vergangenen Legislaturperiode hier in Brandenburg unter Anwesenheit des Bundespräsidenten miteinander zehn Jahre Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ begehen. Wir hatten eine sehr würdevolle Veranstaltung. Wir hatten eine gute, teilweise auch sehr gute Resonanz darauf, gerade in den großen öffentlichen überregionalen Medien, weil Brandenburg, glaube ich, auch ein Stück seiner Stigmatisierung abwerfen konnte. Brandenburg galt viele Jahre als ein Land, wo es gefährlich sein könnte für Andersfarbige, für Andersdenkende,
sich zu outen und bestimmte Regionen zu betreten. Das ist nicht mehr so, ganz im Gegenteil, wir haben in der überregionalen Presse von Experten, die das beurteilen können, viel Lob dafür bekommen, dass wir große Schritte voran gemacht haben.
Das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ hat dazu geführt, dass, egal wohin man in diesem Land kommt, wenn sich die NPD oder die DVU wagt, etwas zu veranstalten, sofort Initiativen dagegenstehen. Ich habe in den letzten Jahren nicht eine einzige Veranstaltung erlebt, wo nicht wesentlich mehr Demokraten aus Brandenburg anwesend gewesen wären als Vertreter von NPD oder DVU oder irgendwelche andere Krachmacher, die aus ganz Deutschland oder vielleicht sogar ganz Europa zusammengerufen wurden. Auch das ist unser Verdienst, auch das haben wir aus dem Landtag heraus mit solchen Aufrufen - um einen solchen geht es gerade wieder - in den letzten Jahren erreicht. Es war auch das Handlungskonzept, das uns dazu aufgerufen hat, das bürgerschaftliche Engagement, die Zivilcourage, die gegen Rechtsextremismus aufsteht, zu würdigen und zu beleben. Das hat dazu geführt, dass die Initiativen, von denen ich gerade sprach - es gibt nicht nur das Handlungskonzept, es gibt viele Bündnisse vor Ort, die das regeln -, aktiv im Land wirken.
Zum anderen möchte ich mich ausdrücklich noch einmal beim Kollegen Schönbohm bedanken. Ich glaube, er hat, gerade was die Repression angeht, in den letzten Jahren mit unserer Polizei viel erreicht.
Ich erinnere an die MEGA, an die TOMEG, an die vielen Aktivitäten, die die Polizei durchgeführt hat. Sie hat Courage gezeigt, wenn es darum ging, vor Ort die beiden großen Lager zu trennen, wenn es darum ging, klare Kante zu zeigen gegen rechtsextremistische Tendenzen, ob das nun die Kameradschaften waren oder ob es die von mir benannten Parteien waren.
Ich bin aber auch - da richte ich jetzt noch einmal meinen Appell an die CDU-Fraktion - allen demokratischen Fraktionen in diesem Landtag für den Schulterschluss der Demokraten dankbar, den wir in den letzten Jahren in diesem Hause zeigen konnten. Dieser Schulterschluss hat es ermöglicht, dass wir in diesem Hause Anträge, abgesehen von der DVU, einstimmig beschließen konnten.
In diesen Anträgen haben wir deutlich gemacht, dass wir zu Zivilcourage aufrufen, dass wir zu Veranstaltungen aufrufen. Wir haben deutlich gemacht, dass wir gegen Rassismus sind, dass wir gegen Antisemitismus, gegen Menschenfeindlichkeit, gegen Sozialdarwinismus und gegen Nationalismus sind. All dies konnten wir mit unserem Schulterschluss bewirken.
Ich finde, Frau Wanka, es stünde Ihnen gut zu Gesicht, wenn Sie diesem Antrag heute zustimmen würden und damit den Schulterschluss der Demokraten in diesem Hause fortführten, damit das, was in LDS - Ihrem Wahlkreis - möglich ist, hier ebenfalls ermöglicht würde, nämlich einen geschlossenen Aufruf zu starten, dass die Bürger am 14. November nach Halbe kommen, um Flagge zu zeigen. Das muss auch hier möglich sein. Ich bitte um Ihre Zustimmung. - Danke.