Volkmar Schöneburg

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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Präsidentin! Gestatten Sie mir drei relativ kurze Anmerkungen.
Erstens: Ich war schon verwundert, als ich Ihren Antrag gele sen habe, denn wir haben das gleiche Thema und einen inhalt lich gleichen Antrag hier im Parlament erst vor drei Monaten debattiert.
Dass gerade die selbst ernannten Kritiker des Parlamentaris mus diesen Antrag nun in verdeckt neuer Form und begründet mit einer gedrechselten Rede - beim letzten Mal gar begründet mit einer Büttenrede - erneut einbringen, verwundert mich schon stark.
Bei nur drei Monaten Verfallsdatum kann man nicht einmal mehr die Begründung bringen, dass es alter Wein in neuen Schläuchen sei. Mit so einer parlamentarischen Arbeit desa vouieren Sie sich selbst, und da kann ich Ihnen nur entgegenru fen: Nur weiter so!
Zweite Anmerkung: Ich werde Ihnen nicht den Gefallen tun, die Erwiderungen bzw. Begründungen, die wir damals in den verschiedenen Redebeiträgen vorgetragen haben, um Ihren An trag abzulehnen, noch einmal vorzutragen. Diese können Sie in den Parlamentsprotokollen nachlesen, aber offensichtlich fol gen Sie ja der Devise: „Lesen irritiert nur!“
Für den von Ihnen vorgeschlagenen verfassungsändernden An trag gibt es keine Notwendigkeit. Die deutsche Sprache ist nicht in Gefahr. Es gibt keine Regelungsnotwendigkeit und es
ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Wir sollten die Landes verfassung im 25. Jahr ihres Bestehens nicht - wie es schon Gustav Radbruch angemahnt hat - zum Zeuglappen machen, den die Parteijuristen hin- und herzerren, um ihre persönlichen oder parteipolitischen Interessen zu bedienen.
Ihr Antrag ist reine Symbolik. Wenn er durchkommt, bringt er rechtlich gar nichts; er verwässert eher unsere Verfassung.
Dritte Anmerkung: Sie haben schon einen interessanten Zu sammenhang zur Leitkulturdebatte hergestellt. Zu dem, was Sie hier schon heute Vormittag zu deutscher Identität vorge bracht haben, will ich Ihnen entgegnen, worin für mich die deutsche Leitkultur besteht. Für mich besteht sie - wenn es sie überhaupt als solche gibt - in Artikel 1 Grundgesetz, ergänzt durch Artikel 7 unserer Landesverfassung: Die Würde des Menschen ist unantastbar. - Die Landesverfassung ergänzt: Je der schuldet jedem die Anerkennung seiner Würde.
Das war übrigens der Gegenentwurf zur Verfassungsurkunde des Dritten Reiches, um mit Ernst Fraenkel und seinem „Dop pelstaat“ zu sprechen. Das war die Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933, mit der die Exekutive in den Stand ge setzt wurde, Grundrechte außer Vollzug zu setzen und zur Dis position zu stellen, womit Einweisungen in Lager legitimiert und legalisiert worden waren.
Begleitet wurde diese Art von Machtergreifung und Machtsta bilisierung durch den Satz, den Ausruf „Deutschland den Deut schen!“
Wie wir wissen, wurde der Chat-Verkehr der sachsen-anhalti nischen AfD öffentlich gemacht. Auch da wurde wieder „Deutschland den Deutschen!“ gerufen. Wenn von „Deutsch land den Deutschen“ oder - um andere Äußerungen zu neh men - von „schwarzafrikanischen Bereicherern“oder von der „kulturellen und seelischen Kastration des deutschen Volkes“ die Rede ist, ist das meiner Meinung nach eine Sprache, die den Verfassungsgrundsatz in Artikel 1 Grundgesetz und den Zusatz in Artikel 7 der Landesverfassung unterläuft.
Für die deutsche Sprache besteht keine Gefahr; vielmehr geht von Ihnen, von denjenigen, die solche Sätze gebrauchen, eine Gefahr für die soziale Demokratie in Deutschland aus. - Dan ke.