Andreas Gram
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein schwieriges Reformwerk wird heute verabschiedet. Zu Entstehung, Hintergründen und Inhalt des Gesetzes habe ich bereits in der I. Lesung Stellung genommen. Wiederholungen will ich vermeiden. Der Kollege Benneter hat heute in seinem Beitrag auch das Nötige dazu gesagt.
Heute richtet sich das Augenmerk meiner Fraktion auf das Wesen und die Zukunft des Verfassungsschutzes in Berlin. Die große Koalition ist angetreten, in Zusammenarbeit mit dem Berliner Innensenator Deutschlands modernsten Nachrichtendienst zum Schutze der verfassungsmäßigen Ordnung in Berlin zu schaffen, und das ist ihr gelungen!
Das Gesetzeswerk liefert mit seinen Instrumentarien hierfür alle Voraussetzungen. Herr Kollege Benneter hat vorhin ausführlich – ich will nur noch einmal daran erinnern – auf die nachrichtendienstlichen Mittel hingewiesen, natürlich unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Das haben wir ausdrücklich hineingeschrieben. Der Verfassungsschutz darf auch modernste Technik einsetzen. Die Konzentration allerdings auf die seelenlose Technik und Methodik macht noch keinen funktionierenden Verfassungsschutz aus. Im Gegenteil könnte sie eher dazu verführen, die eigentliche Aufgabe eines solchen Dienstes aus den Augen zu verlieren, nämlich die freiheitlichste Verfassung, die ich kenne, vor den Angriffen ihrer Feinde zu schützen.
Hierzu braucht die neue Verfassungsschutzabteilung jedes erforderliche Rüstzeug, aber sie braucht auch Mitarbeiter und Menschen in ihrem Umfeld, die sich nicht nur mit ihrem Verstand, sondern auch mit ihrem Herzen dieser wichtigen Aufgabe widmen.
Dies heißt selbstverständlich, dass sich jeder Mitarbeiter an Geist und Buchstaben des jetzt zu verabschiedenden Gesetzes zu halten hat. Aber es heißt auch, dass diesem neuen Dienst und seinen künftigen Mitarbeitern von seinen Gegnern und auch von den Medien eine faire Chance eingeräumt wird, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Vergessen wir nie, der Verfassungsschutz ist keine Polizei. Seine Erkenntnisse sollen die Politik beraten und ihr die Möglichkeit geben, auf verfassungsfeindliche Bestrebungen zu reagieren, wie z. B. beim angestrebten NPDVerbot. Herr Kollege Zillich, Ihre Ausführungen dazu kann nun überhaupt nicht mehr nachvollziehen!
Diese so bedeutende Aufgabe kann Berlins Verfassungsschutz nur dann erfüllen, wenn er und seine Mitarbeiter wieder Vertrauen finden – übrigens nicht zuletzt auch bei anderen Ämtern
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unseres Landes. Das neue Gesetz, das wir geschaffen haben, beinhaltet alle Voraussetzungen, diesen Anforderungen gerecht zu werden, insbesondere dadurch, dass es der Behörde eine personelle Blutauffrischung verschafft und auch die verstärkte wissenschaftliche Qualifikation eines Teils der dort Tätigen verlangt. Das wird den Verfassungsschutz in die Lage versetzen, aufklärende Öffentlichkeitsarbeit z. B. an Universitäten und Schulen zu betreiben und Politik und hoffentlich auch Justiz substantiell zu beraten. Weiterhin wird dem Dienst auch die Möglichkeit gegeben, sich jetzt endlich des berühmten Schlapphutimages zu entledigen.
Dieses intensive Vorgehen, das wir mit dem Gesetz geplant haben, ist Zeiten extremistischer, menschenverachtender Gewalttaten in diesem Land von enormer Bedeutung. Hier sei nochmals gesagt: Verfassungsschutz ist nur ein Glied in der Kette.
Elternhäuser, Schulen, Kirchen, Gewerkschaften, Politik, Justiz und viele andere sind ebenfalls aufgerufen, frühzeitig unsere Verfassung auch dadurch zu schützen, dass sie sie in den Herzen – insbesondere junger Leute – nachhaltig verankern und sie nicht seelenlos als technokratisches Thema behandeln.
Auch die Medien haben eine besondere Verantwortung. Gäbe es zum Beispiel einmal „Tanja am Mittag“ weniger in der Woche und stattdessen eine jugendgerechte Sendung über die Grundwerte unseres Rechtsstaats,
Sie sind offensichtlich Befürworter der Privatmedien. –
dann würden nach meiner Ansicht weder die Sender ruiniert werden noch das Bildungsniveau der Zuschauer merklich sinken.
Verfassungsschutz ist eine Aufgaben für uns alle.
Dass Sie davon nichts verstehen, ist mir klar. Verfassungsschutz ist auch für Sie eine Aufgabe. Daran müssen Sie sich gewöhnen. – Die Mitarbeit an diesem Gesetz und seine Mitverabschiedung habe ich trotz aller Schwierigkeiten nie bereut. Es erfüllt mich mit Stolz und Zuversicht, an einem kleinen Bereich des Schutzes unserer Verfassung mitgearbeitet zu haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Klemm! Das war PDS pur rückwärts gewandt.
Ich hätte mich gefreut, wenn Sie mal irgend was über die Zukunftspläne gesagt hätten. Aber das überfordert Sie offenbar.
Sie und Ihre Fraktion und die Staatsmachtallergiker der Grünen, die quälen uns ja nun seit Jahren mit entsprechenden Anträgen zur Auflösung des Landesamtes für Verfassungsschutz, einer Ersetzung des Landesamtes durch eine Art Landeszentrale politischer Bildung – Frau Künast, Ihre Lieblingsidee. Dass das von der PDS kommt, wundert mich nicht. Sie ist schließlich selbst auch selbst ein Teil Beobachtungsobjekt. Da ist es natürlich willkommen, wenn man das Landesamt abschafft. Solchen Anträgen aber ist meine Fraktion in der Vergangenheit immer entgegengetreten. Die Absicht, die dahinter stand, war erkennbar: Es ging um die Zerschlagung eines der wehrhaften Instrumente der wehrhaften Demokratie, nämlich des Landesamtes für Verfassungsschutz.
Ich will nicht bestreiten, dass in der Vergangenheit in Berlin seit Jahren der Verfassungsschutz immer wieder in die Negativschlagzeilen geraten ist. Er hat damit seinen Gegnern willkommene Anlässe geliefert, seine Abschaffung zu versuchen. Wir alle, insbesondere auch die Kollegen im Ausschuss, haben dies über Jahre leidvoll miterlebt. Wie leider oft im politischen Leben werden durch das inakzeptable, zum Teil strafbare Verhalten von anonymen Durchstechern und Intriganten innerhalb und außerhalb des Amtes letztlich diejenigen Mitarbeiter getroffen, und zwar in Ruf und in Motivation, die gute und solide Arbeit leisten. Hinzu kommt eine leider zu oft tendenziöse Berichterstattung in den Medien.
Von den Erfolgen des Landesamtes erfahren und lesen wir leider nie etwas. Das liegt aber nicht daran, dass es sie nicht gibt. Vielmehr gehen die loyalen Mitarbeiter aufgrund ihrer Verschwiegenheitspflicht nicht mit ihren Erfolgen hausieren und verhalten sich sozusagen zu ihrem eigenen Nachteil pflichtgemäß. Und dann gibt es noch die Binsenweisheit, die Schlagzeile „Landesamt arbeitete erfolgreich“ verkauft sich eben nicht. Ich will aber doch an dieser Stelle ein Beispiel für gute Arbeit hervorheben. Die kürzlich im Ausschuss diskutierten Berichte des Landesamtes über Links- und Rechtsextremismus zeichneten sich durch eine solide Erkenntnislage und ein erfreulich hohes Niveau aus. Dafür danke ich dem Amt!
Die Opposition hat bisher jeden negativen Vorgang im Landesamt für Verfassungsschutz genüsslich ausgeschlachtet. Jetzt haben Sie aber ein Problem. Geprägt von der Erkenntnis, dass die Arbeit des Landesamtes auch in Zukunft von Querulanten, Intriganten und Durchstechern belastet würde, hat der in Fragen des Verfassungsschutzes nun wahrlich nicht unerfahrene Berliner Innensenator entschieden, den Verfassungsschutz unter Auflösung des Amtes in Berlin neu auszurichten, damit dieser endlich wieder seinen gesetzlichen Aufgaben nachkommen kann. In der Sitzung, in der Dr. Werthebach die Kollegen hierüber informierte, nahm die Opposition dies zunächst mit ungläubigem Staunen hin, dann aber überwiegend zustimmend. Erst wesentlich später merkte man ja, dass man Opposition sei und eigentlich gar nichts billigen dürfte, schon gar nicht etwas Sinnvolles, was von einem CDU-Senator kommt.
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Ja, man glaubte einfach nicht, dass es dem Innensenator ernst war mit dieser Sache. Statt sich in die sachliche Arbeit einzubringen hat die versammelte Linke dieses Hauses sich wieder in ihre üblichen Rituale und Mätzchen zurückgezogen. Kollegin Künast outet sich am Dienstag dieser Woche im lindgrünen Tarngewand an der Clayallee als jobsuchende Geheimagentin mit Reißwolfausstattung und einem Faible für Entsorgungsfirmen. Nun gut, Frau Künast, Sie müssen ja was für die grüne Seele tun. Über etwaige andere Motive decke ich den Mantel des kollegialen Anstandes.
Dann komme ich zum Kollegen Klemm. Der ist an Originalität nicht mehr zu überbieten, und was macht er?
Er macht eine Pressekonferenz. Und außer dem „Neuen Deutschland“ haben selbst wohlmeinende Journalisten im Anschluss daran gefragt: Was wollte uns der Künstler eigentlich sagen? – So ist das eben. Während die einen sich aufführen, als habe man ihnen ihr Lieblingsspielzeug geklaut, müssen die andern die Kärrnerarbeit machen.
Meine Fraktion unterstützt den Innensenator und seine sehr engagierte Staatssekretärin Koller bei dieser wirklich nicht beneidenswerten Aufgabe. Nach meiner festen Überzeugung wird es in absehbarer Zeit den modernsten Landesverfassungsschutz in Berlin geben. Folgende Punkte werden ihn auszeichnen: Die Integration des Verfassungsschutzes in die Innenverwaltung wird seine Einbindung in die Willens- und Entscheidungsprozesse der Innenbehörde verbessern. Eine Verselbständigung des Verfassungsschutzes wird es nicht mehr geben. Die Mitarbeiter werden künftig motivierter als bisher ihren Aufgaben nachgehen. Politikberatung wird künftig einen größeren Stellenwert bei der Arbeit haben. Und neben der Gewinnung von Erkenntnissen, die natürlich auch in Zukunft den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel erfordern wird, wird künftig auch ein Schwerpunkt bei der wissenschaftlichen Erarbeitung dieser Erkenntnisse liegen. Sehr am Herzen liegt mir der letzte Punkt: Im Bereich des politischen Extremismus, insbesondere von rechts, wird die Beobachtung durch den Verfassungsschutz künftig stärker als bisher auf gewaltbereite und gewaltgeneigte Personengruppen ausgerichtet sein.
Selbstverständlich – das sage ich jetzt hier auch als Parlamentarier – werden wir auch zukünftig die Wahrung unserer Kontrollrechte beachten und gegebenenfalls einfordern. Ich habe aber keinen Zweifel daran, dass wir in Berlin nunmehr auf einem guten Weg sind. Mir ist klar, dass es keinen von allen Seiten unterstützten Königsweg gibt, schon gar nicht bei einem Nachrichtendienst. Aber jetzt geschieht in Berlin etwas, das den eigentlichen Auftrag des Verfassungsschutzes wieder in den Mittelpunkt rückt, nämlich quasi als Seismograph, sozusagen als Frühwarnsystem, die Verfassung vor ihren Feinden zu schützen. Das ist eine Herzensangelegenheit von mir.
Eines kann ich Ihnen versichern: Der Berliner Verfassungsschutz wird umgestaltet, aber bestimmt nicht ersatzlos aufgelöst. Frau Kollegin Künast, nehmen Sie doch bitte Ihren so heiß geliebten Reißwolf, packen Sie die heutigen Anträge da rein; das ist der einzige Ort, wo sie wirklich hin gehören. – Ich danke Ihnen!