Andreas Statzkowski

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor uns liegt eine Große Anfrage mit ingesamt 26 Fragen. Wollen wir zu Beginn gleich einmal festhalten, die Masse allein macht es nicht. Ich meine, dass man hier zu Recht fragen sollte, inwieweit man die Sachverhalte vorab vorstellend ausreichend recherchiert hat. Ich meine, dass sich viele Fragen dann von selbst erledigt hätten und dementsprechend viele Antworten zu einzelnen Themen, die angesprochen wurden, bereits im Einzelnen vorliegen.
Außerdem muss man die Frage stellen, ob denn die Große Anfrage zum richtigen Zeitpunkt heute hier gestellt worden ist. Wir müssen immerhin festhalten, dass der Vertrag bereits 2010 geschlossen wurde und auch nicht vom Land Berlin, sondern von der Kultusministerkonferenz
und dass die Auswirkungen frühestens im Jahr 2012 bzw. noch viel später erst eintreten werden bzw. können, sodass dementsprechend aus meiner Sicht ein Zeitdruck in der Form nicht zu erkennen ist.
Wir haben es hier mit zwei wichtigen Rechtsgütern zu tun, die abzuwägen sind, nämlich mit der Privatsphäre, dem einzuhaltenden Datenschutz auf der einen Seite und dem Schutz des Urheberrechts auf der anderen Seite. Ich finde es bedauerlich, wenn auch in der Großen Anfrage nicht klar wird, dass es hier um eine Abwägung von schwierigen Rechtsgütern geht und dass man es sich insoweit nicht ganz so einfach machen kann, wie es sich die Fraktion der Piraten bei der Großen Anfrage aus meiner Sicht gemacht hat.
Hinzu kommt, dass allein die Begriffsfindung, die in der Öffentlichkeit Verwendung gefunden hat, indem man von Schultrojanern sprach, völlig danebenliegt, weil bei einem möglichen Einsatz der Software die Schulen von dem Einsatz wissen und dementsprechend mit dem Bewusstsein dessen im Einzelnen umgegangen werden kann.
Wenn ein Trojaner auf meinem PC installiert ist, dann weiß ich das in der Regel gerade eben nicht, und genau da liegt das Problem und der Unterschied zu der Software, die hier andiskutiert ist. – Auf mindestens einem Prozent der öffentlichen Schulen soll diese Software eingesetzt werden. Sie soll dann Inhalte auf dem Schulserver mit Textbausteinen aus Schulbüchern vergleichen. Sie soll dann im Schulintranet, nicht aber in E-Mails oder geschützten Bereichen wie in eigenen Dateien nach Urheberrechtsverstößen fahnden. Nicht erlaubt ist es beispielsweise, dass Lehrer Schulbuchseiten einscannen. Entdeckt die Software solche unerlaubten digitalen Kopien, kann es zu Maßnahmen der Schulbehörde kommen. Diese entscheidet aber allein, und selbstverständlich soll und kann diese Information auch nur an die Schulbehörde gehen.
Die Kultusministerien halten ihre Lehrkräfte, meine ich, zu Recht dazu an, Arbeitsblätter und Schulaufgaben kreativ zu gestalten, individuell auszubauen und den Unterricht nicht nur strikt nach dem Schulbuch zu machen. Um dieser Aufgabenstellung gerecht zu werden, basteln viele Lehrer und Lehrerinnen Arbeitsblätter mit eigenen Texten, Textpassagen, die aus Schulbüchern übernommen werden, und Bildern aus den verschiedensten Quellen. Damit diese Praxis für die Kollegen vor Ort rechtlich abgesichert ist, existiert der Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 des Urhebergesetzes zwischen den Bundesländern und den Schulbuchverlagen. Diese erhalten jährlich eine Vergütung in Millionenhöhe dafür, dass diese Lehrkräfte aus ihren Büchern kopieren dürfen; 2011 z. B. 7,3 Millionen Euro, 2012 werden es schon 7,8 Millionen sein. Allerdings lässt selbst dieser gute Vertrag den Lehrern nicht grenzenlose Handlungsfreiheit. Eine digitale Speicherung über den Kopiervorgang hinaus und ein digitales Vertei
len sind durch diesen Gesamtvertrag nicht abgedeckt – wo mit Sicherheit ein erheblicher Mangel zu erkennen ist.
Der Berliner Datenschutzbeauftragte Dix, der heute auch schon begrüßt und erwähnt wurde, hält den Einsatz einer derartigen Plagiatssoftware – so konnte man es der Presse entnehmen – für unbedenklich, wenn die Schulen vorab darüber informiert und die Rechner nicht heimlich durchsucht werden. Außerdem müsse klar sein, dass die Software nur nach Plagiaten sucht und nicht beliebige Funktionen nachgeladen werden können, die nichts mit der Überwachung des Urheberrechts zu tun haben. Eine jede Schule, so wird Herr Dix zitiert, ist allerdings selbst dafür verantwortlich, dass diese Software nur nach Plagiaten sucht.
Hier haben wir natürlich das Problem, mit dem wir uns in der Vergangenheit schon des Öfteren beschäftigt haben, dass die Schulen häufig alleingelassen werden mit den einzelnen Problemen im Umgang mit Computern vor Ort. Gerade aus diesem Grund hält die CDU-Fraktion es für dringend notwendig, dass man ein Gesamtkonzept strickt, um mit dem Problem als solchem umzugehen. Darauf möchte ich jetzt im Einzelnen eingehen.
Dazu gehört beispielsweise, dass Schulbuchverlage sich viel stärker als bisher den neuen Herausforderungen der neuen Medien annehmen müssen. Mehr digitale Angebote von Schulbuchverlagen sind dringend notwendig; hier liegen bislang zu wenige Alternativangebote vor. Ich möchte aber gerade, weil wir im Berliner Parlament sind, ausdrücklich einen Berliner Schulbuchverlag loben, der sich deutlich von den anderen Schulbuchverlagen unterscheidet, das ist der Cornelsen-Verlag aus Wilmersdorf.
Ausreichende Angebote für die digitalen Whiteboards sind ebenfalls dringend erforderlich. Und wenn bei dem einen oder anderen die Schulzeit schon etwas zurückliegt, dann sei darauf hingewiesen, dass ein digitales White- board eine elektrische Tafel ist, die an einen Computer angeschlossen ist. Das Bild wird im Regelfall von einem Beamer projiziert. Auf einem digitalen Whiteboard lassen sich über jedes vom Computer angezeigte Bild handschriftliche Ergänzungen vorlegen. Auch hier sind dringend Erweiterungen notwendig. In Großbritannien gibt es inzwischen 500 000 digitale Whiteboards in den Schulen, in Deutschland sind es zur Zeit noch um die 30 000. Man rechnet allerdings damit, dass die Zahl in den nächsten Jahren dramatisch zunehmen wird. Auch hier sind die Schulbuchverlage gefragt, damit den Kollegen vor Ort ausreichend Material zur Verfügung gestellt werden kann.
Klar ist, dass der Einsatz einer möglichen Software, wenn sie denn im Einzelnen vorliegen sollte, nur die Schulcomputer betrifft und weder den Arbeits- noch den Privatcomputer der Kollegen. Wichtig ist, dass die klare Abgrenzung einer möglichen Software dementsprechend
vorgenommen wird, dass sie nur den dafür vorgesehenen Aufgaben gerecht werden kann, und dass man insbesondere Lösungen findet, die unterschiedlichen Formen der Datenspeicherung hiermit zu erfassen. Wenn heute und hier darüber diskutiert wurde, ob dies im Einzelnen möglich ist, dann wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit herausstellen, dass hier frei nach Shakespeare diskutiert wird: Viel Lärm um Nichts.
Aus Sicht der CDU-Fraktion ist es selbstverständlich, dass die Erkenntnisse einer Software nur und ausschließlich an die Dienstbehörde gehen und dass es eine Beteiligung des Datenschutzbeauftragten gibt. Aber wenn die Software vorliegen sollte, ist eine Beteiligung der Personalräte und der Betroffenenvertreter eine Selbstverständlichkeit. Ausreichende Alternativangebote auch in Form ausreichender Lehr- und Lernmittel sind ebenfalls etwas, was Lehrerverbände an dieser Stelle zu Recht anmahnen. Ich denke, dass auch die Frage einer digitalen Vervielfältigung und deren vertragliche Absicherung in diesem Zusammenhang diskutiert werden muss, genauso wie die Persönlichkeitsrechte der Kollegen vor Ort. Insoweit ist es wichtig, sich ausgewogen und abgewogen mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Insoweit sind Pressemitteilungen, wie sie beispielsweise die Fraktion der Linken im Deutschen Bundestag abgegeben hat, kontraproduktiv. Da wird gefordert,
dass das Bildungswesen den privatwirtschaftlichen Verwertungslogiken entzogen werden und die Nutzung von Schul- und Bildungsmaterial unter freien Lizenzen gefördert werden muss.
Aus der Sicht der CDU-Fraktion hat sich damit wieder einmal bewiesen, dass die Linken nichts dazugelernt haben, dass sie eine problematische Einstellung zur Privatwirtschaft haben. Ich frage mich, wo denn hier die Alternative liegen soll. Wahrscheinlich in den alten Staatsverlagen mit staatstreuen Inhalten à la Linke. Das ist nicht die Auffassung der CDU-Fraktion.
Wir sollten an dieser Stelle festhalten, dass die Nichtbeachtung des Urheberrechts in der Regel erhebliche Mehrkosten für diejenigen bedeutet, die sich rechtskonform verhalten. Für jeden Einzelnen von uns, der in den Laden geht und etwas käuflich erwirbt, bedeutet dieses erhebliche Mehrkosten. Ob der Einsatz einer besonderen Software sinnvoll ist, bleibt abzuwarten. Er bedeutet mehr als nur diesen Einsatz, sondern eine Vielzahl von begleitenden Maßnahmen, wie ich sie im Einzelnen erwähnt habe.
Auch vonseiten der CDU-Fraktion wünschen wir dem Kollegen Zöllner alles Gute weiterhin für seinen Lebensweg!