Nicolas Zimmer

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An dieses Doppelpack werden Sie sich jetzt gewöhnen müssen – SPD und CDU.
Ich freue mich natürlich auch auf die Koalition, gar keine Frage!
Meine Damen und Herren! CDU und SPD schlagen Ihnen heute als Thema für die Aktuelle Stunde „Charité und Max-Delbrück-Centrum, Zusammenarbeit für Spitzenergebnisse in Wissenschaft und Forschung“ vor. Dahinter verbirgt sich aus meiner Sicht nichts weniger als eine wissenschaftspolitische Sensation, die wir hier in Berlin erreichen werden. Es ist eine einmalige Chance, die sich uns durch die Kooperation von Charité und MDC bietet. Der Kollege Isenberg hat schon darauf hingewiesen: Zum einen geht es um die Beteiligung des Bundes in finanzieller Hinsicht. Darüber freut man sich selbstverständlich, darüber freut sich der Finanzsenator. Er wiegt zwar bedächtig seinen Kopf, denn man kriegt nichts im Leben umsonst.
Das stimmt. Alles hat seinen Preis. Aber ich glaube, dass der Gewinn, den wir dabei erzielen werden, ein sehr lohnender ist.
Herr Präsident! Dann setze ich fort.
Ein zweiter wichtiger Punkt ist nicht nur das finanzielle Engagement des Bundes, sondern er übernimmt damit auch Verantwortung für Spitzenmedizin in Berlin. Auch das ist ein wesentlicher Fortschritt. Nicht weniger als das wird in Berlin entstehen, ein international sichtbarer Leuchtturm für exzellente Lebenswissenschaften.
Eine weitere Folge wird diese Kooperation haben, nämlich die Sicherung der Exzellenz in der Berliner Wissenschaft auch über das Ende der Exzellenzinitiative im Jahr 2017 hinaus. Was hier in Berlin beginnt, ist der Modellversuch für die Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Bereich der Forschung. Dies hat eine Bedeutung weit über die Landesgrenzen Berlins hinaus.
Deswegen wollen wir mit Ihnen heute gemeinsam die Voraussetzungen und Folgen dieses Projekts, das über Jahrzehnte hinweg Auswirkungen haben wird für den Wissenschafts- und Forschungsstandort Berlin, diskutieren – aus meiner Sicht ein wirklich aktuelles und wichtiges Thema.
Was wollen nun die anderen Fraktionen mit uns diskutieren? – Aktualität macht sich auch immer fest im Vergleich zu den Themenvorschlägen der anderen Fraktionen. Die Grünen beantragen: „Klimakrise verschärft sich“.
Ich nehme an, meine Damen und Herren von den Grünen – ich habe auch gesehen, dass Ihr Mediator Herr Wieland oben auf der Besuchertribüne Platz genommen hat –, das scheint der inhaltliche Minimalkonsens zu sein, zu dem Sie bei den Grünen fähig sind.
Das ist so ein bisschen „Zurück zu den Wurzeln“, gehört ja zu den Gründungsmythen der Grünen – AntiAtomkraft ist ja nicht mehr ganz aktuell –, Jasmintee trinken und Klima.
Wenn ich mir Ihr fraktionsinternes Klima so angucke, dann, glaube ich, ist „Klimakrise“ von Ihnen mit Bedacht gewählt worden.
Aber gut, das tut keinem weh, schließlich sind wir alle für Klimaschutz. Und weil das so ist und weil es ein wichtiges Thema ist, kann ich Ihnen versichern, die Koalition wird sich auch dieses Themas annehmen und zu pragmatischen und effektiven Lösungen kommen. Dazu brauchen wir keinen Coach, dafür brauchen wir keinen Therapeuten und vor allen Dingen keine Nachhilfe von den Grünen.
Und da ich die fröhlichen Zwischenrufe von der Linken höre – „Erhöhung des Mindestlohns auf 8,50 Euro“ schlägt uns Die Linke vor –: Wo waren Sie denn eigentlich die letzten zehn Jahre, meine Damen und Herren?
Haben Sie nicht im Senat diese Stadt mitregiert? Was haben Sie eigentlich in den letzten zehn Jahren für die Einführung eines Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro bei landeseigenen Vergaben getan?
Die Antwort lautet: Nichts! Sonst müssten Sie heute ja keinen Antrag stellen.
Herr Albers! Es ist bei Lippenbekenntnissen geblieben wie so häufig bei der Linken, gerne verwendetes Modell, ein Schaufensterantrag, wie er im Lehrbuch steht. Ich möchte Ihnen in dem Zusammenhang empfehlen, sich ein Beispiel an den Piraten zu nehmen. Wenn Ihnen schon nichts Aktuelles einfällt, dann stellen Sie am besten gar keinen Antrag auf eine Aktuelle Stunde.
Aktuell ist das, was unsere Stadt voranbringt. Deswegen bitten wir Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. Lassen Sie uns gemeinsam über die Zukunft von Charité und MDC diskutieren! – Herzlichen Dank!
[Beifall bei der CDU und der SPD – Uwe Doering (LINKE): Hochmut kommt vor dem Fall! Präsident Ralf Wieland: Vielen Dank! – Für Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Schäfer! – Bitte schön, Herr Kollege! [Daniel Buchholz (SPD): Krise Grüne mit erklären!]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe es vorhin in der Begründung zur Aktualität schon gesagt, der Kollege Oberg hat versucht, es etwas niedriger zu hängen – womit er recht hat –, denn das, was noch nicht beschlossen und besiegelt worden ist, soll man noch nicht feiern. Aber der aufgezeigte Weg bietet in der Tat eine neue Qualität, mit der wir hier in Berlin Wissenschaftspolitik gestalten können. Ich möchte deswegen damit beginnen, womit Kollege Oberg aufgehört hat. Auch von meiner Seite – auch wenn wir öfter einmal miteinander das Florett gekreuzt haben, Herr Zöllner – ist hervorzuheben, dass es zweifellos mit Ihrem Engagement zu verdanken ist, dass wir heute an diesem Punkt stehen. Sie sind immer ein Kämpfer für die Wissenschaft in Berlin gewesen, auch wenn wir uns bei Mitteln und Zielen nicht immer einig waren. Aber auch von meiner Seite herzlichen Dank für Ihr Engagement zum Wohle der Stadt!
Aber – darauf hat der Kollege Oberg bereits hingewiesen –, das ist nicht nur ein Gemeinschaftsprojekt zwi
schen Bund und Land, sondern es ist ein Projekt, das viele Väter und Mütter hat – zweifellos auch von Unionsseite. An dieser Stelle möchte ich persönlich Annette Schavan danken, die als Bundesforschungsministerin zu einem Zeitpunkt, zu dem es mit Sicherheit nicht selbstverständlich gewesen ist, bereits im Sommer ein klares Bekenntnis zur Spitzenforschung in Berlin abgelegt hat und auch ein klares Zeichen dafür gesetzt hat, dass über die Exzellenzinitiative hinaus Bund und Länder nur gemeinsam im internationalen Wettbewerb erfolgreich sein können.
Wer sind nun die Partner dieser Kooperation? – Kollege Oberg hat bereits einige Zahlen genannt. Nicht jeder beschäftigt sich jeden Tag mit Hochschulmedizin und wissenschaftlicher Forschung in Berlin. Dass die Charité allein auf Grund ihrer Größe einen unglaublichen Erfahrungsschatz und Potenzial bietet, das wissen wir. Die Fallzahlen sind genannt worden. Die Drittmittel sind ebenfalls benannt worden. Über 1 000 Forschungsprojekte, mehr als 3 000 Wissenschaftler, davon allein mehr als die Hälfte aus Drittmitteln finanziert, das finden wir an der Charité.
Was die Charité allerdings immer auch für diesen Erfolg gebraucht hat und nötiger denn je braucht, ist Planungssicherheit. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt für die kommenden Jahre. Diese Planungssicherheit macht sich an verschiedenen Posten fest. Das ist sicherlich die Forschungsförderung, aber es ist auch die Absicherung des Investitionsbedarfs. Da sind Schritte in die richtige Richtung gegangen worden. Aber aus meiner Sicht ist eines auch klar: Solange wir nicht für die Zukunft sicherstellen, dass die Charité nicht mehr aus der Substanz leben muss und deshalb Raubbau betreibt, sondern in der Lage ist, ihren Investitionsbedarf abzudecken, nützt uns das beste Potenzial nichts. Es bedarf einer soliden Grundlage. Deshalb muss das eine der wesentlichen Aufgaben der neuen Koalition in Berlin sein.
Das Max-Delbrück-Centrum ist vielleicht nicht jedem bekannt, obwohl es in der internationalen Liga der Molekularbiologie und Genetik ganz weit vorn steht. In internationalen Rankings findet man das MDC übrigens als einziges deutsches Institut. Auch dort arbeiten 1 400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das MDC wird bereits jetzt als Mitglied der Helmholtz-Gesellschaft zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land finanziert.
Was wurde vereinbart? – Natürlich, wir haben eine räumliche Nähe des MDCs in Buch. Wir haben bereits jetzt schon Kooperationsprojekte mit dem MDC, mit den Universitäten, mit der Charité, aber nun soll es eine neue Qualität geben. Diese neue Qualität – das ist auch mir wichtig – bedeutet vor allen Dingen, dass es auch eine neue Qualität für die Forschung in Berlin im Allgemeinen
und in den Hochschulen im Besonderen gibt. Denn die Verpflichtung, dass sich das Land dazu bekennt, die klinische Forschung auf dem Niveau des Jahres 2011 weiterzufördern, und die Zuwendungen des Bundes nicht dazu verwendet, seinen eigenen Zuschuss zu kürzen, ist aus meiner Sicht ein elementarer Beitrag. Das Bekenntnis, dass nach dem Auslaufen der Exzellenzinitiative in Berlin Exzellenz aus Landesmitteln gefördert wird, ist aus meiner Sicht ein wesentlicher Baustein dafür, dass wir dieses Potenzial zum Wohle der ganzen Stadt nutzen können. Diese Landesmittel sollen auch künftig in einem kompetitiven Verfahren vergeben werden. Aus meiner Sicht ist es wenig sinnvoll, diese Mittel mit der Gießkanne im Land zu verteilen, vielmehr brauchen wir auch dafür eine Vergabeeinrichtung. Auch das wird Herr Zöllner sich nicht haben träumen lassen, das einmal von mir zu hören, aber ich glaube, dass an dieser Stelle eine Chance für die Einstein-Stiftung besteht, ihre Existenz langfristig zu rechtfertigen.
Das Ganze ist jedoch keine Landesangelegenheit. Wenn der Bund Geld gibt, soll der Bund auch Verantwortung mittragen können, auch Aufsicht ausüben können. Das wird uns insgesamt auch helfen, bestimmte Diskussionen zu objektivieren. Der Bund ist bereit, ab dem Jahr 2013 – und zwar in steigendem Umfang – einen relevanten Betrag der Landesförderung für die klinische Forschung zu übernehmen. Man kann heute noch keine Zahl nennen, aber es wird ein namhafter Betrag sein. Dieser namhafte Betrag weckt natürlich auch bei dem einen oder anderen Begehrlichkeiten. Es ist selbstverständlich, dass alle anderen Bundesländer nicht sofort in die Hände geklatscht haben, als sie hörten, dass das Land Berlin in eine bevorzugte Position kommt. Deshalb ist es in der Tat wichtig, dass all das, was wir jetzt tun, behutsam geschieht und von objektiven Kriterien geleitet wird. So muss auch die Struktur einer Dachorganisation aussehen, die MDC und Charité für die Zukunft verbindet: auf Augenhöhe und mit einfachen und nachvollziehbaren Strukturen. In dieser Institution können dann auch strategische Vorgaben und Grundsätze entwickelt werden, wie Gelder zu verwenden sind.
Natürlich wird man sich die Frage stellen müssen, wie so eine Institution aussehen soll. Soll es eine Stiftung sein? Soll es eine gGmbH sein? Das ist aus meiner Sicht sekundär. Primär ist für mich tatsächlich die Ausrichtung dieser Organisation, nämlich als ein Instrument, um Partnerschaft zu üben, zu leben und zum Wohle der Charité und des MDCs zu nutzen.
Das funktioniert nur dann – auch darüber müssen wir uns im Klaren sein –, wenn wir uns auf der Ebene der Charité mit deren Governancestrukturen, sprich der Frage: Wie ist sie aufgestellt, und wie wird dort das operative Geschäft abgewickelt? – auseinandersetzen. Da gibt es Schwächen, die sich manifestiert haben. Das habe ich hier in der vergangenen Legislaturperiode oft angemeldet
und zur Sprache gebracht. Ich weiß, dass es an verschiedenen Punkten Dissens gibt, aber es gibt auch an anderen Punkten Konsens. Ich glaube, wir werden in der Lage sein, unter dieser neuen Organisationsform Defizite zu beseitigen, die sich in mehreren Jahren leben mit dem UniMedGesetz gezeigt haben.
Dieses Konzept, über das wir uns heute unterhalten, löst nicht nur ein Finanzierungsproblem, sondern es schafft auch die Voraussetzungen für einen Leuchtturm in Berlin, der weit über Deutschland hinaus internationale Strahlkraft im Bereich der Grundlagen- und klinischen Forschung entfalten wird. Dies ist im Übrigen auch etwas, was auch anderen Institutionen in Berlin nutzen wird. Wir haben mit der Humboldt-Universität, dem Campus Nord, eine Einrichtung im Integrative Research Institute for Life Sciences, in dem Charité, MDC und auch Humboldt-Universität bereits dabei sind, Wege der Kooperation zu ergründen und im Rahmen der Exzellenzinitiative vorstellen und hoffen, damit erfolgreich zu sein – was nur in unserem Interesse sein kann.
Natürlich wird auch die Position der FU geschärft und gestärkt. Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, dass wir diverse Kooperationsprojekte haben. Ich nenne nur den Exzellenzcluster NeuroCure, wo die Berliner Universitäten selbstverständlich auch vertreten sind.
Was muss nun getan werden? – Ja, wir müssen die Voraussetzungen auf Landesebene schaffen. Das heißt, wir müssen uns darüber im Klaren sein, was wir wollen. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass es Veränderungsbedarf gibt. Die Voraussetzungen auf Bundesebene müssen geschaffen werden. Wir müssen mit den anderen Bundesländern den Dialog und vor allen Dingen den Konsens suchen, und wir müssen auch strukturelle Fragen der Charité beantworten, denn das eine ist nicht ohne das andere möglich. Und da ist aus meiner Sicht auch eines klar: Mit einem solchen Konzept soll keine neue Standortdiskussion verbunden werden. Ich gehe davon aus, dass wir alle Standorte der Charité in diesem Konzept erhalten werden.
Ich gehe weiter davon aus, dass Diskussionen über die Zusammenarbeit zwischen Charité und Vivantes unter anderen Vorzeichen geführt werden. Überlegungen über die Fusion von Teilbereichen von Charité und Vivantes sind aus meiner Sicht mit dem jetzt zur Diskussion stehenden Modell erledigt und sollten auch erledigt bleiben.
Wir brauchen nach Auslaufen der Exzellenzinitiative in Deutschland insgesamt ein Modell für eine Neuordnung der Forschungsfinanzierung, weg vom Kooperationsverbot, dem aus meiner Sicht unseligen Ergebnis der Föderalismusreform, hin zu einer neuen Kooperationskultur. Die Charité und das MDC und Berlin haben die Chance, mit diesem Pilotprojekt die Weichen für die Zukunft der
Forschungsförderung in Deutschland insgesamt zu stellen. Wir sollten diese Chance nutzen. – Herzlichen Dank!