Georg Wacker

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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst sage ich der Landesregierung herzlichen Dank für die umfangreiche und auch detaillierte Beantwortung dieser Großen Anfrage.
In dieser Antwort wird eine Fülle von Informationen zu diesem Thema vorgelegt. Das gibt Anlass zu einer sachlichen Diskussion, wobei ich vermerken möchte: Eine sachliche Diskussion über dieses Thema führen wir gerne. Anlass zur Panikmache und Alarmzeichen sehen wir aber nicht.
Die Datenlage, meine Damen und Herren, ergibt Folgendes: Das Sozialministerium hat in seinem Kindergesundheitsbericht, der im Mai dieses Jahres veröffentlicht wurde, zunächst den Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen im Land als ordentlich, als gut bis befriedigend dargestellt. Besondere Krankheitszeichen sind aufgeführt worden, wie beispielsweise Erkrankungen der Atemwege, Störungen im Ernährungsverhalten, auch Anfälligkeiten bei psychischer Beanspruchung und bei sozialen Anforderungen.
Daneben muss man aber andere Untersuchungen nennen, beispielsweise die des Bundesumweltamtes aus dem Jahr 1999. Dafür sind auch Daten des Landes herangezogen worden. Bei dieser Untersuchung ist ganz klar zum Ausdruck gekommen, dass bei Erkrankungen der Atemwege und im Bereich der Allergien seit Anfang der Neunzigerjahre eher von einem Rückgang zu sprechen ist. Diese Daten belegen ganz klar: Natürlich haben wir nach wie vor diese Krankheitssymptome; wir haben aber keinen Anstieg, sondern eher eine Tendenz nach unten festzustellen.
Die Ausgangslage, meine Damen und Herren, ist zu untersuchen: Woran liegt es, dass bei Kindern und Jugendlichen gerade in diesen Bereichen Erkrankungen zu verzeichnen sind? Hier wird das Stichwort Bewegungsmangel aufgeführt. Das hat Gründe im gesellschaftlichen Bereich, beispielsweise spielt das veränderte Mobilitätsverhalten eine Rolle, auch das veränderte Freizeitverhalten. Hierfür kann man natürlich nicht der Politik die Verantwortung zuschieben, sondern es zeigt sich wieder einmal, dass die Kinder lediglich das Spiegelbild der Erwachsenenwelt sind –
hier darf ich sinngemäß aus dem Abschlussbericht der Jugend-Enquetekommission zitieren –, dass die Kinder und Jugendlichen sich so verhalten, wie es die Erwachsenen ih
nen beibringen, sowohl im Bereich der Tugenden wie auch im Bereich der Untugenden. Daraus geht ganz klar hervor, dass die Erwachsenen eine besondere Vorbildfunktion ausüben, was das Bewegungsverhalten betrifft, was das Ernährungsverhalten betrifft und auch andere Verhaltensweisen, die dann natürlich zu Krankheitsanfälligkeiten bei den Kindern führen können.
Ich glaube, dass die Politik im Besonderen gefordert ist, wenn es um Präventionsmaßnahmen geht. Hier muss man sagen, dass die Landesregierung ihre Hausaufgaben wirklich mehr als erfüllt hat. Ressortübergreifend sind viele Initiativen zu nennen, die auch eine flächendeckende Ausweitung erfahren haben. In der Kürze der Zeit darf ich holzschnittartig einige Beispiele nennen.
Es ist nicht nur der Schulsport, der im Stundenplan ausgewiesen ist. Darüber hinaus werden die Stundentafeln flexibler gestaltet hin zu mehr Bewegungszeiten, zu Aktivpausen mit der Folge, dass auch die Schulhofgestaltung vor Ort dahin gehend optimiert werden kann, dass solche Aktivpausen sich zu regelrechten Bewegungspausen entwickeln. Dafür sind aber Initiativen vor Ort gefordert, sprich von Kommunen, von Eltern, von der SMV und auch von anderen.
Ein weiterer Punkt sind die Kooperationsprojekte von Schulen und Sportvereinen, und auch die Jugendverbandsarbeit engagiert sich in diesem Bereich immer stärker.
Zu den Gesundheitschecks – dazu hat die Antwort auf die Große Anfrage sehr deutliche Angaben gemacht –: Es gibt Pflichtuntersuchungen, die durch den Leistungskatalog der Pflichtkrankenkassen nach wie vor abgedeckt werden. Erfreulich ist, dass die Untersuchungen vor Eintritt der Kinder in den Kindergarten in verstärktem Maß in Anspruch genommen werden. Das spricht dafür, dass das Problembewusstsein auch bei den Eltern zunimmt. Das ist gut so. Je früher man das Problem erkennt, umso weniger Behandlungen durch Ärzte werden später erforderlich.
Es gilt Landesprojekte weiterhin auszudehnen und zu bündeln. Da bin ich mit Ihnen völlig einig, ohne dass hierzu über einen Entschließungsantrag abgestimmt werden muss. Aber darüber kann man im Sozialausschuss gern noch einmal diskutieren. Ich denke in diesem Zusammenhang an die Präventionsinitiativen zu Ecstasy, an die Kooperation der Pflichtkrankenkassen mit den Jugendringen, gerade wenn es um Alkoholpräventionsprojekte geht, an Nichtraucherkampagnen, an Ernährungs- und Erziehungsprojekte, die durch das Ministerium Ländlicher Raum initiiert wurden, oder an ein modellhaftes Projekt der Jugendhilfe im Rems-Murr-Kreis, wo es um die stadtteilbezogene Gesundheitsförderung geht.
Fazit, meine Damen und Herren: Gesundheit kann vom Staat nicht angeordnet werden. Gesundheitserziehung ist ein Bereich, in dem der Staat Aufgaben mit übernimmt. Die Familien als wesentlicher Bestandteil der Erziehung sind da im Besonderen gefordert. Hier gilt es auch mehrere Partner zu motivieren, sich in diesem Bereich zu engagieren.
Eine letzte Bitte, die aber mehr in die Richtung Bundesgesetzgeber geht: Natürlich ist die Budgetierung – das sage ich jetzt als medizinpolitischer Laie – eher eine Handschelle für die Ärzte. Wenn man die Budgetierung endlich einmal aufheben könnte,
gäbe es hier mehr Möglichkeiten, auch für die Mediziner, vielleicht andere Behandlungsmethoden anzuwenden, damit auch von dieser Seite her mehr Flexibilität und Effizienz bei den Behandlungsmethoden ermöglicht werden. Das wäre eine Chance, Frau Kollegin Bender, gerade in diesem Bereich einen deutlichen Schritt voranzukommen. Vielleicht können Sie diese Anregung auch in Berlin vortragen.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach Vorlage der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage und nach Vorlage des Landesjugendberichts möchte ich im Namen der CDUFraktion zunächst einmal der Landesregierung für die umfangreiche und gewissenhafte Beantwortung der Fragen danken.
Darüber hinaus möchte ich der Landesregierung dafür danken, dass sie gleich nach Vorlage des Abschlussberichts der Jugendenquetekommission sehr zügig mit der Umsetzung der Handlungsempfehlungen begonnen hat. Der Landtag hat hierfür bereits in seinem Nachtragshaushalt 1999 die ersten Zeichen gesetzt und die ersten Mittel hierfür zur Verfügung gestellt.
Die Jugendenquetekommission hat 24 Handlungsempfehlungen hervorgebracht,
konkret mit finanzpolitischen Aussagen. Wir haben bis zum heutigen Zeitpunkt alle 24 Handlungsempfehlungen haushaltspolitisch 1 : 1 umsetzen können. Das ist meines Erachtens eine hervorragende Arbeit
und spricht auch für die Glaubwürdigkeit der Politik gegenüber den Jugendlichen in unserem Land.
Ich kann stichwortartig nur einzelne Beispiele herausgreifen, so beispielsweise die Förderung der Jugendagenturen als Vernetzungsstellen in unseren Regionen, wo wir die Angebote der Jugendarbeit und Jugendhilfe wirkungsvoll vernetzen wollen.
Als weiteres Beispiel darf ich das Bildungsreferentenprogramm anführen, bei dem wir um fünf Personalstellen aufgestockt haben, was besonders der Jugendarbeit zugute kommt.
Als weiteren Schwerpunkt darf ich die Integrationsprogramme für unsere ausländischen Jugendlichen und für unsere jungen Spätaussiedler aufführen. Dabei haben wir in der Kooperation mit der Jugendhilfe und Jugendarbeit verschiedene Maßnahmen in die Wege geleitet. Dies ist eine wirkliche Leistung der Landespolitik für die Integration unserer jungen ausländischen Mitbürger.
Als letztes Beispiel nenne ich die Förderung des Jugendnetzes Baden-Württemberg.
Im Abschlussbericht der Enquetekommission „Jugend – Arbeit – Zukunft“ ist noch davon die Rede, dass man von einer schwierigen Ausgangslage auf dem Ausbildungsmarkt und dem Arbeitsmarkt ausgehen muss. Mittlerweile hat sich die Situation geändert. Man kann nicht mehr von einer schwierigen Lage sprechen, sondern die Rahmenbedingungen haben sich für die jungen Menschen, die sich um einen Ausbildungsplatz bewerben, deutlich verbessert. Das ist zum einen die Leistung unserer Wirtschaft, es ist aber auch die Leistung der jungen Menschen selbst, die Leistung unserer Bildungseinrichtungen und auch die Leistung der Landespolitik.
Vielen Dank für den Applaus, Herr Kollege Wieser.
In diesem Zusammenhang muss davon gesprochen werden, dass der Anstieg der Zahl der Ausbildungsverträge auch darauf zurückzuführen ist, dass die Landesregierung und die Einrichtungen der öffentlichen Hand über ihren eigenen Bedarf hinaus ausbilden und dass das Wirtschaftsministerium regelmäßig in Spitzengesprächen darauf hinwirkt, dass seitens der Wirtschaft mehr Ausbildungsplatzangebote geschaffen werden. Nicht zuletzt darf ich in diesem Zusammenhang auch das von unserem Ministerpräsidenten initiierte Bündnis für Bildung und Beschäftigung nennen, das dazu führte, dass 60 konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Rahmenbedingungen auf dem Ausbildungsmarkt für unsere jungen Menschen auf den Tisch gelegt wurden.
Drittens, meine Damen und Herren – auch hier wird einer Handlungsempfehlung der Jugendenquetekommission Folge geleistet, auch hierauf geht die Landesregierung in ihrer
Antwort konkret ein –: Wir investieren im Rahmen der Zukunftsoffensive III. Wir investieren im Bereich der Jugendbildungsstätten und legen ein Investitionsprogramm zur Modernisierung und Verbesserung der Jugendgruppenräume auf, eine Maßnahme, die erforderlich ist, da die Mittel vor einigen Jahren aufgrund haushaltspolitischer Zwänge zurückgefahren werden mussten. Außerdem investieren wir im Medienbereich für die Jugendverbandsarbeit.
Zu alldem, meine Damen und Herren, muss gesagt werden: Die Jugendpolitik der Landesregierung ist aufgrund der Empfehlungen der Jugendenquetekommission, aber auch aufgrund eigener Schwerpunktsetzungen als voller Erfolg zu werten. Die wichtigen Projekte sind in Angriff genommen worden. Natürlich kann eine Bewertung erst nach einer gewissen Zeit vorgenommen werden. In dieser Legislaturperiode bleibt uns nicht mehr die Zeit dazu. Es wird Aufgabe des neuen Landtags sein, Bewertungen vorzunehmen und gegebenenfalls Entscheidungen zu fällen, die eine Fortführung dieser Programme gewährleisten. In diesem Zusammenhang gibt es einen vollen Erfolg der Landespolitik. Es wird für die Opposition sicher schwer sein, in der Jugendpolitik Kritikpunkte aufzugreifen,
auch wenn man natürlich das eine oder andere Mosaiksteinchen nennen könnte.
Auf den Landesjugendbericht, der eigentlich einen Jugendhilfebericht darstellt, wird Frau Kollegin Blank bei ihren Ausführungen in der zweiten Runde eingehen.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir nur wenige wesentliche Bemerkungen zu diesem Thema, zumal ja mittlerweile umfassende Untersuchungen und umfassende Handlungsempfehlungen zu diesem Thema vorliegen. Insofern sehe ich nicht die unbedingte Notwendigkeit, dass wir heute dieses Thema im Rahmen einer Aktuellen Debatte noch einmal diskutieren.
Ich möchte Ihnen, meine Herren von den Republikanern, einfach einmal vier Punkte in Ihr Stammbuch schreiben, damit Sie vielleicht lernen, dieses Thema nicht zu emotionalisieren, und damit Sie auch lernen, endlich einmal auf den sachlichen Boden zu kommen.
Erstens: Gewalt in der Schule ist kein schulisches Phänomen, sondern Gewalt in der Schule wird dadurch erzeugt, dass die Gewalt in die Schulen hineingetragen wird.
Zweitens: Schwierige familiäre Verhältnisse sind nicht die alleinige Ursache von Gewalterscheinungen. Aus diesem Grund darf man die Familie nicht zum Sündenbock dieses Themas machen.
Drittens: Wir haben zwar bei den Gewalterscheinungen leicht ansteigende Zahlen sowohl in der Quantität als auch in der Qualität. Was bei diesen Zahlen aber besonders auffällt – auch dies sollten Sie zur Kenntnis nehmen –, ist, dass wir einen Rückgang bei den nicht deutschen Tatverdächtigen haben,
und zwar sowohl nach den Daten, die aus der Polizeilichen Kriminalstatistik hervorgehen, als auch nach den Erfassungen der Schulverwaltung.
Viertens – und das ist der entscheidende Punkt –: Wir haben eine Gesamtzahl der Delikte, gemessen an der Gesamtzahl der Schüler, bei Jugendlichen von lediglich 0,24 %.
Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis. Diese Zahlen belegen, dass der weitaus überwiegende Teil von Kindern und Jugendlichen nicht gewaltanfällig ist, sondern dass es sich hier, Gott sei Dank, nach wie vor um Ausnahmeerscheinungen in unserer Gesellschaft handelt.
Auffällig sind natürlich verschiedene Ursachen, die zu diesem Problem führen. Natürlich sind Migranten anfällig, die sich nicht integrieren lassen oder die nicht integriert werden können. Gewalterscheinungen in der Familie können eine der Ursachen sein. Schlechte Zukunftsperspektiven können ebenfalls eine der Ursachen sein. Wenn mehrere dieser Gründe zusammenfallen, dann sind Jugendliche eben gefährdet. Deswegen brauchen wir einen gesamtpolitischen Ansatz. Deswegen hat die Landesregierung einen umfassenden Maßnahmenkatalog vorgelegt. Auch die Handlungsempfehlungen der Jugendenquetekommission haben wichtige Ansätze aufgezeigt; denn die wichtigen Lebensräume sind einmal die Schule und dann die Familie. Dort sind die Kinder und Jugendlichen erreichbar.
Deswegen müssen wir in Kooperation versuchen, Lösungsansätze zu entwickeln. Ich nenne hier nur in Stichworten einmal das Jugendsachbearbeiterprogramm der Polizei, wo man Informationsarbeit in den Schulen leisten kann, wo sich viele Schulen bei dieser Arbeit engagiert zeigen, wo aber natürlich auch noch andere Schulen gewonnen werden müssen, sich verstärkt in diesem Bereich zu engagieren.
Weiter zählen dazu die Aufstockung der Mittel für die Sprachförderung, das Programm der Jugendsozialarbeit an Brennpunktschulen oder das Informationsprogramm, die Handreichung „Elternarbeit zur Gewalt in den Medien“, die jetzt vom Sozialministerium erarbeitet wird. Das sind Maßnahmen, die sich sehen lassen können. Wenn wir die Zahlen im Ländervergleich beurteilen – nicht nur im Ländervergleich innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch im Ländervergleich innerhalb Europas –, dann, glaube ich, können wir sagen, dass diese Maßnahmen mittlerweile greifen.
Ich denke, wenn es uns gelingt, die Familien einzubinden und die Schulen, die ohnehin vieles tun, verstärkt zu gewinnen, dann werden wir dieses Thema ohne Probleme auf lange Sicht in den Griff bekommen. Wie gesagt, und das ist der Schlusssatz meiner Ansprache, ohne dieses Thema überbewerten zu wollen: Wir haben einen Bruchteil von Jugendlichen in unserer Gesellschaft, die gewaltanfällig sind.
Bitte machen Sie nicht die Jugend insgesamt zum Sündenbock unserer Gesellschaft.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir nur noch einige wenige Bemerkungen zu den letzten Beiträgen.
Vom Kollegen Braun ist bewusst der Eindruck verbreitet worden, dass besonders die soziale Not der Kinder und Jugendlichen zu Gewaltauffälligkeiten führe. Ich darf in diesem Zusammenhang klarstellen, dass aus jeder Polizeilichen Kriminalstatistik, aus den Shell-Jugendstudien und aus dem Abschlussbericht der Jugendenquetekommission, wo sich alle Experten zu diesem Thema klar geäußert haben, hervorgeht, dass verschiedene Faktoren in der Summe zu Gewaltauffälligkeiten führen und nicht alleine die soziale Not, nicht alleine die Gewaltausübung in der Familie, nicht alleine die Arbeitslosigkeit des Vaters zu Gewalt führen, sondern viele Faktoren zusammen das Gewaltrisiko erhöhen. Insofern bitte ich darum, dass man aus diesem Thema keine bildungspolitische Debatte macht, sondern dass wir die Bildungspolitik zwar als eines der zentralen Hand
lungsfelder sehen, aber nicht alleine die Bildungspolitik für Jugendgewalt an Schulen verantwortlich machen. Das ist ungerecht und der Sache nicht dienlich.
Blicken wir doch einmal zurück zu unserer Vatergeneration, zu unserer Muttergeneration. Wie sah es denn nach dem Zweiten Weltkrieg bei uns aus? Wenn es so wäre, hätte es nach dem Zweiten Weltkrieg in unserem Land lauter Verbrecher geben müssen; denn damals gab es in unserem Land keine Reichen. Aber die Bevölkerung hat aus sozialer Not heraus den Wiederaufbau unseres Landes ohne Gewaltauffälligkeiten geschafft.
Wenn diese Logik von Ihnen, Herr Braun, stimmen würde, dann müsste es heute viele Verbrecher und viele kriminelle Jugendliche unter den Sozialhilfeempfängern geben.
Deswegen: Die Summe der Risikofaktoren führt zu Gewaltauffälligkeiten. Eine Tatsache oder ein Faktor allein führt nicht zur Gewalt.
Als ein Zweites ist das Stichwort Schulsozialarbeit genannt worden. Sie ist eine der wichtigen Maßnahmen an Brennpunktschulen, vor allem an BVJ-Klassen, wo es wirklich auch Integrationsprobleme von ausländischen Jugendlichen gibt. Die Schulsozialarbeit ist ein wichtiges Instrument geworden, auch aus den Handlungsempfehlungen der Jugendenquetekommission heraus, und zwar aus dem Grund, weil wir gesagt haben, dass wir eine Brücke zu einem Verantwortungsbereich der Kommunen und der Landkreise schlagen wollen; denn die Schulsozialarbeit war bisher klar als eine Aufgabe der Kommunen und nicht als eine Aufgabe der Bildungspolitik definiert. Wir haben damit eine Brücke geschaffen, damit wir in der Zukunft vernünftig über dieses Thema reden können und auch konzeptionell versuchen, in diesem Themenbereich voranzukommen. Deswegen haben wir hier einen ersten wichtigen Schritt in diese Richtung getan.
Im Übrigen: Wenn behauptet wird, die Landesregierung habe die Sprachförderung gerade bei Migrantenkindern reduziert,
dann ist das doch überhaupt nicht wahr.
Wenn wir debattieren, dann bitte ich Sie, wirklich die objektiven Zahlen zu nennen. Wir haben bereits im Nachtragshaushalt des Jahres 1999 die Mittel für die Sprachförderung aufgestockt
und haben für den Doppelhaushalt 2000/2001 die Mittel ebenfalls deutlich erhöht.
Wenn wir zur Kenntnis nehmen, dass gerade die Gewaltauffälligkeit bei Migrantenkindern und -jugendlichen rückläufig ist, während die Zahl insgesamt leicht ansteigt, dann muss ich doch feststellen, dass die Integrationsbemühungen seitens der öffentlichen Hand, nicht nur seitens des Landes, sondern auch seitens der Kommunen, und seitens vieler Ehrenamtlicher, die hier tätig sind,
greifen. Reden Sie diese Maßnahmen deswegen nicht schlecht. Dies ist vielmehr ein Indiz dafür, dass wir mit unseren Konzepten auf dem richtigen Weg sind.
Ein Letztes zur Sache, bevor ich mich noch einmal ganz kurz zu dem Antragsteller äußere. Wir legen das Konzept der verlässlichen Grundschule vor. Wir werden nachher darüber debattieren. Aber einen Aspekt gestatten Sie mir vorzubringen: Das Konzept beinhaltet zwei große Pausen mit mehr Bewegungszeiten. Das heißt, auch hier sind wir auf dem richtigen Weg, dass wir die Bewegungszeiten in der Schule flexibilisieren, damit Kinder und Jugendliche auch mehr Zeit zur Bewegung haben, und zwar nicht zulasten des Unterrichts, nicht zulasten der Stundentafel, sondern weil wir als Verantwortliche in der Bildungspolitik sehr wohl sehen, dass mehr Bewegungsmöglichkeiten dann auch zu weniger Gewaltauffälligkeiten in der Schule führen. Deswegen gibt es ein umfassendes Maßnahmenbündel.
Im Übrigen noch eines zur Bedeutung des Themas „Gewalt in der Schule“. Wir alle diskutieren sehr viel mit Schülergruppen sowohl hier im Hause als auch in den Wahlkreisen. Wir hören von Kindern und Jugendlichen viele Themen. Ich habe so gut wie noch nie gehört, dass sich Kinder und Jugendliche darüber beschwert hätten, dass die Gewaltauffälligkeit in der vergangenen Zeit zugenommen habe. Ich bitte Sie darum: Lassen Sie die Kirche im Dorf.
Ich sage noch einmal: Machen Sie die Jugend nicht zum Sündenbock unserer Gesellschaft.
Danke schön.