Andreas Kottisch
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Wir fragen den Senat:
Erstens: Was hält der Senat von den Überlegungen, die geplante Erleichterung – Stundung und Befreiung – der Betriebsübergabe in der Erbschaftssteuer an besondere Bedingungen zu knüpfen, die auf die Fortführung des Unternehmens und insbesondere auf den Erhalt von Arbeitsplätzen gerichtet sind?
Zweitens: Welche finanziellen Auswirkungen ergeben sich in der Tendenz für das Land Bremen bei entsprechender Umsetzung?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Tourismus ist ein schönes Thema, und ich freue mich, heute über dieses wunderbare Thema reden zu dürfen. Wer verreist nicht gern, in den Urlaub zum Beispiel? Das Thema ist an Vielfältigkeit nicht zu überbieten und nahezu unerschöpflich. Wer kann von sich schon behaupten, er würde die Welt kennen, alle Teile dieser Erde? Wer
kann aber auch von sich behaupten, er würde den Nordwesten unserer Republik kennen?
Leider kann ich dieses Thema heute aber nicht aus der Sicht eines Reisenden beleuchten, sondern muss dies aus der Sicht eines Parlamentariers, eines Gesellschafters oder Controllers tun. Erwarten Sie also bitte keinen Reisebericht, wie Sie ihn vielleicht von Goethe kennen, sondern zunächst einige spröde Zahlen, die sich vielleicht auch teilweise mit dem decken, was Frau Winther schon gesagt hat! Die Zahlen sind aber wichtig, das Thema ist wichtig, und darum sollte man sie sich noch einmal vor Augen führen.
Das Thema Tourismus hat in der Tat eine besondere Bedeutung für Bremen und Bremerhaven, gerade vor dem Hintergrund des Strukturwandels, den wir hier so nötig haben und auf den wir hinarbeiten. Als Teil des Dienstleistungssektors werden hier 16 000 Arbeitsplätze angeboten. 16 000 ist eine hohe Zahl, sie deckt sich mit der Zahl, die der größte private Arbeitgeber hier anbietet, da allerdings direkt, im Tourismusbereich als direkte und indirekte Arbeitsplätze. Erfreulich ist aber, dass in den letzten fünf Jahren jährlich zwischen 500 und 1000 Arbeitsplätze dazugekommen sind. In der Tat also eine Dynamik, die sehr positiv ist, eine Entwicklung, die man weiterhin unterstützen muss!
Schauen wir uns die kurzfristige Entwicklung an, eine Zahl, die Frau Winther auch schon genannt hatte: Hamburg und Bremen gemeinsam mit 8,1 Prozent auf dem zweiten Platz nach Berlin mit 14 Prozent, wobei der Bundesdurchschnitt bei einem Prozent liegt, eine ebenfalls erfreuliche Zahl, allerdings bezogen auf das erste Halbjahr 2004, das muss man dazusagen! Das Jahr 2003 war ähnlich erfolgreich, ein Plus in den Übernachtungen – wir reden hier von Übernachtungen – von 1,7 Prozent. Das war auch überdurchschnittlich, wenn man es mit dem Bundesdurchschnitt vergleicht, also sehr erfreulich das Jahr 2003 und das Jahr 2004.
Frau Winther hat es aber auch gesagt: Von wo starten wir denn eigentlich? Wenn man sich die Zahlen des Niveaus anschaut, auf dem wir uns heute befinden, sieht es nicht ganz so erfreulich aus, das muss man auch fairerweise sagen. Bei den Übernachtungen je Einwohner liegt Bremen im Jahr 2002 zum Beispiel im Großstadtbereich mit einem Wert von 2,1 weit unter dem Durchschnitt von 3,4 der bundesdeutschen Städte bei den Übernachtungen je Einwohner. Bei der Betrachtung der absoluten Zahlen muss festgestellt werden, dass Bremen im Jahr 2003 mit 1,09 Millionen Übernachtungen nur Platz elf belegt, Bremerhaven mit 190 000 Übernachtungen im Rahmen zwölf definierter Vergleichsstädte Platz acht. Mit anderen Worten: Bremen und Bremerhaven befinden sich auf einem immer noch relativ niedrigen Niveau, holen derzeit aber kräftig auf.
Die kurzfristige Entwicklung ist sehr positiv. Dabei profitieren beide vom anhaltenden Trend zu
Städte- und Kulturreisen. Sie haben darauf hingewiesen: Bremen und Bremerhaven sind auf der letzten RDA, das ist die größte Fachmesse für Bustouristik in Köln, immerhin vom größten Fachmagazin für Bustouristik zur Destination des Jahres 2004 gewählt worden. Die BTZ und die BIS erhielten für ihr Verkaufshandbuch auf dieser RDA einen weiteren Preis, nämlich den „Roten Bus“. Ich denke, darüber freut sich auch die CDU-Fraktion. Im nächsten Jahr heißt er vielleicht schwarzer Bus, und dann gewinnen wir ihn wieder, und dann freut sich die SPDFraktion.
Oder der grüne Bus, aber den grünen Bus gibt es ja schon! Jedenfalls freuen wir uns alle gemeinsam über den Gewinn dieser Preise.
Die diesjährige Studie „Tourismus“ des EQUIB – das ist die Entwicklungsplanung, Qualifizierung im Lande Bremen, durchgeführt vom Institut für Arbeit und Wirtschaft der Universität Bremen gemeinsam mit der Arbeitnehmerkammer – hebt die Zielgruppenkompetenz in der Tourismuswirtschaft als einen elementaren Erfolgsfaktor hervor. Ob ältere Menschen, Jugendliche, Behinderte, Öko-, Wellness-, Kultur- oder Bildungstouristen, künftig wird es immer wichtiger sein, zielgruppenspezifische Kundenbedürfnisse zu erkennen sowie gezielt zu bedienen.
Der durchschnittliche Bremenbesucher ist 46 Jahre alt, kommt aus Niedersachsen oder NordrheinWestfalen und gibt abzüglich Übernachtungskosten 38 Euro in der Stadt aus. Das sind drei von mehreren Erkenntnissen einer im April veröffentlichten Gästebefragung, durchgeführt vom Bremer Institut für Tourismus, Wirtschaft und Freizeitforschung im Auftrag der BTZ. Das Institut ist übrigens an der Hochschule Bremen ansässig.
Weitere Erkenntnisse sind, dass zum Beispiel 81,5 Prozent der Besucher aus Deutschland an die Weser reisen, 43,7 Prozent über Nacht blieben, im Durchschnitt drei Nächte und dass die Tagesgäste rund sechs Stunden in der Stadt verweilen. 40 Prozent der Besucher folgten der Empfehlung von Freunden und Bekannten, und knapp zehn Prozent der Gäste waren über Prospekte, Kataloge oder Plakate auf Bremen aufmerksam geworden. Für fast alle Gäste war die historische Innenstadt ein Reiseziel, und zehn Prozent dieser Gäste besuchten das Universum oder das Übersee-Museum.
Das sind Fakten, die müssen auch in Zukunft verdichtet werden. Auf Basis dieser Fakten müssen dann von unseren Tourismusgesellschaften neue Vermarktungswege entwickelt werden, respektive die bestehenden Produkte optimiert werden, vielleicht auch neue Produkte generiert werden. Ich nenne einmal zwei Beispiele, Produkte übrigens, die letzt
lich keinen hohen Investitionsbedarf nach sich ziehen: Canal Link in Bremen oder das Thema Scheidungstourismus in Bremerhaven, wen es interessiert, der kann mich direkt ansprechen. Ich möchte das Thema Scheidungstourismus und auch Canal Link jetzt nicht weiter vertiefen,
aber das sind zwei sehr interessante Ansätze, die sehr zielgruppenspezifisch entwickelt wurden. Ich bin mir sicher, vor diesem Hintergrund, auch vor dem Hintergrund dieser beiden gewählten Beispiele, vor dem Hintergrund, dass die Tourismusgesellschaften eine derart weitgehende Zielgruppenspezifität bereits an den Tag legen, ist hier erkannt worden, wie wichtig es ist, auf die Zielgruppen einzugehen. Frau Winther hat es auch gesagt, nicht anhand dieser konkreten Beispiele!
Ich muss einfach noch einmal betonen, ich bin mit dieser Entwicklung eigentlich sehr zufrieden. Sie ist meines Erachtens aus der Sicht eines Controllers oder Gesellschafters oder Parlamentariers – sehen Sie es, wie Sie es möchten! – als sehr positiv zu bewerten. Doch unterstellen wir einmal, der Output sei in Ordnung, und aus der Sicht eines Gesellschafters, der sich diese Marktdaten ansieht, diese Erfolge ansieht, den Output analysiert, wird dann aber auch die Frage nach dem Input gestellt. Da muss einfach konstatiert werden: Wir haben in den letzten Jahren in diesem Bereich gewaltige Kraftanstrengungen unternommen. Es sind teilweise sehr riskante Projekte auf den Weg gebracht worden, um neue attraktive Produkte mit großer Strahlkraft zu schaffen, und es liegt in der Tat eine hervorragende touristische Basis vor. Das muss man einfach sagen.
Freimarkt, Weihnachtsmarkt, Sail, Zoo am Meer, Universum, Botanika, Sechs-Tage-Rennen, Werder Bremen, die ganzen Museen und Theater, die fantastischen Ausstellungen in der Kunsthalle, die Schlachte, die Messe- und Kongressfaszilitäten, Schaufenster Fischereihafen, das neue Projekt Alter/Neuer Hafen in Bremerhaven, das Musikfest dürfen wir im Moment gerade genießen, Sommer in Lesmona – man möge mir verzeihen, dass ich jetzt nicht weitermache und alles aufzählen kann, wobei sicherlich auch viele andere Projekte eine Nennung verdient hätten –, aber damit liegt ein riesiges Potential vor, ein riesiges Potential, das es auch optimal zu vermarkten gilt.
Dazu kommen die vielen architektonischen Attraktionen unserer Städte, beispielhaft sei hier nur der Marktplatz in Bremen genannt, mit Rathaus, Roland, Dom und Schütting. Das Rathaus und der Roland sind seit Juli auf der Unesco-Liste, Weltkulturerbe, des Weiteren wird, Frau Winther hat es auch genannt, die Bewerbung der Kulturhauptstadt eine
sicherlich auch mittelfristige Basis für eine Vermarktung liefern. Bremen und Bremerhaven sind als Stadt der Wissenschaft ausgezeichnet worden. In den letzten Jahren sind eine Reihe erfolgreicher Messen und Kongresse in Bremen veranstaltet worden. Sie sehen, ich könnte das fortführen ohne Ende.
Wir haben wunderbare Bedingungen hier in Bremen und Bremerhaven, das Ganze touristisch zu vermarkten. Hier gilt es nicht, aus Stroh Gold zu spinnen, sondern das Gold vernünftig zu vermarkten, in die Welt zu tragen, und aus der Gesellschafter-, Parlamentarier- oder Controllersicht muss ich sagen, wir haben viel Geld in diese Branche Tourismus gesteckt, und wir haben auch entsprechende Erwartungen an die Tourismusgesellschaften für die Zukunft. Wir erwarten beispielsweise neben der Zielgruppenspezifität ein gesundes Verhältnis zwischen touristischer Infrastruktur und stattfindenden Events, also eine Balance aus den langfristigen, mit kontinuierlicher Wirkung strahlenden Infrastrukturen und den kurzfristigen, eine hohe Effektivität erzielenden Events. Bei all dem –
ich komme sofort zum Ende, Herr Präsident! – setzen wir natürlich auf eine gute Abstimmung und Kooperation der Tourismusgesellschaften BTZ und BIS untereinander, aber auch mit den anderen Konzerntöchtern wie beispielsweise HVG, Bremen Marketing, die die Leitlinie vorgeben, Corporate Identity, City Identity und allen anderen Betreibergesellschaften der touristischen Attraktionen.
Ich möchte schließen mit einem Lob und einem Dank an die Personen und handelnden Akteure dieser Branche, und ich möchte das auch auf das Taxengewerbe ausweiten nach der Debatte, die wir vorher hatten, denn es ist in der Tat wichtig, dass die Menschen, die nach Bremen kommen, auf eine positive Stimmung stoßen. Es ist die Souveränität im zwischenmenschlichen Umgang, die Deutung der Signale der Besucher, der Wünsche, die erkannt werden müssen. Ich bin der Meinung, dass auch hier Bremen vorbildlich ist. Ich saß gestern auf dem Marktplatz und bin derart nett bedient worden, als ich einen Kaffee trinken wollte. Dabei fiel mir ein, dass ich heute zu diesem Thema reden würde. Ich möchte auch dieser Dame, die mich gestern so wunderbar bedient hat, zusammen mit Frau Stahmann übrigens saß ich dort, ganz herzlich danken stellvertretend für alle in dieser Branche Tätigen für ihre Leistungen. Das ist wichtig für Bremen. – Herzlichen Dank!