Hans-Georg Gerling
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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will einmal versuchen, mich ein bisschen mit diesem Antrag zu beschäftigen. Wir haben ja vieles gehört, der Antrag war zwar ein bisschen unverständlich, muss aber abgearbeitet werden. Das versuche ich jetzt einmal.
Ich denke, wir sind uns einig, dass es kaum noch Bereiche im öffentlichen Leben und in der öffentlichen Verwaltung gibt, in denen das Thema Gendergerechtigkeit beziehungsweise Gender-Mainstreaming keine Rolle spielt. Zu Recht werden Gesetze, Verordnungen und politische Entscheidungen dahingehend überprüft, ob und, wenn ja, wie sie Männer und Frauen auf unterschiedliche Weise tangieren, um unbeabsichtigte Ungerechtigkeiten von vornherein auszuschließen.
Gender-Mainstreaming ist in seinem Ursprung darauf ausgelegt, die Lebenssituation und Chancen von Frauen und Männern anzugleichen. Mittlerweile sind wir jedoch im Bereich der Frauenförderung so weit gekommen, dass der Fokus des Gender-Mainstreaming nicht mehr einseitig betrachtet werden muss, sondern sich immer mehr zu einer Frage allgemeiner Gleichstellung innerhalb unserer Gesellschaft entwickelt. Dennoch gibt es Bereiche, in denen die Frauenförderung immer noch verstärkter Aufmerksamkeit bedarf, wie zum Beispiel der Bereich des Sports und der Investitionen in unsere Sportstätten.
Der Deutsche Olympische Sportbund hat sich klar der Strategie des Gender-Mainstreaming verschrieben, und es ist unumstritten, dass wir bei einer öffentlichen Förderung des Sports dafür Sorge zu tragen haben, dass Frauen und Männer im gleichen Ma
ße von den Angeboten profitieren. Gerade deshalb ist es schade, dass die Antwort des Senats auf diese Große Anfrage so wenig hergibt und somit leider keinen Beitrag dazu leistet, die Frage nach den Investitionen in Sportstätten näher zu beleuchten. Die Antwort des Senats beinhaltet nichts als schöne Worte, die den Anschein geben, als habe unsere Regierung das Thema Gendergerechtigkeit im Sport voll im Blick. Wenn man aber zwischen den Zeilen liest, stellt man schnell fest, dass die Antwort des Senats an der eigentlichen Thematik vorbeigeht. Andererseits muss man auch sagen, dass leider die der Antwort zugrundeliegenden Fragen sehr vage waren.
Lassen Sie mich an dieser Stelle den Einwand bringen, dass es eigentlich wenig Sinn macht, eine parlamentarische Anfrage einzureichen, nur um ein politisch angesagtes Thema auf die Tagesordnung zu bringen, ohne dass wirkliches Interesse besteht, den möglichen Problemen näher auf den Grund zu gehen!
Der Antwort auf die Frage 2 ist zu entnehmen, dass wir in Bremen eine gute Annahme von öffentlichen Sportangeboten von Männern und Frauen haben. Natürlich sollten wir weiterhin die komplette Angleichung der Mitgliederzahlen der im Landesportbund organisierten Personen anstreben, aber ein 40-prozentiger Frauenanteil lässt sich schon einmal sehen.
Auch werden laut Senat die Interessen der unterschiedlichen Nutzung bereits jetzt berücksichtigt, und Prüfungen haben ergeben, dass den unterschiedlichen Bedürfnissen bereits jetzt Rechnung getragen wird. Da frage ich mich natürlich, warum wir eine Genderbilanz, wie sie unter Punkt 3 erwähnt wird, überhaupt brauchen und ob nicht gerade die finanziellen und zeitlichen Ressourcen, die in einer solchen Bilanz stecken werden, nicht an anderer Stelle im Bereich der Sportförderung besser aufgehoben wären, zumal ich aus der Antwort des Senats keine Brisanz oder aktuellen Handlungsbedarf in diesem Bereich erkennen kann. Genau das, meine Damen und Herren, ist meiner Ansicht nach die Schwachstelle dieser halbherzigen Antwort des Senats.
Zentrale Fragen bleiben offen. Konkrete Handlungsnotwendigkeiten fallen weg. Die SPD-Fraktion hat es verpasst, die richtigen Fragen zu stellen, und der Senat hat es verpasst, diese Initiative zu nutzen, um auf die Interessen und Bereiche der Thematik einzugehen.
Uns hätte Folgendes interessiert: Welche besonderen Sportangebote für Frauen und Männer gibt es denn derzeit? Wie werden diese angenommen? Welche werden gemeinsam angenommen, sodass eine separate Betrachtung nicht mehr notwendig erscheint?
Für welchen sportlichen Bereich konnte eine große Nachfrage bisher noch nicht erfüllt werden? Wie werden die Mittel aus dem Konjunkturprogramm verteilt, und wie kommen sie der Gendergerechtigkeit unserer Sportförderung zugute? Wie steht es mit dem weiblichen Nachwuchs in den Sportstätten? Ist der 40-prozentige Frauenanteil des Landessportbundes wirklich ein Zeichen eines gendergerechten Angebots, oder heißt dies lediglich, dass Frauen aus Mangel an Alternativen zur Not auch an Angeboten teilnehmen, an denen sie eventuell nicht interessiert sind?
Eine genaue Aufschlüsselung, wie und welche Angebote von wem angenommen werden, hätte uns geholfen, die Investitionen in Sportstätten hinsichtlich der Gendergerechtigkeit zu beurteilen. Dass Gendergerechtigkeit mittlerweile Berücksichtigung bei der Planung des Bauens von und Investitionen in Sportstätten als Kriterium berücksichtigt wird, das wussten wir auch vorher schon. Was uns der Senat aber trotz mehrmaliger Ankündigung in dieser Anfrage nicht sagt, ist, welche Auswirkungen diese Berücksichtigung hat.
Ich möchte an dieser Stelle noch auf die Antwort auf Frage 5 eingehen. Im letzten Satz wird erwähnt, dass es Überlegungen gibt, die Vergabe von öffentlichen Mitteln für den Bau und die Renovierung von Sportstätten an die Erfüllung von Auflagen zu gendergerechten Planungen und Umsetzungen zu knüpfen. Meine Damen und Herren, davor kann ich im Namen unserer Fraktion nur warnen! Abgesehen davon, dass dies im Vergaberecht kaum durchsetzbar sein wird, würde eine solche Regelung Tür und Tor für Chaos in der öffentlichen Vergabe der Sportmittel öffnen, und Investitionen liefen Gefahr, an eigenlichen Bedürfnissen der Menschen vorbeizugehen.
Lassen Sie mich anschließend noch Folgendes erwähnen: Gendergerechtigkeit ist erreicht, wenn wir irgendwann nicht mehr darüber reden müssen, wenn es irgendwann ganz selbstverständlich ist, dass Frauen und Männer die Möglichkeit haben, sich ihren Wünschen und Möglichkeiten entsprechend in unserer Gesellschaft zu orientieren.
Bis dahin sollten wir uns aber ernsthaft mit dem Thema befassen und uns nicht mit oberflächlichen Bewertungen des Themas, wie sie uns in der Antwort des Senats gegeben werden, zufriedengeben! – Danke schön!