Andreas Kottisch
Sitzungen
Letzte Beiträge
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Von der Betreuung zur offenen Unternehmensbeteiligung, so vielfältig ist unser Parlament! Für diejenigen, die betriebswirtschaftlich vielleicht nicht grundausgebildet sind, ganz kurz die Erklärung der offenen Unternehmensbeteiligung: Dabei handelt es sich um die direkte, unmittelbare Beteiligung an einem Unternehmen. Hier geht es also nicht darum, wie bei einer stillen Beteiligung beispielsweise, dem Unternehmen Geld zur Verfügung zu stellen und dann gegebenenfalls still im Hintergrund des Unternehmens zu agieren, sondern hier geht es darum, sich unmittelbar am Kapital zu beteiligen, also ein echter Gesellschafter des Unternehmens zu werden und damit auch mit allen Rechten und Pflichten ins Unternehmen einzusteigen.
Fiskalpolitisch ist die offene Unternehmensbeteiligung in bestimmten Fällen besser als die stille Beteiligung. Darauf sind wir im Antrag eingegangen, das möchte ich jetzt aufgrund der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit nicht noch einmal ausführen. Ich möchte aber ganz wesentlich darauf hinweisen, dass der Markt diese Form der Unternehmensfinanzierung fordert. Mir sind zwei ganz konkrete Beispiele Bremer Unternehmen bekannt. Das eine ist ein Unternehmen aus dem Bereich der Gesundheitswirtschaft. Es hat nach einer offenen Unternehmensbeteiligung in Bremen nachgefragt, konnte nicht bedient werden und ist nun nach Berlin gegangen. Die Investitionsbank Berlin ist an diesem Unternehmen beteiligt. Das andere Unternehmen ist ein Unternehmen aus dem Bereich der regenerativen Energien, und an diesem Unternehmen wird sich die NRW-Bank zusammen mit RWE beteiligen. Das finden wir bedauerlich. Wir meinen, dass diese Unternehmen, die auch zum Teil mit bremischem Steuergeld dort hingebracht wurden, wo sie jetzt sind, auch in Bremen weiterfinanziert werden müssten. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Der Markt fordert dieses Instrument also, und es ist insbesondere notwendig im Bereich der wachstumsorientierten und im Bereich der wissens- und technologieorientierten Unternehmen.
Mir ist auch noch einmal wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir die offene Unternehmensbeteiligung nicht gegen die stille Beteiligung ausspielen wollen. Es geht also nicht um entweder/oder, sondern es geht darum, dass beides vernünftig nebeneinander im Rahmen eines Produktmix existiert. Je nach der Entwicklungsphase eines Unternehmens ist einmal das eine, einmal das andere das richtige Finanzierungsinstrument. Wir sind der Ansicht, dass ein guter Produktmix auch die Neuausrichtung der Bremer AufbauBank beflügeln kann. Wenn man sich anschaut, dass die Bremer Aufbau-Bank eine Gesamtkapitalquote von 57 Prozent hat, die Engagements der AufbauBank also zu 57 Prozent mit Eigenkapital unterlegt sind – die aufsichtsrechtliche Untergrenze liegt bei 8 Prozent –, dann zeigt das, dass dort ein riesiges Potenzial ist und neue Produkte im Portfolio dort nicht schaden können.
Wichtig ist uns in diesem Zusammenhang auch, darauf hinzuweisen, dass eine offene Unternehmensbeteiligung ein professionelles Management voraussetzt. Bereits beim Eintritt in das Unternehmen muss dieses professionelle Management über ein Netzwerk verfügen und potenzielle Exitstrategien im Auge haben, damit das Engagement dann auch entsprechend zu einer richtigen Verzinsung führen kann. Ansonsten kann ein solches Szenario auch im Desaster enden.
Ich würde gern noch kurz auf den Änderungsantrag der LINKEN eingehen! Wir werden ihn aus zwei Gründen ablehnen: Zum einen, weil wir der Ansicht sind, dass wir jetzt erst einmal einen Prüfauftrag an den Senat gerichtet haben und möchten, dass diese Prüfung nicht unnötig verkompliziert wird, aber im Wesentlichen zum anderen deshalb, weil ComplianceRegeln sich nicht nur auf ein Finanzinstrument beziehen dürfen, sondern wenn Sie Compliance-Regeln einführen wollen, dann müssen sich diese auf sämtliche Finanzierungsinstrumente beziehen. Es nützt nichts, nur ein Instrument auszuschließen, beispielsweise für die Finanzierung eines Waffenexports, und diesen dann über andere Finanzierungsinstrumente zu finanzieren. Insofern ist es für uns ein getrenntes Thema, das sicherlich noch einmal der separaten Beratung bedarf, aber in diesem Zusammenhang stimmen wir diesem Antrag nicht zu.
Mein Fazit: Die offene Unternehmensbeteiligung kann wichtig sein. Wir möchten, dass es ernsthaft geprüft wird. Gerade für wachstums-, wissens- und technologieorientierte Unternehmen kann es eine wichtige Finanzierungsquelle sein, und das sind die Unternehmen, die den immer noch so wichtigen Strukturwandel maßgeblich befördern. Das ist wichtig für die Zukunft in Bremen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Dr. Möllenstädt, da Sie mich persönlich angesprochen haben: Ihnen ist aber bekannt, dass bereits heute Unternehmen vonseiten des Staates finanziell unterstützt werden?
Wenn Sie in Ihrer Ausrichtung konsequent sind, dann müssten Sie auch alle die Instrumente, die wir heute bereits anbieten, letztendlich eliminieren. Dann müssten Sie sagen, dann wollen wir überhaupt kein Unternehmen mehr öffentlich unterstützen, sondern möchten das dem freien Markt und den Banken, die privat organisiert sind, überlassen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das jetzige Thema lautet „Wissenstransfer als Impulsgeber für Strukturwandel und Arbeitsmarkt“, und ich hoffe, das wird ein Thema, das dieses Haus genauso eint wie das vorhergehende Thema, zumindest was das Abstimmungsverhalten angeht.
Wissenstransfer einfach definiert ist die Umsetzung von Forschungsergebnissen in die wirtschaftliche Wertschöpfung. Dadurch sollen die wirtschaftliche Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen, der Unternehmen sowie der gesamten Region gesteigert werden. Neue Arbeitsplätze und Wohlstand in der Region sollen entstehen und das auf Basis neuen Wissens. Zum Thema Wissen hat Johann Wolfgang Goethe einmal gesagt: Eigentlich weiß man nur, wenn man wenig weiß, mit dem Wissen wächst der Zweifel.
An dieser Stelle möchte ich dem Senat danken für die gute Antwort und auch den Mitarbeitern in den Ressorts Wirtschaft und Wissenschaft – ich sehe, Frau Schütte ist auch hier, das finde ich gut –, die einerseits eine gute Grundlage für diese Debatte darstellt, und
dennoch bleiben im Sinne Goethes andererseits Zweifel: Wie funktioniert er denn genau, dieser Wissenstransfer? Was geht dort eigentlich genau im Einzelnen vor?
Das wüssten wir gern, und vielleicht trägt ja diese Debatte ein wenig dazu bei! Goethe hat übrigens auch gesagt: Es ist nicht genug zu wissen, man muss auch anwenden. Ein frühes Plädoyer für den Wissenstransfer, finde ich!
Er fügte hinzu: Es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun, oder frei nach Erich Kästner: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es! Aber etwas tun wollen wir, alle gemeinsam, hoffentlich, Herr Rohmeyer, nur wissen wir nicht hundertprozentig genau, wie wir etwas tun sollen.
Darauf bin ich gleich gespannt! Aber vielleicht bringt ja diese Debatte ein paar brauchbare Anregungen, ich hoffe sehr darauf!
Ich möchte Ihnen aber kurz sagen, warum ich eigentlich Fan von Wissenstransfer bin. Ich bin Fan, weil Wissenstransfer zum einen die Chancenausgewogenheit ganz besonders unterstützt im Vergleich zu tradierten Strukturen. Innovation und Existenzgründungen finden auf Basis von Wissenstransfer vielfach in neuen Strukturen und eben auch mit neuen Akteuren statt, und ein gewisser Wechsel ist diesem System inhärent. Zum anderen bin ich Fan, weil Wissenstransfer ein viel höheres Arbeitsplatzpotenzial in sich birgt. Neue erfolgreiche Unternehmen beziehungsweise neue erfolgreiche Bereiche bestehender Unternehmen schaffen im Zuge ihrer Aufbau- und Wachstumsphase in der Regel mehr Arbeitsplätze, als dies in tradierten Bereichen möglich ist.
Übrigens liegt darin auch ein Paradoxon, auf das unser Technologiebeauftragter hingewiesen hat, denn die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten und -kooperationen sind in der Regel in den Abteilungen der großen Industrieunternehmen zu finden, hingegen ist aber das größere Arbeitsplatzpotenzial in Bremen eigentlich mehr in den kleinen und mittleren Unternehmen zu sehen und das auch noch gekoppelt mit einer höheren Standortbindung. Darum gilt es, hier auch in Zukunft einen noch stärkeren Fokus auf den Bereich Wissenstransfer mit KMU zu legen.
Ich bin weiterhin ein Fan von Wissenstransfer, weil die Arbeitsplätze, die im Bereich Wissenstransfer geschaffen werden, in der Regel äußerst qualifiziert sind. Wir haben es hier also per se nicht mit einem Billiglohnsektor zu tun. Insofern kann Wissenstransfer den sozialen Zusammenhalt unserer beiden Städte befördern und ist maßgeblich für die Zukunftsgestaltung dieser Städte verantwortlich. Eine aktive Zukunftsgestaltung ist absolut alternativlos, wenn Bremen und Bremerhaven im Reigen der Großstädte erfolgreich bestehen wollen.
Apropos Großstadt: Die Steuerungsfunktionen, die F- und E-Abteilungen und auch die Finanzabteilungen großer Konzerne und der Industrieproduktion der Welt konzentrieren sich in Zukunft mehr und mehr in den sogenannten Global Cities. Das ist die wirtschaftliche Definition von Großstadt im Verhältnis zur Weltstadt als politisch-kulturelle Definition. Es ist insgesamt eine Metropolisierung der Welt zu erkennen.
In der Presse am Wochenende war von der aktuellen HWWI-Studie zu lesen. Herr Professor Straubhaar hat darauf hingewiesen: Im Jahre 2030 werden 60 Prozent der Bevölkerung in Städten leben. Im Jahre 2005 waren es noch 50 Prozent. In diesem Zusammenhang wurde auch wieder deutlich, wie wichtig das Thema Wissenstransfer für die Bewertung auch hier der Zukunftsfähigkeit der Städte im Rahmen einer Erstellung eines Städterankings ist. Dresden, neben der Historie starke Technologie- und Wissenschaftsstadt, hat es geschafft, auch als Stadt mit Nachholbedarf im Bereich der Investitionen, wie Bremen, hier auf Platz fünf zu landen. Ich finde, dass hier sehr deutlich geworden ist, dass insbesondere die Bereiche wissensintensive Wirtschaft sowie mehr Abiturienten und Hochschulabsolventen gerade bei Dresden dazu geführt haben, dass diese Stadt so weit oben, also auf Platz fünf, gesetzt wurde.
Es gibt verschiedene Aussagen zur quantitativen Entwicklung des Wissens. Nach Aussage diverser Wissenschaftler verdoppelt es sich alle fünf bis sieben Jahre. Die Weltbevölkerung von heute, um die sechs Milliarden Menschen, wird extrapoliert im Jahr 2050 bei neun Milliarden liegen und steigt nicht so stark wie das Wissen. Wissen steigt im Vergleich zur Bevölkerung also überproportional. Es ist auch nichts Neues, wenn wir feststellen, dass wir längst in einer Wissensgesellschaft leben.
Das Charakteristikum einer Wissensgesellschaft sollte man sich aber noch einmal vor Augen führen. Es bedeutet nämlich, dass das Wissen zu einer strategischen Ressource in Produkten und Dienstleistungen geworden ist. Ich komme später, im Zusammenhang mit dem Thema Qualifizierung, noch einmal darauf zurück.
Fakt ist jedenfalls, dass der Dreiklang Arbeitskraft, Boden und Kapital als die relevanten Produktionsfaktoren längst antiquiert ist. Robert Lee Frost, ein US-Lyriker und -Dramatiker, der von 1874 bis 1963 gelebt hat, hat einmal gesagt: „Kenntnisse bloß zu sammeln ist genauso schlecht, wie Geld zu horten. Auch Wissen will umgesetzt sein.“ Benjamin Franklin sagte: „Eine Investition in Wissen bringt immer noch die besten Zinsen.“
So neu ist das Thema Wissenstransfer scheinbar nicht. Dennoch ist es bis heute nirgendwo gelungen, einfache, funktionierende und auch von Branche zu Branche übertragbare Strukturen für den Wissenstransfer zu kreieren. Stattdessen steht meines Erachtens die Vermutung im Raum, dass Wissenstransfer nicht so richtig organisiert, zumindest nicht deterministisch verordnet werden kann.
Die Frage ist also: Was kann von öffentlicher Seite – in diesem Fall vom Senat – unternommen werden, um hier zumindest den Wissenstransfer zu fördern? Als allgemeines Konzept wird dann immer gesagt, es müssen die beiden Bereiche Wissenschaft und Wirtschaft zusammengetan werden, idealerweise noch mit weiteren Akteuren aus Kultur, Kommunen, Verbänden und Institutionen. Dann wird dort schon etwas passieren.
Was passiert aber eigentlich im Zentrum dieser Blackbox? Das ist, glaube ich, immer noch nicht so richtig nachvollzogen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass man sich noch einmal vor Augen führt, dass die beiden Bereiche Wirtschaft und Wissenschaft nach völlig unterschiedlichen Mechanismen und völlig unterschiedlichen Anreizsystemen funktionieren. Sie sind völlig unterschiedlich finanziert, streben nach unterschiedlichen Zielen, die Allokationsmechanismen, also die Art und Weise, wie knappe Güter in diesen Systemen verteilt werden, sind unterschiedlich, und genauso sind auch die Formen der individuellen Nutzenmaximierung der Akteure und auch die Denkstrukturen unterschiedlich.
Das wird auch in der Antwort des Senats auf die Große Anfrage an zwei Stellen deutlich: zum einen in der Antwort auf Frage zwei, in der verdeutlicht wird, dass Wissenschaft sich eben nicht ausschließlich auf die Bedürfnisse der Wirtschaft ausrichten kann, sondern, um international von Bedeutung zu bleiben, auch immer dem Prinzip der wissenschaftlichen Exzellenz folgen muss. Ich finde, da ist Bremen vorbildlich.
Da wird auch deutlich, dass Wissenschaft an sich schon einen Faktor der Wirtschaftsförderung darstellt.
Zum anderen wird die Unterschiedlichkeit dieser beiden Systeme in der Antwort auf Frage vier deutlich, in der explizit darauf hingewiesen wird, dass Markterfolge von Transferprojekten am größten dort waren, wo die Hauptinitiatoren die Unternehmen wa
ren und die Projekte damit deutlich wirtschaftsgetrieben waren. Das liegt eigentlich auch in der Natur der Sache; es liegt einfach daran, dass diejenigen, die für den Prozess der Innovationen zuständig sind, eben die Unternehmen sind.
Ich würde gern vor dem Hintergrund der etwas fortgeschrittenen Zeit gleich noch einmal darauf eingehen und mich ein zweites Mal melden. Die Frage bleibt, und das würde ich dann auch gern noch einmal beleuchten: Wie kann man bei der Unterschiedlichkeit dieser Systeme Wirtschaft und Wissenschaft den Wissenstransfer fördern oder sogar organisieren? Wie gesagt, dafür melde ich mich ein zweites Mal und danke Ihnen bis hierher für Ihre Aufmerksamkeit! – Vielen Dank!
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Mit Shakespeare komme ich jetzt nicht, denn ich möchte dem Wunsch des Kollegen Kastendiek jetzt folgen und vielleicht ein wenig die akademische Ebene verlassen. Ich versuche, das einmal ganz pragmatisch zu machen. Vielleicht kommen ja auch noch konstruktive Vorschläge von der FDP, die habe ich bislang nicht gehört.
Herr Kastendiek, Sie sagten, Sie möchten das Verständnis zwischen Wirtschaft und Wissenschaft herstellen, aber Sie sind eigentlich nicht konkret geworden. Wie wollen Sie das denn machen? Sie haben gesagt, dass es wichtig ist, dass diese beiden Bereiche sich verstehen, aber die Antwort sind Sie uns schuldig geblieben. Ich habe nichts davon gehört, übrigens auch in Ihrer Amtszeit nicht.
Ganz wichtig finde ich schon, diesen Blickwinkel anzusetzen, und darum bleibt für mich die relevante Frage, und das habe ich eben auch versucht herauszukristallisieren, wie denn die öffentliche Hand nun bei der Unterschiedlichkeit dieser beiden Systeme Wirtschaft und Wissenschaft Wissenstransfer fördern oder vielleicht sogar organisieren kann. Da gibt es bis jetzt keine Lösung. Dieser Frage ist bislang nicht systematisch nachgegangen worden.
Jetzt werde ich einmal ganz praktisch: Der eigentliche Erfolg von Wissenstransfer als Grundlage für eine ökonomische und auch in sozialer Hinsicht gewollte Innovation offenbart sich immer am Markterfolg, das machen die Unternehmen. Aber wir wollen doch hier von dieser Stelle jetzt nicht sagen, das müssen sie machen, und wir tun da nichts. Das wäre
eine radikale Position, die wir hier nicht einnehmen wollen. Wir wollen doch etwas tun, wir wollen doch Strukturen schaffen, damit ein solcher Transfer stattfinden kann. Insofern, denke ich, sind wir gut beraten, wenn wir uns Gedanken darüber machen, wie ein solcher Transfer denn auch letztendlich seitens des Senats unterstützt werden kann.
Ich weiß nicht, ob Sie Herrn Elias Howe kennen, Herr Kastendiek, ich kannte ihn bis vor kurzem nicht. Elias Howe hat im Jahre 1845 die Doppelsteppstichnähmaschine erfunden. Aber berühmt und reich wurde Isaac Singer. Isaac Singer hat die Technik nur ein wenig, nur ein ganz, ganz bisschen modifiziert, verbessert, aber Isaac Singer hatte einen ganz entscheidenden Unterschied, ein Prä im Vergleich zu Elias Howe, er hatte nämlich ein richtiges Geschäftsmodell. Er wusste, wie er diese Nähmaschine zum Wohl der Bevölkerung verkauft, und zwar hat er einfach die Ratenzahlung eingeführt. Das verdeutlicht, dass ohne Geschäftsmodell die beste Erfindung nichts wert ist. Das Ziel, das wir erreichen müssen, ist die am Markt realisierte Innovation, der Wissenstransfer dabei ist nur Mittel zum Zweck, und dennoch muss man sich Gedanken darüber machen,
lieber Dieter Focke, ernsthaft Gedanken darüber machen.
Dann lassen Sie uns nach der Debatte noch einmal darüber sprechen. Ich vermisse die Ernsthaftigkeit bei diesem Thema, denn das ist so elementar für dieses Bundesland, dass wir das in den Griff bekommen.
Wir haben es in den letzten Jahren noch nicht in den Griff bekommen.
Im Übrigen möchte ich in diesem Zusammenhang noch einmal kurz den Unterschied zwischen Wissensund Technologietransfer darstellen, weil das oftmals in einen Topf geworfen wird. Das Beispiel Elias Howe zeigt es nämlich, dem Mann hätte wahrscheinlich Wissenstransfer helfen können, also das Wissen um soziale, psychologische und ökonomische Grundlagen, um seine aus technischer Sicht entwickelte Nähmaschine letztendlich zum Wohle der Gesellschaft in den Markt zu bringen. Der Technologietransfer als solcher im engeren Sinne hätte ihm nicht geholfen, denn die Technik war im Prinzip entwickelt, und der Mann wusste, was er tat, zumindest in technischer Hinsicht.
Herrn Howe hätte Wissenstransfer also geholfen, und vielleicht würde Herr Howe in fünf Jahren in Bremen ganz erfolgreich mit seinem bislang rein technologischen Ansatz sein, denn wir wollen die Strukturen verbessern, damit solche Erfinder Erfolg haben. Das ist eben auch der Unterschied zwischen Erfindung und Erneuerung, Invention und Innovation, diese Strukturen müssen erkannt werden, und dann kann der Senat beziehungsweise Bremen als Standort auch förderliche Strukturen einführen.
Das Beispiel Howe verdeutlicht auch, dass Wissen bezugslos an sich erst einmal nichts wert ist, darauf hat Frau Kollegin Schön hingewiesen, das muss ich nicht weiter vertiefen. Wissen muss also in einen Kontext gebracht werden, und das macht diese Studie vom HWWI ganz deutlich, finde ich.
Insbesondere die Antwort des Senats auf Frage vier verdeutlicht, dass Wissenstransfer im Sinne von am Markt erfolgreicher Innovation in der Tat eigentlich bislang nur in ganz wenigen Bereichen, hier im Bereich der Luft- und Raumfahrt, stattgefunden hat, im Übrigen unter Einsatz nicht unerheblicher Mittel. Das zeigt eben, Herr Kastendiek, dass hier noch eine Menge zu tun bleibt. Ich bin der festen Überzeugung, dieser Senat und diese Regierung werden sich dieser Aufgabe stellen.
Fakt ist nämlich, es gibt Innovationen fördernde Strukturen, und es gibt Wissenstransfer fördernde Strukturen, die sich wiederum positiv auf die Innovationsfähigkeit, -möglichkeiten und -bereitschaft auswirken. Frau Schön hat darauf hingewiesen, Herr Kastendiek ist in seiner Rede leider nicht so konkret geworden, und bei Herrn Ella habe ich das alles vermisst.
Element einer solchen Struktur, und ich muss da vielleicht noch einmal konkret werden, sind die kooperative Strukturierung für Patentierung und Verwertung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft auch mit der Gefahr, dass dahinter letztendlich ein Kapitalismus wirkt, anders geht es gar nicht. Existenzgründung und Ausgründung im Hochschulbereich müssen gefördert werden, und dabei sind sowohl Absolventen als auch Professoren gemeint, gemeinsame Gesellschaften und auch Unternehmensbeteiligungen durch die Wissenschaft, diese müssen sich auch unternehmerisch betätigen, um diesen Mechanismus entsprechend auch kennenzulernen.
Die Qualifizierung von Wissenschaftlern für die Kooperation mit der Wirtschaft, übrigens Dinge, die im Bereich der Wissenschaft erfolgreich getan werden, und die temporäre Ausleihung von Personal, Personalaustausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, sind Aktivitäten, die, wie gesagt, wissenschaftsseitig im Falle der Universität über die Organisations
einheit Unitransfer und zum großen Teil auch in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung erfolgreich stattfinden.
Hinzu kommen dann eben die Aktivitäten der Wirtschaftsförderung, Herr Kastendiek, da sind in der Vergangenheit viele aufgebaut worden, das gilt es aber zu optimieren. Das sind die Förderung von Unternehmen in wissensbasierten Bereichen, die Definition und die Förderung standortrelevanter Innovations- und Technologiefelder. Das ist im Zusammenhang mit dem Technologienbeauftragten Herrn Professor Timm erfolgt. Da ist es eben auch wichtig, dass man auf bestehende Kompetenzen setzt und nicht immer neu etwas zu entwickeln beginnt.
Dann die branchenbezogenen Netzwerke! Frau Schön hat das Beispiel Windenergie angesprochen, das ist in der Tat vorbildlich und übrigens auch stark unternehmensgetrieben und auch unter einem nicht unerheblichen Mitteleinsatz aufgebaut. Da sind wir eben auch wieder bei der Frage, Herr Ella: Was kann der Staat tun, wo sind die Grenzen?
Dann sind branchenübergreifende Vernetzungen von großer Relevanz, im Übrigen sind die positiven Effekte von Wissenstransfer oftmals bloße Zufallsprodukte. Es muss das Ziel sein, die Wahrscheinlichkeit für diese Zufälle zu erhöhen. Das kann man erreichen, indem man branchenübergreifend Foren schafft, indem man Leute zusammenbringt, Frau Schön nannte das TTT, ich will das gar nicht so auf diese drei T beziehen. Ich meine, es muss einfach gelingen, Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen und eben auch aus dem Bereich der Kultur zusammenzubringen, Menschen aus kreativen Bereichen, die sich dann über neue Wege Gedanken machen.
Was sicherlich wichtig ist, ist sowohl eine intensive Vermarktung des Themas Wissenstransfer an sich – ich hoffe auch, dass diese Debatte heute hier im Parlament dazu beiträgt, dass wir dieses Thema ein wenig stärker in unsere Gesellschaft hinein vermarkten –, als auch der konkreten Angebote und Inhalte, die daraus entstehen. Das muss über diverse Kanäle erfolgen, die will ich im Einzelnen nicht aufzählen.
Jetzt kommen noch drei Punkte, die ich gern nennen möchte und die mir ganz besonders am Herzen liegen. Das ist einmal die Bewahrung eines positiven innovationsfreundlichen Klimas. Das ist meines Erachtens gut erfolgt. Dann muss es noch mehr gelingen, viele kreative Köpfe nach Bremen zu holen und die, die hier sind, zu halten. Auch hier spielt der Bereich Kultur eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Und die Grundlage für das Ganze, damit es funktionieren kann, ist eine gut qualifizierte Gesellschaft. Da vermute ich ein bisschen den Unterschied zur bisherigen Sicht in der ehemaligen Koalition, denn wir sind der Meinung, dass die Gesellschaft ausreichend qualifiziert sein muss, um die notwendigen Veränderungsprozesse erst einmal zu verstehen und zu ak
zeptieren und dann eben idealerweise auch mit zu gestalten.
Das beginnt im Kindergarten, geht über außerschulische Initiativen wie „Jugend forscht“ bis hin zum lebenslangen Lernen. In diesem Zusammenhang übrigens ganz interessant sind auch die berufsbegleitenden Studienfächer, weil denen inhärent eigentlich schon das Thema Wissenstransfer eingepflanzt ist. Leute, die während ihrer beruflichen Tätigkeit im Betrieb einen akademischen Grad an einer der Universitäten hier erlangen, sind, glaube ich, per se gut geeignet, um dann auch in der Praxis Wissenstransfer zu realisieren. In Unternehmen spielt Qualifizierung sowieso eine wichtige Rolle.
Mir sei noch ein letztes Zitat erlaubt, einige habe ich schon gestrichen.
Peter Drucker, leider vor einigen Jahren gestorben, hat einmal gesagt: „Nicht Arbeit, nicht Kapital, nicht Land und Rohstoffe sind die Produktionsfaktoren, die heute in unserer Gesellschaft zählen, sondern das Wissen der Mitarbeiter in den Unternehmen.“ Darum kann das Thema Qualifizierung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Das ist, glaube ich, in der Vergangenheit ein wenig vernachlässigt worden, zumindest vor diesem Hintergrund.
Diese meinerseits aufgezählten den Wissenstransfer fördernden Elemente sind zu einem großen Teil seitens des Senats gut angegangen, das wird in der Antwort auf die Große Anfrage deutlich. Aus dem Grund wage ich das Fazit, dass Bremen und Bremerhaven und dieser Senat für den Bereich Wissenstransfer bei der Innovationsunterstützung sehr gut aufgestellt sind. Ich möchte dennoch darauf hinweisen, dass aufgrund der immensen Wichtigkeit dieses Themas an diesen Bereichen weiter gearbeitet wird. Die erfolgreichen Beispiele haben dokumentiert, Windenergie und auch Luft- und Raumfahrt, dass das ohne finanzielle Mittel so ganz nicht geht und nicht funktionieren kann. Aus dem Grund ist mein Plädoyer, Wissenstransfer weiterhin im Fokus zu behalten und auch mit entsprechenden finanziellen Mitteln zu unterlegen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!