Wolfgang Grotheer

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17/5 17/6 17/8 17/11 17/12

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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe nicht mehr viel zu sagen. Ich habe mich ja bereits gestern verabschiedet. Zwei Punkte habe ich vergessen, die wollte ich nachholen! Erstens: Ich möchte mich auch bei den Mitarbeitern hier im Hause bedanken.
Ich finde, dass Sie hier immer sehr gut für einen reibungslosen Ablauf der Sitzung sorgen.
Druck: Hans Krohn · Bremen
Zweitens wollte ich sagen: Sie werden mir fehlen! Alles Gute!
Danke schön, Herr Präsident! Frau Senatorin, wir waren ebenso wie die anderen Fraktionen, Sie haben es ja gemerkt, mit dem JungenBüro im Gespräch. Dort wurde uns berichtet, dass es bundesweit keine oder wenige vergleichbare Projekte gibt, die sich in dieser Weise mit den Problemen von Jungen beschäftigen. Ist Ihnen diese Information auch bekannt, oder wissen Sie von Projekten in anderen Bundesländern, die aus den öffentlichen Kassen finanziert werden?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kollegin Ahrens! In einem Punkt muss ich Ihnen recht geben und gleichzeitig widersprechen: Es ist sicherlich richtig, dass bei vielen Tätern psychische Störungen vorliegen und Anlass dafür sind, was wir als Stalking bezeichnen. Genauso ist es aber richtig, dass eben nicht in allen Fällen eine solche psychische Störung als Entschuldigung für das Verhalten genommen werden darf. Das wollen wir nicht durchgehen lassen!
Im Übrigen wollte ich Sie loben für diese wirklich gute Anfrage, weil Sie mit dieser Anfrage dem Senat die Gelegenheit geben, noch einmal darzustellen, wie gut wir hier in Bremen in Sachen Stalking aufgestellt sind.
Das ist wirklich toll! Das ist ein richtig gutes Zusammenspiel von Opposition und Regierungskoalition, finde ich.
Wir haben immer gesagt, der Schutz der Bürger vor Stalking und die Hilfe für die Opfer von Stalking ist viel zu wichtig, als dass dies Gegenstand von parteipolitischem Gezänk sein sollte, und daran haben wir uns in Bremen auch gehalten. Wir haben dies als SPD-Fraktion so gesehen, und so haben wir das Thema mehrfach in den letzten vier Jahren diskutiert. Wir waren uns parteiübergreifend weitestgehend einig, und ich finde, das wird auch der Bedeutung dieses Themas durchaus gerecht. Auf Bundesebene – darauf komme ich gleich noch zu sprechen – war das allerdings leider anders, dort hat es einen großen Parteienstreit um die Frage gegeben, wie das Thema bearbeitet werden soll.
Es ist hier schon gesagt worden: Stalking heißt Auflauern, Nachstellen, psychischen Druck ausüben, Psychoterror ausüben, verbunden mit vielerlei anderen Straftatbeständen, die schon genannt worden sind, von der Beleidigung über den Hausfriedensbruch, die Sachbeschädigung bis hin zu Mord und Totschlag; schlimme Fälle, über die wir in der Presse gelesen haben, und wir sind auch in Bremen davon leider nicht verschont geblieben.
Nach Untersuchungen sind, auch das ist hier schon Thema gewesen, 12 Prozent der Bevölkerung schon Opfer von Stalking im Sinne der schweren Belästigung gewesen, das heißt jeder Achte. Es werden also auch einige hier im Raum sein, die davon betroffen gewesen sind. Opfer sind meistens Frauen. Meistens kennen sich die Täter und die Opfer, das Ganze spielt sich also im Beziehungsumfeld ab. Häufig stellt der
Expartner seiner Expartnerin nach, und dies kann sich über Monate, Jahre hinziehen und sich steigern, von Ausfällen hin, wie gesagt, bis zu den ganz schweren Delikten.
Deshalb sagen wir auch: Das wollen wir nicht hinnehmen, auch wenn es in vielen Fällen psychologische Erklärungen gibt, sondern wir sagen, wehret den Anfängen, und dafür brauchen wir entsprechende gesetzliche Vorkehrungen!. Wir sagen: Den Opfern muss natürlich geholfen werden. Deshalb haben wir als Bremer schon wegweisend – das passt ganz gut – das Wegweisungsrecht im Januar 2001 beschlossen. Da waren wir bundesweit führend. Wir sind diejenigen gewesen, die als erstes Bundesland eine polizeirechtliche Grundlage dafür geschaffen haben, dass die Opfer – wie gesagt, meistens Frauen – sich zur Wehr setzen konnten, und die Polizei wurde in die Lage versetzt, einen Täter für mehrere Tage aus der gemeinsamen Wohnung zu verweisen, was bis dahin rechtlich nicht oder nur in ganz krassen Fällen möglich war. Das war also ein großer Fortschritt.
Wir haben uns auch dafür eingesetzt, dass das Gewaltschutzgesetz des Bundes verabschiedet wurde, wonach ein Täter dann durch Gerichtsbeschluss aus der Wohnung oder aus dem Haus verwiesen werden konnte, und wir haben darauf gedrängt, dass im Strafrecht und im Strafprozessrecht eine Änderung geschieht, und das ist dann auch geschehen. Zuständig für diese Regelungen, also die Aufnahme des Tatbestandes der schweren Belästigung im Strafgesetzbuch, ist aber der Bundestag.
Im Bund, liebe Kolleginnen und Kollegen, war es nun ganz schwierig. Da haben sich die SPD oder die damalige rot-grüne Koalition und die CDU in Gestalt der Bundesländer, insbesondere Bayern und Hessen, um die Frage gestritten, was denn rechtlich zulässig sei und wie überhaupt mit dem Problem umgegangen werden könne. Man kann da über viele Fragen streiten, die Frage, wie konkret ein Tatbestand gefasst werden muss, die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Täter in Untersuchungshaft genommen werden kann. Dort waren verschiedene Lösungen denkbar, aber es gab keine Verständigung, sondern das Thema wurde in den Ausschüssen im Bundesrat behandelt, und es hat Jahre gedauert, bis es dann zu einer Verständigung kam.
Gott sei Dank gab es dann im Sommer 2006 endlich eine Verständigung über eine Regelung. Es hat dann noch weitere Monate gedauert, nämlich bis März 2007, bis dann die entsprechende Regelung in Kraft getreten ist. Ich finde, das ist kein gutes Beispiel dafür – ich meine nicht uns, sondern den Bundestag –, wie ein Parlament mit solch einem Thema umgeht, was für so viele Menschen und Bürger eine ganz erhebliche Bedeutung hat. Das kann noch besser werden, finde ich, daran sollten wir arbeiten.
Das war übrigens auf einem anderen Politikfeld ähnlich: In Berlin ist auch lange Zeit um die Frage gestritten worden, ob und wie die Regelungen im Strafgesetzbuch über die Sachbeschädigung geändert werden konnten. Das ist dann Gott sei Dank ja auch geschehen, aber auch da hat es einen ganz langen Verhandlungsprozess gegeben. Ich finde, wenn man auch Bürgernähe möchte, dann müssen die Parlamente sich auch in die Lage versetzen, Gesetze schneller zu beschließen, als es in der Vergangenheit da und dort der Fall gewesen ist.
In Bezug auf den Täter-Opfer-Ausgleich und das Kriseninterventionsteam möchte ich sagen: Die Antwort des Senats auf die Große Anfrage zeigt, dass wir in Bremen sehr gut aufgestellt sind, was die Verwaltung angeht. Wir haben eine exzellente Zusammenarbeit der Behörden, wir haben viele Fortbildungsveranstaltungen für alle beteiligten Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, wir haben eine gute Informationslage für die Öffentlichkeit, das kann sich wirklich sehen lassen. Da sind wir bundesweit Spitze, und darauf sind wir stolz als Bremer!
Gestatten Sie mir zum Schluss noch einige kurze persönliche Anmerkungen! Ich hoffe, ich komme heute mit meiner Redezeit hin, gelegentlich musste ich ja ermahnt werden.
Dies ist heute mein letzter Beitrag in der Bremischen Bürgerschaft. Ich habe mich, wie Sie vielleicht der Presse entnommen haben, aus Gründen der persönlichen Lebensplanung entschieden, das Mandat niederzulegen, im Sinne des Abgeordnetengesetzes heißt das: zu verzichten. Ich möchte in die Justiz zurückgehen und werde zum Anfang des Jahres 2008 meine Arbeit wieder beim Landgericht Bremen als Vorsitzender einer Zivilkammer aufnehmen.
Zu den Zeiten, die ich hier erlebt habe, seit dem Sommer 2003, kann ich sagen: Es war eine sehr spannende Phase meines Lebens, für Sie, glaube ich, auch!
Wir haben uns in diesen Zeiten mit den Themen Verbandsklage, der Frage der Zukunft des Strafvollzugs, Neubau oder Sanierung in Bremen, bleibt die Justizvollzugsanstalt in Bremerhaven oder wird sie geschlossen, muss der Jugendvollzug von Bremen nach Hameln verlegt werden, beschäftigt, mit der Frage der Regelung für die Arbeitslosengeld-II-Verfahren, zuletzt mit den Fragen der Unterkunft, dem
Sonderfahrdienst für Behinderte, jetzt mit den schwierigen Fragen, wie können wir in Zeiten knapper Kassen im Sozialbereich vernünftige Beratungsangebote bestehen lassen, wie können wir die Betreuung von Kindern verbessern, vor allen Dingen in den Problemgebieten der Stadt. Es sind also spannende Themen, mit denen wir uns beschäftigt haben, jedenfalls nehme ich das so wahr, und ich habe gut in Erinnerung, dass wir auch zwei Untersuchungsausschüsse hatten. In einem konnte ich ja dabei sein, und ich bin sehr froh darüber, dass ich sowohl mit Dieter Focke als auch mit Karoline Linnert dort eine richtig gute Zusammenarbeit haben konnte. Ich habe an diese Zeit eine gute Erinnerung.
Ich möchte mich bedanken bei meinen Kollegen aus der Fraktion und bei allen Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen. Einen Kollegen nehme ich jetzt aus – den sehe ich auch gerade –, dafür werden Sie Verständnis haben! Ich finde, dass das Parlament in Bremen sehr viel besser ist, als es manchmal von außen wahrgenommen wird, und ich wünsche Ihnen allen eine glückliche Hand und vor allem viel Erfolg bei dem Kampf um den Erhalt der bremischen Selbstständigkeit!
Falls wir uns irgendwann – es kann ja sein –
bei Gericht sehen sollten, dann kann ich Ihnen nicht versprechen, dass Sie Ihren Prozess dort gewinnen, aber ich kann Ihnen versprechen, dass Sie ein faires, ein unparteiisches Verfahren erwartet, und in diesem Sinne bedanke ich mich, dass Sie mir zugehört haben!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir brauchen natürlich keine Erinnerung daran, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. So lange ist es ja noch nicht her, dass er unterschrieben worden ist.
Also, unser Kurzzeitgedächtnis funktioniert, das Langzeitgedächtnis übrigens auch, und im Übrigen glaube ich, es ist jetzt das zweite Mal, dass Sie ein Projekt aus dem Koalitionsvertrag hier in Form eines Antrags aufgreifen, beim letzten Mal war es das Mit
tagessen für Kinder. Ich habe fast den Eindruck, Sie überlegen, ob Sie dem Koalitionsvertrag jetzt nicht doch noch beitreten wollen.
Ist das vielleicht der Hintergrund?
Ich finde es ja ganz sympathisch, dass Sie unsere Anliegen mit solchen Anträgen unterstützen.
Herr Röwekamp, ich weiß gar nicht, warum Sie jetzt so nervös sind! Ich finde, dass wir uns hier ganz freundlich unterhalten, und ich kann mich erinnern, dass Sie in der letzten Legislaturperiode auch viel entspannter auf Ihren Plätzen gesessen haben, als es jetzt der Fall ist.
Entspannen Sie sich ein bisschen!
Wir haben uns als rot-grüne Koalition ganz viel vorgenommen. Wir wollen insbesondere viel für Kinder und Jugendliche tun. Wir wissen natürlich auch, dass sich soziale Gerechtigkeit nicht nur darüber herstellen lässt, dass wir Sozialleistungen ausbauen, aber überall dort, wo wir keine andere Möglichkeit haben, müssen wir eben auf die Sozialleistungen zurückgreifen. Das ist auch der Grund, weshalb wir der Auffassung sind, dass in Bezug auf die Regelsätze etwas getan werden und eine Überprüfung stattfinden muss. Wir haben jetzt gerade den Regelsatz bei dem ALG II auf 347 Euro angehoben, für Kinder sind es 208 Euro im Monat, und uns ist völlig klar, dass man davon Kinder nicht angemessen unterhalten kann.
Wenn wir auf die Berechnungsgrundlagen schauen, dann sehen wir, dass bei der Bemessung dieser Bedarfssätze für das Essen für Kinder 2,62 Euro täglich zugrunde gelegt worden sind, und für den ÖPNV, also für Fahrtkosten, sind es rund 10 Euro, die dort zugrunde gelegt werden. Für Erwachsene sind es rund 18 Euro, es ist völlig klar, dass man davon jedenfalls keine Monatskarte kaufen kann. Davon kann man gelegentlich einmal eine Fahrt mit der Straßenbahn unternehmen, aber man kann dafür kein Abo oder Ähnliches bezahlen.
Wir sagen, das muss besser werden, und deshalb ist es auch gut, dass der Senat sich dessen mit einer Bundesratsinitiative annimmt, um dazu beizutragen, die Regelsätze zu verändern und insbesondere ein
malige Leistungen wiedereinzuführen, die in die Regelsätze eingerechnet worden sind. Der Senat hat sich bekanntermaßen – das finden wir sehr gut – einer Initiative des Bundeslandes Rheinland-Pfalz angeschlossen, dass zukünftig nämlich Lehrmittel zum Schuljahresbeginn mit 83,20 Euro beziehungsweise 111,20 Euro bezuschusst werden können. Das ist eine ganz tolle Sache, dass sich dieser Senat des Themas so annimmt.
Der Senat hat zusätzlich die Initiative ergriffen, über die Idee des Bundeslandes Rheinland-Pfalz hinaus, dass künftig auch einmalige Leistungen gewährt werden können für von Schule und Kindergarten durchgeführte Veranstaltungen wie Ausfahrten, Veranstaltungsbesuche, und auch Nachhilfe soll künftig bezuschusst werden können. Das gibt es jetzt zwar auch schon, aber nur dann, wenn, so steht es im SGB, ansonsten bei Kindern die Gefahr einer Behinderung besteht.
Das betrifft insbesondere die Fälle, in denen zum Beispiel eine schwere Lese- und Rechtschreibschwäche vorliegt. Alle anderen Formen von Nachhilfe werden dort nicht erwähnt. Das ist gut, dass der Senat der Auffassung ist, dass die Regelsätze überprüft werden sollen, auch das ist Gegenstand dieser Initiative. Damit sind wir sehr einverstanden!
Der Koalitionsvertrag verweist auf das Sozialticket und auch darauf, dass bestimmte kommunale Leistungen, kommunal finanzierte Leistungen vergünstigt zur Verfügung gestellt werden sollen für Menschen mit geringem Einkommen. Wir setzen das um, wir werden das Schritt für Schritt in die Tat umsetzen. Wir wissen, bei uns wachsen die Bäume finanzpolitisch nicht in den Himmel, deshalb müssen wir pfiffige Lösungen finden. Wir müssen sehen, dass wir Lösungen finden und die vorhandenen Angebote nutzen, die direkt bei denen ankommen, die es brauchen.
Dazu zählt zum Beispiel der Gedanke, Sie haben es dankenswerterweise aufgegriffen, dass wir sehen, ob wir wie beim Jobticket oder beim Semesterticket für den Bereich des ÖPNV Lösungen finden, die einerseits den Betroffenen zugutekommen, andererseits aber zusätzliche Fahrgäste akquirieren. Das ist notwendig, um auch einen entsprechenden Ausgleich bei der BSAG herbeizuführen.
Das ist auf einem guten Weg, ich bin da ganz zuversichtlich, dass der Senat dieses Projekt richtig auf den Weg bringen wird, und ich hoffe, dass er uns hier demnächst auch eine Erfolgsmeldung erstatten kann.
Wir können deshalb, nachdem ich hier gesagt habe, wir sind davon überzeugt, dass das richtig ist, natürlich den Antrag der Linken nicht ablehnen, wir wol
len ihn aber auch hier nicht beschließen, weil noch viele Einzelheiten zu klären sind. Ich sage Ihnen auch: Natürlich sind Sie in allerbester Absicht ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen, denn es ist völlig klar, dass wir zum 1. Januar 2008 diese Lösung nicht einführen werden können. Es sind noch umfangreiche Gespräche notwendig, aber es wird daran gearbeitet. Deshalb schlagen wir vor, dass wir diesen Antrag an die Baudeputation und an die Sozialdeputation überweisen, federführend sollte die Baudeputation sein, weil das Bauressort mit der BSAG verhandeln muss. Dort liegt also die Hauptaufgabe, und dann hoffen wir, dass wir diese Sache hinbekommen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch einige Bemerkungen! Natürlich ist es richtig, dass das beste Mittel gegen Armut ein Aufschwung am Arbeitsmarkt wäre. Deshalb ist es auch gut, dass der Senat weiterhin in die wirtschaftliche Infrastruktur investiert. Wir lassen das nicht aus dem Auge, aber es geht hier darum, dass für die Fälle, in denen der Aufschwung die Menschen nicht erreicht, etwas getan wird. Deshalb reden wir hier über die Frage, wie wir die Sozialleistungen vernünftig organisieren.
Es ist natürlich auch richtig, dass wir Einkommensgerechtigkeit nicht über das Landesparlament organisieren können. Das kann nur über die Steuerpolitik geschehen. Dafür ist im Wesentlichen der Bund zuständig. Man muss da auch schon erkennen, wofür man tatsächlich Kompetenzen hat und wofür nicht.
Herr Buhlert, zu Ihnen wollte ich noch etwas sagen! Natürlich ist es richtig, wenn man darauf zu sprechen kommt, dass die Bezieher von Transferleistungen autonom entscheiden sollen – das war der Grundgedanke von Hartz IV –, wofür sie ihr Geld ausgeben. Aber wenn es insgesamt nicht reicht, weil jetzt auch die Inflation einen Teil weggefressen hat, dann muss man eben auch dazu kommen, die Bedarfsätze zu
überprüfen. Das passiert ja. Bei uns wird darüber diskutiert. Es gibt die Anregung an den Bund, dies auch zu tun.
Was ich überhaupt völlig unzulässig finde, ist, dass Sie hier versuchen, die Bedarfsempfänger und Personen mit geringem Einkommen gegeneinander auszuspielen.
Das geht nicht an! Sie haben ja recht, dass die Menschen ein Einkommen haben müssen aus ihrer Arbeit, mit dem sie ihre Existenz sichern können müssen. Das ist in vielen Fällen nicht so. Deshalb sind wir dafür, dass es einen Mindestlohn gibt. Da frage ich Sie aber: Wo ist denn in dieser Debatte die FDP?
Da habe ich Sie bisher nicht auf der richtigen Seite gesehen. Damit müssen Sie uns hier nicht kommen, das sind keine zulässigen Argumente.
Ich wollte noch ein paar Worte zu Herrn Erlanson sagen! Diese Äußerungen, die Sie hier aus der „taz“ zitieren, sind mir nicht bekannt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mitglied unserer Fraktion so etwas gesagt haben könnte. Sie können gern alles glauben, was in den Zeitungen steht. Ich tue das nicht immer, häufig ist es richtig, aber gelegentlich wird auch manches schräg dargestellt. Ich finde, da muss man die Augen und Ohren offenhalten und sehen, wie es in der Realität ist.
Dann wollte ich noch einen Hinweis geben! Herr Frehe hat hier zitiert aus der Drucksache aus dem Jahr 2005 auf eine Anfrage, in der davon die Rede ist, dass ein Sozialticket 1,4 Millionen Euro jährlich öffentliche Mittel kosten würde. Ich halte diese Zahl nicht geeignet als Grundlage für unsere Debatte, denn wir reden über ein anderes Konzept. Wir reden darüber – das ist jedenfalls unsere Idee –, dass wir eine Möglichkeit finden, eine Lösung, mit der wir zusätzliche Kunden auch für die BSAG akquirieren. Dann wird es nicht 1,4 Millionen Euro kosten, sondern dann wird es sicherlich nicht kostenlos für die öffentliche Hand zu haben sein, aber es wird nicht diesen Aufwand erfordern. In dem Sinne lassen Sie uns konstruktiv auch in die Beratungen in die Deputationen gehen, damit wir am Ende ein Konzept haben, das sozialpolitisch vernünftig, aber auch finanziell für die Stadtgemeinde und für das Land Bremen tragbar ist! – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lieber Herr Kollege Beilken! Man merkt natürlich sofort, dass Sie diesen Antrag nicht aus dem Koalitionsvertrag abgeschrieben haben,
weil er nämlich völlig an der Sache vorbeigeht! Deshalb werden wir ihn hier auch nicht beschließen und
auch nicht an die Deputation überweisen, sondern den Antrag ablehnen.
Um das Ganze zu verstehen, muss man schon auf die Ursprungsfassung eingehen, denn dort haben Sie sehr daneben gelegen und versuchen es jetzt zu kaschieren. Sie haben danach gefragt, wie viele unbesetzte Planstellen es im Bereich der Jugendhilfe gibt. Der Senat hat darauf geantwortet – das ist hier die Frage aus der Fragestunde –, dass es keine unbesetzten Stellen gebe, dass es aber natürlich – wie ganz normal – auch Mitarbeiter gebe, die krank sind, Mitarbeiterinnen, die in Mutterschaftsurlaub sind und so weiter. Dort liegen also keine Auffälligkeiten vor, aber die Stellen, die bewilligt worden sind, sind alle besetzt worden. Das ist das Ergebnis Ihrer Frage in der Fragestunde. Jetzt versuchen Sie, das hier mit der Umformulierung scheinbar geschmeidig auf einen anderen Weg zu bringen. Das geht nicht!
Wir haben bereits im April in der Sozialdeputation und im Jugendhilfeausschuss die Maßnahmen beschlossen, die notwendig sind, um die Dinge dort auf einen richtigen Weg zu bringen. Es sind die Stellen für Personalverstärkungen im Bereich des Amtes für Soziale Dienste besetzt worden, wir haben zusätzlich Stellen im Bereich der Erziehungsberatung beschlossen, die besetzt worden sind. Ein Notruftelefon ist eingerichtet worden, das mittlerweile auch mit einem entsprechenden Dienst hinterlegt ist, sodass die Anfragen nicht nur am Telefon bearbeitet werden, sondern es gibt Mitarbeiter, die sich dann konkret vor Ort um den Einzelfall kümmern. Die Nummer lautet übrigens 6 99 11 33, für diejenigen, die sie sich noch nicht gemerkt haben.
Also, 6 99 11 33, das ist die Nummer des Notruftelefons. Auch im Bereich der Familienhebammen sind Kräfte eingestellt worden. Insgesamt ist dies ein Paket von Maßnahmen, das zu einer entscheidenden Verbesserung in diesem Bereich geführt hat.
Dann kann man natürlich überhaupt nicht beanstanden, dass mehr Fälle bearbeitet werden, denn die Tatsache, dass mehr Fälle bearbeitet werden, heißt doch, dass dort mehr geschieht, dass die Verwaltung sich um Fälle kümmert, und das kann man jedenfalls nicht negativ darstellen, so wie Sie es hier versuchen!
Nun haben Sie den Antrag umformuliert und fordern den Senat auf, die bis heute im Ergebnis nicht geminderte unverantwortliche Überlastung der Fall
bearbeiterinnen und -bearbeiter in der Jugendhilfe zu beenden. Das ist, wie gesagt, der Versuch, diese etwas missglückte Frage zu vertuschen. Wir machen das nicht mit und lehnen es hier ab! Wir sind gern bereit, im Rahmen des Möglichen bei den Haushaltsberatungen noch danach zu schauen, ob es noch Verstärkungsmöglichkeiten für den Bereich der Jugendhilfe gibt, aber das aktuell Notwendige ist hier getan worden.
Im Übrigen haben wir über alle Fraktionen hinweg gemeinsam verabredet, dass wir den Bericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Kindeswohl“ abarbeiten. Dazu gehört selbstverständlich, dass dieser Bericht regelmäßig wieder in der Deputation aufgerufen wird und dass wir schauen, ob tatsächlich alle Punkte erledigt sind, nicht, dass sich dort ein neuer Schlendrian auftut und wir am Ende dann erneute Probleme haben.
In diesem Sinne kann ich Sie eigentlich auch bitten, Herr Beilken, Ihren Antrag zurückzuziehen, nachdem Sie ihn schon umformuliert haben, das wäre eigentlich der beste Weg. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde, dass meine Vorrednerin die Argumente für den Antrag hier überzeugend vorgetragen hat,
und will dem in der Sache auch nicht viel hinzufügen. Es ist ja vielleicht auch ein politisches Signal, dass zum einen eine Migrantin aus den Reihen der Grünen diesen Antrag hier trägt und zum anderen für die SPD ein gebürtiger Bremer. Das ist, finde ich, auch ein Signal, man kann es jedenfalls so sehen.
Wir wollen die Integrationspolitik in Bremen voranbringen. Wir haben viel über Integration diskutiert. Wir sagen, Integration betrifft alle Politikbereiche, über die wir hier diskutieren. Sie fängt in den Kitas an, sie muss sich in den Schulen fortsetzen, selbstverständlich muss sie den öffentlichen Dienst erfassen. Sie betrifft die Beteiligung in den Beiräten genauso wie in den Deputationen, und sie betrifft die Einbürgerungsfrage wie auch den Umgang mit Menschen mit anderen Staatsangehörigkeiten im Bereich des Ausländeramtes. Auch das war schon Thema.
Ganz wichtig ist noch einmal der Satz, den Sie schon gesagt haben, Frau Mohammadzadeh: Integration ist keine Einbahnstraße. Dieser Satz wird allerdings mitunter auch von den vorsichtigen Skeptikern der Integrationspolitik benutzt, um sich zurückzulehnen und zu sagen: Da müssen doch die Migranten kommen und sich integrieren, und das betrifft uns doch gar nicht! So darf es natürlich nicht gesehen werden, sondern wenn wir sagen, es ist keine Einbahnstraße, heißt das, es müssen alle Beteiligten am gleichen Ergebnis interessiert sein, und in diesem Sinne wollen wir tätig werden.
Zu dem Änderungsantrag der Linken möchte ich sagen: Selbstverständlich ist Gegenstand dieses Antrages, dass die Konzeption im Rat für Integration behandelt werden soll. Das steht nicht im Wortlaut, aber das meinen wir so, das haben wir im Vorfeld auch schon bei der Erarbeitung dieses Antrages besprochen. Selbstverständlich ist es auch so, dass die Konzeption, die der Senat uns vorlegen wird, Gegenstand von Beratungen in dem Unterausschuss der Sozialdeputation sein wird, der sich ja mit Fragen von Migration und Integration beschäftigen soll. Dazu haben wir ihn ja eingerichtet, damit er sich damit befasst, und das wird er selbstverständlich auch tun.
Deshalb meinen wir auch, dass kein Grund dafür vorhanden ist, diesem Änderungsantrag zuzustimmen. Wir hatten zunächst überlegt, muss ich dazu sagen, dass wir diesen Änderungsantrag – um die Situation hier nicht eskalieren zu lassen, ist falsch, denn so streitig ist es ja nicht, aber um auch der Linkspartei die Zustimmung zu ermöglichen – als Material an die Sozialdeputation überweisen. Die Bürgerschaftsverwaltung meint, das sei geschäftsordnungsmäßig nicht möglich. Mich überzeugt das nicht so ganz,
aber ich finde auch: Wir sind nicht in der Lage, auf die Schnelle das gründlich zu überprüfen.
Wir werden deshalb diesem Änderungsantrag nicht zustimmen, und wenn man ihn sich einmal genauer anschaut: Es ist in der Tat alles sehr schnell gegangen. Der Dringlichkeitsantrag ist übrigens deshalb dringlich, weil der Senat ja nicht untätig ist, sondern der Senat arbeitet an einer neuen Konzeption, und wir wollten als Koalitionsfraktionen, dass unsere Überlegungen noch mit in diese Konzeption einfließen. Deshalb sollte das heute behandelt werden, das ist der Hintergrund.
Das, was die Linkspartei uns dazu als Änderung vorschlägt, geht entweder nicht oder es ist in dem Antrag enthalten. Wir sollen also Menschen mit ungesichertem Aufenthaltsstatus als eigenständige Zielgruppe angemessen berücksichtigen. Mir ist nicht ganz klar, worum es eigentlich in der Sache dabei gehen soll. Bei welcher Aufgabe sollen sie eigenständig und angemessen berücksichtigt werden?
Die zweite Forderung, dass weitere Schritte bei der interkulturellen Öffnung des öffentlichen Dienstes formuliert werden sollen, ist in unserem Antrag bereits enthalten, das müssen wir nicht gesondert beschließen. Was ich eben schon sagte: Es ist selbstverständlich, dass sowohl der Rat für Integration als auch der Unterausschuss der Sozialdeputation bei der Erarbeitung der Konzeption beteiligt werden. Das müssen wir dann nicht noch einmal zusätzlich beschließen.
Der letzte Absatz in dem Änderungsantrag bezieht sich auf finanzielle Fragen, und da sind wir der Meinung, sofern wir das auf die Schnelle innerhalb von
einer Viertelstunde beurteilen können: Es macht keinen Sinn, dass wir ausgerechnet für Fragen der Integration jetzt die finanziellen Entscheidungen vor die Klammer ziehen und schon vorab, bevor wir uns mit anderen Fragen des Haushaltes beschäftigen, hier Beschlüsse dazu fassen. Das ist unfair gegenüber den anderen Politikbereichen, und deshalb werden wir das nicht machen. Ich bitte Sie also um Zustimmung zu dem Antrag! Den Ergänzungsantrag lehnen wir ab. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist ja die Fortsetzung der Debatte, die wir heute Morgen schon hatten und die wir mit einer Beschlussfassung abgeschlossen haben. Ich kann nur aus unserer Sicht sagen: Wir sind sehr froh darüber, dass wir in Bremen nach wie vor in der Landesverfassung die Lern- und Lehrmittelfreiheit verankert haben.
Es gab immer wieder Vorschläge, das zu ändern. Das haben wir abgelehnt, das haben wir verhindern können. Wir wissen natürlich, dass das in der Praxis an manchen Stellen durchbrochen ist. Wenn man sich die Schulen anschaut und weiß, wie häufig Eltern gebeten werden, doch bestimmte Dinge zu kaufen, dann ist klar: In der Praxis sieht es etwas anders aus, aber es ist wichtig, das im Grundsatz beizubehalten, weil sonst die Dämme völlig brechen.
Natürlich ist der erste Schultag im Leben eines Kindes und auch für die Eltern ein ganz besonderer Tag. Ich wohne gegenüber einer Schule, ich habe also schon einen gewissen Eindruck, was dort so jedes Jahr stattfindet. Selbstverständlich ist es so, dass Kinder und Eltern sich gerade an diesem Tag keine besonderen finanziellen Sorgen machen sollten. Deshalb kann ich nur sagen, die Intention Ihres Antrages unterstützen wir, gar keine Frage. Ich sage aber auch: Wir haben eine ganze Reihe von Maßnahmen beschlossen oder auf den Weg gebracht, die die Verbesserung der Lebensverhältnisse gerade in Bezug auf Kinder im Fokus haben. Wir haben das gestern bereits diskutiert: Kinderbetreuung, Mittagessen, Sprachförderung, wir verbessern die Jugendhilfe! Das kostet alles viel Geld, das kostet Personal. Wir sind wirklich dabei, dass wir im Moment sagen müssen: Wir sehen nicht, wie wir zusätzliche Ausgaben in diesem Bereich noch finanzieren können.
Ich sage, wir tun alles, was wir können, was in bremischer Zuständigkeit liegt, um die Situation von Kindern zu verbessern. Aber das Problem, das hier angesprochen ist, hat eine ganz andere Dimension und bezieht sich auch nicht nur auf die Frage der Erstausstattung für die Schulanfänger, sondern es geht ja viel weiter. Seit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ist eben alles durch pauschale Leistungen abgegolten. Das, was früher als Hilfe in besonderen Lebenslagen gezahlt werden konnte, gibt es nicht mehr, sondern das beinhalten Pauschalen;
mit einer Ausnahme übrigens, und das betrifft mehrtägige Klassenfahrten. Die werden noch bezuschusst, da darf die BAgIS zahlen. Ansonsten gibt es keine gesetzliche Grundlage für weitere Leistungen.
Wir finden das unbefriedigend, und darauf muss uns nicht Die Linke bringen, sondern das haben wir vor vielen Monaten schon diskutiert. Wir wollen, dass das SGB an diesem Punkt geändert wird. Wir wollen, dass die gesetzliche Möglichkeit geschaffen wird, in besonderen Lebenslagen besondere Hilfen zu bewilligen. Aber das muss der Bund beschließen, das ist ein Bundesgesetz, um das es geht. Deshalb sind wir sehr froh darüber, dass das Sozialressort erklärt hat, es wolle eine Bundesinitiative mit dem Ziel, genau dies zu erreichen, auf den Weg bringen. Wir freuen uns darüber, dass Franz Müntefering diese Idee aufgegriffen hat und unsere Bundespolitiker da mitmachen werden. Das ist eine gute Sache.
Wir wissen natürlich auch, wir sind ja da sehr im Gespräch mit den Wohlfahrtsverbänden, dass die Wohlfahrtsverbände eine Erhöhung der Regelsätze um 20 Prozent fordern, auch das haben wir diskutiert. Wir wissen auch, dass die Wohlfahrtsverbände in der Frage der besonderen Leistungen für Kinder an unserer Seite sind. Da sind wir in richtig guter Gesellschaft. Natürlich haben wir versucht, dieses Thema schon – da gab es Sie hier noch nicht als Fraktion – hier im Parlament zur Debatte zu bringen. Das ist so nicht gelungen, weil wir damals in einer anderen Koalition gefangen waren. Wir haben einen Antrag entworfen gehabt, in dem genau dies gefordert wurde, nämlich kommunale Strategien gegen Kinderarmut und Änderungen des SGB auf Bundesebene. Das konnten wir damals nicht einbringen.
Noch zwei Sätze! Ganz interessant übrigens in diesem Zusammenhang ist die Reaktion unseres damaligen Koalitionspartners, dem wir ja unseren Antrag übersandt hatten. Der sozialpolitische Sprecher hat uns damals über die Presse erwidert: „Herrn Grotheer geht es mit seinem Antrag leider nicht um die Sache, sondern lediglich um Aufmerksamkeit. Das Einzige, was Sozialdemokraten seit Jahren beim Thema Armut einfällt, ist eine Neiddebatte verbunden mit der Forderung nach zusätzlichen staatlichen Leistungen. Das ist keine besonders nachhaltige Strategie.“ Das ist eine Presseerklärung der CDU, die ich Ihnen hier eben vorlesen durfte. Ich habe leider vergessen, das Präsidium um Erlaubnis zu fragen, aber ich denke, das ist so genehmigt. Das ist die Haltung gewesen, mit der wir uns auseinandersetzen mussten.
Wir sind jetzt in dieser Koalition in einer anderen Situation und werden uns natürlich nachdrücklich auf Bundesebene dafür einsetzen. Angesichts der besonderen Probleme, die wir mit unserem Haushalt haben, und angesichts des Verfahrens in Karlsruhe se
hen wir aber keine Möglichkeit, dem jetzt sofort zu entsprechen, aber das Thema steht weiterhin auf der Tagesordnung. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fand es ja sehr nett von dem Kollegen Rohmeyer, dass er hier diese vorbildliche Aktion der Sozialsenatorin lobend erwähnt hat. Ich finde, das gehört auch zu einem ordentlichen Umgang, dass man solche positiven Dinge auch einmal benennt.
Ich möchte zu dem Vorschlag, dass wir als Abgeordnete eine Petition unterschreiben, noch einen Satz sagen! Ich finde, das ist nicht unser Weg, sondern wir sind hier das bremische Landesparlament, und wir fassen hier Beschlüsse, aber wir richten an uns selbst keine Petitionen. Ich finde, das ist nicht das richtige Instrument.
Zum Gesamtzusammenhang eine kurze Bemerkung! Hartz IV ist damals nach einer breiten gesellschaftlichen Debatte im Bundestag und im Bundesrat mit den Stimmen aller Parteien beschlossen worden. Es gab also einen langen Prozess, es gab auch Zuständigkeitsfragen zwischen dem Bund und den Ländern, die Frage, wie die Verwaltung organisiert wird. Das alles ist dann entschieden worden, und man muss sagen, am Ende haben alle ihren Anteil an diesem Paket, das damals vom Bundestag beschlossen und vom Bundesrat genehmigt worden ist.
Das bedeutet, wer dort jetzt etwas ändern will, kann das nicht im Wege eines Alleingangs machen, sondern wir brauchen, wenn wir erkennen, dass es Regelungsbedarf in Bezug auf einmalige Leistungen gibt, einen breiten gesellschaftlichen Konsens, damit wir am Ende mit den Stimmen im Bundestag und über den Bundesrat eine Änderung hinbekommen können. In diesem Sinne bin ich ganz froh darüber, dass
wir zu diesem Tagesordnungspunkt hier eine sachliche Debatte führen konnten. – Schönen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dem Beschlussvorschlag des Rechtsausschusses komme ich noch am Ende meines Beitrags. Ich wollte damit beginnen und sagen: Dies ist ein historischer Tag für den Tierschutz in Bremen. Dies ist auch ein historischer Tag für den
Tierschutzverein und ein großer Erfolg für die Initiatoren des Bürgerantrags. Wir haben mit dieser Entscheidung, die wir hier heute treffen werden, bundesweit eine Pilotfunktion übernommen.
Wir werden heute hier einen Gesetzesbeschluss fassen, der bundesweit Beachtung finden wird.
Wir wissen, dass das, was wir heute hier beschließen, verfassungsrechtlich durchaus umstritten ist,
aber wir haben die Risiken abgewogen und uns für den Weg entschieden, den wir heute verabredet haben. Wir schließen mit unserem Beschluss heute eine lange, kontroverse Diskussion ab.
Ich möchte darauf verweisen, dass wir ja in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe, Herr Perschau, von Entwicklungen im Bereich der Verfassung und der einfachen Gesetze gehabt haben, die sich mit Fragen des Tierschutzes beschäftigt haben. Das Grundgesetz, die Landesverfassung, das Bremische Hochschulgesetz sind geändert worden. Tiere sind auch nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch keine Sachen mehr, sondern sie werden dort als Mitgeschöpfe bezeichnet. Auch wenn Sie den Kopf schütteln: In den vergangenen Jahren hat sich einiges bewegt.
Der Bürgerantrag, der von immerhin fast 15 000 Bremerinnen und Bremern unterschrieben ist, hatte den folgenden Wortlaut:
Das hätten Sie sich einmal früher überlegen sollen, Herr Perschau!
„Die Bürgerschaft (Landtag) möge die Einführung eines Klagerechts für Tierschutzvereine beschließen mit dem Ziel, Tiere im Land Bremen besser vor Verstößen gegen das Staatsziel Tierschutz im Grundgesetz und in der Bremischen Landesverfassung, das Tierschutzgesetz und nachgeordnete Rechtsvorschriften zu schützen.“ Das ist also der Ausgangspunkt für das
Verfahren gewesen, mit dem wir uns heute beschäftigen.
Wir hatten in der vergangenen Legislaturperiode eine Gesetzesinitiative der Grünen, die wir überwiesen hatten an den Rechtsausschuss, an die Baudeputation, an die Wissenschaftsdeputation, und wir haben uns in diesen Gremien mit dem Thema beschäftigt, allerdings dann am Ende ohne Ergebnis, weil es innerhalb der Großen Koalition dazu keine Verständigung gab, sodass diese Initiative der Diskontinuität zum Opfer gefallen ist, anders als der Bürgerantrag, der aufgrund einer besonderen Regelung uns heute hier wieder begegnet – man kann nur sagen, Gott sei Dank!
Wir als SPD haben schon in der letzten Legislaturperiode die Auffassung vertreten, dass die Einführung eines Verbandsklagerechts zwar nicht als Anfechtungsklage, aber als Feststellungsklage verfassungsrechtlich durch den Landesgesetzgeber zulässig ist. Das sieht übrigens auch der Justizsenator so, mit dem wir uns in dieser Frage selbstverständlich frühzeitig rückgekoppelt haben.
Herr Perschau, mitunter muss man sich auch in juristischen Fragen für die eine oder andere Auffassung entscheiden. Wir folgen als Parlamentsmehrheit hier der Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes der Bremischen Bürgerschaft nicht. Wie gesagt, der Justizsenator sieht das auch anders.
Herr Röwekamp, ich kann Ihnen gleich noch einmal etwas zu lesen geben! Auch der Wissenschaftliche Dienst des Landes Schleswig-Holstein teilt diese Auffassung nicht.
Herr Professor Dr. Caspar hat sich sehr eingehend mit den verfassungsrechtlichen Fragen beschäftigt und kommt zu dem Ergebnis, dass es durchaus eine landesrechtliche Kompetenz gibt, und auch oberste Bundesgerichte haben sich schon einmal mit diesen Fragen beschäftigt.
Ich möchte darauf verweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 1986 unter anderem Folgendes zu einer vergleichbaren Frage entschieden hat, es sagt dort: „Die rahmenrechtlichen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes,“ – auch da gibt es ja ein
Verbandsklagerecht – „insbesondere dessen Paragraf 29 Absatz 1 stehen der Einführung eines Verbandsklagerechts gleichfalls nicht entgegen. Die Vorbehaltsklausel des Paragrafen 42 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsordnung ermächtigt den Landesgesetzgeber ferner dazu, ein Klagerecht von Verbänden auch gegen solche Verwaltungsakte vorzusehen, die wie hier aufgrund eines bundesgesetzlich geregelten Verwaltungsverfahrens ergehen. Mit der Einführung einer Verbandsklage durch ein Landesgesetz ist deshalb weder ein Eingriff in bundesrechtlich geregelte Verwaltungsverfahren verbunden noch gar eine Erweiterung der sich nur auf Landesbehörden erstreckenden parlamentarischen Kontrolle.“
Das ist genau das, was auf unseren Fall hier Anwendung finden kann. Ich glaube also, wir stehen hier durchaus in sicheren juristischen Schuhen, auch wenn andere Juristen das anders beurteilen.
Allerdings meinen wir, dass wegen der Besonderheiten des Verwaltungsverfahrens, die im Bundestierschutzgesetz geregelt sind, eine Anfechtungsklage nicht zulässig ist, sodass wir eine Feststellungsklage beschließen wollen mit der Konsequenz, dass eben nicht in bereits erteilte Genehmigungen im Klagewege eingegriffen werden kann, sondern dass das Verwaltungsgericht einen deklaratorischen Ausspruch erlassen kann, wobei wir aber natürlich davon ausgehen – und so wird es sein –, dass Entscheidungen der Gerichte auf diesem Feld Konsequenzen für die Verwaltungspraxis haben werden.
Wir schließen uns mit unserer Entscheidung dem Bürgerantrag an und setzen ihn um. Wir sehen 2 Möglichkeiten, zum einen die landesrechtliche Einführung einer Verbandsklage und zum anderen die Initiative über den Bundesrat mit dem Ziel, das Bundestierschutzgesetz zu ändern. Ich sage Ihnen noch einmal: Wir nehmen den Bürgerantrag ernst, und wir setzen ihn um. Wir tun das, was wir können in dieser Frage.
Es hat bei uns vorhin eine kleine Irritation gegeben, weil wir noch einmal im Internet kontrolliert haben, was denn eigentlich unter der heutigen Tagesordnung der Bürgerschaft als Drucksache veröffentlicht ist, und da sind wir auf ein ganz erstaunliches Phänomen gestoßen. Wir haben ja eine ganz moderne Parlamentsverwaltung. Unsere Drucksachen sind im Internet verfügbar. Leider, leider, ausgerechnet in dieser Frage hat es einen kleinen Fehler gegeben: Im Internet ist unter diesem Tagesordnungspunkt, den wir jetzt diskutieren, das veröffentlicht, was auch Herr
Möllenstädt eben fälschlicherweise – muss ich sagen, ich muss ihn da korrigieren – hier vorgetragen hat.
Der Rechtsausschuss hat nicht beschlossen, den Bürgerantrag abzulehnen, sondern im Gegenteil: Der Rechtsausschuss hat erstens beschlossen, das Gesetz zur Einführung eines Verbandsklagerechts im Land Bremen zu beschließen, zweitens den Senat zu bitten, eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen, drittens den Bericht des Rechtsausschusses zur Kenntnis zu nehmen, und das, was hier viertens verlesen wurde, nämlich den Bürgerantrag abzulehnen, das hat der Rechtsausschuss nicht beschlossen, sondern das ist Gegenstand einer Vorversion des Beschlusses.
Das Original, das Herr Möllenstädt unterschrieben hat, enthält unter dem Beschlussvorschlag 3 Ziffern, nämlich erstens
das bremische Gesetz, zweitens die Bundesratsinitiative und drittens die Kenntnisnahme. Das kann also passieren, die Tücken der Technik sind allgegenwärtig, aber ich denke, wir werden politisch damit fertig. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!
Herr Möllenstädt, ich kann Ihnen das persönlich gar nicht übel nehmen, weil ich zugebe, dass ich einen kleinen Moment doch sehr irritiert war, als ich das gelesen habe, und ich mich auch erst vergewissern musste, wie denn das Original aussieht, aber ich denke, das kann passieren. Wie gesagt, die Tücken der Technik sind allgegenwärtig! Man muss sich darauf einstellen, dass man mit ihnen fertig wird! – Schönen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass ich mich kurz fassen sollte, weil wir hier auf diesem Themenfeld, glaube ich, im Parlament eine große Einigkeit haben. Das war in der Vergangenheit auch schon so, als wir über die Einrichtung der Funktion eines Landesbehindertenbeauftragten entschieden, und es war auch bei der Verabschiedung des Gesetzes
so, über dessen Vollzug in den letzten Jahren der Senat berichtet hat und was heute Gegenstand unserer Debatte ist.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass die Entscheidung für die Einrichtung der Funktion eines Landesbehindertenbeauftragten nach längerer und meines Erachtens auch sehr mühsamer Debatte zustande gekommen ist, wie gesagt, in großem Einvernehmen. Im Vorfeld gab es aber immer die Frage: Was kostet das? Man war sich darüber einig, dass es kommen sollte, aber es wurde auch die Frage gestellt: Was wird das kosten, welche Konsequenzen ergeben sich daraus, wo soll diese Funktion verwaltungsmäßig angebunden werden?
Es wurde auch über die Frage diskutiert, ob nicht möglicherweise auch ein parlamentarischer Beauftragter installiert werden sollte. Wir haben uns damals dafür entschieden, dass wir einen Behindertenbeauftragten bestimmen und die verwaltungsmäßige Anbindung beim Präsidenten der Bürgerschaft erfolgen sollte. Ich meine, wir können heute eigentlich alle nur sagen: Das war eine richtige Entscheidung, diese Konstruktion hat sich bewährt.
Ich finde auch, ich will keine weiteren Worte groß darum machen, dass Herr Dr. Steinbrück uns eine beeindruckende Bilanz seiner Tätigkeit vorgelegt und auch vorgetragen hat.
Er hat sich mit vielen Einzelfällen beschäftigt. Ich gehöre übrigens auch zu denen, die schon einmal jemanden, der eine Frage hatte, die ich nicht beantworten konnte, was ja durchaus vorkommt, an ihn verwiesen haben.
Das habe ich ihm nicht erzählt, ich habe dann aber später eine Rückmeldung bekommen, und die Person, um die es geht, war sehr zufrieden damit, wie dieses Problem dort behandelt wurde. Ich kann also sagen: Auch das ist ja eine positive Meldung!
Herr Dr. Steinbrück hat sich sehr intensiv mit den Fragen der Barrierefreiheit, mit den Fragen insbesondere des öffentlichen Personennahverkehrs, mit den Kindertagesstätten, Stichwort Schwerpunkteinrichtungen, beschäftigt. Er ist nicht immer zufrieden mit dem, was der Senat beschließt, das liegt, finde ich, in der Natur der Sache, weil natürlich im Bereich der Behindertenpolitik sehr viel weiter gehende Forderungen gestellt werden können und müssen, als wir immer sofort auch finanziell darstellen können. Man muss sich aber schon klarmachen, dass es in
diesem Bereich eben ganz besonders wichtig ist, dass auch das notwendige Geld zur Verfügung gestellt wird. Geld ist nicht alles, auch in diesem Bereich, aber ohne Geld geht dann nur sehr wenig.
Was nichts „kostet“, sind die Stellungnahmen von Herrn Dr. Steinbrück zu Gesetzen und Verordnungsentwürfen, er hat hier also einen wichtigen Beitrag geleistet in der Weiterentwicklung des bremischen Rechts. Auch dafür herzlichen Dank!
Er hat sich auch zu dem besonders für uns schwierigen Thema des Sonderfahrdienstes für Menschen mit Behinderungen geäußert. In diesem Zusammenhang kann ich nur sagen: Ich bin sehr froh darüber, dass wir in der Sozialdeputation vor wenigen Tagen die Neuregelung zur Kenntnis genommen haben, die ja dahin geht, dass eine ursprünglich einmal bestehende Gutscheinregelung mit leichten Abwandlungen wieder eingeführt worden ist. Jetzt können behinderte Menschen wieder pro Quartal 26 Gutscheine für Fahrten bekommen und können dann mit dem Taxi ihre Freundschaften und soziale Kontakte pflegen. Das ist eine gute Entscheidung.
In diesem Zusammenhang gab es auch großes Einvernehmen in der Deputation. Sehr gut! Da gab es überhaupt keinen Dissens. Dieser Fall hat aber auch deutlich gemacht, dass wir eben nicht als Landes- oder Kommunalparlament befugt sind, Entscheidungen des Bundesgesetzgebers in negativer Weise zu korrigieren.
Das ist also ein Feld, auf dem sich Herr Dr. Steinbrück auch sehr um die Interessen der behinderten Menschen verdient gemacht hat. Wie gesagt, die Konstruktion hat sich bewährt. Sie ist in vielfacher Hinsicht eine wichtige Unterstützung für Menschen, die Hilfe benötigen, und ich möchte mich persönlich und für meine Fraktion bei Herrn Dr. Steinbrück für seine Tätigkeit bedanken. Er ist sehr beharrlich, aber er verfolgt seine Ziele mit Augenmaß – das ist nicht selbstverständlich –, und diese Kombination ist gut so.
Die Verbände sehen seine Arbeit ebenfalls positiv, und ich denke, wir werden sicherlich noch zu den Einzelfragen des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes kommen müssen. Wir werden diesen Bericht, den der Senat uns vorgelegt hat, noch im Einzelnen durcharbeiten müssen, das ist auch eine Aufgabe für die Sozialdeputation, und wir werden überlegen müssen, in welcher Weise wir hier im Parlament eine Novellierung des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes in seiner Gesamtheit anlegen.
Das ist eine große Aufgabe, die wir nicht sofort erledigen können, sondern dies braucht viel Vorarbeit. Das ist eine Aufgabe, die innerhalb dieser Legislaturperiode noch auf uns wartet. Es ist deutlich, dass es Handlungsbedarf gibt. Wir werden also schauen müssen, wie die Regelungen in den anderen Bundesländern aussehen, was sich in Bremen bewährt hat und was wir von den anderen Ländern übernehmen können.
Eines ist heute jedoch schon völlig klar: Was wir brauchen, ist eine gesetzliche Grundlage für die Arbeit des Landesbehindertenbeauftragen, denn seine Arbeitsgrundlage endet am 31. Dezember dieses Jahres. Seine Arbeitsgrundlage ist ein Parlamentsbeschluss, es gibt noch kein Gesetz, und deshalb schlagen wir vor, den Senat zu bitten, uns für die nächste Sitzung einen Vorschlag zur Novellierung des bremischen Gesetzes vorzulegen, der sich mit dieser Frage beschäftigt, weil wir das vor die Klammer ziehen wollen, und das soll möglichst bald geschehen. Wenn uns der Vorschlag im November vorliegt, hätten wir dann die Möglichkeit, zwischen der ersten und zweiten Lesung damit noch einmal in die Sozialdeputation zu gehen oder das Thema im Rechtsausschuss zu behandeln und dann auch noch einmal mit den Verbänden über die Frage zu sprechen, wie es in Bremen auf diesem Feld weitergehen soll. Dann könnte das Gesetz im Dezember entsprechend geändert werden, das sind unsere Vorstellungen. Wir sind erfreut darüber, dass die CDU dies mitmachen wird, ich denke, wir haben da eine große Einigkeit, und das ist gut so.
Wir schlagen Ihnen auch vor, dass wir heute den Senat auffordern, sich dafür einzusetzen, dass die Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen möglichst bald ratifiziert wird. Auch das ist eine wichtige Maßnahme, die deutlich macht, dass das bremische Parlament in der Behindertenpolitik eine fortschrittliche Linie verfolgt. Diese Konvention ist von der Bundesregierung unterschrieben worden, es ist also nichts Unbekanntes, sondern das Ganze hat einen erheblichen politischen Vorlauf gehabt. Niemand muss befürchten, dass mit der Ratifizierung einer solchen Konvention nun völlig neue Aufgaben oder Ausgaben auf das Land Bremen zukommen.
Es gibt einen ganz kleinen Vorbehalt, über den wir intern gesprochen haben, den will ich Ihnen nicht vorenthalten. Wir wissen davon, dass im Moment noch keine amtliche deutsche Übersetzung dieser Konvention vorliegt. Es gibt eine Arbeitsübersetzung, demnach gibt es mit der Ratifizierung dieser Konvention überhaupt kein Problem. Es wird an der amtlichen Übersetzung gearbeitet. Man kann vielleicht damit rechnen, dass es in dem einen oder anderen Punkt noch eine kleine Akzentverschiebung geben könn
te, aber insgesamt sagen wir, es ist ein Fortschritt, dass es diese Konvention gibt, und es wäre auch ein behindertenpolitischer Fortschritt, wenn die Bremische Bürgerschaft diesen Beschluss heute möglichst mit großer Mehrheit fasst. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin etwas überrascht über die Schärfe, mit der dieses Thema jetzt hier angegangen wird.
Zwischendurch, Herr Bartels, war ich mir nicht sicher, ob Sie nicht eigentlich die Einsetzung eines neuen Untersuchungsausschusses hier begründen wollten. Das finde ich etwas überraschend, weil wir einen Untersuchungsausschuss hatten, der sehr konstruktiv diese schwierigen Fragen geklärt hat, der sehr viel Lob für seine Arbeit erfahren hat und zu dem wir gemeinsam verabredet hatten – damals auch noch in einer gemeinsamen Koalition –, dass wir die Probleme abarbeiten wollen, und das werden wir tun. Dazu brauchen wir aber nicht diesen neuen Ausschuss.
Kinder und Jugendliche, haben wir gesagt, stehen im Fokus der Politik der rot-grünen Koalition in Bremen, und wir haben übrigens, Herr Bartels, in vielen Punkten mit Ihrer Zustimmung in der Sozialdeputation bereits eine ganze Reihe von Punkten beschlossen, die zu einer Verbesserung im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik führen sollen. Wir sagen: Verbesserung bei der Kinderbetreuung in den Tageseinrichtungen, sechsstündiger Rechtsanspruch auf Betreuung in den Einrichtungen, kostenloses Mittagessen für Kinder armer Eltern in den Kindertageseinrichtungen.
Wir haben zahlreiche Verbesserungen im Bereich der Jugendhilfe beschlossen: Stellen beim Amt für Soziale Dienste, Verbesserung der Arbeit der Amtsvormundschaft. Wir haben ein Notruftelefon eingerichtet, die Erziehungsberatung verbessert, also alles Dinge, die Ausfluss der Ergebnisse dieses Untersuchungsausschusses sind. Das haben Sie politisch in der Deputation mitgetragen, und dies sind übrigens alles Dinge, und da bitte ich übrigens noch einmal hinzuhören, Herr Bartels, die natürlich nicht zum Nulltarif zu haben sind, sondern das kostet alles Geld.
Ich habe es sehr begrüßt, dass Sie das mitgemacht haben. Dass Sie jetzt hier den Eindruck erwecken, das sei alles nur eine Folge von einer Fehlorganisation in den Ämtern, das finde ich überhaupt nicht in Ordnung.
Nun haben Sie in Ihrem Antrag sogar das Thema des parlamentarischen Untersuchungsausschusses angesprochen. Man kann in der Tat den Eindruck gewinnen, Sie wollten die Tätigkeit dieses Ausschusses verlängern. Ich will Ihnen nur sagen: Die Sozialdeputation hat sich konstituiert, sie hat ihre Arbeit aufgenommen, es haben die ersten beiden Sitzungen stattgefunden. Der von Ihnen eben mit dem Stichwort „Murks“ erwähnte Jugendhilfeausschuss hat übrigens eine gesetzliche Grundlage, die darf ich Ihnen vorlesen, damit Sie sich in diesem schwierigen Feld vielleicht besser zurechtfinden. Da steht in Paragraf 70 des SGB VIII: „Die Aufgaben des Jugendamtes werden durch den Jugendhilfeausschuss und durch die Verwaltung des Jugendamts wahrgenommen.“
In Paragraf 71: „Dem Jugendhilfeausschuss gehören als stimmberechtigte Mitglieder an“ – Ihre Zwischenrufe machen es nicht besser! – „mit drei Fünfteln des Anteils der Stimmen Mitglieder der Vertretungskörperschaft des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe oder von ihr gewählte Frauen und Männer, die in der Jugendhilfe erfahren sind“, und so weiter. Dies ist also ein Gremium, das seine gesetzliche Grundlage im SGB hat, und ich finde auch, dass dieses Gremium eine gute Arbeit leistet,
und zwar insbesondere deshalb, weil dort die Verbände vertreten sind und wir in diesen Sitzungen sehr viel Sachkunde versammelt haben. Sie können es vielleicht noch einmal richtigstellen, Herr Bartels, ich finde, das Wort „Murks“ gehört in diesem Zusammenhang überhaupt nicht hinein. Vielleicht habe ich da etwas missverstanden, aber es hat mich jedenfalls sehr aufhorchen lassen. Es gibt die Sozialdeputation, den Jugendhilfeausschuss, die Bildungsdeputation ist für einen Teil zuständig, es gibt den Betriebsausschuss KiTa, der sich auch mit einigen Fragen beschäftigt, es gibt einige Stiftungen, die sich mit Kinder- und Jugendpolitik in Bremen beschäftigen, die Bürgerschaft selbst ist zuständig, und es gibt auch viel Befassung mit Jugend
politik in den Beiräten. Das ist eine ganze Palette. Wir nehmen dieses Thema auf allen Ebenen sehr ernst.
Was ich gut finde an Ihrem Antrag, ist die Überlegung, dass man dieses Politikfeld ressortübergreifend betrachten muss, das ist auf jeden Fall ein guter Ansatz. Was machen Sie denn davon aber in der Praxis? Wir hatten Ihnen in der letzten Periode einen Antrag vorgelegt, der sich mit dem Thema Kinderarmut und mit kommunalpolitischen Strategien dagegen beschäftigte. Da ging es genau um diesen ressortübergreifenden Ansatz, mit dem wir gesagt haben, hier müssen die Kräfte und Kompetenzen gebündelt werden. Das haben Sie abgelehnt, das wollten Sie nicht. Also, wie ernst ist es Ihnen wirklich?
Dann darf ich Ihnen zu guter Letzt vielleicht noch mit Erlaubnis der Präsidentin ein kleines Zitat aus der „taz“ vom 2. März 2005 unter der Überschrift „Riesenbrocken Sozialausgaben“ präsentieren. Dort heißt es: „CDU will Befreiungsschlag, SPD hält dagegen! Wenn wir in diesem Bereich nicht einen Befreiungsschlag machen, haben wir keine Chance, den ausgeglichenen Primärhaushalt zu erreichen, sagt CDUChef Bernd Neumann über die Sozialausgaben. Ihm schwebt ein Kürzungsvolumen von circa 45 Millionen Euro vor, das wären 8 Prozent des Gesamthaushalts.“ Ich finde, dies ist eine ganz spannende Aussage gerade vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir immer wieder in diesem Politikfeld darauf stoßen, dass die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben Geld kostet.
Also, meine herzliche Bitte, dass Sie konstruktiv weiter in der Sozialdeputation und in den anderen Gremien mitmachen, mitarbeiten! Wir werden Ihren Antrag ablehnen, weil er aus unserer Sicht nur die Funktion hat, hier eine bestimmte Show für die Öffentlichkeit zu machen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Kollege Bartels hat eben damit argumentiert, dass für den Krankenhausbereich von der SPD ein Vorschlag komme, einen parlamentarischen Ausschuss einzusetzen. Dieser Verweis ist irreführend, denn der Ausschuss geht zurück auf eine Empfehlung des Untersuchungsausschusses „Klinikverbund“. Wir haben dort gemeinsam mit Ihren Kollegen erarbeitet, dass dies ein vernünftiger Weg wäre,
im Krankenhausbereich eine parlamentarische Kontrolle zu organisieren. Das Argument ist falsch!
Ich bin ein bisschen überrascht über die Art und Weise, in der hier versucht wird, Spuren zu verwischen. Ich kann Ihnen gern noch mehrere andere Zitate nennen, wenn ich dazu die Erlaubnis des Präsidiums bekomme, wovon ich ausgehe, hinsichtlich der Frage, in welchen Bereichen die politischen Schwerpunkte damals gesetzt worden sind.
Herr Kastendiek hat zum Beispiel in einer Pressemitteilung am 17. März 2004 gesagt – auch nicht uninteressant –: „Die CDU hat in der Vergangenheit bereits zahlreiche Kürzungsvorschläge gemacht, auch wenn sie für das Sozialressort gar nicht zuständig ist. Wenn die SPD diese abschmettert und anschließend in die Kasse der anderen Ressorts greifen will, ist das nicht seriös!
Angesichts der schlechten Finanzlage Bremens müssen die Genossen endlich ihre Tabus aufgeben“. Das war das Niveau, auf der die öffentliche Auseinandersetzung stattgefunden hat, und offenbar, wie den Beiträgen von Herrn Bartels zu entnehmen, ist es das Niveau, auf dem die Diskussion weiter geführt werden soll.
Ich bitte noch einmal darum, nehmen Sie zur Kenntnis, dass eine gute Sozialpolitik, die Sie ja wollen, auch eine vernünftige finanzielle Ausstattung braucht! Wir wissen alle, natürlich wachsen die Bäume nicht in den Himmel, aber wir müssen doch gemeinsam schauen, wie wir innerhalb der finanziellen Möglichkeiten Bremens dort eine solide Grundlage organisieren.
Ich will noch einmal auf Sie, Herr Bartels, zurückkommen, denn ich habe eben erwartet, dass Sie den Begriff „Murks“, den Sie hier im Zusammenhang mit dem Jugendhilfeausschuss verwandt haben, noch einmal erläutern. Sie haben gesagt, soweit ich es verstanden habe: „Und dann tagt da noch der Jugendhilfeausschuss, und dann kommt da irgendein ,Murks’ heraus.“
Dieser Ausschuss setzt sich, wie gesagt, auf der gesetzlichen Grundlage des SGB auch aus Vertretern
der Verbände der freien Wohlfahrt zusammen. Die Vorlage liegt Ihnen für die heutige Sitzung übrigens vor. Ich darf noch einmal darauf verweisen, wer dort alles Mitglied werden soll – nicht mit Namen –: ein Vertreter des Diakonischen Werks, ein Vertreter von Caritas, vom Deutsche Rote Kreuz Bremen und Bremerhaven, der AWO Bremen, Bremerhaven, der Bremer Sportjugend und noch einige andere mehr. Denen müssen Sie erklären, weshalb Sie die Ergebnisse ihrer Arbeit als „Murks“ betrachten. – Danke schön!