Aloys Lenz (Hanau)
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Ich frage die Landesregierung:
Treffen die Informationen zu, dass der frühere Bundesgeschäftsführer der Deutschen Friedens-Union in den Achtzigerjahren jährlich über 3 Millionen DM für die Propagandatätigkeit seiner Organisation und für seine Geschäftsführertätigkeit vonseiten der DDR-Regierung erhalten hat?
Ich frage weiter:Teilt die Landesregierung meine Schlussfolgerung, dass der frühere Geschäftsführer der DFU somit auch Gelder erhalten hat,die sich das Unrechtsregime der DDR zuvor durch Freikauf von willkürlich verhafteten Regimegegnern durch die Bundesrepublik verschafft hat?
Ich frage weiter: Teilt die Landesregierung auch meine weitere Schlussfolgerung, dass die Propagandatätigkeit der Deutschen Friedens-Union sozusagen auf Kosten Tausender von DDR-Gefangenen finanziert wurde?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es reizt mich, ausschließlich auf den vorliegenden Dringlichen Antrag der LINKEN einzugehen. Herr van Ooyen, mit Ihrer Rede haben Sie erfrischend Ihre antidemokratische und antieuropäische Position entlarvt.
Bisweilen hilft ein Blick in die Geschichte. Im November 1932 organisierten Kommunisten und Nazis gemeinsam gegen die Gewerkschaften einen illegalen Streik der Berliner Verkehrsbetriebe.Walter Ulbricht und Joseph Goebbels waren damals die beiden Organisatoren, die Schulter an Schulter mit ihren Anhängern versuchten, die verhasste bürgerliche Regierung in die Knie zu zwingen. Ihr gemeinsames Ziel war es, mit diesem Streik die Weimarer Republik zu zerstören, die sie tragenden demokratischen Parteien zu diskreditieren und jeweils ihrer politischen Couleur eine Diktatur zu errichten:
Les extrêmes se touchent.
Der Streik blieb zwar erfolglos, aber wenige Monate später gelang es der extremen Rechten, ihr Ziel zu erreichen. Was daraus wurde, bleibt bis heute das Trauma unserer Geschichte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, DIE LINKE fordert mit ihrem Antrag, den von allen demokratischen Mitgliedstaaten der EU ausgearbeiteten Vertrag von Lissabon kategorisch abzulehnen und damit die Zukunft Europas sowie dessen Entwicklungschancen aufs Spiel zu setzen.Dabei wird mit Diffamierungen nicht gespart. Es ist teilweise schon gesagt worden – ich zitiere –, dass Europa als „tödliche Festung“ bezeichnet wird.
Die Politik der EU sei auf „Militärinterventionen“ ausgerichtet,und „im Inneren“ herrsche „Militarisierung“.Dies ist eine historische Verfälschung.
Das sagen ausgerechnet Sie, deren Partei sich aus der Mitte der SED entwickelt hat. Was geschah denn im August des Jahres 1968? Es war die Nationale Volksarmee des SED-Staates DDR, die mit ihren bewaffneten Soldaten und mit ihren Panzern in die CSSR einmarschierte und gemeinsam mit dem Bruderland Sowjetunion die im
Aufbruch befindliche demokratische Entwicklung niederwalzte.
Sie sind – das haben wir heute festgestellt – mit Ihrem Antrag hier im Parlament isoliert. Stehen Sie damit aber allein? Ich zitiere im Folgenden aus dem Wahlprogramm einer anderen Partei: „Die Europäische Union ist keine Institution, die den Völkern Europas dient. Sie ist vielmehr eine Institution zur Durchsetzung der Interessen des Kapitals und zur persönlichen Bereicherung ihrer Entscheidungsträger. Im Zentrum der Politik der EU steht die Durchsetzung der Globalisierungsideologie, von der lediglich Großkapitalisten profitieren.“ Dies ist ein wörtliches Zitat aus dem Europa-Programm der NPD.
Sie haben mit Ihrer Rede von „neoliberalem Dogma“ und fehlender Sozialstaatlichkeit auch wiederum den Punkt getroffen. Ich zitiere weiter aus dem Programm der NPD: „In ihrer Funktion als Durchsetzer neoliberaler Interessen verstößt die EU klar gegen das Stabilitätsgebot des Sozialprinzips...“ Da sage ich wiederum:„Les extrêmes se touchent.“
Meine Damen und Herren, auch die NPD im Sächsischen Landtag hat einen Antrag mit dem Betreff „EU-Reform verhindern“ vorgelegt. So viel zur NPD im Sächsischen Landtag. Meine Damen und Herren von den LINKEN, Sie haben gegen Europa wirklich würdige Bündnispartner.
Sie schreiten Seit’ an Seit’ mit der NPD gegen ein Europa, das für alle demokratischen Parteien unserer Republik die Zukunft unseres Kontinents verkörpert, ohne das wir in überholtem nationalstaatlichem Denken verharren würden. Eine solche überholte – wie Frau Hammann richtig formuliert hat – rückwärtsgewandte Politik umschreibt man schlichtweg mit dem Fremdwort „reaktionär“.
Dass Sie als Antieuropäer von überholten Zuständen der Vergangenheit träumen und aktuelle Entwicklungen verleugnen, belegt ein Ereignis der vergangenen Woche. In einer Anzeige der „Frankfurter Rundschau“ vom 5. Mai dieses Jahres feiert Ihre Fraktion in einer Unterschriftenaktion den 190. Geburtstag von Karl Marx. Sie preisen dort wortwörtlich dessen Ideen als „zukunftsweisend“.
Ich zitiere: „Eine Alternative sehen wir in dem Sozialismus, für den Marx die hinreißende Formulierung gefunden hat: ,An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation’“.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.
Sie haben lediglich die Bezeichnung von Karl Marx für diese Assoziation weggelassen, er bezeichnet sie nämlich selbst als Kommunismus, als kommunistischen Endzustand.
Meine Damen und Herren, dass der reale Sozialismus, der in der Sowjetunion schon den Status des Kommunismus erreicht hatte und der auf die Lehren von Karl Marx zurückgeht, tatsächlich zusammengebrochen und gescheitert ist, das ist bei Ihnen anscheinend noch nicht angekommen. Sie sind nicht nur populistische Antieuropäer, sondern im Geiste marschieren Sie immer noch in den Reihen der Kommunistischen Internationalen, und Sie schwärmen vom Endzustand der marxschen kommunistischen Utopie.
Salopp nennt man das „politische Leichenfledderei“, wenn man ein untergegangenes System als zukunftswürdig preist. Oder, um es noch einmal abschließend und etwas gehobener zu formulieren: Sie sind nichts anderes als die letzten Reaktionäre. – Vielen Dank.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Danke, Herr Lenz. – Herr Al-Wazir, Sie haben das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Redezeit beträgt noch sieben Minuten.