Torsten Warnecke

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Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund dessen, was wir heute Morgen hier erlebt haben, habe ich eigentlich gedacht, dass es eine spannungsgeladene Diskussion geben würde. Es geht nämlich auch um die Infrastruktur. Es geht um eine Infrastruktur, die in Nordhessen nicht ganz unwichtig ist. Es stellt sich die Frage, ob im Werra-Meißner-Kreis, um einmal den Herrn geschäftsführenden Ministerpräsidenten zu zitieren, „Strommonster“ – denn um nichts anderes handelt es sich aus seiner Sicht – in die Landschaft gesetzt werden oder nicht.
Ich vermute, dass die Diskussion anders verlaufen wäre, hätten wir sie beispielsweise in Südhessen geführt. Es gibt einen konkreten Anlass. Zwischen Wahle und MecklarMeckbach soll eine Hochspannungsleitung verlegt werden. Die Diskussion wäre anders verlaufen, weil Sie selbstverständlich gesagt hätten: Die vielen Bürgerinnen und Bürger, die besorgt sind und intervenieren, müssen ernst genommen werden. Dem Anliegen der Bürgerinnen und Bürger muss man Rechnung tragen.
Wenn Sie ein bisschen kombinieren – Herr Posch hat heute sehr engagiert und lautstark vorgetragen –, müsste Ihnen eigentlich klar werden, dass es offensichtlich unterschiedliche Beurteilungsmaßstäbe gibt. Das mag allerdings auch damit zu tun haben, dass die Landesregierung bereit ist, in gewissen Regionen Abstriche bei dem zu machen, was zu tun ist und was für andere Regionen gelten soll.
Beispielsweise hat es seitens des Bundesumweltministeriums eine klare Aussage gegeben – ich weiß, dass es da zu einem Streit mit dem geschäftsführenden Wirtschaftsminister gekommen ist –, dass man das machen kann, wenn im Planfeststellungsverfahren festgestellt wird, dass es ein öffentliches Interesse an der Erdverkabelung gibt. Das war im September letzten Jahres, also vor der Landtagswahl.
Jetzt stellt sich die Frage nach der Abwägung. Warum ergreift der Wirtschaftsminister nicht die Chance und sagt: „Jawohl, dann machen wir das“, wobei das politische Risiko beim Bund liegt? Der Bund hat schließlich diese Aussage gemacht.
Nein, das ist kein Rechtsverständnis, das ist ganz einfach eine Argumentation.
Ich wusste gar nicht, dass Sie von dieser Bank dazwischenrufen können.
Bitte? – Lassen Sie ihn einfach nur. Dann steht es im Protokoll, falls Sie es nicht gehört haben.
Vor dem Hintergrund steht die Frage im Raum, ob man sich dann – da es nicht geschehen ist – mit dem Bundesumweltministerium politisch auseinandersetzt.
Dabei darf ich eine im Grunde genommen positive Nachricht verkünden: Offensichtlich ist es so, dass es vier Modellprojekte geben wird. Genau die Strecke, um die es eigentlich geht und die in der Diskussion steht, nämlich von Wahle bis Mecklar-Meckbach, ist vom Bundesumweltministerium als – ich darf das zitieren – „Pilotprojekt für eine Erdverkabelung“ vorgesehen.
Wenn Sie es gelesen haben, wissen Sie ja Bescheid. – Es scheint also möglich zu sein.
Die Frage ist, welche Anstrengungen dort unternommen wurden. Vor dem Hintergrund, dass die Anstrengungen offensichtlich nicht sehr groß sind, muss doch die Frage gestellt werden, wie das, was Sie vorhin formuliert haben, aufzufassen ist. Sie haben gesagt – das haben Sie gerade in der Rede geäußert; ich darf das zitieren –, die Wirtschaftspolitik sei „wirtschaftsfeindlichen Maßnahmen unterlegen“. Rot-Grün agiere also mit wirtschaftsfeindlichen Maßnahmen.
Wir können nicht erkennen, warum eine Erdverkabelung in der Region, um die es gerade geht, wirtschaftsfeindlich sein soll. Im Gegenteil, das, was Frau Hammann hier zu Recht genannt hat, kann nicht von der Hand gewiesen werden. Es kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass Hochspannungsleitungen, die auf Masten stehen, zusätzlichen Gefahren – auch durch den Klimawandel – ausgesetzt sind. Wenn wir diese Hochspannungsleitungen überhaupt noch brauchen – wir brauchen sie zweifelsohne –, so hat das etwas damit zu tun, dass unterschiedliche Energieproduktionszentren die entsprechenden Stromnachfragen ausgleichen müssen.
Nebenbei: Die Verkabelung ist nicht allein den ideologischen Vorbehalten geschuldet, die Sie gegen den Bau von Windenergieanlagen haben, sondern der Bau dieser Leitung ist auch der Tatsache geschuldet, dass in MecklarMeckbach ein Gas-und-Dampf-Turbinenkraftwerk mit einer Feuerungswärmeleistung von 1.920 MW geplant ist. Da dieses Kraftwerk insbesondere zur Abdeckung von Spitzen gebaut wird, ist es völlig logisch, dass es auf ein Höchstspannungsleitungsnetzwerk angewiesen sein wird, durch das die Strommengen, die dort produziert werden, auf den Markt gebracht werden.
Vor dem Hintergrund wundert es uns schon, dass Sie Vorbehalte, die in der Bevölkerung zweifellos vorhanden sind und die auch begründet sind, nicht beachten. Die Strah
lenschutzkommission hat angemerkt,dass es in der Tat ein Risiko für bestimmte Personengruppen gibt.
Doch, sie haben das dezidiert geschrieben. Lassen Sie mich den Satz zu Ende sagen. – Sie haben geschrieben, dass beispielsweise Personen, die keine modernen Herzschrittmacher haben, wenig Probleme damit haben. Herzschrittmacher mit einer moderneren Konstruktion, die nur partiell einsetzen, können durch solche Höchstspannungsleitungen in der Tat irritiert werden, sodass daraus Risiken erwachsen.
Darüber hinaus hat die Strahlenschutzkommission angemerkt, dass die Frage nach dem Auftreten von Leukämie – das ist ein insbesondere die Eltern aufregendes Thema – noch nicht endgültig geklärt ist. Es gebe dort ein Risiko, das aber noch nicht abschließend beurteilt worden ist.
Vor dem Hintergrund können wir eigentlich nur anregen, im Rahmen eines Modellprojekts eine Infrastruktur in Nordhessen zu schaffen, auf die Nordhessen stolz sein kann und von der Sie dann sagen können – wahrscheinlich nicht mehr in Regierungsverantwortung, sondern von den Oppositionsbänken aus –: Das war eine gute Entscheidung, die wir gemeinsam getroffen haben.
Ich bitte Sie, unseren Antrag und den Gesetzentwurf der GRÜNEN zu unterstützen, ihn an den Ausschuss zu überweisen und ein bisschen darüber nachzudenken, ob sich, wenn wir über Infrastruktur reden, das Wort „Infrastruktur“ nur auf Straßen bezieht und nicht vielleicht auch auf Autobahnen im übertragenen Sinn – vielleicht sogar auf Stromautobahnen. – Danke schön.