Ulrich Karpen
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Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorgänge der letzten Wochen läuteten das unrühmliche Ende der Justizsenatorin ein,
und deswegen hat sie auch wohl kein Interesse an dieser Debatte.
Was ist geschehen? 200 Richter am Landgericht, 97 Prozent der Richter, rügten die zunehmenden negativen Folgen des Sparprogrammes. Der Präsident des Amtsgerichts hat sich angeschlossen, ebenso die Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts. Der Präsident der Rechtsanwaltskammer hat gesagt, Stellen sind nicht alles, aber ohne Stelle ist alles nichts. Und die Generalstaatsanwältin sagte, wir brauchen dringend Hilfe. Das kommt einem Aufstand der Justiz gleich. Dieser ist berechtigt. Bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten haben sich seit 1995 10 Prozent aller Stellen verflüchtigt. Von 1998 bis 2000 sind beim Vollzugspersonal 60 Stellen eingespart worden. Im Skandalknast „Santa Fu“ bewachen acht Beamte 400 Verbrecher, und bei den Gerichtsvollziehern stapeln sich die Anträge.
Was tut die Justizsenatorin? Zuerst ergeht sie sich in Betroffenheitsrhetorik und Larmoyanz, sie nehme die Sorgen der Richter sehr ernst. Dann verschafft sie Marscherleichterung. Sie verfügt, daß die Justiz 22 Stellen mit einem Wert von 1,6 Millionen DM nachbesetzen kann. Hoffentlich, Herr Staatsrat, ist das nicht wieder solch eine Luftnummer wie neulich bei der Podiumsdiskussion. Da hatte die Senatorin einem Oberlandesgerichtssenat drei Leute zugesagt. Bei diesem Phantomsenat handelte es sich unter dem Strich um eine einzige Stellenaufwertung R2/R3. Tarnen und täuschen durch die Senatorin.
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Vielen Dank für die Ermunterung zu später Stunde. Die Opposition hingegen hat ihre Aufgaben erfüllt.
Wir haben seit Jahren den Verzicht auf die Stellenstreichungen der Justiz verlangt.
In der 16. Legislaturperiode haben wir 53 Anträge diverser Art zur Abwehr des Justizkollapses bereitgestellt. Müßig zu sagen, daß Sie alle mit angenommen haben. Vielen, vielen Dank, Dank, Dank, Dank.
Es darf nämlich nicht dahin kommen, daß die Qualität der Urteile leidet, es darf nicht dabei bleiben, daß das Amtsgericht sich nur noch so durchwurschtelt, wie der Oberlandesgerichtspräsident sagt. Es darf auch nicht zum Kuhhandel zwischen Richtern und Rechtsanwälten kommen. Wir fordern erneut sofortigen Sparstopp, wir fordern sofort eine Personalaufstockung von 10 Prozent der vorhandenen Stellen.
Es ist ja nicht nur der Aufstand der Justiz, meine Damen und Herren. Die Amtszeit der Justizsenatorin, die jetzt zu Ende geht, ist gepflastert mit Mißgriffen.
Erstens: Frauenförderung mit der Brechstange. Zwei Konkurrentenklagen gibt es schon, weil sie minderqualifizierte Bewerberinnen vorgeschlagen hat. Ein eisiges Klima im Richterwahlausschuß.
Sogar ich leide darunter, obwohl ich die Senatorin länger kenne.
Zweitens: Ein Mißbrauch des Begnadigungsrechts. 62 Prozent der Ersatzfreiheitsstrafler sind außergewöhnliche Härtefälle. Maulkörbe für alle, außer für die Senatorin selbst. Für Polizei und Feuerwehr im Todesfall Vierlande. Sie hütet ihr Herrschaftswissen. Maulkörbe auch für uns, für die Abgeordneten der Bürgerschaft.
Der Amtsleiter der Senatorin, Herr Rickert, als Bewacher aller Knackis und Abgeordneten. So eine Geheimniskrämerei. Und das Versteckspiel mit den Informationen. Die Pistole in Fuhlsbüttel. Wo ist sie? Wo kam sie her? Wo ging sie hin? Man muß der Senatorin die Wahrheit wie die Würmer aus der Nase ziehen.
Meine Damen und Herren! In jeder Rede – Sie erinnern sich – hat Frau Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit Rühmliches aus ihrer Berliner Amtszeit verkündet. Für die Hamburger Justiz wäre es besser gewesen, sie wäre in Berlin geblieben. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Senatorin, Sie haben wieder das gemacht, was üblich ist, Sie haben uns weit über die Zeit hinaus eine Geschichte erzählt, wie Sie mit Konstanze Görres-Ohde dies und das besprochen haben, und Sie haben uns dann mit Zahlen zugeschüttet, die zeigen sollen, daß Hamburg vorn ist.
Diese Zahlen kann ich natürlich auch bieten und würde dann sagen: Ist dem Hause bekannt, daß in den letzten fünf Jahren 27 Staatsanwaltsstellen gestrichen worden sind, 40 Richterstellen an ordentlichen Gerichten, daß 60 Stellen für Vollzugspersonal gestrichen wurden,
bei einer Zunahme von 40 Prozent von gewalttätigen Angriffen gegen Vollzugsbeamte?
Meine Damen und Herren, ist Ihnen bekannt, daß in den letzten fünf Jahren der Justizhaushalt um 400 Stellen erleichtert worden ist – das ist etwas anderes als die eine Richterstelle, die Sie erwähnt haben, Frau Senatorin – und daß bei Richtern und Staatsanwälten insgesamt 80 Stellen ersatzlos weggefallen sind?
Wer ist schuld an dieser Misere? Natürlich zuerst immer wieder die Opposition, wenn es heißt, wir malten alles schwarzweiß. Ihr getreuer Paladin, Herr Klooß, hat heute wieder gesagt, ich malte ein Zerrbild. Die völlig handzahme Frau Dr. Kähler hat schon einmal gesagt, ich hielte eine Büttenrede.
Meine Damen und Herren, wenn 200 Richter, die Staatsanwälte, Herr Dr. Weinert, Herr Metzinger und die Präsidentin des Landgerichts mir folgen, dann halte ich gern eine Büttenrede, im Gericht und auch hier.
Und wer ist noch daran schuld? Die Richter, sagt Herr Zuckerer, die rechneten sich schlecht; Herr Zuckerer, der von der Justiz nun absolut keine Ahnung hat.
Und die Medien. Und wer ist nicht schuld? Der Senat. Frau Senatorin, Sie ergehen sich in Betroffenheitsbekundungen wie: „Wir nehmen das ernst.“ Das tun die anderen Redner auch, aber Sie tun für die Richter nichts, und das haben die Richter verstanden. Darf ich ein Zitat bringen?
„Die Atmosphäre zwischen Leitungs- und Mitarbeiterebene ist nicht frei von Kommunikationsstörungen, Konflikten und Mißtrauen.“
Dieses Zitat stammt aus dem Jahresbericht 2001 des Rechnungshofs und bezieht sich auf Ihre Behörde, Frau Senatorin. So ist es in der Tat. Sie haben sich eingebunkert,
sparen und lassen den Rechtsschutz des Bürgers auf der Strecke. Daß dabei ein Stück Arroganz ist, habe nicht ich gesagt, sondern einer der Richter.
Nun haben wir einen neuen Schuldigen gefunden, und zwar hat der Bürgermeister den herausgekramt. Feinsinnig nennt der Bürgermeister das ein Vermittlungsproblem. Das heißt im Klartext: Wir, der Senat, machen vielleicht keine gute Öffentlichkeitsarbeit, aber auf der anderen Seite sind die Bürgerinnen und Bürger der Stadt auch zu dumm, zu erkennen, welch gute Politik wir machen. Nein, meine Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger verstehen sehr wohl, daß das kein Vermittlungs-, sondern ein Politikproblem in der Sicherheits-und Justizpolitik ist. Meine Damen und Herren im Senat, das ist Ihr Problem, und die Bürger werden Ihnen das am 23. September auch beweisen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Großen Anfrage meiner Fraktion geht es um eine relativ spezielle, letztlich gerichtsverfassungsrechtliche Frage, nämlich um die Besetzung und Belastung von Hilfsstrafkammern. Gleichwohl beleuchten die Antworten des Senats etwas für die Justiz Hamburgs sehr Wichtiges: erstens die völlige Überlastung der Strafjustiz, die mit den Strafsachen nicht mehr fertig wird, zweitens das krampfhafte Bemühen des Senats, zu verschleiern und zu vertuschen, daß die Richterpersonaldecke viel zu dünn ist, und drittens, wie gehabt, einen nachlässigen hochfahrenden Umgang mit dem Parlament.
Dazu einige Bemerkungen. Neben regulären Großen und Kleinen Strafkammern war und ist eine größere Zahl von Hilfsstrafkammern eingerichtet worden. In sie werden die Fälle abgeleitet oder abgeschoben, die in den normalen Kammern überlaufen. Das signalisiert eine Überlastung der Hauptkammern, die der Senat aber bestreitet. Ein großer Teil der Kammern ist nicht mit drei, sondern nur mit zwei Berufsrichtern besetzt. Der Senat antwortet, diese reduzierte Besetzung sei durch das Rechtspflegeentlastungsgesetz von 1993 möglich. Diese Antwort ist irreführend, zumindest unvollständig. Tatsache ist, daß nach Paragraph 76 des Gerichtsverfassungsgesetzes, wie die Behörde sehr wohl weiß, für die Eröffnung der Verfahren, für jeden Beschluß, für jede Haftentscheidung drei Richter notwendig sind, die auch das Urteil unterschreiben müssen. Hier wird uns Abgeordneten Sand in die Augen gestreut.
Wir haben ferner gefragt, warum in so vielen Kleinen Strafkammern der Vorsitz von Richtern geführt wird, die zugleich Vorsitzende Richter einer Großen Strafkammer sind. Dieser Vorsitzende Richter ist bei der Verhandlung aber praktisch nie da und läßt sich von einem Beisitzer vertreten. Diese Vertretung ist unzulässig und ein Verstoß gegen die Verfassungsbestimmung des Artikels 101 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz, die jedem den gesetzlichen Richter garantiert. Nur ein verhinderter Vorsitzender darf durch einen Beisitzer vertreten werden, nicht ein Vorsitzer, der im Nebenzimmer einer anderen Beschäftigung nachgeht.
Was ist der Grund für diese erkennbar unzulässige Praxis? Natürlich soll gespart werden. Ein permanenter Vorsitzender in der Kammer erhielte eine R-2-Besoldung. Um das zu verhindern, leiht man sich pro forma einen Vorsitzenden aus, der praktisch nie da ist, und läßt die Verhandlung durch einen R-1-Beisitzer führen. Ich weiß, Frau Senatorin, daß die Strafsenate des OLG nur darauf warten, daß ein Prozeßbeteiligter diesen Rechtsverstoß rügt. Wie im Beschluß des 3. Senats vom Januar 2000, den Sie kennen, würde das Gericht diese Praxis stoppen.
Und nun Ihr von der Status-Kommission zu Recht gerügter nachlässiger Umgang mit dem Parlament. Sie hatten eine Große Anfrage zu beantworten. Dazu hatten Sie Wochen Zeit. Wir hatten nach der Zahl der Kammern gefragt, die am chancenausgleichenden Rotationssystem teilnehmen. Ihre Antwort:
„Die Beantwortung dieser Fragen würde eine umfassende Analyse aller bisherigen Verfahrenseingänge erfordern. Dies ist selbst innerhalb der für die Beantwortung einer Großen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.“
Das ist sehr dreist, Frau Senatorin. Es hat mich eine Viertelstunde gekostet, die Zahlen zu ermitteln. Schreiben Sie bitte mit.
Am 1. Januar 2000 – das war der Beginn der Rotation – konnten 20 Große Strafkammern an der Rotation teilnehmen. Zwölf rotierten ohne Einschränkung, acht waren entlastet und konnten nicht voll mitrotieren. Am 1. Januar 2001 rotierten acht ohne Einschränkung, zwölf nur eingeschränkt, da entlastet. All das, meine sehr verehrten Damen und Herren, zeigt eine heillose Unordnung im Dickicht von Großen und Kleinen, ordentlichen und Hilfsstrafkammern, ein Hin- und Hermanövrieren von Richtern und Strafverfahren, das nur dem einzigen Zweck dient, zu sparen, zu sparen und das uns und der Öffentlichkeit gegenüber zu verschleiern. Und das soll eine transparente Regierung sein? – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Da unschwer zu erwarten war, daß die Justizsenatorin alles paletti finden würde, möchte ich mich meinem Kollegen Klooß zuwenden. Herr Klooß, ich glaube, Sie haben das falsche Manuskript herausgeholt. Ich habe kein Wort über die richterliche Unabhängigkeit gesagt, die ein hohes Gut ist. Ich habe kein Wort über die BTM- und Wirtschaftsstrafkammern gesagt. Im übrigen bin ich es leid, daß ich für meine Fraktion zu den Drucksachen sehr detailliert etwas ausführe und Sie immer sagen – mittlerweile sekundiert durch die Frau Doktor auf der linken Seite –, das sei alles ein Zerrbild, ich malte schwarz/weiß und so weiter.
Sie haben auch gesagt, ich redete nur über Stellen. Herr Klooß, Sie sind Jurist, soweit ich weiß. Sie wissen, daß Jurisprudenz durch den Kopf eines Rechtsanwalts, eines Richters und auch eines Hochschullehrers geht, und deswegen ist das das entscheidende Kriterium. Sie haben gesagt, die Justiz sei in Ordnung; sie ist nicht in Ordnung. Herr Schöndube, der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, und Staatsanwalt Kuhn haben in diesen Tagen gesagt, bei den DNA-Analysen, etwa bei Speichelproben, sei Hamburg weit abgeschlagen. Hamburg hat die rote Karte fest in der Hand.
Mit einer Verfahrensdauer von durchschnittlich 30 Monaten liegt Hamburgs Sozialgerichtsbarkeit 100 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Im Arbeitsbereich der Gerichtsvollzieher fehlen 20 Stellen, da gibt es kein Vertun. Die Eingänge von Zivilsachen beim Landgericht sind in diesem Jahr 30 Prozent höher als im letzten Jahr; die Stellen werden gleichwohl weggespart. Ich weiß, daß im Gericht die Parole ausgegeben wird: Tut, was ihr könnt, den Rest laßt liegen!
Amtsrichter Harm Beyer hat vor zwei Tagen gesagt – ich zitiere –:
„Ich habe den Eindruck, daß die Bürger immer unzufriedener sind mit Einzelfallentscheidungen. Die Lage ist ernst. Die Qualität der Urteile wird aufgrund der Verfahrensbelastungen immer schlechter. Die Fehlerquote wird immer größer, die Einzelfallgerechtigkeit bleibt oft auf der Strecke. Früher mußte ich 400 Verfahren im Jahr machen, jetzt muß ich 800 machen. Die Justiz entwickelt sich zu einem reinen Regelungsbetrieb.“
Und Sie sagen, ich malte ein Zerrbild. Das Amtsgericht Wandsbek muß einräumen, Verhandlungs- und Verkündungstermine zwei, drei, vier Monate aussetzen zu müssen. Ein Anwalt dort sagt, die Justiz komme wegen der Einsparungen zum Erliegen.
Meine Damen und Herren! So kann es nicht weitergehen. Hamburg braucht eine neue Justizpolitik: Schluß mit dem Sparprogramm im Bereich der Inneren Sicherheit, von der Polizei über die Staatsanwaltschaft bis zu den Gerichten, Wiederherstellung des Gefühls der Rechtssicherheit für jeden Hamburger Bürger, kein kurzer Prozeß zwar, aber be
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schleunigte Strafverfahren. Wir dürfen das Vertrauen in den Rechtsstaat nicht vor die Hunde gehen lassen. – Danke sehr.
Herr Senator, nach Ihrer Dienstpostenbeschreibung und angesichts des Umstands, daß es sich nicht um eine A13/A14-Stelle, sondern um eine B6Stelle handelt, möchte ich wissen, wie viele mögliche Kandidaten in der hamburgischen Verwaltung existieren, die dafür allenfalls in Frage kämen?
Herr Senator, wären Sie in der Lage, etwas detaillierter zu beschreiben, was „eine ganze Reihe von Kandidaten“ heißt?
Herr Senator, die zweite Frage des Kollegen Jobs impliziert, daß von dem Transport von Castor-Behältern Gefahren für die Bevölkerung ausgehen. Gehe ich richtig in der Annahme, daß diese Implikation falsch ist, daß vielmehr der Transport von Castor-Behältern für die Bevölkerung gefahrenfrei ist?
Frau Senatorin, auf die Frage der Kollegin Schilling nach möglichen Kooperationspartnern haben Sie gesagt, die Kooperation sei wünschenswert, haben aber nur öffentliche Kooperationspartner erwähnt. Darf ich fragen, ob die Stiftungssatzung oder die in Aussicht genommene Stiftungspraxis eine Kooperation mit privaten Sammlern ermöglicht oder sogar wünschenswert erscheinen läßt. Ich denke zum Beispiel an die bedeutendste Sammlung, die wir haben, nämlich das Museum Tamm.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger sind fleißige, gut ausgebildete Arbeitskräfte des gehobenen Dienstes, ohne deren Einsatz in der Justiz nichts liefe.
Frau Senatorin, Sie behandeln Ihre Rechtspfleger nachlässig und stiefmütterlich, setzen sie einem Verdrängungswettbewerb mit Volljuristen aus, den die Rechtspfleger nicht gewinnen können.
Das zeigt die Beantwortung unserer Großen Anfrage, die zugleich ein Muster für eine unsolide und unpräzise Bearbeitung von Parlamentsanfragen ist. Das möchte ich in fünf Punkten aufzeigen.
Erstens: Nichtübernahme von Rechtspflegeranwärtern.
Sie holen, Frau Senatorin, die Nachwuchskräfte in die Rechtspflegerausbildung nach Maßgabe frei werdender Stellen. Die jungen Leute verlassen sich auf die Übernahme als Rechtspfleger. In diesem Vertrauen wurden sie in den letzten Jahren böse enttäuscht. Sie schreiben in der Antwort:
„1999 wurden von 24 Anwärtern sieben übernommen.“
Das stimmt so nicht. Diese sieben sind keine Rechtspfleger mit angemessener Besoldung geworden. Vier wurden Aufstiegsbeamte ohne Besoldungserhöhung, eine Rechtspflegerin verblieb in der mittleren Laufbahn, und zwei wurden Zeitsoldaten. Im Jahre 2000 wurden von 18 Anwärtern zehn nicht übernommen. Drei von ihnen wurden als Gerichtsvollzieher im mittleren, also nicht im gehobenen Dienst verwandt, vier als Rechtspfleger unterhalb der normalen Besoldung eingesetzt.
Auch 2001 sieht es düster aus. Fast alle Bewerber wurden bei der Übernahme unter Wert behandelt. Sie blieben überwiegend im mittleren Dienst und somit in ihrem bisherigen Status. Frau Senatorin, das ist eine völlig unbefriedigende, die Menschen frustrierende Personalplanung.
Zweitens: Karrierehemmungen.
Es geht um die Amtsanwalts- und Oberamtsanwaltstellen, also um die Besoldungsgruppe A 12/A 13. Das ist die höchste Besoldungsstufe, die die Rechtspfleger erreichen können und für die sie auch vorgesehen sind. Voraussetzung dafür ist die Laufbahnbefähigung für den gehobenen Justizdienst und eine Zusatzausbildung für die Amtsanwaltslaufbahn, alternativ die Befähigung zum Richteramt.
Da Hamburg in den vergangenen vier Jahren die Zusatzausbildung nicht zur Verfügung gestellt hat, werden Bewerber aus anderen Ländern bevorzugt, die die Befähigung zum Richteramt haben. Das ist ein Verdrängungswettbewerb nach unten, der die Rechtspfleger der Chancengleichheit beraubt. Das bedeutet eine Vorfahrt für die Volljuristen. Frau Senatorin, ich meine, daß das ein Verstoß gegen Ihre Fürsorgepflicht gegenüber den Rechts
pflegern ist. Hoffentlich ist der Zusatzkurs, in dem Sie seit Januar 2001 wenige Rechtspfleger ausbilden, keine Eintagsfliege.
Der dritte Punkt: Rechtspfleger werden von Führungspositionen ferngehalten. Wir haben sehr konkret gefragt, welche Führungspositionen in der Hamburger Justiz mit Rechtspflegern besetzt sind. Das haben Sie unpräzise und vage beantwortet, indem Sie von Leitungspositionen reden, aber verschweigen, welche das sind.
Zudem ist die Antwort auch unvollständig. Außer im Finanzgericht werden nämlich auch im Verwaltungsgericht Führungspositionen von Fachhochschulabsolventen, den sogenannten Verwaltungsfachwirten, aber nicht von Rechtspflegern wahrgenommen. Bei der Staatsanwaltschaft sind durch die Einführung des Gerichtsmanagers die Chancen der Rechtspfleger deutlich verringert worden.
Im übrigen geht Ihre Behörde, Frau Senatorin, mit dem denkbar schlechtesten Beispiel voran. Es gibt in Ihrer Behörde an der Drehbahn überschlägig 24 Positionen als Abteilungsleiter, Referatsleiter und Abschnittsleiter, die für die Rechtspfleger in Betracht kommen. Tatsächlich sind nur sechs Positionen von Rechtspflegern, die anderen sind von Juristen und Verwaltungswirten besetzt. So, Frau Senatorin, demotivieren Sie Ihre wichtigsten Kräfte.
Der vierte und vorletzte Punkt sind die Fortbildungsveranstaltungen.
Fortbildung ist wichtig. Ihre Antwort ist ein Witz! Von den mindestens 25 aufgelisteten Fortbildungsveranstaltungen ist keine einzige von der Justizbehörde veranstaltet worden. Sie schmücken sich über die Maßen mit fremden Federn. Oder sollte man sagen, mit fremden Schleifchen?
Alle Fortbildungsveranstaltungen wurden vom Personalamt ausgerichtet – mit Ausnahme von zwei rechtspflegespezifischen Veranstaltungen, die aber die deutschen Rechtspfleger selbst ausgerichtet haben – und standen allen Beamten der Freien und Hansestadt Hamburg offen.
Dann haben wir nach Fortbildungsveranstaltungen der beurlaubten Rechtspflegerinnen für den Wiedereinstieg nach dem Erziehungsurlaub gefragt. Die Antwort ist frech!
„Den beurlaubten Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern stehen grundsätzlich alle Fortbildungsveranstaltungen offen, die angeboten werden. Somit haben auch die beurlaubten Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger die Möglichkeit, ihr Wissen immer auf dem aktuellen Stand zu halten.“
Natürlich schwingen Sie große, hohle Reden über die Frauenförderung, aber für diese Frauen, die Kinder zur Welt gebracht haben, gibt es keine Wiedereingliederungsveranstaltung.
Letzter Punkt: Telearbeit.
Hier muß ich in dieselbe Kerbe schlagen. Unsere Frage nach der Telearbeit haben Sie inhaltlich nichtssagend beantwortet – ich zitiere –:
„Grundsätzlich besteht in jedem Bereich, in dem Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger eingesetzt werden, die Möglichkeit, Telearbeitsplätze zu schaffen.“
Natürlich besteht die Möglichkeit. Aber während jede Behörde über konkrete Einsatzmöglichkeiten redet oder
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sie wie die Finanzsenatorin schon geschaffen hat, beschränken Sie sich auf wolkige Ausführungen. Ihnen ist, Frau Senatorin, offensichtlich entgangen, worum es uns bei der Forderung nach Telearbeitsplätzen geht.
Wir denken an Arbeitsplätze für Rechtspflegerinnen, die alleinerziehend sind oder als Mütter mit Kindern zu Hause sein wollen; das ist wichtig. Sie, Frau Senatorin, reden ständig von Frauenförderung, aber wenn es wie hier um das Zupacken geht, dann gibt es eine Fehlanzeige.
Noch einmal, Frau Senatorin: Die Rechtspfleger sind in der mittleren Ebene der Justiz unersetzbare Kräfte. Sie sind solide ausgebildet und einsatzfreudig. Sie reden viel von Mitarbeitermotivation. Haben es die Rechtspfleger eigentlich verdient, daß Sie sie so hängenlassen? – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte folgende kurze Bemerkung machen. Frau Senatorin, zu Ihren allgemeinen Lehrbuchausführungen über Bedeutung und Rolle der Rechtspfleger möchte ich mich nicht äußern. Ich möchte nur sagen, daß es eine Milchmädchenrechnung ist, zu sagen: die Juristen würden auf eigene Kosten und die Rechtspfleger auf Ihre Kosten ausgebildet.
Die neben Ihnen sitzende Wissenschaftssenatorin weiß genau, daß aus ihrem Haushalt für die Ausbildung eines Juristen präterpropter 80 000 DM bis 100 000 DM herausgehen. Frau Dr. Kähler, Durchstieg von A9 nach A13, damit wollten Sie uns nicht langweilen. Entweder sind Sie fern der Arbeitswelt, oder Sie sind eine Idealistin. Jedenfalls ist mir klar, daß der Senat erhebliche Anstrengungen macht, einen Senatsdirektor zum Staatsrat durchzustufen, und noch größere Anstrengungen unternimmt, einen Staatsrat zum Senator zu machen. Das ist exakt dasselbe Problem.
Frau Weise, wir verstehen uns gut, aber das mit den Führungspositionen haben Sie nicht...
Wir waren zusammen im Parlamentarischen Untersuchungsausschuß, das schweißt zusammen.
Frau Weise, Führungsposition, Junioranwalt, das alles ist richtig, aber Sie haben gesagt, die Volljuristen seien vielleicht besser qualifiziert, weil sie eine akademische Ausbildung haben. Das haben die Rechtspfleger doch auch, sie waren auf der Fachhochschule in Hildesheim. Gerade deshalb ist der Verdrängungswettbewerb nach unten so unangenehm.
Letztlich, Frau Dr. Kähler, der Punkt mit der Telearbeit. Frau Nümann-Seidewinkel hat das Experiment gemacht, und es zeigt sich, daß Männer und Frauen, die zu Hause Kinder erziehen, dieses Angebot besonders gern annehmen wollen. Wenn wir dann mal etwas für die Frauenförderung tun wollen – meine Nachbarin, Frau Koop, hat mich angestoßen –, dann kritisieren Sie es wieder. So wird kein Schuh daraus.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion hat in den Haushaltsberatungen Ende 1999 der Drucksache 16/3585 zugestimmt, daß die Einnahmen aus der Abschöpfung von Gewinnen aus gewissen gewinnträchtigen Delikten wie Wirtschaftskriminalität, Korruption und BTM-Delikten besonderen Zwecken zugeführt werden. Wir haben dem zustimmt, obwohl dies einen Verstoß gegen das Gesamtdeckungsprinzip des Haushaltsrechts – des Non-Affektationsprinzips – bedeutet, das besagt, daß alle Einnahmen in einen Topf gehen und alle Ausgaben daraus bezahlt werden.
Die Fraktionen haben das Verbot der Zweckbindung aus gutem Grund aufgehoben. Es wird nämlich so öffentlich sichtbar, daß das Geld, das man den Schwerkriminellen gewissermaßen abjagt, der Strafverfolgung zugute kommt. Es wäre übertrieben zu sagen, die Strafverfolgung beginnt, sich selbst zu finanzieren. Aber in diese Richtung geht das Argument.
Wir haben bei den Haushaltsberatungen des letzten Jahres der Drucksache 16/5288 zugestimmt, mit der wir Prioritäten gesetzt und zum Beispiel das Geld für die Opfer von Frauenhandel und für die IuK-Technikausstattung bei der Polizei ausgegeben haben. So ist es nur also nur folgerichtig, daß wir auch dieser Drucksache zustimmen wollen.
Lassen Sie mich allerdings zwei Beobachtungen mitteilen. Ich stimme mit dem Kollegen Kleist überein, daß das Aufräumen der Asservatenkammer bei der Staatsanwaltschaft, die aussieht wie eine Rumpelkammer – darin sieht es aus wie bei Hempels hinterm Sofa –, dringend notwendig ist.
Dort sind kiloweise BTM-Sachen vorgefunden worden, von denen niemand etwas wußte. Das geht auf keinen Fall.
Außerdem muß ich bemängeln, daß an zwei Stellen, nämlich bei acht Verbesserungen der gemeinnützigen Arbeit und bei den neuen Evaluationen der Zeugenbetreuung beim Täter-Opfer-Ausgleich, nur Gutachten vorgesehen sind. Ich schreibe zwar selbst oft Gutachten, aber der Senat sollte nicht so viel Gutachten für teures Geld erstellen lassen, sondern er sollte handeln.
Wir sind gebrannte Kinder, denn wir haben festgestellt, daß im Haushalt 1999 14,5 Millionen DM für Gutachten ausgegeben worden sind; im Jahre 2000 waren es 11,4 Millionen DM. Wenn man diese Beträge mit denen zusammenrechnet, für die außer der gutachterlichen Tätigkeit und der Papierproduktion auch noch inhaltliche Arbeit ge
leistet wurde, dann waren es 1999 80 Millionen DM und im Jahre 2000 90 Millionen DM. Das ist schwer erträglich. Es wäre zutreffend, hier gleich Hand anzulegen. Im Ganzen stimmen wir der Drucksache zu. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Recht sichert die Freiheit und eine lebenswerte Gesellschaft. Rechtsgewährleistung und Rechtssicherheit sind das Fundament einer florierenden Stadt und Voraussetzung der Zufriedenheit unserer Bürger. Hamburg steht so gut da wie lange nicht mehr, hat der Bürgermeister gestern gesagt.
Aber, meine Damen und Herren, wirtschaftlicher Erfolg allein macht keine attraktive Stadt.
Unerläßlich ist das Gefühl, in Sicherheit zu leben und durch den Staat, die Polizei und die Justiz geschützt zu werden. Wie kann aber effektiver Rechtsschutz geleistet werden,
wenn bei steigenden Fallzahlen in den letzten fünf Jahren 120 Richter und Staatsanwaltstellen gestrichen wurden, wenn die Verfahren länger dauern als in anderen deutschen Großstädten. Weshalb? – Weil die Hamburger Richter um 23 Prozent stärker belastet sind als ihre Kollegen in Stuttgart und Hannover.
Wie kann effektiver Rechtsschutz geleistet werden, wenn die Staatsanwaltschaft nicht mehr ihrem verfassungsrechtlichen Auftrag nachkommen kann, alle angezeigten Delikte zu verfolgen. Weshalb? – Weil bei der Staatsanwaltschaft das Personal so schwachbrüstig geworden ist, daß sie sich entscheiden muß, entweder Massen- und Kleinkriminalität zu verfolgen, wie Schwarzfahren und Ladendiebstahl, oder Schwerkriminalität, wie die organisierte Kriminalität.
Wie kann die Staatsanwaltschaft effektiv arbeiten, wenn eine Grippewelle oder ein, zwei Schwangerschaften Teile der Behörde außer Kraft setzen? Wie kann man von einer effektiven Justiz reden, wenn Private Schuldnerberatungen im Insolvenzverfahren sponsern, wie Herr Reemtsma? Wenn ein Gläubiger auf eine eidesstattliche Erklärung des Schuldners – Offenbarungseid genannt – sechs bis acht Monate warten muß, um erst danach prozessieren zu können? Das ist nicht effektiver Rechtsschutz, meine Damen und Herren, das grenzt an Stillstand der Rechtspflege. Zuversicht und Aufbruch sei das beherrschende Thema, die beherrschende Stimmung in dieser Stadt, hat der Bürgermeister gestern gesagt. Das ist, meine Damen und Herren, allenfalls die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist Abscheu vor der wuchernden Drogenkriminalität, persönliche Unsicherheit wegen der steigenden Gewaltkriminalität, wegen der vielen Einbrüche, der vielen Diebstähle, Empörung wegen der Jugendgewalt in Schulen, auf den Straßen, in öffentlichen Verkehrsmitteln. Die andere Seite der Medaille ist Frustration über die Tatsache, daß eine ausgedünnte Polizei und Justiz dieser Mißstände nicht mehr Herr werden kann: Mißstände, die das Vertrauen in einen effektiven Rechtsstaat untergraben.
Meine Damen und Herren! Politik muß auf die Bedürfnisse der Bürger reagieren. Das Sicherheitsgefühl der Bürger ist ein zerbrechliches Gebilde, hat der Bürgermeister gestern gesagt. Recht hat er. Schlimm nur, daß Ihre Haushaltspolitik dem nicht Rechnung trägt. Weil das so ist, können wir dem Justizhaushalt nicht zustimmen.
Wir fordern: Keine weiteren Stellenstreichungen bei der Staatsanwaltschaft, Schluß mit dem Sparprogramm bei den Strafgerichten,
Schluß mit der Kürzung im Finanzgericht. Wir fordern 20 neue Gerichtsvollzieherstellen. Stimmen Sie dem zu, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es platzt einem der Kragen.
Wissen Sie, Frau Senatorin, was der entscheidende Unterschied zwischen Ihnen und Ihrer Kollegin Frau Pape ist?
Frau Pape hat vor zehn Minuten gesagt, daß sie sich als Senatorin an die zehnminütige Redezeit halten muß. Sie haben 20 Minuten geredet. Ich muß meine zehn Minuten Redezeit sogar teilen, um meine Rede einigermaßen halten zu können. Das ist ein Verstoß gegen die Chancengleichheit.
Frau Senatorin, Sie haben gesagt, daß wir kein Programm vorgelegt hätten. Seit einigen Tagen liegt ein konzises, gut analysiertes und zielführendes Programm unserer Justizpolitik vor. Es ist zwar nicht so umfangreich wie Ihr Konzept „Justiz 2000“, aber es ist gehaltvoll und detailliert.
Das Konzept „Justiz 2000“ hat Herr Hoffmann-Riem, Richter des Bundesverfassungsgerichts, als Hochglanzdarstellung bezeichnet. In diesem Programm beschreiben Sie die Vernetzung, die kreative Zusammenarbeit aller Mitarbeiter und eine neue Diskussionskultur. Eine Diskussionskultur gibt es in Ihrem Bereich nicht, ob Sie in die Deputation, in den Richterwahlausschuß, in die Richterschaft oder die Staatsanwaltschaft schauen. Dort herrscht wegen Ihrer Selbstherrlichkeit und Ihrer Besserwisserei ein eisiges Klima.
Auch in Berlin, auf das Sie sich so gern berufen, gibt es keine Diskussionskultur. Ich habe noch nie erlebt, daß die gesamte Richterschaft und alle Rechtsanwälte der Bundesrepublik sowie der Bundesrat den Vorschlägen Ihrer Kollegin Däubler-Gmelin bei der Änderung des Zivilprozeßrechtes oder bei der Mietrechtsreform entgegenwirken. Es gibt ein breites Echo der Ablehnung, und es wird offen gesagt, Frau Däubler-Gmelin sei intransigent und beratungsresistent.
Frau Senatorin, es wird ja Ihr letztes Amtsjahr sein. Ich sage Ihnen: Für Sie und Ihre Berliner Kollegin gilt: Rechthaberei ersetzt nicht die Auseinandersetzung mit denen, die im juristischen Feld arbeiten.
Herr Klooß, ich wundere mich, daß Sie hier – ich spreche für alle Abgeordneten – den Kontaktsperreerlaß, den Maulkorberlaß vom 14. Juni 1999, kritisch erwähnt haben, der dem Gerichtspräsidenten und der Generalstaatsanwältin den direkten Umgang mit Ihnen und mit meinen Kolleginnen und Kollegen untersagt.
In Einzelfällen, so schreibt die Senatorin, sei sie gern bereit, zusammen mit den Richtern einzelnen Abgeordneten Fragen zu beantworten.
Frau Senatorin, daß Sie den Richtern diesen Maulkorb nicht umhängen durften, habe ich Ihnen wiederholt gesagt. Er entspricht nicht der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der Justiz. Sie sind hier aber völlig unbelehrbar. Ich versuche es heute einmal mit zwei Vergleichen.
Erster Vergleich: Wenn vor hundert Jahren auf dem Jungfernstieg ein junger Mann ein junges Mädchen treffen wollte, dann mußte eine Anstandsdame dabei sein. So sollen Abgeordnete mit Gerichtspräsidenten umgehen.
Zweites Beispiel: Wenn Gefangene ihre Angehörigen im Sprechzimmer der Haftanstalt treffen, dann muß ein Vollzugsbeamter dabei sein. So sollen direkt gewählte Abgeordnete mit Gerichtspräsidenten umgehen. Herr Klooß, kann das richtig sein?
Ich wende mich mit einem letzten und ernsten Punkt an Herrn Klooß als einen Parlamentskollegen: Ich mache mir immer wieder Sorgen über den Verfall der demokratischen
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und parlamentarischen Sitten in diesem Hause. Ich wende mich insbesondere mit dieser Sorge an Sie. Können Sie sich nicht einmal mit Ihren Fraktionskollegen mental und auch faktisch aus der Hörigkeit gegenüber der Senatorin lösen? Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen sind unabhängige Abgeordnete.
Es war ein Trauerspiel ohnegleichen, als die notwendige Ergänzung des Hamburger Richtergesetzes zur Wahl der Mitglieder des Richterwahlausschusses anstand. Die Notwendigkeit eines neuen Wahlverfahrens liegt auf der Hand, sie drängt sich geradezu auf. Ohne Not folgten Sie dem, was Sie als Koalitionsräson verstehen: Sie stimmten den Entwurf im Rechtsausschuß nieder, nur weil er von der Opposition kam. Herr Klooß, eine parlamentarische Diskussion war überhaupt nicht mehr möglich.
Glücklicherweise hat Frau Möller den Ball der Vernunft aufgenommen.
Wir haben es bewirkt – das möchte ich ausdrücklich positiv vermerken –, daß in der letzten Sekunde der Entwurf vom Plenum in den Rechtsausschuß zurücküberwiesen werden konnte.
Das war für die SPD-Fraktion ein parlamentarisches Trauerspiel ohnegleichen. – Ich danke Ihnen.
Es hat sich, wie Sie dargestellt haben, Herr Staatsrat, wohl um eine Versammlung gehandelt. Hätte Anlaß bestanden, diese Versammlung zu verbieten?
Wenn es zu einer Erweiterung des Versammlungsgesetzes dergestalt kommt, daß nicht nur Versammlungen verboten werden können, aus deren Mitte Gewalttätigkeiten entstehen können, sondern daß es auch gewisse Orte gibt, um die herum Versammlungen den öffentlichen Frieden und die staatliche Sicherheit stören könnten, könnte das Denkmal am Dammtor-Bahnhof ein solcher Ort sein?
Frau Staatsrätin! Wie viele Hochschullehrer und Wissenschaftliche Mitarbeiter sind an dem Projekt beteiligt?
Herr Staatsrat, welche wirtschaftlichen Prinzipien und rechtlichen Vorschriften stehen einem Wettbewerbsföderalismus in Deutschland und einem Wettbewerb der Regionen in einem einheitlichen marktwirtschaftlich geprägten Europa entgegen?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Senatorin, wer würde dem Gesetzentwurf seine Anerkennung und seine Gefolgschaft verweigern wollen? Aber, wir sollten nicht so tun, als wäre der Opferschutz eine Erfindung unserer Jahre und eine Erfindung der Sozialdemokratie.
Lassen wir uns nicht irreführen, meine sehr verehrten Damen und Herren, in einem effektiven Rechtsstaat ist der Strafprozeß darauf angelegt, die Opfer vor Straftaten zu bewahren. Der Staat hat die Aufgabe, die Rechtsordnung gegenüber jedermann zu sichern, und die energische und harte Strafe soll dem Opfer Wiedergutmachung widerfahren lassen. Insofern ist eine entschiedene Bestrafung die wichtigste Form der Wiedergutmachung für das Opfer. Das soll nicht verkennen, daß in dem neuen Entwurf wichtige Veränderungen enthalten sind: zum Beispiel die Stellung des Opfers im Strafverfahren. Aber, Frau Senatorin, es ist geradezu grotesk – das hätte ich von Ihnen nicht erwartet –, daß Sie es so darstellen, als sei das Opfer bisher lediglich Objekt eines über seinen Kopf geführten Verfahrens gewesen. Es stand immer im Mittelpunkt, weil man ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen will.
Die Verbindung zwischen Straf- und Zivilverfahren ist sicher sehr nützlich, weil durch Geld nicht alles, aber manches ge
richtet werden kann. Die psychologische Betreuung von traumatisierten Opfern ist ganz gewiß eine Fürsorgepflicht des Staates, aber dem steht auch eine Negativbilanz gegenüber.Was ist von dem Opferschutz zu halten, wenn das Opfer eines Diebstahls oder gar einer Gewalttat erfahren muß, daß der Prozeß gar nicht eröffnet wird, weil die Staatsanwaltschaft mangels Personalausstattung nicht durchermitteln kann? Ist das vielleicht ein Opferschutz?
Was bleibt vom Opferschutz, Frau Senatorin, wenn Drogenopfer am Hauptbahnhof erleben, daß Drogendealer innerhalb von 48 Stunden, nachdem sie einkassiert worden sind, wieder auf der Straße sind? Haben die vielleicht ein Vertrauen in den Opferschutz und in den Rechtsstaat? Was bleibt schließlich von dem armen Opfer, das von einem Heranwachsenden niedergeknüppelt worden ist, welcher dann vor einem Gericht wie ein Jugendlicher behandelt wird, obwohl es sich um einen robusten, gefährlichen, erwachsenen Gewaltverbrecher handelt? Ich weiß, daß Sie da kein direktes Einwirkungsrecht haben, weil die unabhängige Justiz dafür zuständig ist, aber das Klima in dieser Stadt ist so, daß die Justiz es wagt, weiterhin so zu verfahren. Das muß sich ändern.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zu einem etwas kleinformatigeren Thema sprechen, aber es geht auch hier um Geld. Es fing beim Geld für den A3XX an und hört auf beim Geld für die Privatisierung im Strafvollzug.
Es ist hierzulande vielleicht eine etwas gewöhnungsbedürftige Angelegenheit, daß Gefängnisse privat gebaut und auch betrieben werden. In anderen Ländern ist dies aber keinesfalls so. In den Vereinigten Staaten werden weit über 100 Anstalten voll- oder teilprivatisiert betrieben, in Frankreich sind es 21. Durch diese Maßnahme konnten die Baukosten um 25 Prozent gesenkt werden.Dort bleiben die hoheitlichen Aufgaben wie bei uns auch außerhalb der privaten Regie.
In Großbritannien sind zwischen 1992 und 1998 sieben vollprivatisierte Haftanstalten eingerichtet worden, bei denen allerdings auch die vollzuglichen Aufgaben in privater Hand liegen. Im Schnitt liegen dort die Kosten um 15 bis 17 Prozent unter denen der Bundesrepublik. Ich habe Berichte gelesen, in denen sich britische Gefangene über die zu freundliche Behandlung in den privaten Anstalten beschwerten und lieber in ein vernünftiges Gefängnis verlegt werden wollten, wo das Verhältnis zwischen Häftlingen und Personal – wie sie meinten – von gegenseitiger Antipathie gekennzeichnet sei.
Auch in Deutschland nimmt der private Anteil am Strafvollzug zu. Die Anstalt Waldeck bei Rostock ist die erste, die sich im Privatbesitz befindet. In Neustrelitz haben private Unternehmen eine komplette Jugendstrafanstalt ausge
baut. Das Land Mecklenburg-Vorpommern zahlt Miete an die Banken, die ihrerseits die Bauherren finanziert haben.
Die Erfahrung zeigt, daß private Unternehmen beim Bau unschlagbar sind. Statt zehn Jahre – wie in einem öffentlichen Planungsverfahren – wurden nur drei Jahre für die Bauplanung benötigt.Vergleichen Sie damit beispielsweise die Planung der S-Bahn-Anbindung des Flughafens Hamburg-Fuhlsbüttel. Die Planung für Waldeck hat ein dreiviertel Jahr gedauert. Welche Planungszeit hat dagegen der Anstaltsneubau Neuengamme in Hamburg verschlungen!
Es gibt auch Privatisierungen in Hamburg zu vermerken, wenngleich wir noch keinen Fall haben, in dem eine Anstalt vollständig auf privater Basis gebaut worden ist, wie sie beim Justizforum Ost möglicherweise in Gang gesetzt wird. Wir lesen aber, daß es mannigfache Formen von Contracting, Mietkauf, Generalübernahme und Generalunternehmung gibt.
Ich betrachte auch die Einführung von Wirtschaftsplänen für die Haftanstalten als einen Schritt in die private, also richtige Richtung. In Glasmoor, Fuhlsbüttel und in anderen Anstalten werden durch diese selbst oder durch private Unternehmer Metall-, Holz- oder Textilprodukte hergestellt. Dies geschieht zwar häufig nicht zu marktüblichen Preisen, weil die Arbeitsgeschwindigkeit und die Qualität der Gefangenen häufig unter der Norm liegen. Außerdem möchte ich noch auf die schönen, schmackhaften Äpfel aus der Landwirtschaft der Strafvollzugsanstalt Hahnöfersand hinweisen, die eigentlich privat erwirtschaftete Produkte sind.
Das hat der Senat aufgelistet und informativ beantwortet; dafür sind wir dankbar. Es stellen sich gleichwohl einige Fragen:
Warum hat sich herausgestellt, daß die Küchen privatwirtschaftlich nicht effizient zu führen seien? Es gibt doch so viele effiziente Catering-Unternehmen.
Es fallen riesige Mengen Anstaltswäsche an.Warum ist die Außerhausgabe, wie sie im Universitäts-Krankenhaus Eppendorf seit langem funktioniert, hier nicht wirtschaftlich? Das verstehe ich nicht.
Bei der zahnärztlichen Versorgung, die durch Honorarärzte durchgeführt wird, hört man sehr viele Klagen von Gefangenen, daß das nicht ordentlich geschieht. Zwar mag es sein, daß der Pflegezustand der Zähne der Insassen schlecht ist, was ich durchaus glaube.Gleichwohl muß hier, um einmal im Bilde zu bleiben, nachgeschliffen werden.
Wichtig ist auch die externe Suchtberatung, von der wir in diesen Tagen wieder gehört haben. Hier ist die vertrauenschaffende Distanz zwischen Gefangenen und Bediensteten unerläßlich, das muß von außen geschehen.
Wir gehen bei der Privatisierung der Haftanstalten von drei wesentlichen Prinzipien aus. Erstens: Die Anstalten müssen wirtschaftlich geplant und unter Nutzung des Wettbewerbs sparsam geführt werden, das heißt privatisieren, was möglich ist, und das beste Angebot unter strenger Aufsicht auswählen.
Zweitens: Die Hoheitsaufgaben sind im Kernbereich unter staatlicher Verantwortung fortzuführen. Wir dürfen also nicht so weit gehen wie in Großbritannien. Zum Kernbereich zähle ich die Bewachung, die soziale Betreuung, einschließlich der Wiedereingliederung und der ärztlichen Betreuung, die schulische Ausbildung und die Verwaltung
der Personalangelegenheiten der Gefangenen, die Anstaltsleitung.
Drittens: Wichtig ist, daß die Gefangenen-Arbeitsplätze erhalten bleiben. Arbeit ist sehr wichtig für die Resozialisierung, für die Disziplin und die Selbstdisziplin, die dabei gelernt werden. Notwendig ist die richtige Abwägung zwischen preiswerterer privater Arbeitsleistung und der Erhaltung eines möglicherweise teureren Gefangenen-Arbeitsplatzes. Im Zweifel sollte letzterem der Vorrang eingeräumt werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte noch zwei Bemerkungen machen. Zunächst, Frau Senatorin, zum Mietkauf. Es ist richtig, daß die Erstreckung der Mietzinszahlung auf die kommende Generation nicht sehr schön ist, obwohl das kein Einzelfall ist. Dafür handelt man sich ein, daß schneller geplant und gebaut wird und die Anstalten sofort nutzbar sind. Im Ergebnis werden wir also dazu kommen, daß von Fall zu Fall sorgfältig geprüft werden muß, allerdings unter starker Beachtung der Privatisierung.
Herr Mahr, es wäre schrecklich, wenn Ihre Ausführungen zu Amerika das böse Zerrbild verbreiteten, daß aus Gründen des „profit making“ Gefangene eingesammelt werden, weil die Organisationen an den Geldmarkt gehen wollen. Das ist natürlich nicht richtig.Ob es eine Verfünffachung der Gefangenenzahlen in den letzten Jahren gegeben hat, kann ich nicht prüfen. Wenn es aber eine Steigerung der Gefangenenzahl gegeben hat, was richtig ist, dann hat das mehrere Gründe.Einer ist sicher, daß man erkannt hat, daß die schleichende Liberalisierung nicht überall gut ist, der zweite ist die Kriminalitätsbekämpfung.
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Es gibt weitere Gründe: Ich erwähne nur den Gedanken „zero tolerance“, Drogenbekämpfung, Bekämpfung der Kriminalität in der Schule, die Strafverfahren, die zügig sind, die Strafvollstreckung, die hart ist. Ich will sagen, ich beschimpfe die Amerikaner nie, denn sie machen manches anders als wir, aber ein großes Maß an Selbstbewußtsein und gesellschaftlich kohärenter Moral, daß man so etwas nicht tut und deshalb im Gefängnis hart bestraft werden kann, ist der Unterschied zwischen Amerika und der Bundesrepublik Deutschland, den ich nicht zu Lasten der USA ins Feld führen will.
Frau Senatorin Pape, darf ich die Antwort auf die erste Frage des Kollegen Beuß so interpretieren, daß Sie die Schulleiter auffordern wollen, im Quartier nach gefährlichen Hunden und unzuverlässigen Haltern zu fahnden und diese anzuzeigen?
Frau Senatorin, wie sind Ihre vertraglichen Vereinbarungen für den Fall, daß eine Gutachterin oder ein Gutachter ein Gutachten abliefert, das mit Ihren Erwartungen – Klammer auf – oder politischen Vorstellungen – Klammer zu – nicht übereinstimmt? Wird das Honorar gezahlt oder nicht?
Frau Senatorin, sehen Sie mit mir den Unterschied, daß im Falle des Hausbaues nicht die wissenschaftliche Unabhängigkeit, die von der Kollegin Sudmann ins Spiel gebracht worden ist, betroffen ist, aber in diesem Fall der Wissenschaftler in eigener wissenschaftlicher Unabhängigkeit durchaus zu einem Ergebnis kommt, das Ihren Auftragswünschen nicht entspricht? Wie ist es mit der Honorarfrage?
Frau Präsidentin! Das Thema bedarf einer gründlichen Behandlung. Ich höre nicht auf, weil Sie gelangweilt sind. Ich möchte drei Bemerkungen machen.
Erste Bemerkung: Herr Klooß, daß ich die Frage der Haftentlassung zu einem Rundumschlag benutzt habe, ist so nicht richtig. Die Haftentlassungsfälle zeigen – ich habe nicht von vielen geredet, sondern konkret von 75 Fällen, die ich Ihnen einzeln nachweisen kann –, auch wenn es selbständige Entscheidungen der Gerichte sind, daß die Richter personell unterausgestattet sind. Alles hängt von den Personalengpässen ab. Das Verfassungsgericht hat im letzten Jahr zu Recht gesagt: Zur Wahrung einer funktionsfähigen Justiz gehört auch eine angemessene Personalausstattung.
Zweite Bemerkung: Herr Klooß, Sie sagen – insofern sind wir ein gut eingespieltes Paar, so wie Plisch und Plum –, ich würde immer die gleiche Büttenrede halten, sage nichts
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Seriöses und brächte immer meine kaiserliche Werft, wenn ich von dem Maulkorberlaß spreche.
Herr Klooß, ich habe es Ihnen schon mehrmals gesagt, wenn Sie sich doch gelegentlich Ihres Amtes als Volksvertreter und Mitglied dieses Parlaments erinnern würden und nicht als Büchsenspanner des Senats,
nicht als Gehilfe und Stütze des Senats, sondern als Mitglied einer Körperschaft, die insgesamt die Regierung kontrolliert, dann können Sie sich doch nicht verbieten lassen, die Richter selbständig zu besuchen.Dann können Sie sich doch selbst nicht zumuten, mit dem Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts nur auf dem Schoß der Senatorin zu reden. Das ist doch ausgeschlossen. Darüber sollten Sie einmal nachdenken.
Denken Sie einmal darüber nach, daß Sie als Abgeordneter gewählt sind. Natürlich stützen Sie die Regierung, aber es gibt ureigene Aufgaben des Parlamentes, und dazu gehören die Informationsrechte. Ich erwarte im Grunde genommen von Ihnen eine Unterstützung in dieser verfassungsrechtlich und politisch wichtigen Frage.
Frau Kähler, auch Ihnen habe ich geantwortet, daß es die Aufgabe der Opposition ist, das Regierungshandeln zu kritisieren. An dem Verhalten von Herrn Klooß und an Ihrem Verhalten sehe ich, daß Sie alles andere tun. Nur: in der Frage, die die Bürger interessiert, daß festgenommene Straftäter freigelassen werden, weil die Prozesse so lange dauern, müssen Sie auf unserer Seite stehen!
Der Büchsenspanner steht im Mittelalter hinter denen, die mit Büchsen an die Front gehen. Die freigeschossenen Büchsen werden zurückgenommen, werden etwas gereinigt, dann kommt eine neue Kugel rein, und dann wird gespannt. Dann gibt er es gespannt wieder nach vorne. Diese subalternen Hilfsarbeiten leistet Herr Klooß, und das reicht für einen Abgeordneten nach meiner Meinung nicht aus.
Die Senatorin wetzt die Messer und setzt die Pfeile auf die Opposition an. Besser, wenn die Pfeile auf das Parlament gehen. Man stellt sich an die Front des Parlaments und nicht in die Etappe derer, die schießen.
Letzte Bemerkung.Frau Kähler, Aufgabe der Opposition ist es, den Senat zu kritisieren,weil Sie die Regierung nicht kritisieren und auch Herr Klooß weit davon entfernt ist, sie zu kritisieren. Wir haben unsere Modelle, aber diese Modelle
entwickeln wir erst im nächsten Jahr, wenn wir an der Regierung sind.
Herr Senator Maier, wenn ich es richtig verstehe, wurde damals ein Teil der Begünstigten, nämlich die jüdischen Personen, aus dem Kreis der Begünstigten ausgeschieden und das von jüdischen Stiftern zur Verfügung gestellte Vermögen ist nur deutschen Begünstigten zugute gekommen. Das Stiftungsgeld ist doch noch vorhanden.
Deutsche Mitbürger jüdischen Glaubens.
Ich will auf den Kern der Frage kommen. Wenn das Geld heute noch bei deutschen Stiftungen vorhanden ist, gäbe es dann nicht eine Möglichkeit, es jüdischen Begünstigten zur Verfügung zu stellen?
Herr Senator, gehen Sie mit mir einig, daß die Möglichkeit bestünde, aus den Stiftungen, die diese Stifte etwa haben, eine Stiftungsausgründung vorzunehmen, die nur jüdischen Mitbürgern zugute kommt? Oder wäre es möglich, einem Treuhänder diese Stifte anzuvertrauen, so daß – was der eigentliche Zweck der Frage des Kollegen Klooß ist – jüdische Mitbürger in den Genuß dieses Stiftungsvermögens kommen, seien es Gebäude oder finanzielle Leistungen?
Frau Senatorin, wenn es sich denn so verhält, daß Sie Anfang März die Entscheidung getroffen haben, wie ist es dann zu erklären, daß Sie in der 337. Deputationssitzung am 6. April 2000 auf Nachfrage der CDU-Deputierten erklärt haben, es sei noch nichts entschieden?
Frau Senatorin, in der Antwort auf die erste Frage der Kollegin Spethmann haben Sie gesagt, die Verhandlungen mit dem neuen Investor, nämlich der Lübeckertordamm und Siemens GmbH, seien noch nicht abgeschlossen, haben dann aber einige Zwischenergebnisse in globalen Summen genannt. Sind Sie in der Lage zu bestätigen, daß bei den Mietverträgen für das Oberverwaltungsgericht am Nagelsweg mit der holländischen Versicherung Delva ein Quadratmeterpreis von rund 24 DM vereinbart wurde, hingegen bei den gegenwärtigen Verhandlungen für das Justizforum mit dem bekannten Investor, der Lübeckertordamm und Siemens GmbH, der Quadratmeterpreis bei etwa 27 DM liegt, so daß die Differenz allein für die Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte, noch nicht gerechnet das Amts- und das Finanzgericht, bei etwa 15 000 DM pro Monat liegt, und zwar 15 000 DM mehr zu Lasten der Staatskasse?
Frau Senatorin Pape, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß das, was Sie an Senatsmaßnahmen geschildert haben, auch die Fälle betrifft, in denen Mütter oder auch Väter die Kinder im Arm halten oder bei sich haben und in dieser Weise die Kinder zum Betteln mißbrauchen?
Frau Senatorin Pape, auch dem nicht medizinisch vorgebildeten Laien erschließt sich bei der Beobachtung dieser Zustände, daß die Kinder oft unter Drogen stehen. Ist das ein Tatbestand, der nach dem Polizeigesetz dazu Anlaß gibt, die Kinder vor körperlichen Schäden zu bewahren und sie einem Arzt und auch der Jugendbehörde zuzuführen?
Herr Senator Dr. Maier, Interessenten für Informationen über Europa sind unsere Bürger. Diese Informationen kann man zentral in Brüssel holen oder dezentral in Hamburg. Was halten Sie von der Idee, daß wir die Mittel für das Hanse-Office ein bißchen kürzen und hier investieren?
Herr Senator Dr. Maier, ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man durch Synergieeffekte Mittel einsparen kann, ist die Kombination aller skandinavischen Botschaften in der Tiergartenstraße in Berlin. Was halten Sie davon, wenn Sie zusätzlich zu Hamburg und Schleswig-Holstein Bremen und Mecklenburg-Vorpommern einladen, sich am Hanse-Office zu beteiligen, und die frei werdenden Mittel so investieren, wie es hier gewünscht wird?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Senatorin Sager, die Frage, warum die Universität den Aufstand probt und zugleich betont, an den geschlossenen Vereinbarungen festzuhalten, ist doch klar.Trotz der Absenkung der Sparquote bei den Tutoren- und Bibliotheksmitteln ist das Hemd einfach zu kurz. Nichts anderes wollte man damit sagen, um die Option für die Zukunft aufrechtzuerhalten.
Herr Marx, die Fraktion der CDU läßt sich sehr ungern den Vorwurf machen, sie sei Spezialist für das Unkonkrete.Das ist keineswegs so.Deswegen möchte ich Ihnen an drei, mitten aus dem Leben gegriffenen Beispielen der Universität zeigen, wie die Situation dort tatsächlich ist.
Zunächst zur Frage der Lehre. Eine gute Lehre hängt bekanntlich davon ab, daß man gute Lehrkräfte hat. Die Wissenschaftsbehörde ist zum Teil – das muß ich zugestehen – rechtlich nicht in der Lage und zum Teil auch nicht willens, gute Lehrkräfte durch das Aushandeln von vernünftigen Bedingungen nach Hamburg zu holen. Der Zustand der Universität ist wirklich nicht berauschend. Um den Widerstand zu überwinden und die Attraktivität von Hamburg zu nutzen, müßte man individuelle Besoldungen aushandeln. Was bei Architekten, Opernsängerinnen und -sängern, Malern gilt, muß doch auch für die Hochschule gelten.Hier hat die Flexibilität zunächst anzusetzen und nicht so sehr bei der Frage der Juniorprofessoren und der Habilitation; das sind weitreichendere Pläne, auf die es jetzt nicht unmittelbar ankommt.
Es kommt darauf an, die Lehre mit konkreten Mitteln zu verbessern. Denn, Frau Sager, Sie wissen – obwohl Ihr Studium weiter zurückliegt – durch Ihre Zusammenarbeit mit der Universität, daß zum Beispiel Hausarbeiten in den Rechtswissenschaften für 130 Studenten ausgegeben werden, aber lediglich zehn Buchexemplare des entscheidenden Kommentars zur Verfügung stehen. Das ist der Regelfall. Es bedeutet, daß die Studenten diese Kommentare ausschlachten, die entsprechenden Seiten herausreißen
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und die Bücher verstecken, damit sie sie später auch noch zur Verfügung haben, oder sie gleich stehlen.Das ist ein unhaltbarer Zustand, den man durch eine geringe Aufstockung der Bibliotheksmittel beseitigen kann.
Zurück zur Lehre.In der großen Vorlesung ist es völlig egal, ob 300 oder 400 Zuhörer anwesend sind. Aber eine Arbeitsgruppe muß richtig besetzt werden können.Sie wissen selbst, daß sich mit mehr als 15 oder 20 Studenten eine individuelle und gute Lehre nicht mehr durchführen läßt.
Ich komme zum Schluß. Die Universität und die Hochschulen leben in der Forschung letztlich nur noch von den Drittmitteln. Das ist ein absurder Zustand. Die Grundausstattung ist inzwischen so gering, daß bei der VolkswagenStiftung, der Forschungsgemeinschaft und der ThyssenStiftung Drittmittel für Projekte eingeworben werden, die man aber nicht durchführt, weil man diese Mittel in die Grundausstattung steckt.Das ist den Stiftungen gegenüber ein Tanz auf dem Vulkan, wenn man begründen muß, sich ein bestimmtes Forschungsprojekt vorzunehmen, aber die Mittel dann letztlich für Stellen im Bereich der Grundausstattung verwendet. Hier manövrieren wir – wenn man es der DFG ehrlich erklären würde – am Rande des Illegalen.
Deswegen ist die Warnung der Dekane und des Präsidenten völlig berechtigt. Wenn Sie nicht in Zukunft eine noch weiter absackende Universität haben wollen, müssen Sie die Sparquote auf Null herunterfahren; nur dann geht es. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gnade geht vor Recht. Das Gnadenrecht ist ein uraltes Recht des Souveräns, jetzt des Staatsoberhauptes und bei uns des Senates. Sie, Frau Senatorin, benutzen Ihr unbestrittenes verfassungsrechtliches Vorbehaltsrecht des Gnadenerweises, um aus rechtspolitischen Gründen das geltende Recht und die dieses Recht nur anwendende Rechtsprechung zu unterlaufen.Sie tun das, indem Sie Ersatzfreiheitsstrafen zumindest teilweise serienmäßig niederschlagen. Gnade soll einem Straftäter im Einzelfall widerfahren, einem Straftäter, den ein Urteil besonders hart trifft, weil das geltende Recht in seinem Falle unverhältnismäßig, übermäßig einschränkt, weil in seiner Person liegende Gründe eine solche Strafe nicht rechtfertigen. Im Einzelfall soll korrigierende Gerechtigkeit geschaffen werden.
Mit diesem Verständnis des Gnadenrechtes, über das wir gewiß nicht streiten werden, ist es unvereinbar, wenn Sie Täter, die zu einer Geldstrafe verurteilt worden sind und nicht zahlen, sogleich oder später begnadigen und damit von der Verbüßung der vollen Ersatzfreiheitsstrafe serienweise freistellen.Daß das geschehe, haben Sie immer wieder bestritten. Wir haben nicht lockergelassen. Auf Seite 3 der Drucksache 16/3774 ist nun eingeräumt, daß in 62 Prozent der Gnadenverfahren, die dort genannt sind, die Ersatzfreiheitsstrafe erlassen wurde, in absoluten Zahlen also von 1885 Gnadensachen 1172 positiv entschieden wurden. Das ist eine Serie. Hier immer noch von sorgfältiger Einzelfallprüfung im Blick auf individuelle Korrektur einer zu harten Bestrafung zu sprechen, wie Sie es tun, heißt, daß Sie die Öffentlichkeit und uns nicht ernst nehmen. Nur im Hinblick auf den parlamentarischen Sprachgebrauch möchte ich darauf verzichten zu sagen, daß Sie uns einfach für dumm verkaufen. Ein Richter, mit dem ich Ihre Argumente besprochen habe, Begnadigungen von 65 Prozent der Fälle geschähen nach sorgfältiger Einzelfallprüfung, antwortete schlicht: Dazu fällt einem nun überhaupt nichts mehr ein.
Das Gnadenrecht, das die beiden anderen Gewalten, nämlich Gesetze und Richtersprüche, überspielt, muß aber ein Einzelfallrecht bleiben. Sonst wird die Gewaltenteilungskorrektur zu einer Verfassungsverfehlung. Die Richter und das Parlament müssen das nicht hinnehmen. Sie haben versucht, Ihre Gnadenpraxis durch ein Gefälligkeitsgutachten legitimieren zu lassen. Es wurde Ihnen mit byzantinistischer Unterwürfigkeit angedient und kommt dennoch zu einem falschen Ergebnis.
Sie bemühen sich um eine Reform des Rechts der Ersatzfreiheitsstrafen. Sie wollen vor allem den kurzfristigen Freiheitsentzug zurückdrängen. Das ist Ihr gutes Recht. Mag auch sein, daß Sie das positive Recht völlig ausschöpfen, bis die von Ihnen gewünschten Reformmaßnahmen geltendes Recht sind.Unzulässig ist es aber, daß Sie Ihre verfassungsrechtlichen Vorbehaltsrechte benutzen, um das geltende Recht zu unterlaufen. Rechtsanwendung und Rechtspolitik sind strikt zu trennen.
Letztlich ist Ihre Begnadigungspraxis auch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.Wir reden hier von den kleinen Leuten mit dem kleinen Geldbeutel, die ja gerade unter den Schwarzfahrern reichlich vorhanden sind. Einige Straftäter legen sich krumm, nehmen eine Einschränkung ihrer Lebensführung in Kauf und zahlen die Geldstrafe. Andere, die wegen derselben Delikte verurteilt werden und
nicht zahlen, werden durch die regelhafte Begnadigung wegen der Ersatzfreiheitsstrafe belohnt. Sehen die, die gezahlt haben, das eigentlich als höhere Gerechtigkeit an wie Sie, Frau Senatorin, oder schlicht als Ungerechtigkeit? Frau Senatorin, Sie gelten als beratungsresistent.
Wir haben über diese Sache seit beinahe zwei Jahren gesprochen. Sie bewegen sich nicht. Das ist nicht gut. Das Gnadenrecht hängt gewissermaßen über der Alltagsrechtsprechung.Wir brauchen es, weil auch Gesetze und Rechtsprechung menschlich fehlsam sein können. Dieses vornehme Recht der Exekutive ge- oder besser mißbrauchen Sie massenweise und entwerten es damit.Im Interesse der rechtsstaatlichen Gewaltenteilung fordere ich Sie auf, zu einer klugen und angemessenen Gnadenpraxis zurückzukehren. – Danke sehr.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Senatorin und auch Herr Klooß, Sie fragen uns nach den Gründen, warum wir – in der Tat sehr beharrlich – an diesem Thema dranbleiben. Natürlich wissen wir, daß wir kein parlamentarisches Kontrollrecht hinsichtlich Ihrer Gnadenentscheidungen haben. Aber wir als die erste Gewalt haben sehr wohl die Aufgabe, zu schauen, ob eine andere Gewalt ihre Grenzen überschreitet und damit die Verfassung verformt. Das zu sagen war unser erstes Anliegen.
Ein zweiter Grund. Wir sprechen ja nicht nur mit Ihnen und den anderen Fraktionen, sondern auch mit Richtern und Staatsanwälten, und da hört man manches ganz anders, als Sie es hier dargestellt haben. Daß Sie das nicht sehen und nicht wissen wollen, zeigt, daß Sie unangemessen und auftrumpfend gegenüber diesen Menschen, nämlich den Richtern und Staatsanwälten, auftreten. Unangemessen gehen Sie auch mit den anderen Gewalten, den nachgeordneten Organen und auch den Einzelinstitutionen um. Das gilt für die Mißachtung des Budgetrechts Ihrer Deputation, das gilt für Ihr Agieren bei der Berufung der Generalstaatsanwältin ebenso wie für Ihren unwürdigen, öffentlichen Umgang mit dem verdienten ehemaligen Generalstaatsanwalt.