Viviane Spethmann
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Da ich mich auf fünf Minuten beschränken muß, kann ich nicht auf alle Ausführungen der Senatorin eingehen.
Es gibt aber zum Glück noch mehr Redner der CDU.
Diese Debatte hat wieder gezeigt: Das gestörte Verhältnis der SPD, der Grünen und der Regierungskoalition zur Justiz hält weiter an.
Die Äußerungen, die hier teilweise über die Richter gemacht wurden, finde ich haarsträubend. Wer Richter kennt, weiß, daß sie sich schwertun, in die Öffentlichkeit zu gehen. Sie versuchen, so etwas erst intern zu klären.
Insofern finde ich es sehr merkwürdig, wie hier damit umgegangen wird.
Herrn Schill wollen wir gerade nicht mit den anderen Richtern in einen Topf werfen, Herr Franz.
Ich möchte nur daran erinnern, daß wir beispielsweise ein Senatsmitglied hatten, das vor zwei Jahren in einer Hamburger SPD-Zeitung zitiert wurde, daß Richter arrogante Menschen seien. Später stellte es sich als Fehler heraus, dies hatte die Landesgeschäftsstelle gemacht. Trotzdem finde ich so eine Ausführung in einem SPD-Parteiblatt haarsträubend.
Mit Ihren Äußerungen, Frau Kähler, bestätigen Sie zwar den Frust, Sie wollen aber wiederum nicht sehen, daß dieser Frust an vielen Stellen zu finden ist. Wo denn dann?
Irgendwie verstehe ich nicht, was wir in den letzten vier Jahren im Rechtsausschuß behandelt haben. Irgendwie verstehe ich das Ganze nicht.
Die Leistungsfähigkeit der Justiz beruht in den letzen Jahren aber insbesondere darauf, daß die Richter ein ungeheures Engagement gezeigt haben. Ich finde, das muß honoriert werden.
Daß sie jetzt erst klagen, liegt daran, daß die Grenze erreicht ist. Das ist hier bestritten worden.
Namhafte Richter haben in den letzten Jahren mehrfach geäußert – ich zitiere –:
„Täter bleiben unbestraft. Mit äußerster Kraft wird gegen den Prozeßberg gearbeitet. Urteile werden immer schlechter.“
Das sind Äußerungen aus der Presse der letzten Monate. Es sind Richter, die sich nicht anonym, sondern offen in der Presse geäußert haben. Das sind Punkte, die nicht aufgegriffen wurden, das ist bekannt. Da kann man nicht sagen, daß unter der Hand mit Schmutz geworfen wird. Doch der Senat hat nicht reagiert, er hat weiter konsolidiert.
Ich erinnere auch an die Fragestunde vor einigen Tagen in diesem Hause. Der Staatsrat hat sich zu den warnenden Äußerungen eines frisch pensionierten Strafrichters dahin gehend geäußert, daß das persönliche Frustration sei, und er hat damit die Äußerung disqualifiziert.
Das hat er gerade gesagt. Ich finde, so kann man mit Warnungen nicht umgehen.
Doch, Herr Schmidt, das war die Wahrheit.
Nein!
Das kann man nachlesen, das steht genau so im Protokoll.
Nein!
Ich nenne einige Beispiele: Die Situation der Schreibdienste wurde auch sogar von Ihrer Seite bestätigt. Es ist seit Jahren bekannt, daß sie in einigen Bereichen derartig überlastet sind, daß gar nichts mehr geht. Im Familiengericht Altona werden Akten monatelang gar nicht bearbeitet; da wartet man als Anwalt sechs bis sieben Monate, um überhaupt eine Antwort zu bekommen; das kann es nicht sein.
Zweitens: Die Polizei hat endlich die geforderte DNA-Kartei aufgebaut, doch die Gerichte schaffen es nicht, die notwendigen Beschlüsse zu fassen. Mit welcher Folge? 200 mögliche Sexualstraftäter und Mörder, deren Wohnort
nicht bekannt ist, können zur Zeit nicht zur Fahndung ausgeschrieben werden, weil die gerichtlichen Beschlüsse nicht erfolgen können. Das ist der Skandal.
So müssen die Tatbeteiligten eines „Hells Angels“-Verfahrens möglicherweise aus der U-Haft entlassen werden; das droht.
Die gleiche Kammer behandelt aber auch den Strahlenskandal um Professor Hübener. Wie sollen die Richter mit diesen ganzen Verfahren zu Rande kommen? Erklären Sie uns das, dann würden wir auch eine Lösung finden. Wir wissen aber im Moment auch nicht mehr, als weitere Stellen zu fordern.
Zum Thema der Deals, Frau Senatorin. Daß sie üblich und auch vom BGH anerkannt sind, ist überhaupt keine Frage. Das Hauptproblem liegt aber doch darin, daß Deals in Großverfahren inzwischen grundsätzlich eingegangen werden und nicht mehr nur im Ausnahmefall. Gegen den Ausnahmefall ist nichts zu sagen, aber es kann doch nicht wahr sein, daß ein Strafverteidiger grundsätzlich Deals aushandelt. Wo bleibt da bitte die Rechtsprechung und die Gerechtigkeit? Das lehnen wir als pauschale Maßnahme ab.
Insoweit verwundert auch nicht, daß die Erledigungszahlen in der Statistik gar nicht so schlecht aussehen. Diese Deals wurden gerade gemacht, um solche langen Verfahren abzukürzen.
Die Zahlen, die Sie vorlegen, sind nämlich geschönte Zahlen. Die CDU ist seit Jahren immer für die Konsolidierung des Haushalts.
Doch! Aber Sie haben eine Sache übersehen: Justiz läßt sich nicht ökonomisieren. Die Justiz ist kein Wirtschaftsbetrieb, der Klagen und Strafprozesse steuern kann. Wo ein Kläger ist, muß leider auch ein Richter sein. Da können wir nicht steuern, das ist nun leider einmal so.
Ich komme zum Ende. Die Modernisierung der Justiz wurde in den letzten Jahren immer hoch gelobt, und es wurde erklärt, daß aufgrund dessen nicht genutzte Kapazitäten vorhanden seien. Diese hat es aber nie gegeben. Wir haben festgestellt, daß es keine gibt, und deshalb: Hören Sie auf mit dem Sparen in diesem Bereich.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Veränderungen des SOG mit dem sogenannten Wegweisungsrecht werden auch von der CDU unterstützt. Warum hier andere Aussagen getätigt worden sind, verstehe ich gar nicht.
Das wissen Sie aus den Ausschüssen in den letzten drei Jahren, in denen wir umfangreich über dieses Thema debattiert haben; daher verstehen wir diese Äußerung nun gar nicht.
Zwanzig Tage Entfernung aus einer Wohnung, vielleicht sogar von der Arbeitsstätte der Frau oder vom Kindergartenplatz des Kindes, sind sehr wichtig. Die Opfer brauchen manchmal diesen Schutz. Der bisherige Platzverweis war in vielen Fällen nicht erfolgreich.
Auch diese Punkte sieht die CDU als erheblichen Handlungsbedarf an.
In den letzten drei Jahren ist viel geredet und untersucht worden, aber passiert ist relativ wenig. Insoweit unterstütze ich zwar viele Punkte und Analysen von Frau Ernst,
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und wir werden heute bestimmt auch noch mehr hören, aber es ist einfach zu wenig passiert.
Die Umsetzung des SOG muß nun hauptsächlich von der Polizei getragen werden. Es wird eine erhebliche Mehrarbeit auf sie zukommen, die wir unterstützen müssen. Sehr positiv ist, daß die Gewerkschaften dieses erkannt haben, sehr viele Schulungen anbieten und sich intensiv mit diesem Thema beschäftigen. Das sind Punkte, die es zu honorieren gilt und bei denen wir uns überlegen müssen, wie wir es schaffen, die Polizei weiter zu sensibilisieren beziehungsweise die bisherige Resignation in diesen Bereichen aufzufangen. Eines müssen wir tatsächlich sehen: Frauen durchleben das Erlittene immer wieder und leiden weiter darunter; sie fürchten, daß der Täter wieder auftaucht, und scheuen sich davor, Anzeigen zu erstatten. Das letzte Beispiel, das wir kürzlich mit einer Verurteilung erleben konnten, ist der Fall Böttcher in Wilhelmsburg. Der Täter war dort bereits stadtbekannt, er hatte seine ExFreundin bedroht, und das Ergebnis konnte man dann hinreichend lesen.
Was aber viel nötiger ist, ist nicht nur eine einfache Gesetzesänderung, sondern ein Gesamtkonzept. Den Frauen wird es nichts nützen, daß ein Täter weggewiesen wird, sondern wichtiger ist ein Beratungs- und Begleitangebot; die Frauen müssen begleitet werden. Ich kenne das aus Scheidungsverfahren, bei denen ich als Anwältin dabei bin und bei denen die Mandantinnen einfach nicht mehr wissen, ob sie diese Schritte noch weitergehen wollen oder nicht. Das heißt, sie müssen jemanden haben, der ihnen genau sagt, was passiert. Daher ist es für uns ganz wichtig, daß Frauen- und Kinderschutzhäuser weiter erhalten werden. Sie bilden einen sehr wichtigen Bereich dieses Maßnahmeplans, bei dem wir mit einem Gesamtkonzept weiter vorangehen müssen. Der erste Punkt wird aber sein, die Polizei zu stärken und das neue Gesetz umzusetzen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, Herr Staatsrat! Halten Sie es nicht für bedenklich, daß anscheinend nicht nur in der Öffentlichkeit eine gewisse Unruhe über das Maß der Urteile besteht, sondern daß in den letzten Jahren sogar vermehrt verschiedene Strafrichter – nicht nur Herr Beyer – auf die Äußerungen in der Öffentlichkeit gekommen sind, die ungewöhnlich sind? Halten Sie das nicht für ein bedrohliches Zeichen?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Was ist los im Hamburger Strafvollzug?“ fragen zu Recht viele besorgte Hamburger Bürgerinnen und Bürger.
Die Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage offenbart eklatante Probleme und Sicherheitsrisiken im Hamburger Strafvollzug. Die Zahlen, die der Senat hier vorträgt, belegen eine erhebliche Gefährdung der Sicherheit der Bürger durch entwichene Gefangene.
Allein in den Jahren 1998 bis 2000 haben 233 Gefangene Fluchtversuche unternommen. 42 von ihnen, also ein Fünftel, befinden sich bis heute auf freiem Fuß. Diese zum Teil hoch gefährlichen Straftäter stellen ein erhebliches Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung Hamburgs dar. Die Bewachung der Gefangenen muß daher deutlich, auch unter Einsatz modernster Technologien, verbessert werden.
In den Jahren 1997 bis 2000 sind insgesamt 993 Gefangene aus Urlaub, Ausgang oder Freigang nicht oder nicht rechtzeitig zurückgekehrt. Ich wiederhole noch einmal: Fast 1000 Gefangene sind nicht rechtzeitig oder gar nicht zurückgekehrt.
Am Stichtag, dem 1. Februar 2001, waren 194 Gefangene unrechtmäßig abwesend. 128 von diesen mehr als ein Jahr, also zwei Drittel der entwichenen Gefangenen waren länger als ein Jahr nicht anwesend. Das kann nicht wahr sein. Auch diese Straftäter bedrohen die Sicherheit der Hamburger Bürger.
Vor diesem Hintergrund ist die Gewährung von Vollzugslockerung dringend zu ändern. Es kann nicht angehen, daß – wie der Senat selbst einräumt – ein Gefangener, der bereits gegen Freigangsvorschriften verstoßen hat, nach einer Ermahnung kurze Zeit später wieder Freigang erhält und natürlich wieder nicht zurückkehrt. Die bisherige Praxis zeigt, daß berechtigte Sicherheitsinteressen der Bürgerinnen und Bürger vom Senat und von der Justizsenatorin nicht genügend ernst genommen werden.
Grundsätzlich muß insoweit auch mehr, als es bisher der Fall war, bei Vollzugslockerungen externer Sachverstand
zur Beurteilung des Sicherheitsrisikos eingeholt werden. Es gilt insbesondere, daß auch die Vollzugsbediensteten mehr unterstützt werden müssen.
Die Belegungssituation in den Hamburger Justizvollzugsanstalten ist katastrophal. Die Anstalten sind zum Teil deutlich überbelegt, und noch immer sind viel zu viele Gefangene in Sälen mit bis zu acht Gefangenen untergebracht. Diese Art der Unterbringung begünstigt die Entstehung von Aggressionen und Gewalt, die sich untereinander im Jahre 2000 in über 100 Fällen, aber auch gegenüber den Bediensteten in weiteren Fällen dargestellt haben. Häufig beschweren sich Gefangene, die an Schulungsmaßnahmen teilnehmen, sie könnten sich wegen der Situation in diesen Gruppenunterkünften nicht auf Arbeiten vorbereiten und lernen. Aber gerade eine schulische und berufliche Ausbildung ist eine hervorragende Resozialisierung von Straftätern, die das Strafvollzugsgesetz auch vorsieht. Insbesondere entstehen in diesen Sälen auch eigene kriminelle Strukturen. Zum Teil trauen sich Vollzugsbedienstete gar nicht mehr in diese Säle hinein. Sie müssen sich vorstellen, daß acht Hochkriminelle in einem solchen Saal festgehalten sind. Da traut sich ein einzelner Beamter nicht hinein.
Diese Gemeinschaftsunterkünfte müssen zurückgebaut werden. Die CDU-Fraktion fordert seit geraumer Zeit die Abschaffung der Saalunterbringung. Es geht hier zu langsam.
Der Senat geht auch bei seinen Planungen zur Erweiterung der Haftkapazitäten generell von falschen Vorstellungen aus. Hamburg braucht mehr Haftplätze im geschlossenen Vollzug, denn gerade in diesem Bereich herrscht die größte Überbelegung. Die geplante geschlossene Vollzugsanstalt, mit deren Bau erst 2004 begonnen werden soll, kommt also viel zu spät.
Der Ausländeranteil in den Justizvollzugsanstalten ist extrem hoch. Im geschlossenen Vollzug beträgt dieser weit über 40 Prozent. Zur Entlastung des Strafvollzuges ist es darum unerläßlich, ausländische Strafgefangene wesentlich früher als bisher zur weiteren Strafverbüßung in ihr Heimatland zu verlegen. Von der Möglichkeit, bei Ausländern Abstand von Strafverfahren und Strafvollzug zu nehmen, wenn Auslieferung, Ausweisung und Strafvollstreckung in den Heimatstaat erfolgen können, wurde bislang – wohl aus Rücksichtnahme auf die GAL – nicht in ausreichendem Umfang Gebrauch gemacht.
Künftig müssen auch noch verstärkter die Möglichkeiten zur Vermeidung ersatzfreier Strafen durch Ableistung gemeinnütziger Arbeit genutzt werden. Dies ist eine alte Forderung der CDU. Indem der Senat diese desolaten Zustände im Hamburger Strafvollzug toleriert, verletzt er seine Fürsorgepflicht gegenüber den friedlichen Gefangenen, die Opfer von Gewalttaten werden, aber auch gegenüber den Bediensteten im Strafvollzug, die im Rahmen ihres Dienstes Verletzungen erleiden, und das nicht gerade wenig im geringen Maße der Erheblichkeit.
Der Senat behauptet, gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Gefangenen seien auch durch eine stärkere Präsenz von Vollzugsbediensteten nicht auszuschließen. Es tut mir leid: Natürlich sind sie auszuschließen. Wenn sich teilweise Beamte nicht trauen, über Stunden hinweg einen bestimmten Flügel zu betreten, weil sie dort alleine sind, dann ist das ein Skandal, denn dort sind die Gefangenen aufeinander angewiesen beziehungsweise werden aufeinander losgelassen, und das kann nicht sein.
(Dr. Roland Salchow CDU: So ist es! Tatsächlich hat die Justizsenatorin anläßlich der Amtsein- führung des neuen Leiters des Strafvollzugsamtes vor ei- nigen Wochen auch eingeräumt, daß die Personaldecke im Strafvollzug aufgrund der Haushaltskonsolidierungsmaß- nahmen erheblich angespannt ist. In der Antwort auf un- sere Große Anfrage gibt der Senat zu, daß die Personal- planung für die Justizvollzugsanstalten in der Vergangen- heit nicht bedarfsgerecht vorgenommen worden ist. Sie kann auch in Zukunft nicht vorgenommen werden, und das ist ein Skandal. Konsequenzen aus dieser Einsicht wurden aber bisher nicht gezogen. Der Senat läßt die Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter des Strafvollzuges vielmehr mit den Problemen allein. Die Folge: Die Stimmung unter den Mit- arbeitern des Strafvollzuges ist schlecht. Die Belastung und der Krankenstand extrem hoch, teilweise bis zu 30 Prozent. Der Senat muß endlich auch diese Bedürfnisse der Mitar- beiter im Strafvollzug ernst nehmen. Der allgemeine Voll- zugsdienst und der Werkdienst müssen personell verstärkt werden. Die Bewachungsanlagen müssen technisch so aufgerüstet werden, daß das Personal in diesen Bereichen entlastet wird. Darüber hinaus muß nachgedacht werden, inwieweit die Besoldungsstruktur zur Motivation der Be- diensteten dringend verbessert werden kann. Der Senat muß auch dringend auf die veränderten Struk- turen in den Justizvollzugsanstalten reagieren. Immer mehr Straftäter aus osteuropäischen Ländern sitzen im Ham- burger Strafvollzug ein. Die Hemmschwelle dieser Straftä- ter ist sehr niedrig, und sie neigen zum Teil zu äußerster Brutalität. Hier scheitert eine Resozialisierung nach dem Strafvollzugsgesetz. Hier geht es um Erstsozialisierung und ganz neue Strukturen, auf die wir eingehen müssen. Ein Konzept für den Umgang mit dieser Tätergruppe fehlt bis heute jedoch völlig. Damit nimmt der Senat leichtfertig Gesundheitsverletzungen von Bediensteten und anderen Gefangenen durch Angriffe dieser Straftäter in Kauf. Neben einem allgemeinen Handlungskonzept kann hier auch eine Verbesserung der Binnendifferenzierung nach Gefährlich- keit und Gefährdungsgrad der Gefangenen Abhilfe schaf- fen. Aber auch auf die veränderte Drogenproblematik weiß der Senat nicht adäquat zu reagieren. Zu diesem Thema hört man lediglich häufiger: Eine drogenfreie Justizvollzugsan- stalt könne es heute nicht mehr geben. Hier müssen wir ansetzen. Es muß das Ziel sein, daß wir eine drogenfreie Haftanstalt haben. Die Antwort des Senates zeigt, daß im- mer mehr harte Drogen gefunden werden. Insbesondere Kokain- und Crack-Konsum macht die abhängigen Ge- fangenen noch aggressiver. Der Senat steckt vor dieser Herausforderung den Kopf in den Sand. Auch hier nützt mehr Personal für mehr Durchsuchungen und ähnliches. (Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Dann werden sie alle clean mit mehr Perso- nal?)
Neben verstärkten Kontrollen müssen verstärkt Therapiemöglichkeiten angeboten werden. Die Anbieter externer Suchtberatungen müssen gestärkt und nicht weiter abgebaut werden, wie es zur Zeit der Fall ist. So kann man des Problems nicht Herr werden. Der Senat läßt den Strafvollzug verkommen. Die Sicherheit innerhalb und außerhalb der Justizvollzugsanstalten ist wegen der zahlreichen Versäumnisse des Senates gefährdet. Die Interessen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Vollzugsbediensteten
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werden in Hamburg nicht genügend ernst genommen. Vor diesem Hintergrund kann in unseren Justizvollzugsanstalten auch keine Resozialisierung stattfinden. Daher ist die Rückfallquote entlassener Strafgefangener immens hoch. Wesentliche Probleme werden entweder falsch angegangen oder völlig ignoriert.
Ein CDU-geführter Senat wird die von mir beschriebenen notwendigen Maßnahmen zur Stärkung des Strafvollzuges ergreifen, die Sicherheit innerhalb und außerhalb der Strafvollzugsanstalten deutlich erhöhen und eine wirksamere Resozialisierung der Straftäter als bisher ermöglichen, an der uns gelegen ist. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zur Stärkung des Opferschutzes ist in der Tat ein Fortschritt für die Opfer von Kriminalität, auch wenn sich der Senat nicht in jedem Punkt
im Bundesrat durchsetzen konnte.Wesentliche Punkte des Entwurfs entstammen der Programmatik der CDU. So wurde insbesondere die Opferentschädigung, die erheblich verbessert werden muß, bisher immer noch nicht geregelt. Aber da der Senat bekanntermaßen etwas länger braucht, besteht noch Hoffnung, daß wir mit diesem Thema zu Rande kommen.
Zu bemerken ist allerdings, daß die Selbstbeweihräucherung, die wir jetzt erleben, einen sehr wichtigen Aspekt außer acht läßt. Die wichtigsten Maßnahmen im Bereich der Opferhilfe dienen dazu zu verhindern, daß Menschen überhaupt zu Opfern werden. Ich spreche hier von der Kriminalitätsbekämpfung. In Hamburg besteht ein immenser Nachholbedarf. Die Ignoranz des Senats führt zu steigender Kriminalität, besonders im Gewaltbereich, und zu einer Verunsicherung der Bevölkerung. Die Aktionen auf Bundesebene sind für die Menschen vor Ort reiner Zynismus, denn entweder werden in Hamburg die nötigen Gesetze gar nicht erlassen oder bestehende Vorschriften nicht konsequent angewandt, denn der beste Opferschutz soll Leben schützen und den Tod verhindern. Und da stelle ich einfach die Frage: Wäre Volkan nicht gestorben, wenn bestehende Gesetze durchgesetzt worden wären? Bei konsequenter Rechtsanwendung wären viele Unschuldige gar nicht erst zu Opfern geworden, denn ein toter Volkan weniger ist besser als hundert Nebenkläger, die wir jetzt haben.
In der Bekämpfung der Jugendkriminalität, die sehr viele Opfer erzeugt, regiert der Geist der 68er.
Das ist Hamburger Praxis entgegen den Gesetzen zum Trotz. Das hat mit Opferschutz sehr wohl etwas zu tun. Gegen Heranwachsende das Jugendstrafrecht anzuwenden, wird bundesweit als Rechtsbeugung angesehen.
Auch die Zustände in den Justizvollzugsanstalten sind skandalös. Es wird noch nicht einmal mehr versucht, den Drogenhandel und den Konsum in den Gefängnissen zu unterbinden; das kann ein Opfer nicht verstehen. Strafgefangene werden in Hamburg nicht resozialisiert, sondern lediglich aufbewahrt. Wegsehen und mangelnde Resozialisierung führen dazu, daß viele Straftäter krimineller aus den Gefängnissen entlassen werden, als sie hineingekommen sind; das schadet den Opfern. Die Wachmannschaften in den Justizvollzugsanstalten werden genauso wie Polizei und Justiz kaputtgespart. Das darf nicht sein, das erzeugt auch Opfer.
Die Gerichte sind einer außerordentlichen Abmagerungskur unterzogen worden und können sich der Opfer nicht mehr genügend annehmen. Da nützt es uns nichts, neue Gesetze zu erlassen, wenn wir nicht genau wissen, wie das Personal mit ihnen umgehen soll.
Das gesamte Klima in der Stadt begünstigt die Entstehung von Kriminalität und vielen Opfern. Verschmierte Hausfassaden, zerstörte Mülleimer, Telefonzellen und Wartehäuschen des HVV legen ein beredtes Zeugnis ab über die Politik des Senats.
Opferschutz ist die Kehrseite der Kriminalitätsbekämpfung. Die Menschen merken genau, wenn man versucht, sie einzulullen. Da nützen auch keine Gastspiele in der Bundesrepublik. Der Senat wird an seinen Taten in Hamburg gemessen, und da hat er schlechte Karten, denn wer in Hamburg so deutlich versagt hat wie Sie, der kann in den Augen
der Menschen auch nicht davon ablenken, daß Sie nur versuchen, sich bundespolitisch zu profilieren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe versucht aufzuzeigen, daß zum Opferschutz zuallererst eine konsequente Bekämpfung der Kriminalität gehört, und hier sollte Hamburg zunächst vor der eigenen Türe kehren.Ehrlich gesagt, ich glaube kaum, daß dieser Senat dazu noch die Kurve kriegt, aber ich bin zuversichtlich, daß ein CDUgeführter Senat dieses im nächsten Jahr in den Griff bekommen kann. – Vielen Dank.
Verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag wird auch von der CDU unterstützt. Es gilt nämlich, insbesondere das Engagement der Stadt für diese Bundeswehr-Universität darzu
stellen.Die Bundeswehr-Universität ist ein wichtiger Standortfaktor für diese Stadt. Es steht zu befürchten, daß im Rahmen der Einsparungen bei der Bundeswehr diese Bundeswehr-Universität vielleicht sogar geschlossen wird; diese Überlegung gibt es durchaus.Wir sollten uns darüber im klaren sein, daß 1500 Studenten, 100 Professoren und 200 Personen wissenschaftliches Personal mit Familien ein sehr wichtiger Standortfaktor für Hamburg sind.
Auch die Qualität der Bundeswehr-Universität ist ausgesprochen gut; Herr Marx hat das eben schon erläutert. Ich selbst kann mich noch an meine Studienzeit erinnern, wo ich statt in der Universität Hamburg lieber in der Bundeswehr-Universität gesessen habe und dort in der tollen Bibliothek meine Sachen zusammengeschrieben habe.
Wichtig ist insbesondere in diesem Zusammenhang, daß der Senat mit der bayerischen Landesregierung zusammenarbeitet, daß beide Hochschulstandorte gleichwertig aufrechterhalten und nicht gegeneinander ausgespielt werden. Ich halte es auch für sehr vorteilhaft, daß die homogene Studentenschaft aufgelockert werden kann, beileibe aber nicht in dem Sinne, wie Frau Koppke das im Antrag geschrieben hat. Es ist zwar gut, daß auch Zivile an der Bundeswehr-Universität sind, aber man kann beileibe nicht sagen, daß die Bundeswehr-Universität den militärischen Charakter ausgesprochen stark nach draußen trage.
Ein wichtiger Problembereich werden die Finanzierungsprobleme sein, denn bisher erhalten die Offiziere, die dort studieren, ein volles Gehalt und studieren in Trimestern. Das wird einem zivilen Studenten so natürlich nicht möglich sein.Der bekommt kein volles Gehalt, und er kann auch nicht nebenbei jobben, denn bei Trimestern ist es ausgesprochen anstrengend, so zu studieren.
Insofern freuen wir uns darauf, daß der Senat hierzu eine Ausarbeitung machen wird.Er kann sich der Unterstützung der Bürgerschaft sicher sein, diesen Standort zu erhalten. Zum REGENBOGEN-Antrag möchte ich nur sagen:Das ist ideologischer Schwachsinn. Wenn wir dies tatsächlich so umsetzen würden, dann würden wir die Bundeswehr-Universität nicht mehr lange hier haben. – Danke.
Am Verwaltungsgericht, Oberverwaltungsgericht sowie am Finanzgericht war jüngst einige Unruhe wegen des bevorstehenden Umzugs in das Justizforum Ost zu verzeichnen.Tatsächlich ist der Bürgerschaft die Grundsatzentscheidung bezüglich eines Umzuges nicht mitgeteilt worden.
Erstens: Auf welche Summe belaufen sich die Gesamtkosten für einen Umzug der Gerichte in das Justizforum Ost?
Zweitens: Hat es einen Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen dem jetzigen und dem geplanten Zustand gegeben?
Ich habe noch die Nachfrage, wann die Grundsatzentscheidung gefallen ist, überhaupt eine Neuplanung zu machen. In der Senatsmitteilung von letzter Woche zur Mantelbebauung Berliner Tor taucht die Justizbehörde nur in einer einzigen Zahl auf, und das wundert dann doch.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte hier auch kein negatives Bild der Studenten malen. Die Anhörung hat uns sehr viele Denkanstöße geliefert, die wir aufgreifen sollten.Insoweit will ich nicht alle Zahlen wiederholen, die meine beiden Vorredner schon genannt haben.
Bedenklich ist natürlich schon die erheblich höhere Durchschnittsalterszahl der Hamburger Studenten mit 27,3 Jahren. Das ist 1,6 Jahre älter als der Bundesdurchschnitt. Da muß man sich natürlich schon überlegen, was in Hamburg so besonders anders ist.
Das Nachtleben mag interessant sein, aber das soll nicht der ausschlaggebende Grund sein.
Ich erinnere daran, daß die großen Konzerne teilweise gern auch die etwas älteren deutschen Absolventen einstellen. Ein vergleichbarer vierundzwanzigjähriger Engländer oder Spanier holt meistens mit 24 Jahren viele Erfahrungen nach, die deutsche Studenten auf längere Frist ausüben. Insoweit scheint es eine gewisse Lebenserfahrung zu sein, die man bei deutschen Studenten schätzt. Das heißt nicht, daß es nur negativ sein kann.
Genauso wenig bedenklich ist es, daß Studenten grundsätzlich nebenbei jobben. Ich halte es sogar für eine sehr gute Entwicklung, daß der Kontakt zum Berufsleben stattfindet. Problematisch sehe ich aber solche Studenten, bei denen das Studium nicht mehr im Mittelpunkt steht. Wenn das nicht der Fall ist, verkommt die Hochschule zur Volkshochschule. Das darf nicht passieren.
Der Humboldtsche Gedanke, ein breites Studium anzulegen – sei es durch viele Studiengänge oder auch durch Erfahrungen im Leben –, sollte weiter von uns getragen werden.Aber der Student muß sich auch darüber bewußt sein, daß er letztendlich acht, neun Jahre auf Kosten der Gemeinschaft studiert. Dieses Bewußtsein muß er in sich tragen und dafür seine Leistungen erbringen. Insoweit war es sehr wichtig, in den Beratungen und Anhörungen mit Experten festzustellen, daß wir tatsächlich eine Desorientierung der Studenten haben, die uns sehr nachdenklich stimmen muß. Dafür sprechen die hohen Studienabbrecherquoten. Diesen Studenten müssen wir gerecht werden. Deswegen müssen Beratungen sowie Prüfungen erheblich früher stattfinden, damit der Student vielleicht schon im dritten Semester merkt, wenn es nicht der richtige Studiengang ist. Insoweit, Herr de Lorent, ist die Feed-back-Kultur eine ganz tolle Idee, und wir werden ihr nachgehen.
Zum BAföG. Glorreich war es nicht, was die alte Bundesregierung gemacht hat, aber auch nicht glorreich, was die neue Bundesregierung bisher getan hat.
Wir sollten gemeinsam an einem Strang ziehen und gucken, was wir hinkriegen.
Ich möchte noch auf den Bereich der Studierenden mit Kind hinweisen, in dem es bisher kein adäquates Angebot gibt. Das betrifft insbesondere Frauen, die aus diesem Grunde ihr Studium abbrechen. Wir müßten uns sehr genau überlegen, wie wir diese Frauen – auch einige Männer – unterstützen, um in der Lage zu sein, ihr Studium zu beenden und weitere Qualifikationen zu erwerben.
Es müssen viele Rahmenbedingungen verbessert werden, unter anderem die Verbesserung der Lehrqualität.Wir werden im Wissenschaftsausschuß und später mit Anträgen im Parlament intensiv daran weiterarbeiten.
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Ich hoffe, ich werde es auch so kurz und knackig halten können. Ich frage mich im übrigen, warum das Thema bereits jetzt schon zur Debatte angemeldet worden ist. Es gibt für eine streitige Debatte nun wirklich nicht allzu viel her, denn – Herr Marx, da sind wir uns zumindest in großen Teilen einig – die Leistungen und die spezifische Begabung der Studienbewerber erhalten künftig ein größeres Gewicht.
Die Regelung, die jetzt kommt, wird insbesondere bei uns mit großer Freude gesehen, weil noch mehr nach Leistung ausgesucht werden kann und sich insbesondere die Hochschulen selbst zumindest einen kleinen Teil ihrer Bewerber aussuchen und damit ein eigenes Profil entwickeln können. Das wird insbesondere vielen kleinen Hochschulen zugute kommen; vielleicht nicht unbedingt einer so großen Hochschule wie in Hamburg. Aber wir werden uns darüber noch ausgiebig im Wissenschaftsausschuß austauschen, und ich hoffe, daß wir durch diesen gesteigerten Wettbewerb auch gesteigerte Bedingungen haben. – Vielen Dank.
Verehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bedauere, daß es jetzt langweilig werden wird, da in dieser Frage ein Konsens besteht. Insoweit wird es keine allzu spannende Debatte geben, weil es keine Differenzen geben wird.
Nun ist dieses Thema ein ewiges Thema der GAL, aber auch nicht ganz unberechtigt. Herr Franz hat bereits erwähnt, daß es sich um einen höchst sensiblen Bereich handelt. Die Gefangenen sind letztendlich der staatlichen Macht ausgeliefert. Sie können nicht frei zum Arzt gehen, sondern sie sind darauf angewiesen, daß sie dem Arzt zugeführt werden. Das ist natürlich eine ganz andere Situation.Es kann auch nicht angehen, daß Gefangene tagelang auf einen Arztbesuch warten müssen. Solche Zustände darf es nicht geben und hat es nur in weiter Vergangenheit gegeben und hoffentlich nicht in Zukunft.
Es gibt leider einige bedenkliche Situationen. Es gibt zum Beispiel einen sehr hohen Krankenstand im Bereich der Pfleger. Es sind zum Teil bis zu 30 Prozent des Pflegepersonals krank. Das sollte uns natürlich sehr zu denken geben: Warum sind sie krank? Welche Gründe können dafür sprechen? Darüber müssen wir uns auch sehr intensiv Gedanken machen.
Die Entscheidung, das Vollzugskrankenhaus in seiner heutigen Form umzubauen, war eine sehr vernünftige Ent
scheidung. Ich plädiere dafür, verehrte Senatorin, geben Sie den Ärzten den genügenden Freiraum, auch das zu entwickeln, was dort nötig ist, denn einiges muß umgestellt werden.
Was aber in diesem Zusammenhang beachtet werden muß, ist, daß es – zumindest für die vergangenen Jahre – Fehlinvestitionen gegeben hat. Es sind im Vollzugskrankenhaus Geräte angeschafft worden, die bis heute noch nie im Einsatz waren.Das sind klassische Fehlinvestitionen.Es fehlt das Personal, das diese Geräte bedienen kann. So etwas kann einfach nicht angehen.
Wenn wir hier bei Fragen des Geldes sind, fällt mir natürlich eine Entscheidung wieder auf. Im letzten Jahr hat die rotgrüne Mehrheit im Rechtsausschuß nach langer Debatte entschieden, daß die Krankenbekleidung geändert werden soll.15 000 DM wurden dafür aufgewendet, daß die gesamte Bekleidung ausgewechselt wurde.Ich frage mich, was ist eigentlich mit der alten Bekleidung geschehen? Das würde mich brennend interessieren.
Auf die Hinweise zu den psychiatrischen Erfordernissen plädiere ich für die CDU-Fraktion für einen fest angestellten Psychiater.Die gesamten Probleme im psychiatrischen Bereich haben erheblich zugenommen.Es muß festgestellt werden, daß inzwischen ein großer Teil der Gefangenen die Straftaten aus psychiatrischen Gründen begeht, und hier ist der beste Ansatzpunkt. Diese Menschen bekommen wir sonst nie zu fassen. Es ist sogar eher unsere Pflicht, hier die Menschen zu fassen zu kriegen und ihnen einen sinnvollen Ansatz für das weitere Leben zu geben.
Die CDU wird dem Antrag ebenso zustimmen, und ich hoffe auf einen guten Bericht des Senats und dann auf eine gute Diskussion im Rechtsausschuß. – Danke.
Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Die starke Belastung von Gerichtsvollziehern seit Anfang 1999 hat die CDU-Fraktion veranlaßt, diese Große Anfrage an den Senat zu richten. Der Arbeitsanfall in diesem Bereich führt seit Jahren zu der Situation, daß zwischen Eingang eines Zwangsvollstrekkungsauftrags und dessen Erledigung teilweise sechs Monate liegen. Seit der Beantwortung dieser Großen An
frage wissen wir, daß es zum Teil sogar mehr als sechs Monate sind. Doch eine Vollstreckung von Zwangsvollstreckungsbeiträgen nach einem Gerichtsurteil lebt davon, daß sie möglichst schnell stattfindet und der Schuldner nicht verschwindet oder die Sachen zum Verschwinden bringt.
Die starke Beanspruchung der Hamburger Gerichtsvollzieher ist aber auch auf das Inkrafttreten der Zweiten Zwangsvollstreckungsnovelle zurückzuführen. Seit dieser Gesetzesreform ist es Aufgabe der Gerichtsvollzieher, eidesstattliche Versicherungen abzunehmen. Diese Aufgabe oblag vorher den Rechtspflegern. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies: 72795 beantragte Verfahren zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung und 20 953 durchgeführte Verfahren müssen von der gleichen Zahl der Gerichtsvollzieher zusätzlich erledigt werden. Hinzu kommt eine Steigerung von persönlichen Zustellungen und anderen Postzustellungen in einer Größenordnung von mehr als 11000.
Diese Mehrarbeit kann nicht ohne weiteres bewältigt werden. Es muß so zu starken, nicht mehr als hinnehmbar zu bezeichnenden Verzögerungen kommen. So warten einige Gläubiger nicht nur sechs Monate seit Antragstellung auf irgendeine Rückmeldung des Gerichtsvollziehers, sie warten schon vorher im Rahmen des Gerichtsverfahrens auf eine Meldung, daß das Urteil endlich gesprochen worden ist – das dauert bekanntlich lange –, und dann warten sie noch über sechs Monate und länger.Ich habe bei mir in der Anwaltskanzlei Fälle, in denen der Gerichtsvollzieher sich noch nicht einmal gemeldet hat und zum Teil unbekannt war, wer der zuständige Gerichtsvollzieher ist. Nach sechs Monaten mußten wir das herausfinden; das sind untragbare Zustände. Sie können einen Schuldner nicht so in der Luft hängen lassen.Es geht nicht nur um den Gläubiger, es geht auch darum, daß der Schuldner Rechtssicherheit hat, was passieren soll.Das sind keine Zustände;soweit die Beschreibung der Situation.
Die Fragen in der heutigen Debatte lauten: Was hat der Senat gemacht, um dieser vorhersehbaren Situation zu begegnen, denn dieses Gesetz war bekannt, und was will er tun, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist und wir diese Überlastungssituation haben?
Zur ersten Frage nach der Antwort des Senats ist zu sagen, daß er, obwohl ihm die Auswirkungen vorher bekannt gewesen sein mußten, nichts getan hat. Die Schlagkraft der Gerichtsvollzieher wurde dadurch zusätzlich untergraben. Es sind keine zusätzlichen Stellen geschaffen worden. Wir konnten heute der Presse entnehmen, daß überlegt wird, Übergangsmaßnahmen zu treffen, dies aber erst, seitdem wir die Große Anfrage gestellt haben und der Gerichtsvollzieherbund sich massiv dafür einsetzt und die Rückstände inzwischen in derartigen Summen aufgelaufen sind, daß sie kaum abarbeitbar sind.
Praktisch hat der Senat in einem Bereich, der die ganzen letzten Jahre schon sehr lange Bearbeitungszeiten aufwies, sieben Stellen gestrichen. Da die fünf Gerichtsvollzieher in Ausbildung sind und die fünf vorübergehend eingesetzten Rechtspfleger noch nicht einmal ausreichen, um die Personalabgänge in diesem Bereich zu ersetzen, bleibt Fakt, daß Vorsorge nicht getroffen wurde.
Was will der Senat tun, um das Problem zu lösen? Er will abwarten und Überbrückungsmaßnahmen treffen, wobei er noch nicht weiß, welche Maßnahmen genau zum Einsatz
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kommen. Ob das tatsächlich der Fall ist, was heute in der Zeitung steht, weiß ich, ehrlich gesagt, nicht. Ich weiß nur, daß zum Zeitpunkt der Antwort auf die Große Anfrage der Gerichtsvollzieherbund genau diese Mitteilung bekommen hat, man wolle sich zwar Gedanken machen, könne aber aufgrund der Haushaltssituation nichts zusagen.
Dieser Bereich muß personell verstärkt und sofort unterstützt werden. Es kann auch nicht lauten, wir müssen überall sparen. Richtig ist, daß wir von Sparzwängen in jedem Bereich betroffen sind, aber zumindest im Bereich hoheitlicher Aufgaben – und die Gerichtsvollzieher haben eine hoheitliche Aufgabe – müssen wir in der Lage sein, die an den Staat gestellten Aufgaben zu erledigen. Was nützt es den Bürgern, wenn sie zum Teil nach sehr langen und teuren Gerichtsverfahren recht bekommen, der Staat aber nicht sicherstellt, daß sie ihr Recht durchsetzen können? Was bedeutet ein Urteil, das sie letztendlich nur noch an die Pinnwand nageln können? Es führt dazu, daß die Menschen Vertrauen in die staatliche Institution verlieren, und unterstützt Tendenzen, bei der Durchsetzung von Recht nicht auf den Staat zu vertrauen, sondern die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Zu einer Kernaufgabe unseres Staates gehört es, die Rechtspflege so auszustatten, daß sie funktioniert. Insoweit freue ich mich, daß wir das Thema zumindest im Rechtsausschuß weiter behandeln werden, und hoffe darauf, daß wir – vielleicht gleich noch in der Rede der Senatorin – positive Ergebnisse zu hören bekommen, wie dieser Bereich verstärkt werden wird. – Danke.
Die Ausführungen der Senatorin haben mich veranlaßt, noch einmal zu reden. Frau Senatorin, wir haben von Ihnen eine Schönrederei erlebt, die so nicht hingenommen werden kann.Die erwähnten 70 000 Fälle sind natürlich nicht nur rückständige Fälle, aber zumindest 90 Prozent davon sind es.Wir haben in meiner Anwaltskanzlei viele verschiedene Fälle. Aber sehr häufig erhalten wir ein Schreiben von dem Gerichtsvollzieher, geschrieben mit einer schlechten Schreibmaschine, in dem der Standardsatz steht: „Bitte melden Sie sich nicht innerhalb der nächsten sechs Monate, wir schaffen es nicht, Ihnen eine Antwort zu geben.“ Um diese Rückstände geht es.Es geht nicht um die normalen Zwangsvollstreckungen, die teilweise aufgeschoben werden.Bis allein die erste Antwort eines Gerichtsvollziehers kommt, vergehen sechs Monate. Das kann es doch nicht sein.
Ich möchte wissen, wie viele Gerichtsvollzieher in dieser sogenannten Task Force eingesetzt werden. Der Name klingt wieder gut und schön, aber wir haben im Bereich der Justiz viele Projektgruppen mit gut klingenden Namen. Aber was bringt es, wenn wir nicht einmal wissen, wer dahintersteht? Der schöne Name allein bringt uns nichts. Ich hoffe, Sie klären uns im Rechtsausschuß genauer auf. – Danke.