Mahmut Erdem

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Uhl, ich hätte von Ihnen etwas mehr Qualität erwartet, gerade in der Debatte.
Auf den Zwischenruf null Punkte würde ich sagen minus null. Gerade in dieser Debatte über Einwanderung, Zuwanderung, Flüchtlinge erwarte ich von Ihnen als Opposition einen wirklich qualitätsvollen Beitrag. Ich habe gemerkt, es war Kasperlerei und sonst nichts.
Herr Schira, Herr Scholz hat Ihnen gesagt, daß wir Sie mit Ihren Vorschlägen verfolgen werden. Ich sage, wir werden Ihre Sprüche prüfen, wenn es soweit ist, und Sie dazu berufen werden, das heißt, sich dazu zu bekennen.
Ich vermute, daß dieses Bekenntnis, das Sie heute abgegeben haben, nicht verwirklicht wird. Das haben wir 16 Jahre erlebt, und ich erlebe diese Ausgrenzung, diese Diskriminierungspolitik nicht erst seit 16 Jahren, sondern schon seit meiner Kindheit. Ich erwarte und bin guter Hoffnung, daß die rotgrüne Regierung in Berlin viele Schritte tun wird, um die Gleichstellung von Emigranten zu erreichen. Ich bin der Meinung, daß das noch nicht beendet ist. Wir brauchen noch viele, viele Schritte. Die Debatte hat mit Green Card angefangen, und es wird am Ende zu einem Zuwanderungsgesetz kommen. Dieses Zuwanderungsgesetz, denke ich, wird in Zukunft dahin gehend gestaltet werden – soweit wir als Grüne dabei sind –, daß auch Emigranten, Flüchtlinge, die hier eingewandert sind, das Recht bekommen sollten, an der Gesellschaft zu partizipieren. Das heißt, das Recht, hier zu leben und sich die Zukunft zu
gestalten. Ich denke, daß 7,5 Millionen Menschen in dieser Gesellschaft gezeigt haben, daß sie die Gesellschaft mit prägen. Sie werden fragen, wie prägen sie? Ich frage Sie einmal, wie heißt denn Gyros heute? Es heißt Döner. Der Jugendliche geht nicht zu McDonald’s, sondern das Hauptgericht der Deutschen ist Döner im Moment. Aber lassen wir einmal diese Genüsse. Ich möchte zum eigentlichen Punkt kommen. Ich denke, was im Rahmen der Zuwanderungsdebatte noch angesprochen werden müßte, sind drei Gesichtspunkte.
Erstens: Die gesellschaftliche Diskriminierung bekämpfen. Um eine solche gesellschaftliche Diskriminierung zu bekämpfen, benötigen wir – egal, ob wir ein Zuwanderungsgesetz haben oder nicht – jetzt und für die Zukunft ein Antidiskriminierungsgesetz, das Menschen, obwohl sie Deutsche sind mit einem deutschen Paß, davor bewahrt, Diskriminierungen ausgesetzt zu sein. Wir brauchen dringend eine gesetzliche Regelung in der Hinsicht, daß Diskriminierung untersagt wird, das heißt unterbunden wird.
Das ist das Erfordernis. Das ist nicht meine Idee, meine Damen und Herren, sondern eine Idee der Europäischen Kommission, die den europäischen Staaten mitgegeben worden ist. Die Benelux-Staaten und Frankreich sind dabei, dies umzusetzen. Leider ist Deutschland noch immer ganz hinten. Wir brauchen nicht nur auf Bundesebene Antidiskriminierungsvorschriften, sondern auch auf Landesebene. Frankfurt ist beispielhaft mit seinem multikulturellen Zentrum und hat Schritte in dieser Richtung eingeleitet. Das sollten wir meines Erachtens auch in Hamburg für die Zukunft verwirklichen.
Zweitens: Emigranten Zukunft und Perspektiven geben. Frau Goetsch, Herr Scholz und auch Frau Hilgers haben dies angesprochen. Ich möchte hier Hamburg nennen. In Hamburg leben 265 000 Emigranten. Dazu möchte ich auch zahlreiche Eingebürgerte zählen. Wir haben ungefähr 300000 Menschen. Diese 300000 Menschen leisten gesellschaftliche Integration und gesellschaftliche Vielfalt. Von dieser Vielfalt haben wir als Menschen in dieser Stadt auch Nutzen. Ich möchte einmal die Handwerker nennen. Viele Handwerksbetriebe mit mindestens einem Gesellen werden von Emigranten geführt. Diese Betriebe sind auch kleine Betriebe, aber bieten Deutschen und Emigranten Arbeitsplätze. Die Zahl dieser Betriebe steigt jeden Tag. Da, denke ich, ist es die richtige Richtung, diese Betriebe zu fördern, sie auch mit ihren Bedürfnissen anzunehmen und entsprechend zu qualifizieren. Der Senat hat – auch durch rotgrünes Projekt-Management – erreicht, daß die Betriebe ein Bündnis für die Jugendlichen geschaffen haben, daß sie ihnen Ausbildungsplätze geben. Wir haben in letzter Zeit erreicht, daß fast alle Emigrantenbetriebe einen Auszubildenden haben und dadurch den vielen Flüchtlingen, Kindern, die hier einen sicheren Aufenthalt haben, Emigranten, Jugendlichen, die keinen Abschluß haben, jetzt eine Ausbildung gegeben haben. Das ist ein Projekt, das aus rotgrüner Regierung hier entstanden ist und das wir auch in Zukunft fördern.
Drittens: Ganz wichtig finde ich auch die Zahl der illegalen Flüchtlinge in dieser Stadt. Es wird verschwiegen, daß es in dieser Stadt fast über 10000 Flüchtlinge gibt, die illegal sind.
Es wird ihnen jede...
Ich komme zum Schluß, Frau Präsidentin. Es wird jede rechtliche Existenz aberkannt.
Ich appelliere an das Parlament, diesen Menschen eine Existenz zu geben, das heißt...
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Hackbusch, Sie haben das Thema ausländische Studenten angesprochen und die Möglichkeit, in Deutschland Praktika zu machen und einen Arbeitsplatz anzunehmen. Ich denke, das ist ein richtiges Thema. Auch der Kanzler hat auf der CeBIT dieses Thema angesprochen. Da gibt es schon eine Entwicklung. Die rotgrüne Regierung auf Berliner Ebene blieb nicht da stehen, was die CDU im Jahr 1991 verbockt hat, nämlich, daß diese Studenten, die hier ihre Ausbildung bekommen, nicht die Möglichkeit haben, ihr Praktikum zu machen und Arbeit zu bekommen. Deswegen hat die rotgrüne Regierung auf Berliner Ebene im Rahmen der Süssmuth-Vorschläge einen Gesetzentwurf entwickelt, eine Reform, die ich auf Bundesebene mit Herrn Cem Özdemir ein wenig mitbegleitet habe, daß auch ausländische Studenten die Möglichkeit bekommen sollen, nicht nur ein Praktikum, sondern gleichzeitig ein Optionsrecht zu erhalten, ob sie in Deutschland bleiben oder in ihre Heimat zurückkehren wollen. Ich denke, daß da auf der rotgrünen Regierungsebene in Berlin einiges bewegt wird. Ich hoffe, daß diese Bewegung weiter vorangetrieben wird, und wir in Hamburg begleiten auch diese Bewegung.
Frau Präsidentin, Frau Senatorin!
Frau Präsidentin! Ich kann Ihnen diese gerne noch einmal auf hochdeutsch, aber nicht auf plattdeutsch vortragen.
In Hamburg leben circa 80 000 türkisch- oder kurdischsprachige Europäer. Ich wollte wissen, ob auch für diesen Personenkreis gewisse Angebote in ihrer Sprache gemacht werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute erleben wir wieder Stimmungsmache. Die Wahlen stehen kurz bevor, und Herr Lüdemann will vielleicht seinen Platz sichern, weil es in Harburg gerade Probleme gibt.
Herr Polle hat eben gerade gesagt, daß im Eingabenausschuß einstimmig darüber beschlossen wurde,
daß wir der Familie, die das Haus gekauft hat, helfen wollen, daß der Senat sein Vorkaufsrecht zurücknimmt. Es wurde aber nicht diskutiert, ob eine Aussiedler- oder Romafamilie dort hineinkommt,
sondern beschlossen, dieser jungen Familie den Einzug zu ermöglichen und nichts anderes. Alle Fraktionen haben einhellig eingesehen, daß der Senat in diesem Fall kein gutes Gespür bewiesen hat, und deswegen wollten wir eine Korrektur. Das ist unser Votum zur Berücksichtigung in dieser Sache. Alles andere, was Herr Lüdemann gemacht hat, ist Stimmungsmache.
Herr Lüdemann, ich möchte Sie noch einmal bitten, daß Sie sich an Vorgaben orientieren, die wir im Eingabenausschuß diskutiert haben, und sich nicht der Stimmungsmache und Selbstprofilierung bedienen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht hier nicht nur um Kindschaftsrecht, sondern um den Schutz der nichtdeutschen Väter mit deutschen Kindern. Dieser Schutz hat eine verfassungsrechtliche Verankerung im Artikel 6 der deutschen Verfassung gefunden.
Wir sind der Meinung, insbesondere auch ich, daß dieser Schutz den betreffenden Kindern und den Vätern nicht gerecht wird. Ich möchte zwei Fälle aus dem täglichen Leben dieser Väter mit deutschen Kindern darlegen; erstens aus der „taz“ vom 13. März dieses Jahres. Ein senegalesischer Vater ging mit seinem zweieinhalbjährigen deutschen Kind zur Ausländerbehörde, um seine Duldung zu verlängern. Im Beisein des Kindes wurde der Vater verhaftet. Die Mutter des Kindes wurde angerufen mit der Aufforderung, das Kind abzuholen, da es anderenfalls ins Heim komme.
Ein ähnlicher Fall, ohne Verhaftung, geschah im letzten Jahr im November. Der Mann einer ÖTV-Sekretärin, einer Juristin, wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland sofort zu verlassen, da er anderenfalls abgeschoben würde. Die Ehefrau, die ein Kind hat, erklärte, sie könne ihrem Mann nicht nach Ghana folgen, und schrieb eine Eingabe mit der Bitte um Hilfe. Wir schalteten uns ein, und es gab einen Weg für eine Lösung. Das Bundesverfassungsgericht entschied am 31. August 1999, daß Ausweisungen von ausländischen Vätern mit deutschen Kindern gegen die Verfassung seien und daß eine Gleichheit und Verhältnismäßigkeit bewahrt werden müsse. Kinder, die noch in der Entwicklungsphase seien, benötigten nicht nur ihre Mütter, sondern auch den ausländischen Vater, um ihrer Entwicklung gerecht zu werden. Dieser Antrag beinhaltet gerade diesen Gerechtigkeitsgedanken.
Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, daß uns berichtet wird, was mit diesem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in dieser Stadt geschieht.
Wir möchten erreichen, daß man infolge der verfassungsrechtlichen Grundsätze dem Schutz der ausländischen Vä
ter in der täglichen Praxis gerecht wird. Wir möchten auch erreichen, daß das Kindschaftsrecht in dieser Stadt, das seit zwei Jahren Gültigkeit hat, die Gleichheit des Sorgerechts gewährleistet. Meine Fraktion und ich haben Zweifel daran, denn wir erleben es tagtäglich, im Eingabenausschuß und ich in meiner Praxis, daß dieser Schutz nicht gewährt wird.
Frau Uhl, Sie haben noch Zeit und Möglichkeit zu einem Redebeitrag.
Wir erwarten vom Senat, daß die verfassungsrechtlichen Grundsätze, die ich eben erwähnte, umgesetzt werden und daß sie im Hinblick auf das Kind nicht gegen den Vater ausgelegt werden, sondern zum Schutz und Wohl des Kindes.
Ich bin zuversichtlich, daß der Senat so handeln wird, und hoffe, daß diese Fälle Ausreißer sind, daß in der Praxis generell aber nur zum Wohle des Kindes gehandelt wird.
Neben dem Aspekt zum Wohl des Kindes, das im Falle der Abschiebung des Vaters den Schmerz der Trennung erleben muß, ist der Aspekt erheblicher Kosten ebenso wichtig.
Die Mitglieder des Eingabenausschusses sowie ich kennen die Praxis und wissen, daß eine Abschiebung für eine Familie zwischen 2000 DM und 10 000 DM kostet, wenn der väterliche Teil in Haft sitzt.Diese Haftkosten werden von der Bundesrepublik Deutschland bei den Familienangehörigen geltend gemacht, anderenfalls gibt es keine Möglichkeit der Rückreise; erst muß gezahlt werden. Es gibt natürlich die Möglichkeit der Ratenzahlung oder anderer Zahlungsmodalitäten. Das sind jedoch Schulden bei meist jungen Familien, die nicht gerade gesicherte Einkommensverhältnisse haben wie beispielsweise eine Justitiarin bei der ÖTV. Es sind junge Leute, die gerade dabei sind, eine Familie zu gründen, und versuchen, ihr Leben zu gestalten. Gerade in diesem Bereich ist es in vielen Familien ein Martyrium, einen ausländischen Partner zu haben.
Ich bin froh, daß meine Frau und ich nicht in dieser Rolle sind, denn wir haben selber zwei kleine Kinder, und ich möchte nicht erleben oder es meiner Familie zumuten, daß ich abgeschoben werde und sie hier alleine bleibt.
Deswegen erwarte ich von diesem Senat, daß er bis zum 31. Dezember dieses Jahres über die Umsetzung der Grundsätze des Bundesverfassungsgerichtes berichtet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Machaczek, Sie hatten 16 Jahre Zeit, Integrationspolitik zu machen.16 Jahre haben Sie hier eine Abgrenzungspolitik betrieben. Wenn heute über das Thema Ausländerkriminalität diskutiert wird, so ist das ein Produkt Ihrer Politik der sechzehnjährigen Ausgrenzung.
Ich kann mich daran erinnern, als ich in die Schule kam, daß die Frage war, ob ich in die Sonderschule oder in die sogenannte Regelschule kommen soll. Das ist in Niedersachsen gewesen. Da hat damals die CDU regiert. Das ist Ihre Politik gewesen. Haben Sie in den 16 Jahren eine Leitlinie für Immigrations- und Integrationspolitik geschaffen? Nein. Sie haben das Asylgrundrecht beschnitten. Sagen
Sie mir einmal, welche Position Sie jahrelang bei dem Spracherwerb der hier lebenden Immigranten vertreten haben. Sie haben jahrelang die Kürzung vorgenommen. Das ist die Integrationspolitik, die Sie uns beschreiben wollen.
Jetzt stellen Sie sich hier hin, um unverschämt zu sagen, die Regierung, die jetzt in Berlin regiert, ist nicht dazu geeignet, Integrationspolitik zu machen. Gleichzeitig fordern Sie die nochmalige Kastration des Grundrechts auf Asyl. Sie sind kein Jurist. Sie kennen die Geschichte des Grundrechtes vielleicht nicht. Aber ich sage Ihnen eines, die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben damals dieses Grundrecht bewußt in Artikel 16 aufgenommen – das heißt im Grundrechtsabschnitt der Verfassung –, weil es in der Geschichte Deutschlands eine tragische und schlimme Zeit gab, in der niemand die Menschen, die flüchten wollten, aufgenommen hat. Wir wollen sie aufnehmen. Deswegen haben wir ein Grundrecht auf Asyl.Ich bedauere, wenn von Ihnen – gerade, weil ich Sie persönlich eigentlich schätze – gefordert wird, das Grundrecht auf Asyl zu beschneiden und sozusagen kein Recht zu gewähren. Das muß ich entschieden zurückweisen.
Unsere Partei fordert weiterhin, und ich denke, ich spreche auch für die Kollegen von der SPD, daß das Grundrecht, so wie es ist, bleibt. Ich denke, daß es auch völkerrechtlich keine anderen Möglichkeiten gibt, das Grundrecht noch weiter zu kastrieren.
Zu der Frage Zuzug hat unsere Partei jahrelang ein Einwanderungsgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gefordert. Sie sagen, wir haben jetzt im Rahmen der Green Card auch die Zuzugsregelung gefordert. Wenn das eine mit dem anderen klappt, dann werden wir zustimmen. Das ist absoluter Unsinn.Die Green-Card-Debatte ist etwas anderes als die Einwanderung in diese Republik. Einwanderungen in diese Republik brauchen wir dringender denn je. Frau Goetsch hat gesagt, sogar die Industrie fordert das, nicht nur die Grünen. Wenn wir das gefordert hätten, dann hätte man gesagt: Oh, wieder mal Randthemen. Nein, die Industrie fordert das. Das fordert jetzt sozusagen Ihre Klientel. Da müssen Sie einmal reagieren.
Ich finde, Ihre Haltung, meine Damen und Herren von der CDU, war heute ganz schlecht. Sie müssen darauf reagieren und zukünftig eine Politik machen, daß in dieser Gesellschaft eine Integration erfolgt, die auf Gleichheitsgrundsätzen beruht und nicht darauf, daß wir, die Immigranten, immer eine Bringschuld haben und Sie sagen, ich gehe bei dem Portugiesen zum Essen und das reicht uns an Integration. Nein, ich fordere für die hier lebenden Immigranten von Ihnen, der Mehrheitsgesellschaft, daß Sie sich für Integration bereit halten, auch der deutschen Gesellschaft. Die Mehrheitsgesellschaft muß Minderheitsgesellschaften Angebote machen, und daran fehlt es mir.
Es fehlen mir auch bei diesem Senat die Integrationsleitlinien für Politik in dieser Stadt.Ich denke, die Senatorin hat hier definitiv noch nichts gesagt, aber sie hat uns versprochen, daß diese Leitlinienpolitik für eine Integration in dieser Stadt in dieser Legislaturperiode kommen soll. Ich hoffe, daß sie bald kommt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Green-Card-Initiative des Bundeskanzlers, Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland zu holen, weil die deutsche Wirtschaft sie braucht, ist ein richtiger und auch vernünftiger Schritt, den ich begrüße. Die GreenCard-Initiative des Bundeskanzlers ist für die Bundesrepublik Deutschland – trotz der vorigen Debatten – ein Zeichen von Weltoffenheit.Um dieses Zukunftsproblem unserer Gesellschaft und insbesondere den Fachkräftemangel zu beseitigen, brauchen wir nicht nur Fachkräfte aus dem Ausland, sondern auch eine Bildungs- und Fortbildungsoffensive.
Die heutige Wirtschaft ist globalisiert und handelt nicht mehr nach lokalen Gesichtspunkten. Um diese Globalisierung in Deutschland zu verwirklichen, braucht die Wirtschaft dringend Fachkräfte. Egal woher sie kommen, sie wird sie nehmen: Inder, Deutsche aus Bayern oder aus Flensburg. Für den globalen Wettbewerb ist der Faktor Mensch ein wichtiger Wert geworden.Deswegen ist es notwendig, daß Experten aus dem IT-Bereich aus dem Ausland angeworben und nach Deutschland geholt werden. Gerade die klassischen Einwanderungsländer bewerkstelligen ihre Defizite in speziellen Arbeitsbereichen durch Einwanderung. Ich möchte die USA, Kanada und besonders Australien erwähnen.In diesen Ländern werden Fachkräfte nicht durch sogenannte Green Cards, sondern direkt angeworben.Sie bekommen in diesen Ländern auch die Möglichkeit, dort länger als drei oder vier Jahre zu leben und zu arbeiten. In den USA sind viele Firmen dazu angehalten, Fachkräfte auszubilden.Es wäre auch hier begrüßenswert, daß die Politik, die Firmen, die Unternehmen darauf Wert legen, in Fortbildung und Ausbildung zu investieren, denn das ist eine Investition für die Gesellschaft sowie für die Entwicklung in unserer Stadt.
Ein anderer Aspekt, den ich hier erwähnen möchte, sind die geltenden Regelungen im Ausländer- und Arbeitsbereich. Sie wissen, daß sehr viele Studenten aus dem Ausland kommen, aber hier nur die Möglichkeit haben, zu studieren. Arbeitsaufnahme – auch nur die vorübergehende – ist teilweise oder gänzlich untersagt. Die Studenten haben keine Möglichkeit, ein Bleiberecht zu bekommen, und müssen nach Beendigung des Studiums das Land verlassen. Es ist deswegen wichtig, daß wir nicht nur in einer Green-CardDiskussion verharren, Fachkräfte aus dem Ausland zu holen, sondern den bei uns ausgebildeten Studenten die Möglichkeit zu geben, hier zu arbeiten, zu leben und sich zu integrieren. Daran fehlt es hier im Moment.
Der andere Aspekt, den ich erwähnen möchte, ist, daß wir im IT-Bereich eine starke Entwicklung vor uns haben. Die Bundesrepublik Deutschland muß sich dem Wettbewerb mit England, den USA und mit Japan stellen. Für diesen Wettbewerb ist der Mensch ein wichtiger Faktor geworden. Deswegen ist der erste und wichtige Schritt, eine Green Card für Inder, Tschechen oder Russen vorzusehen, richtig. Es ist nicht nur wichtig, diese Menschen anzuwerben, um unsere Wirtschaft zu unterstützen, sondern sie sollten auch die Möglichkeit bekommen, ihre Familie nachzuholen, um sich hier zu integrieren.Nach der momentanen Planung möchte man sie nach drei, vier oder fünf Jahren wieder zurückführen.In den sechziger Jahren hatte man ähnliches bei unserer Elterngeneration geplant und wollte die Gastarbeiter wieder zurückführen. Es hat sich dann aber eine ganz andere Situation in dieser Wirtschaft und auch in dieser Gesellschaft ergeben. Deswegen ist es wichtig, daß diese Menschen ein Optionsrecht bekommen und hier bleiben können.
Meine Damen und Herren von der CDU, ich möchte mich insbesondere an Sie richten. Wir leben in einer sich vernetzenden Welt. Auch wenn Ihr Kollege Rüttgers sich hinter seinen westfälischen Burgen verschanzen möchte, ist es zur Zeit sehr provinziell, den Slogan „Ausbildung statt Einwanderung“ zu benutzen. Dieser Slogan bedient Stammtischmentalität und möchte die gesellschaftliche Realität nicht akzeptieren.
Deshalb fordere ich Sie auf, meine Damen und Herren von der CDU, sich von dieser Kampagne zu distanzieren, sich weltoffen zu zeigen, weil die Wirtschaft und auch die Gesellschaft weltoffen sind. Es ist provinziell und populistisch, wenn man mit einer solchen Kampagne auf dem Rücken der Immigranten Stimmen fangen möchte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich habe ich diese Kleidung bewußt angezogen, um zu zeigen, daß ich eingebürgert worden bin. Ich mußte mich an die deutsche Gesellschaft gewandt haben, um in den Genuß der Reichs- und Staatsangehörigkeit zu kommen. Viele Emigranten müssen dies auch nach dem neuen Gesetz tun, um den Bundesadler zu verdienen. Sie werden sich natürlich diesen Bundesadler verdienen, aber es ist wichtig, einiges dazu zu sagen.
Wir haben es nach 87 Jahren geschafft, dieses Gesetz zu ändern. Damals haben die Sozialdemokraten gefordert, daß die hier im Reich lebenden und arbeitenden Emigranten eingebürgert werden. Das möchte ich nicht weiter ausführen, weil ich nur kurz reden kann.
Es ist wichtig, daß das alte Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz nunmehr Geschichte ist und daß seit dem 1.Januar 2000 dieses Gesetz
im Mülleimer der Geschichte landet. Für viele Emigranten ist es wichtig, daß sie ein Signal der Akzeptanz erhalten haben.Frau Goetsch und Herr Pumm haben einiges dazu gesagt. Ich möchte mich deshalb nicht wiederholen. Aber für uns Emigranten ist es wichtig, nicht als Bittsteller dazustehen, sondern wir erwarten von der Mehrheitsgesellschaft, daß sie ihrerseits auf uns zukommt, damit wir sozialpolitisch integriert werden.
Eine sozialpolitische Integration kann nur erfolgen, Herr Karpen, wenn eine rechtliche Gleichstellung der Emigranten erfolgt, die – so hoffe ich – seit dem 1. Januar 2000 hoffentlich erreicht wird.Insbesondere die hier geborenen Kinder werden unweigerlich eine doppelte Staatsbürgerschaft erhalten, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.Kinder, die das zehnte Lebensjahr noch nicht erreicht haben, werden sie ebenfalls bekommen. Das ist wichtig und richtig. Es ist der Durchbruch zur Erlangung der doppelten Staatsbürgerschaft. Ich hoffe, daß in Zukunft auch Emigranten von diesem Recht mehr und in vielfältiger Form Gebrauch machen.
Zum Schluß meiner Rede möchte ich Frau Brinkmann ansprechen. Sie sagten, daß die erste Rede im Parlament in diesem Jahr von einer Frau eröffnet wurde.Ich wünsche mir für die nächsten Jahre, daß das Parlament mit der Rede von einer Emigrantin eröffnet wird. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es zeigt sich, daß wir uns alle hier im Parlament von der Opposition bis zur Regierungspartei einig sind, daß wir dort dringend Maßnahmen ergreifen müssen. Es geht nicht an, daß die Gerichtsvollzieher dermaßen überlastet sind, daß sie nicht mehr zum Vollstrecken kommen; da besteht bei allen Konsens.
Wichtig ist der andere Aspekt, wieso es zu dieser Überlastung kommt. Einige Aspekte hat Frau Spethmann genannt, die Novellierung des Gerichtsvollstreckungsgesetzes und die eidesstattliche Versicherung. Aber ein anderer Aspekt muß noch erwähnt werden, nämlich daß 50 000 bis 60 000 Leute überschuldet sind.Ein Gerichtsvollzieher wird nur dann tätig, wenn ein Titel erwirkt wird, und hinter diesem Titel stehen Menschen, die überschuldet sind und ihre Verbindlichkeiten nicht mehr zahlen können. Deswegen handelt der Gläubiger natürlich und versucht, sein Geld zu bekommen.
Das ist auch ein Sozialaspekt, der hinter diesem ganzen Konglomerat steht. Und wir sollten, wenn wir den Gerichtsvollziehern etwas Gutes tun wollen, auch erwähnen, daß eine soziale Komponente hinter dieser Sache steckt. Solange die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen 16 Jahre lang so waren, daß die sozialen Rechte beschnitten
worden sind, solange die Arbeitslosigkeit ungeahnte Dimensionen angenommen hat, so lange gab es natürlich Menschen, die ihre Verbindlichkeiten nicht gezahlt haben. Heutzutage bekommen sie bei jeder Kreditanstalt gleich einen Kredit, ohne daß näher nachgeprüft wird, ob sie das bezahlen können. Schlagen Sie einmal eine Wirtschaftszeitung auf, dann können Sie sehen, daß jede Bank gleich einen Kredit anbietet. Und wenn diese Menschen in Not einen Kredit aufnehmen, droht ihnen im Endeffekt, wenn sie nicht zahlen, der Gerichtsvollzieher. Auch diese Gesichtspunkte müssen hier erwähnt werden.
Die Maßnahmen, die die Senatorin ad hoc gegriffen hat, finde ich vernünftig. Sie hat durch eine Presseerklärung mitgeteilt, daß sie zwölf neue zusätzliche Stellen geschaffen hat, die in nächster Zeit greifen sollen.Im Gegensatz zu meinen Kollegen von der SPD bin ich schon der Meinung, daß ein Rechtsreferendar eine eidesstattliche Versicherung abnehmen kann. Ein Rechtsreferendar ist eine juristisch ausgebildete Person mit mindestens einem Staatsexamen und vier oder sechs Jahren Rechtsausbildung an der Universität. Sie müssen Herrn Karpen fragen, ob die das können. Ich selbst war einmal als Gerichtsprotokollant für sechs bis sieben Monate tätig und war imstande, das zu bewältigen.
Deshalb sollten wir im Rechtsausschuß noch einmal intensiv mit der Senatorin diskutieren. Die Senatorin hat uns in der Beantwortung der Großen Anfrage mitgeteilt, daß sowohl der Zuschnitt der Gerichtsvollzieheraufgaben als auch die in der Presseerklärung angekündigten Maßnahmen greifen sollen.
Ich möchte noch kurz einen Aspekt erwähnen. Frau Spethmann, die Zahlen haben sich in ihrer Dimension verändert. Zum Glück werden in dieser Stadt im Gegensatz zu den anderen Bundesländern die Mahnverfahren beschleunigter abgehandelt.Dadurch haben die Gläubiger die Möglichkeit, einen Titel in die Hand zu bekommen, mit dem sie 30 Jahre lang vollstrecken lassen können. Das heißt nicht, daß unser Rechtssystem oder die Rechtspflege im Stillstand ist, im Gegenteil. Unsere Senatorin hat es im Mahnverfahren geschafft, daß der Gläubiger rechtzeitig einen Titel in der Hand hat. Damit kann er jederzeit auf das Vermögen des Schuldners zugreifen.
Die Probleme sind erörtert worden, und wir sollten im Rechtsausschuß dieses Thema noch einmal intensiver diskutieren.