Andrea Hilgers

Sitzungen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Deutschland ist ein Einwanderungsland. Die Erkenntnis ist mittlerweile auch im Süden Deutschlands angekommen. Die Art und Weise der geführten Debatte hat sich in den letzten zwei Jahren entscheidend verbessert.
Das neue Staatsangehörigkeitsrecht zieht eine erkennbare und sehr zu begrüßende Einbürgerungswelle nach sich. Die unsägliche Unterschriftenkampagne, die von der hessischen CDU initiiert wurde, und die Rüttgersche „Kinderstatt-Inder-Kampagne“ waren hoffentlich die letzten Aktionen der Instrumentalisierung dieses Themas zu Wahlkampfzwecken.
Im „Spiegel-Online-Angebot“ tauchte vor einiger Zeit für wenige Tage ein zweihundertsiebzigseitiger Entwurf des Kommissionsberichts auf. Offensichtlich war ein Exemplar versehentlich auf einem Scanner gelandet. Dieser für nächste Woche erwartete Bericht trägt – so wie abzusehen ist – weiter zum konstruktiven Dialog bei. Dafür einen Dank an Frau Süssmuth und die anderen Kommissionsteilnehmer und -teilnehmerinnen. Denn für die weitere Debatte ist
der gesellschaftliche Konsens und nicht die ressentimentsgeladene Schlammschlacht vonnöten.
In Nordrhein-Westfalen ist es sogar gelungen, am 22. Juni einen interfraktionellen Entschließungsantrag von SPD, CDU, FDP und den Grünen für eine Integrationsoffensive zu verabschieden. Das alles sind ermutigende Zeichen.
Die erkennbaren Klärungen, die sich aus dem SüssmuthBericht ergeben:
Erstens: Einwanderung aus wirtschaftlichen Gründen wird angestrebt, sogar gefördert. Hier hat auch die sogenannte Green-Card-Debatte ein gutes Fundament gelegt.
Zweitens: Einwanderinnen sind im eigentlichen Sinne Menschen, die aus freien Stücken in die Bundesrepublik einreisen, um hier auf Dauer ihren Lebensmittelpunkt zu finden. Menschen, die in Deutschland um Asyl nachsuchen oder vor einem Bürgerkrieg flüchten, werden nicht unter diesen Einwanderungsbegriff subsumiert.
Drittens: Ein zu definierender Arbeitskräftebedarf soll nicht nur aus Anwerbung befriedigt werden. Das Augenmerk muß auch auf Inländer mit oder ohne deutschen Paß, das heißt auch auf hier lebende Flüchtlinge gerichtet werden, hat also auch mehrere Zielgruppen. Dieser Punkt erfordert mittel- und langfristige Qualifikationsanstrengungen und gegebenenfalls Umwandlungen von nicht gesicherten in gesicherten Aufenthaltsstatus und eine Vereinfachung der vielfachen Aufenthaltstitel.
Last, but not least: Wer Einwanderung will, muß Integration gestalten. Wir können die Debatte um die Qualität von Integrationspaketen für bereits hier lebende beziehungsweise noch kommende Einwanderinnen über Rechte und Pflichten, über Anreiz- statt Sanktionssysteme, aber auch über persönliches Verhalten führen. Diese Debatte wird die politischen Querschnittsaufgaben der Zukunft bestimmen und Gott sei Dank nicht mehr die Frage, wo gegen die Ausländer unterschrieben werden kann.
Ich hoffe auf diesen Konsens und freue mich auf die inhaltlichen Neubestimmungen, die durch eine verantwortliche Regierungspolitik und die Vorlage des Berichts möglich und nötig werden.
Wir müssen unsere Sichtweise dahin gehend ändern, daß wir ausländische Mitbürger als Bürger und nicht als Ausländer betrachten. Herr von Beust will erklärtermaßen mit einer Partei koalieren, deren Spitzenkandidat das Asylrecht abschaffen will. Wenn also die liberalen Teile der CDU noch etwas zu sagen haben, erwarte ich hier eine deutliche Distanzierung von Ihrer Seite. Das sollte möglich sein, denn Schill selbst hat Sie ja als zu linkslastig bezeichnet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Insbesondere die Jugendpolitikerinnen und -politiker der Koalitionsfraktionen haben sich in dieser Legislaturperiode sowohl mit Quantität und Effizienz als auch mit der Qualität und Ausdifferenzierung beim Thema Hilfen zur Erziehung immer wieder beschäf
tigt. Das geschah nicht zuletzt auch ausführlich im Rahmen der Enquete-Kommission „Jugendkriminalität und ihre gesellschaftlichen Ursachen“.
Aus den Empfehlungen der Enquete-Kommission ließen sich zentrale politische Leitlinien ableiten, und es ergaben sich konkrete Perspektiven für das politische Handeln. Entsprechend haben SPD und GAL im Rahmen der letztjährigen Haushaltsberatungen einen umfassenden Antrag eingebracht. Dieser hatte das heutige Thema „Die sozialräumliche Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung“ bewußt ausgespart, weil es eine alleinige Behandlung verdient und über den Rahmen der Enquete hinausreicht.
Was die Qualität und Quantität des Angebots im Leistungsbereich Hilfen zur Erziehung angeht, hat Hamburg nach der Heimreform in den achtziger Jahren ein gutes, ausdifferenziertes und weitgehend regionalisiertes Angebot. Hilfen zur Erziehung greifen, wenn eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung von seinen Eltern nicht gewährleistet werden kann und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Diese Hilfen sollen die Familie stützen, zum Teil müssen sie sie ersetzen. Auf diese Hilfe besteht nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz ein Anspruch. Hamburg gibt Jahr für Jahr circa 270 Millionen DM aus. Das bedeutet, daß über 5000 Hamburger Kindern und Jugendlichen und ihren Familien geholfen wird.
Zur Effizienz. Das Controlling ist verbessert worden, so daß wir im letzten Jahr die Auskömmlichkeit des jährlich veranschlagten Budgets erreichen konnten und keine Nachforderungen mehr hatten, die zum Teil auch schon im zweistelligen Millionenbereich lagen. Der Jugendausschuß hat dies durch kontinuierliche Befassung mit dem Thema aufmerksam begleitet.
Auch der Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung – LEB –, der in Teilen mit den Problemen der Unterauslastung kämpft, hat einen umfassenden Reform- und Reorganisationsprozeß eingeleitet, um sein Angebot auf die geänderten Bedarfe einzustellen. Der fallzuständige Allgemeine Soziale Dienst der Bezirke wurde durch LEB-Stellen und Konsolidierungserleichterungen als Konsequenz zum Beispiel aus der Evaluation der ambulanten Hilfen zur Erziehung besser ausgestattet.
Zu verschiedenen Leistungsbereichen der Hilfen zur Erziehung liegen uns mittlerweile profunde Erkenntnisse vor, die die gute Ausstattung grundsätzlich bestätigen, aber auch Hinweise für Weiterentwicklungen in diesem Bereich aufzeigen. In welche Richtung soll also die Weiterentwicklung gehen? An folgenden fünf Fragestellungen sollten alle Beteiligten – die Hamburger Träger, die bezirklichen Dienste und die Fachbehörde – ein gemeinsames Interesse haben:
Erstens: Wie kann der Anspruch einer gemeindenahen Erziehung in Hamburg durch Rückbau stationärer Hilfen bei auswärtigen Trägern und durch Verbesserung der milieunahen Unterbringung erreicht werden?
Zweitens: Wie kann das Instrument der Erziehungskonferenz durch Vereinfachung und Qualifizierung schlanker gestaltet werden?
Drittens: Wie können bereits bestehende Kooperationsbezüge zwischen verschiedenen Diensten der Jugendhilfe, angelegt in den Schnittstellenprojekten oder in der Kooperation von Schule und Jugendhilfe, intensiviert und institutionalisiert werden?
Viertens: Wie kann die Einbeziehung der Hilfen zur Erziehung in die bezirkliche Jugendhilfeplanung gewährleistet werden?
Fünftens: Wie können die Hilfeangebote und die pädagogischen Fachkräfte im Hinblick auf die Kontinuität der Betreuung und den Umgang mit Krisensituationen weiter qualifiziert werden?
Dies sind die anstehenden Aufgaben, die sowohl die Effizienz als auch die Qualität der Hilfsangebote für Kinder und Jugendliche weiter verbessern werden. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu diesem Antrag.
Herr Ehlers und Herr Frommann, da Sie es offensichtlich nicht begriffen haben, hier noch einmal deutlich: Wie Sie heute hier mit der Kollegin Fiedler umgegangen sind, ist ein weiteres Beispiel für Ihre frauenfeindliche Haltung,
die sich nicht zuletzt in Ihrer Liste deutlich zeigt. Wenn Sie es noch nicht begriffen haben – Ihre Beteiligung von Frauen deutet auch nicht darauf hin, daß Sie es in Zukunft begreifen werden –, daß Frauen nicht über ihre Männer, geschweige denn über ihre Ex-Männer definiert werden, kann ich Ihnen wirklich nicht helfen. Also: Sechs, setzen und noch mal üben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das beste Aussteigerprogramm heißt den Einstieg zu verhindern. Gewalt gegen anders Denkende und anders Aussehende sowie gegen Schwache ist out. Nichts legitimiert Gewalt. Die Impfung gegen Rechtsradikalismus muß so früh wie möglich einsetzen. Als positives Beispiel möchte ich die Aktivitäten von Hamburger Schülerinnen hervorheben: „Wir sind dabei – Jugend lebt Demokratie“. Das von Herrn Mahr schon angesprochene Bundesprogramm „Jugend für Toleranz und Demokratie, gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ kommt hier auch zur rechten Zeit.
Das alles, was dort passiert, muß nicht angestrengt und nicht belehrend sein. Udo Lindenberg – nach Helmut Schmidt der zweitbekannteste Hamburger mit Kopfbedeckung – macht hier einen ordentlichen Wirbel und schafft es, ein breites Spektrum von Kollegen einzubinden. Ihm sei dafür hier der Dank ausgesprochen.
Dem alltäglichen und leichtfertigen Umgang mit rechtsradikalem Gedankengut müssen wir alle begegnen. Dazu bedarf es auch der Information und Hilfestellung. Besonders in diesen Wahlkampfzeiten gehören alle unsere Worte auf die Goldwaage. Wir sind dafür verantwortlich, daß sich Jugendliche für Demokratie und Politik begeistern. „Jugend im Parlament“ und „Jugend streitet“ sind positive Initiativen. Informationen über die Vorgehensweisen von Rechtsradikalen bei der Anwerbung von Jugendlichen müssen für Lehrer, Eltern und Kollegen zugänglich sein und diese argumentationsfähig machen. Aktives Eingreifen bei Warnsignalen, Zivilcourage gegen die unbeteiligte Gesellschaft, die Es-geht-mich-nichts-an-Mentalität sollte Bürgerpflicht sein, denn wer nichts tut, macht mit. Durchdenken, durchspielen, erzählen, was man gemacht hat, Preise für Aktionen, Lob für Mut und eine Hotline für schnellen Kontakt gehören dazu. Hier leisten die Innenbehörde mit ihren Kampagnen, die Landeszentrale für politische Bildung und das Jugendinformationszentrum mit ihren Angeboten gute Arbeit.
Neben Prävention und Information gehört unverzichtbar als drittes Element eines Antieinsteigerprogramms auch die Konsequenz staatlichen Handelns dazu, und zwar die Konsequenz gegenüber rechtsradikalen Gruppen, Straftaten und martialischen Aufmärschen. Hierzu zählt in Hamburg das Verbot des sogenannten Hamburger Sturm, das Vorgehen bei den sogenannten Blood-and-honour-Konzerten und auf Bundesebene das angestrebte NPD-Verbot.
Alle diese Elemente, Prävention, Information, Aktion und Hilfestellung helfen dabei, den Einstieg zu verhindern. Aber auch wenn der Einstieg vollzogen ist, sollte der Ausstieg durch entsprechende Programme ermöglicht werden. Von daher braucht es auch Angebote für Mitläufer und Täter. Herr Mahr hat gesagt: „... nicht nur Verfassungsschutz oder Polizei...“, aber auch diese.
Die Angebote müssen vielfältig sein, um die Szene aufzumischen und nicht etwa um einzelne zu belohnen. Wenn Mitläufer oder gar Täter umkehren wollen, so soll ihnen geholfen werden. Denn sie werden in der sektenähnlich strukturierten Szene nicht losgelassen. Sie werden bedroht und bleiben vielleicht nur dabei, weil sie ihre Situation für aussichtslos halten. Sie könnten aber durch ihr Zutun helfen, Strukturen zu zerschlagen und gewalttätige Aktionen zu verhindern.
Die Angebote wie EXIT in Schweden und die Stern-Aktion zeigen, daß dies möglich ist. Hier leisten auch ehemalige Mitglieder der Szene wertvolle Arbeit.
All dies zusammen, die Verschränkung von präventiven aktivierenden und konsequenten Maßnahmen, zusammen mit einem Aussteigerprogramm, wie es auch der Bundesinnenminister Dr. Otto Schily angeregt hat, wird helfen, die Szene auszutrocknen. Wir sollten dies als gemeinsame Aufgabe der Demokratie, der Demokratinnen und Demokraten begreifen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Hesse, Sie hätten ihrem ersten Blick weiter trauen sollen. Sie haben sich in der Presse geäußert, Sie seien eigentlich ganz zufrieden, es fehle nur ein bißchen Geld – zumindest habe ich das so gelesen.
Herr Jobs, es ist überhaupt nicht daran gedacht, mit diesem Antrag einen Vorwahlkampf in puncto Härte zu führen; meine Kollegin hat das schon sehr deutlich ausgeführt. Der Antrag ist wohlaustariert und differenziert, was die präventiven und repressiven Elemente angeht, und im repressiven Bereich werden insbesondere die kommunikativen Be
standteile, die Jugendsachbearbeitung, die Gespräche gestärkt. Dieser Antrag soll keinesfalls irgend etwas an hart und härter ausdrücken, und so ist er – Frau Steffen hat das noch einmal erläutert – auch nicht gedacht.
Wir haben sowohl im präventiven als auch im repressiven Bereich innovative Konzepte gestärkt. Ich bin zum Beispiel sehr gespannt darauf, welcher Bezirk sich als erster bewerben wird, um das angedachte Sozialraumkonzept in seiner Region zu pilotieren, und ich bin auch sehr gespannt auf die Ergebnisse. Wir haben schon die Vorläufer, die Kinder- und Familienzentren, eingerichtet. Die laufen sehr gut, und das wird durch diesen Antrag verstärkt. Außerdem denken wir in keiner Weise daran, was dort skizziert ist, in die nächste Legislaturperiode zu verschieben. Wir werden als Jugend- und Sportausschuß sicherlich Gelegenheit haben, die eine oder andere Idee, die dort drinsteckt, im Laufe des nächsten Jahres nachzufragen und zu prüfen.
Herr Hesse, Herr Jobs, vielleicht ist nicht alles aus dem dicken Enquete-Bericht bereits in diesem Antrag aufgenommen, aber sehr vieles, was im Konsens beschlossen wurde.
Oh, doch. – Wir können uns gerne noch einmal zusammensetzen und gucken, was wir noch weiter schaffen. Herr Hesse, Sie haben mit Ihrem Antrag nichts dazu beigetragen.
Herr Hesse, man muß zu Ihnen noch ein paar Worte sagen. Sie haben sich beklagt, es sei in der Kommission nicht immer friedlich zugegangen. Das kann es auch gar nicht.Wir haben zu verschiedenen Punkten unterschiedliche Meinungen. Streit gehört dazu. Die Frage, daß wir den Mut haben, dieses Thema überhaupt anzumelden, verstehe ich nicht. Auf unsere Initiative ist die Enquete-Kommission eingerichtet worden. Nun gibt es das Ergebnis. Es gehört kein Mut dazu, das anzumelden.
Der Vorsitzende, bedauern Sie, habe sich aufgerieben, und einige Mitglieder seien mit wehenden Fahnen zu Ihnen übergelaufen. Das sind unabhängige Menschen. Was beklagen Sie sich?
Dann greifen Sie das Thema „ideologisierte Politik“ wieder auf. Diesen Popanz hat Herr Ahrbeck auch aufgebaut. Mir kommt das immer vor wie die Debatte „Haltet den Dieb“, denn der eigentliche Ideologe spricht hier von Ideologie.Sie haben nicht wahrgenommen, daß es in der Hamburger Jugendhilfelandschaft Veränderungen gibt. Sie bauen einen Mythos auf, um sich davon abzugrenzen. Sie waren selber noch nie in den neuen Jugendwohnungen zur Vermeidung der Untersuchungshaft, behaupten aber nach wie vor, wie es darin vorgeht. Gehen Sie hin und informieren sich einmal.
Sie sagen, es wird hier ein Offenbarungseid vorgelegt. Das ist nicht wahr. Sehr vieles wird positiv bewertet, sehr vieles wird als fortführenswert dargestellt, und sehr vieles ist durchaus einstimmig – auch mit Ihrer Stimme – positiv gewertet worden. Da finde ich das Wort Offenbarungseid ein bißchen zu hoch gegriffen.
Sie haben auch wieder das alte Argument gebracht, es sei nichts passiert, man hätte sofort loslegen können. Das hat sich durch Praxis entkräftet, Herr Hesse. Sehen Sie sich zum Beispiel den Justizbereich an, was dort in den letzten zwei Jahren an Veränderungen und an Verbesserungen passiert ist, das ist eine ganze Latte. Dieses Argument, Kommission wird eingesetzt und nichts mehr passiert, gilt nicht.
Um nur einige Punkte zu nennen: Steigerung der persönlichen Ermahnungsgespräche, erhebliche Verkürzung der Verfahrensdauer und erhebliche Ausweitung Täter/OpferAusgleich.
In einem Punkt muß ich Sie korrigieren. Sie reden immer davon, es hätte bei der Einsetzung dieser Enquete-Kommission Schwierigkeiten zwischen den Koalitionspartnern gegeben. Wir waren damals noch gar nicht Koalitionspartner.Wir haben nämlich zuerst als SPD – wie im Wahlkampf versprochen – sofort die Initiative ergriffen, und als wir Koalition waren, ist auch etwas Gemeinsames daraus geworden.
Wir haben jetzt natürlich noch einen Arbeitsauftrag, der zu erledigen ist. Frau Steffen und Frau Rogalski-Beeck haben davon gesprochen. Wir werden ihn aufnehmen und in den angesprochenen Ausschüssen zu einem positiven Ergebnis bringen. Um den uns in seiner Differenziertheit vorliegenden Bericht werden uns andere Bundesländer beneiden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Kernproblem der CDU ist, daß dieser Bericht noch nicht vorliegt. Die Präsidentin hat ihn noch gar nicht.Was Sie in den letzten Wochen in der öffentlichen Debatte zu einem speziellen Punkt gesagt haben und jetzt auch mit dem Antrag machen, möchte ich – gelinde gesagt – als unfeines Verhalten beschreiben.
Herr Hesse, ich finde es geradezu rührend, daß Sie uns versprechen, daß jetzt erst einmal kein weiterer Antrag käme.
Was Sie betrieben haben – und ich sage es hier noch einmal deutlich, wir haben das auch schon öffentlich diskutiert –, ist die Instrumentalisierung eines abweichenden Votums aus dem Enquete-Bericht und nichts anderes.Wenn dieser Bericht vorliegt, dann werden wir lang und breit und ausführlich über den Gesamtbericht zu diskutieren haben, aber nicht über interessengeleitet herausgelöste Einzelbestandteile aus diesem Bericht.
Lassen Sie mich noch drei Dinge ansprechen.
Erstens: Die von Ihnen geforderten pädagogisch-therapeutischen Intensiveinrichtungen – das ist auch ein wunderschöner Euphemismus – sind nichts weiter als Ihr Synonym für geschlossene Heime neuen Typs, wie Sie immer bemüßigt sind, dazu zu sagen. Sie diskutieren nur einen äußeren, einen Gebäuderahmen. Diese Diskussion wollen wir nicht. Sie ist im übrigen auch nicht die Empfehlung der Enquete-Kommission.
Zweitens: Was wir wollen und was wir auch haben mit unseren beiden neuen JGG-Einrichtungen, ist intensive Betreuung, qualifizierte Pädagogik, die Durchsetzung von Regeln und auch die konfrontative Durchsetzung von Regeln. Dieses Konzept wird wissenschaftlich begleitet und, wenn nötig, sukzessive verbessert werden.
Drittens: Herr Hesse, wenn Sie sich überhaupt einmal um dieses Konzept und die Mitarbeiter dieser Einrichtung gekümmert hätten – was Sie bisher aber nicht haben –, dann wüßten Sie, daß Freiheitsbeschränkungen zu Beginn des Aufenthalts individuell geregelt werden. Das ist Fakt. Dann wüßten Sie auch, wenn therapeutische Bemühungen zusätzlich zur Pädagogik notwendig sind, daß dieses dort organisiert wird. Aber Sie können es nicht wissen, weil Sie sich nicht darum gekümmert haben.
Wenn Sie zu diesem Thema versuchen, noch einmal oben zu schwimmen, würde ich Ihnen sagen: Fahren Sie noch einmal an das Tote Meer, legen Sie sich auf den Rücken und den Enquete-Bericht auf den Bauch. – Besten Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Ausgangslage, mit der wir uns hier schon mehrfach befaßt haben und sicherlich auch noch öfter befassen werden, ist die mehrjährige Unauskömmlichkeit des Budgets Hilfen zur Erziehung und die fachlich belegte Kritik an ihren verschiedenen Formen, insbesondere der ambulanten Hilfen zur Erziehung beziehungsweise der Art und Weise der Bewilligung. Es bestand und besteht daher Handlungsbedarf in fachlicher und fiskalischer Hinsicht.
Die politisch gewollte Umsteuerung von stationären zu ambulanten Hilfen wurde auch in Relation zu anderen Großstädten übererfüllt.Zwar gab es in den letzten Jahren einen Rückgang bei den stationären, aber auch einen exorbitanten Anstieg bei den ambulanten Hilfen zur Erziehung, und zwar insbesondere beim Erziehungsbeistand und bei der
Betreuungshilfe sowie bei sozialpädagogischer Familienhilfe.
Dieser Anstieg – das macht die Evaluation aus dem letzten Jahr deutlich – ist umstritten. Denn der Anstieg bei den sogenannten Klärungshilfen in Höhe von 25 Prozent muß sicherlich auch inhaltlich korrigiert werden.
Zum ersten Mal – das wird in dieser Drucksache erkennbar – deutet die aktuelle Fallzahlentwicklung seit geraumer Zeit darauf hin, daß die Haushaltsplanfallzahlen im Jahr 2000 nicht überschritten werden. Die Fallzahlprognose zum Stichtag 29. Februar 2000 liegt um etwa 250 Fälle unter dem Haushaltsrahmen.
Für die Deckelung des Anstiegs der Hilfen haben die Kontingentvereinbarungen mit den Trägern und dem Landesbetrieb als Anbieter ambulanter Hilfen sowie die Bewilligungseinschränkung zur Begrenzung der Zahl dieser oben genannten Hilfen vom 1. Oktober 1999 unterstützend gewirkt. Vereinbarung und Beschränkung zeigen – wie die neuen Zahlen ausweisen – erste Wirkung.
Wichtig ist es, daß in der Folge die Fachbehörde und die Bezirke zu einer Qualifizierung der Hilfeformen und möglichst weitgehenden Vereinheitlichung des Bewilligungsverhaltens kommen, um die Wirkung und Nachhaltigkeit der Hilfen weiter zu verbessern.Mit der Globalrichtlinie und den Arbeitshilfen zur Hilfeplanung liegen dafür gründliche Ansätze vor.Aber es ist auch dafür zu sorgen, daß die fachlich gebotene Hilfe gewährt wird.
Basis der heutigen Senatsantwort ist ein gemeinsamer, differenzierter Antrag aus den Facharbeitskreisen Jugend und Haushalt der Koalitionsfraktionen zum Haushalt 2000. Dieser ersten Antwort werden in diesem Jahr weitere folgen müssen.
Der Antrag umfaßt auch das Spezialproblem der Unterauslastung des Landesbetriebs. Plätze, die beim Landesbetrieb vorhanden sind, werden nicht genutzt und sind in einem nicht geringen Ausmaß Ursache für finanzielle Nachforderungen.
Diese Unterauslastung des Landesbetriebs wird trotz großer eigener Strukturanpassungsbemühungen – zum Beispiel durch Reduktion der Jugendwohnungsplätze von 299 auf 184 – von steigender Inanspruchnahme auswärtiger und Freier Träger aus Hamburg begleitet. Das wird anhand der Grafik auf Seite 124 des Kinder- und Jugendberichts erkennbar.
Das Ziel, die Inanspruchnahme auswärtiger Träger bei gleichzeitiger Qualifizierung des Hamburger Angebots von 30 auf 20 Prozent zu reduzieren, ist richtig. Der Landesbetrieb ist wichtiger und notwendiger Bestandteil der Hamburger Trägervielfalt.Wir sind daher auf die Ergebnisse der Studie gespannt, welche die Entscheidungsfindungsprozesse für auswärtige Träger evaluieren sollte.
Für die letzten Jahre ist festzustellen, daß trotz der Bemühungen des LEB, Angebotsanpassungen sukzessiv vorzunehmen, die Auslastung im LEB im gleichen Ausmaß sinkt.Von daher ist es zu begrüßen, daß der Landesbetrieb eine Kundenbefragung durchgeführt hat und eigene Verbesserungen zur Qualitätssicherung angeht.
Der Senat legt in dieser Drucksache die Verteilung von bezirklichen Budgets nach einem austarierten Indikatorenmodell, die Standardisierungsbemühungen zur Hilfege
währung über die Bezirke und die Ansätze zur Qualitätssicherung beim Landesbetrieb schlüssig vor. Offene Fragen, die wir sicherlich noch in den Ausschußberatungen dieses Jahres zu klären haben, lauten: Auf welcher Basis werden diese bezirklichen Budgets für den Landesbetrieb errechnet? Welche weiteren Maßnahmen werden im EDVBereich ergriffen? Wie ist der Stand und die Lage bei den bezirklichen Kooperationsverträgen mit den Trägern?
Insgesamt ist mit dieser Drucksache ein guter Anfang für die notwendige fachliche Diskussion gemacht. Das Jahr 2000 wird ein entscheidendes Jahr für die Entwicklung im Bereich Hilfen zur Erziehung. Ich wünsche der neuen Senatorin eine gute Hand, das nötige Quentchen Glück und freue mich auf die Zusammenarbeit.