Elisabeth Schilling

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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben vorhin in der Mediendebatte gehört, wie entscheidend für eine erfolgreiche Ansiedlungspolitik das Vorhandensein qualifizierter Mitarbeiter ist. Nicht zuletzt deshalb investiert der rotgrüne Senat seit Jahren – und verstärkt in dieser Legislaturperiode – in die Medienkompetenz des Nachwuchses schon in der Schule.
Sozialdemokraten waren immer für Chancengleichheit und setzen sich deshalb auch um so mehr für einen gleichberechtigten Zugang zu den neuen Medien ein, denn Medienkompetenz ist nicht nur für die berufliche Karriere entscheidend, sondern sie wird überhaupt die Voraussetzung für eine gelungene Integration in unserer Informations- und Wissensgesellschaft sein.
Mehr und mehr dominieren die neuen Medien unsere Alltagskultur. Wenn Schule das Lernfeld für das reale Leben sein soll, müssen wir die virtuelle Welt noch konsequenter in die Schule hineinholen. Schule muß zum zielgerichteten
und selbstbestimmten Nutzen der Medienangebote befähigen und legt damit das Fundament für die Bereitschaft für lebenslanges Lernen. Deshalb ist die Medienerziehung in Paragraph 5 des neuen Schulgesetzes gezielt verankert. Zur Zeit wird, wie in anderen Fächern auch, der Bildungsplan überarbeitet. Computer sollen in allen Fächern, aber auch fächerübergreifend und projektbezogen, zum Einsatz kommen. Das wird die Lehr- und Lernprozesse verändern. Lehrerinnen und Lehrer werden sich von ihrer Rolle als Wissensvermittler zu Teamleitern selbstgesteuerter Schülerarbeiten entwickeln. Das wird nicht nur den Dialog miteinander anregen, sondern auch einen differenzierteren Umgang mit den individuellen Lernniveaus der Schülerinnen und Schüler ermöglichen. Wir sollten das also als Chance begreifen, neue Unterrichtsformen und -konzepte zu entwickeln.
Beispielsweise tauscht sich die Profilklasse „World in touch“ der Gesamtschule Bergedorf per E-Mail mit verschiedenen Schulen aus der ganzen Welt zu bestimmten Themen aus. Die Profilklasse „Studio“ produziert Sendungen für das Schulradio und Schulfernsehen, andere nutzen die technischen Möglichkeiten für ihre Schülerzeitung oder die Gestaltung der schuleigenen Homepage.
Für den besten Internet-Auftritt hat im November letzten Jahres die Gesamtschule Allermöhe einen Preis beim „Multimedix School Award“ gewonnen.
Als beste Einzelleistung wurde eine Schülerin mit einer „Multimedia-Präsentation über das Vernichtungslager Sobibor“ ausgewählt. Das sind ermutigende Beispiele.
Eigenen Arbeitsergebnissen und Interessen medial Ausdruck zu verleihen, Medienprodukte zu gestalten und zu veröffentlichen, ist das Ziel der Medienerziehung. Deshalb investiert Hamburg in den allgemeinbildenden Schulen jedes Jahr rund 13 Millionen DM für den multimedialen Unterricht. Ziel ist es, im bundesweit führenden IuK-Ausstattungsprogramm bis 2003 alle Klassenräume mit Medienecken zu versorgen und Computerfachräume in jeder Schule einzurichten. Von den bis dahin geplanten 10 000 PCs sind bereits 80 Prozent installiert. Der Bestand hat sich damit in den letzten zwei Jahren verdoppelt.
Zur Erprobung im Unterricht kennen Sie das „SEMIK“-Programm, in dem an sechs Schulen alle Schülerinnen und Schüler der siebenten Klassen mit eigenen Laptops ausgestattet worden sind.
Im Rahmen der Initiative „Schulen ans Netz“ sind nahezu alle Schulen aller Schulformen ans Internet angeschlossen, die Hälfte davon auch ans Intranet. Für die Wartung und den Betrieb der PCs haben wir im letzten Jahr Mittel in Höhe von 1,5 Millionen DM und für dieses Jahr 2,5 Millionen DM beschlossen. Das sind 250 DM pro PC.
Ein technisches Support-Konzept hat die BSJB vom Fachbereich Informatik der Uni Bremen entwickeln lassen, das auf internationalen Erfahrungen basiert. Inhaltliche Unterstützung bietet allen Lehrerinnen und Lehrern der Hamburger Bildungsserver als zentrale Informations- und Kommunikationsplattform. Er bietet ein Portal zu vielfältigen Themen von A wie Auslandsjournal, über Berufsorientierung, ethnische Konflikte, Globalisierung, Hamburg, Klima, Ozean, Umwelt- und Verkehrserziehung. Eine spannende
Palette fertiger Unterrichtseinheiten kann – didaktisch aufbereitet – mit gebrauchsfertigen Materialien heruntergeladen werden.
Eine Projektagentur des Landesmedienzentrums berät zum sinnvollen Einsatz geeigneter Software im Klassenzimmer und ist bereits von 85 Prozent aller allgemeinbildenden Schulen angezapft worden.
Viel Bereitschaft und großes Interesse zeigten 8500 Teilnehmer – die Hälfte der Hamburger Lehrerinnen und Lehrer – an Seminaren des Instituts für Lehrerfortbildung zum Lernen mit neuen Medien, und bis zum Schuljahr 2002/2003 sollen Dreiviertel aller Pädagogen erreicht sein. Außerdem werden ein Multiplikatorenprogramm – Lehrer schulen ihre Kollegen –, ein Online-Lehrgang sowie eine zweijährige Zusatzqualifikation zur Lehrerweiterbildung aufgebaut, denn die Lehrer sind unser Hebel, an dem wir ansetzen müssen. Deshalb werden die Junglehrer im kommenden Schuljahr bereits im Referendariat mit einem persönlichen Laptop ausgestattet werden.
Die Hamburger Kommission für die Reform der Lehrerausbildung hat, wie wir uns gestern bei der Sachverständigenanhörung versichern konnten, das Lernen mit neuen Medien zum Schwerpunkt ernannt. Wir sollten deshalb nicht nur Kenntnis von der Drucksache nehmen, sondern die Empfehlungen der Kommission bei ihrer praktischen Umsetzung kritisch begleiten.
Das „Hamburger Abendblatt“ berichtete am 29. März über die Gründung der Stiftung „Hamburg Maritim“, die im Sandtorhafen einen Traditionshafen mit historischen Schiffen als Tourismusmagnet plane sowie sich für die Sicherung von Arbeitsgeräten und den Erhalt der Fünfziger-Schuppen auf dem Kleinen Grasbrook einsetzen werde.
Ist dem Senat bekannt, ob seitens der Stiftung eine Konzeption zur Kooperation mit älteren hafenbezogenen Museumseinrichtungen geplant ist, die vergleichbare Ziele an verschiedenen Standorten im Hafen schon seit längerem verfolgen, zum Beispiel mit der Außenstelle des Museums der Arbeit?
Gibt es schon Pläne für eine Anhandgabe des Gebäudes am Sandtorhafen beziehungsweise zum Erhalt – auch unter Denkmalschutzgesichtspunkten – der Schuppen der Fünfziger-Reihe?
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn der Legislaturperiode haben SPD und GAL in ihrem Koalitionsvertrag einen Schwerpunkt Jugendkultur gesetzt. Ich komme darauf zurück, weil wir damals auf dem Höhepunkt der öffentlichen Diskussion zum Thema Jugendkriminalität waren. Viel mehr als jetzt, wo wir den Enquete-Bericht diskutieren, hat das im Wahlkampf 1997 eine Rolle gespielt, und Jugend kam in den Medien nur noch unter negativen Schlagzeilen vor.
Deswegen haben SPD und GAL zweierlei beschlossen: erstens die Enquete-Kommission und zweitens den Schwerpunkt Jugendkultur. Er sollte staatliche Aktivitäten bündeln, ihre Effizienz und Verbesserungsmöglichkeiten ausloten, und zwar nicht, weil wir der Meinung waren, es gäbe da zu wenig, sondern um einen besseren Überblick und mehr Aufmerksamkeit für das Thema zu erreichen. Wir wollten damit deutlich machen, daß Hamburg Enormes leistet, um Kinder zu couragierten Demokraten zu erziehen und Jugendliche vor Perspektivlosigkeit und krimineller Energie zu bewahren, denn das sind, wie wir vorhin gehört haben, 95 Prozent.
Wir begrüßen es daher sehr, daß der Senat auf unser bürgerschaftliches Ersuchen vom letzten Dezember noch einmal rechtzeitig zum letzten Haushalt der Wahlperiode mit einer umfassenden Stellungnahme geantwortet hat, und ich empfehle sie Ihnen zur Lektüre. Die 50 Seiten sind
wahrscheinlich neben dem PUA- und Enquete-Bericht etwas untergegangen, aber Sie werden beeindruckt sein.
Ziel muß es aus unserer Sicht sein, allen Jugendlichen, auch denen mit weniger Teilhabechancen, den Zugang zu kulturellen Traditionen zu ermöglichen, Entwicklungsspielräume für ihre kreativen Potentiale und Phantasien zu eröffnen und auch die Nachwuchsförderung zu betreiben. Der Kern all dieser Maßnahmen zielt, wie Frau Steffen schon gesagt hat, auf die Entfaltung eigener Identität und die Entwicklung eines individuellen Kulturverständnisses, denn das ist flankiert von Mut, Kritik, Neugier, Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten, der Chance für konstruktives Sozialverhalten, für eine erfolgreiche, mit positiven Zukunftserwartungen verknüpfte Integration in die Gesellschaft. Kultur ist die Idee, die wir alle, aber jeder individuell, vom gesellschaftlichen Zusammenleben haben, und somit Voraussetzung für die Lebendigkeit und Standfestigkeit unserer Demokratie.
Dem widerspricht nicht, daß Jugendkultur ein eher besonderes, irgendwie kritisches Verhältnis zur Gesellschaft hat, sei es, daß der 68er Generation der Anti-Kurs zum politischen System unterstellt wurde, die 78er als Alternative etikettiert wurden, die Jugend der 90er als Spaßgeneration X und schon wieder von der neuen Generation @ die Rede ist, die eher mit E-Mails als mit Pflastersteinen wirft.
Was ist denn eigentlich Jugendkultur? Hier jedenfalls wird deutlich, daß Jugendkultur, so wie sie in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, kaum jemals ein Bild gesellschaftlicher Realität vermittelt, sondern eine mediale Inszenierung ist. Die kommerzielle Vereinnahmung von Trends und Stilen durch die Werbung verstärkt diese Tendenz noch. Für politische Handlungsansätze ist das wenig brauchbar. Ebenso findet sich in den Bibliotheken und Buchhandlungen wenig substantielle Literatur zu dem Thema, aber auch in der Politik fehlt ein bißchen die Aufbruchstimmung für den Bereich. Wir selber sollten die Jugendkultur zu einem Thema in der Stadt machen und positiver kommunizieren. Ich bin ganz optimistisch, daß das mit diesem Bericht gelingt und er eine Initialzündung für eine neue jugendpolitische Debatte in der Stadt sein kann, denn bundesweit und auch in den Niederlanden gewinnt die kulturelle Bildung, die Kinder- und Jugendkultur, erheblich an Bedeutung.
Die vorliegende Bestandsaufnahme, die eine in keiner anderen deutschen Stadt vorhandene Vielzahl an Aktivitäten aufzeigt, soll nicht nur mehr Transparenz und Anhaltspunkte für eine bessere Koordination zwischen den Behörden und mit den Trägern bieten, sondern auch Grundlage für eine kritische Auseinandersetzung um die Qualität der Angebote, ihre Attraktivität und Akzeptanz sein.
Neben einer wünschenswerten Professur an der Hamburger Universität begrüßt die SPD die Idee einer neu zu gründenden Landesarbeitsgemeinschaft. Diese könnte eine zentrale Instanz bilden, bei der alle Fäden zusammenlaufen, was bei dieser Querschnittsaufgabe ja notwendig wäre. Sie könnte Ort einer konzeptionellen Weiterentwicklung sein, und mehr öffentliche Aufmerksamkeit und auch journalistisches Interesse – eben nicht immer nur, wenn es um Kriminalität geht – könnte der Kinder- und Jugendkultur eine verbesserte Informationsarbeit und auch Programmwerbung verschaffen. Vor allem das Infomaterial der vielen Freizeiteinrichtungen in öffentlicher Trägerschaft könnte optisch etwas ansprechender gestaltet werden. Für Jugendliche, die eine Fülle an kommerziellen Szenemagazinen, Veranstaltungskalendern und Flyern haben,
könnte die Internet-Performance als gerade sie ansprechendes Medium verbessert werden.
Weniger vielfältig und übersichtlich ist dagegen das Kinderkulturprogramm. Eine große Bereicherung für Familien, Lehrer und in der Kinderarbeit Tätige wäre es hier, ein monatliches Periodikum zu haben, vielleicht als Beilage in einer Tageszeitung, um die unzähligen, teils aber nur regional bekannten Zielgruppen zugänglichen Terminankündigungen zu bündeln, aber auch Raum zu schaffen für Kritik, Artikel, Tips, Adressen und so weiter.
Das deckt sich im Prinzip gut mit einer Diskussion, die von der SPD Altona veranstaltet wurde und wo es zum Thema Kultur auch eine Arbeitsgruppe Jugendkultur gab, die erstaunlicherweise ebensogut besucht war, und erfreulicherweise die Diskussion mal nicht nur um mehr Geld ging, sondern um bessere Koordination, Bündelung, mehr Öffentlichkeitsarbeit, Information; das war ein ganz großes Bedürfnis.
Hierfür gibt die Senatsmitteilung einige Anregungen, und ich fände es gut, wenn wir nach der Diskussion in den Ausschüssen das noch einmal an die Bürgerschaft zurücküberweisen könnten, um dann bis zum nächsten Haushalt eine konzeptionelle Erneuerung zu erreichen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn ich mir das hier so angucke, sollte ich einen Antrag auf Bewegungszeiten im Parlament stellen.
Die Frage ist nur, ob wir dazu einen gemeinsamen Appell brauchen, Turnzeug anziehen und uns in die Eingangshalle des Foyers begeben müssen, oder ob wir das flexibel handhaben können. Wir haben Schulen, die das flexibel handhaben und die Stundentafel so umgesetzt haben, daß in der Woche nur noch zwei Sportstunden stattfinden.Das bezieht sich allerdings ausschließlich auf die Klassenstufe 2. Insofern ist der aufgeregte Foulruf der CDU leicht übertrieben.
Als Ausgleich finden dafür im Rahmen der VHGS tägliche Bewegungszeiten zwischen 30 Minuten und einer Stunde statt. Sie dienen der Rhythmisierung des Unterrichts, der nun länger geworden ist, und zum Sammeln und zur Wiederherstellung des Konzentrationsvermögens. Neu an dieser Flexibilisierung ist, daß sie die starre Stundentafel im 45-Minuten-Takt durchbricht und die unterschiedlichen Erfordernisse der Schülergruppen besser angepaßt werden. Dies sowohl in bezug auf die Quantität – es ist auch möglich, vier Stunden Sport zu unterrichten – als auch darauf, daß die inhaltliche Ausgestaltung variiert werden kann.
Die CDU tut allerdings immer so, als würde in Bewegungszeiten nur über Bewegung geredet.Wer darin nichts anderes als eine Sparmaßnahme erkennen kann, der bevorzugt – wie bei der Diskussion um mehr Autonomie an Schulen und um die neuen Bildungspläne – ein Maximum an Spielregeln und ein Minimum an Freiraum für Entwicklungen. Das ist nicht gerade ein spielfreudiger Standpunkt.
Wer die zwei klassischen Sportstunden mit Bewegungszeiten zusammenzählt, erkennt, die CDU hat wieder einmal ein Eigentor geschossen, denn zusammen ergibt das mehr. Wir haben es zwar, wie Herr Hesse ausgeführt hat, mit gravierend veränderten gesellschaftlichen Bedingungen zu tun, zum Beispiel mit zunehmender Mobilität bei
gleichzeitiger Bewegungsarmut. Falsche Ernährungsgewohnheiten beeinträchtigen Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Kinder.Insofern ist die gestern in Hamburg von Boris Becker angekündigte Stiftung von 3 Millionen DM eine tolle Sache, eine Mülltonne mit Sportgeräten gefüllt für 500 Schulen in zehn deutschen Städten. Da kann ich nur hoffen, daß viele Hamburger Schulen dabei sind.
Ob aber Kinder in der Schule einen positiven Bezug zu ihrem Körper, zur Entwicklung motorischer Fähigkeiten und zur Reproduktion körperlichen Wohlbefindens entwickeln können, hängt nicht davon ab, ob der Unterricht in der Turnhalle stattfindet oder nicht.
Schule insgesamt und nicht nur der Sportunterricht, der bisweilen von der Drogenprävention – das wurde hier auch angesprochen – bis zur Völkerverständigung als gesellschaftliches Allheilmittel angesehen wird, muß den veränderten Lebensbedingungen gerecht werden. Deshalb arbeiten wir an neuen Schulkonzepten und die Schulen selber an ihren Schulprogrammen. Die Latte, über die Sie springen wollten, war auch schon einmal höher gelegt.
Erstaunlich ist auch, daß die CDU, die sonst immer ganz vorneweg sein will, wenn es um die neue Wissensgesellschaft geht und im Schulunterricht stets die Bedeutung der Kernfächer betont, nun die Fahne für den Sportunterricht hochhält. Und das, wo laut „Morgenpost“ gerade zu lesen war, daß die Eltern Mathe und Deutsch höher als den Sport einstufen.Und nun will die CDU den Eltern sagen, wir brauchen mehr Völkerball und weniger „www.“? Hier spielt die CDU wieder einmal mit wechselnden Mannschaftstrikots und mit Argumenten, die leider zu keiner gemeinsamen Spielstrategie führen.Vielleicht finden wir die aber noch im Ausschuß.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kulturpolitik machen kultivierte Leute. Da soll es hin und wieder vorkommen, daß es interfraktionelle Anträge gibt. Dieser Möglichkeit gehen wir heute leider verlustig.Das ist schade, denn die CDU kommt hier einmal wieder mit einem Antrag, der ungedeckte Schecks beinhaltet. Dieser politische Handlungsansatz ist ein Schnellschuß.
Weil Sie von der CDU Ihren Antrag aber aus der im Rahmen der Selbstbefassung durchgeführten umfangreichen Anhörung ableiten, nötigen Sie uns auch noch dazu, Ihnen den Ausschußbericht zu einem Zeitpunkt zur Kenntnis zu geben, an dem wir noch keine abschließende Bewertung der vielseitigen Erfahrungen aus den Gesprächen mit den vielen Intendanten, Managern und Künstlern der Privattheater- und freien Theaterszene gemacht haben. Das ist schade angesichts der Gewissenhaftigkeit, mit der diese uns begegnet sind, und der Zeit, die wir uns dafür genommen haben. Es ist ein wenig Kasperltheater, denn sie haben viele Punkte aufgezeigt, die noch einer eingehenden Erörterung bedürfen.
In Hamburg gibt es derzeit über 30 privat betriebene Theater. Unter ihnen befinden sich mit den Hamburger Kammerspielen, dem Ohnsorg-Theater und dem ErnstDeutsch-Theater größere von überregionalem Rang. Herr Karpen, das sind auch die Theater, die gefördert werden. Es sind feste Bühnen und freie Theatergruppen, Sprechtheater, Musical und Kabarett, also kurz gesagt ist das ganze Spektrum des Theatergenres in privater Verantwortung in Hamburg vertreten.
Die Hansestadt fördert neben den bundesweit künstlerisch führenden Staatstheatern die Privattheater im laufenden Jahr mit über 10 Millionen DM. Diese Förderung wird im nächsten Jahr annähernd unverändert bleiben.In Deutschland ist das hiesige Privattheaterangebot allein mit dem in der Hauptstadt Berlin vergleichbar; hier werden sie jedoch nicht durch Bundeszuschüsse gefördert.
Die großen Hamburger Privattheater spielen auf soliden Brettern. Für einige braucht Vater Staat kaum einen Pfennig dazu zu bezahlen. Die Privattheater haben bei vergleichbarer Anzahl der Vorstellungen eine größere Platzauslastung als die Staatstheater; die Stetigkeit ihres wirtschaftlichen Erfolgs läßt sich an steigenden Abonnentenzahlen ablesen. So konnte das Ohnsorg-Theater seine Abonnenten auf 10 000 verdoppeln; die Komödie Winterhuder Fährhaus, bis vor kurzem von Rolf Mares geleitet – den ich heute an dieser Stelle vermisse –, kann auf 12 000 und das Ernst-Deutsch-Theater sogar auf 14 000 Abo-Kunden setzen. Erfreulicherweise ist es ihnen auch gelungen, mit vielen spezifischen Veranstaltungsformen wie LateNight-Shows, Foyerveranstaltungen und Matineen das Publikum deutlich zu verjüngen. Außerdem ist es den Privattheatern erfolgreich gelungen, in neue Trendbereiche, wie Veranstaltungen mit Event-Charakter, vorzustoßen. Dennoch ist es zutreffend, daß die wirtschaftliche Situation vor allem der kleinen Theater tatsächlich nicht einfach ist.
Über die Aufteilung der Subventionen hat Herr Klimke schon gesprochen.Den Rest teilen sich die übrigen acht Theater. Sie können auch auf den Projekttopf zurückgreifen, der sich auf über 600 000
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DM beläuft. Ich persönlich hätte es begrüßt, wenn die 45 000 DM, die nach der Schließung des Piccolo-Theaters frei geworden sind, auch dafür noch zur Verfügung gestanden hätten, anstatt zur Konsolidierung des Haushalts abgeführt zu werden.
Aber woher die CDU die Aufstockung von immerhin 1 Million DM nehmen will, das sagt sie uns natürlich wieder nicht. Anstatt diese Hausnummer in den Raum zu stellen, muß man doch erst einmal ein Förderkonzept entwickeln, um dann über die daraus abzuleitenden Finanzbedarfe zu sprechen. Das wäre doch die richtige Reihenfolge.
Es ist richtig, daß eine Förderpraxis erstrebenswert ist, die neben der gewollten Strukturbewahrung auch Wege und Chancen für innovatives Theater eröffnet. Diese Aufgabe gehört allerdings zunächst in den Ausschuß.Ich glaube, es ist hier ausreichend deutlich gemacht worden, daß die meisten Fragen noch gar nicht zu Ende diskutiert wurden.
Es ist mit Verlaub erstaunlich, daß die CDU, die immer wieder über die Ohnmacht der Bürgerschaft gegenüber der Verwaltung klagt, gerade die Entwicklung eines Anforderungsprofils zur Mittelzuweisung der Behörde abfordert, ohne dem Senat dazu die geringsten Vorgaben zu machen. So kommen wir unserer parlamentarischen Verantwortung nicht nach.
Im übrigen, meine Damen und Herren von der CDU, kann ich auch den Sinn einiger von Ihnen angesprochenen Prüfaufträge nicht nachvollziehen, wie beispielsweise die Bündelung technischer Dienstleistungen der Zentralbühnen. Die meisten am Anhörverfahren beteiligten Personen äußerten sich dahin gehend, daß dies sowohl bei denen, die welche haben, als auch bei denen, die keine haben, keinen Sinn mache.Diese Frage können wir uns eigentlich getrost schenken.Die Werkstätten und Kulissen gehören zum künstlerischen Profil der einzelnen Bühnen; sie lassen sich nicht beliebig outsourcen.
Gegenstand der Ausschußberatungen war auch eine Verbesserung der Kooperation von Theatern und Tourismuszentrale; das haben Sie auch angesprochen. Hier gab es allgemein den Eindruck eines Verbesserungsbedarfes. Die inzwischen selbstkritisch eingeräumte Musicallastigkeit der Vermarktungsaktivitäten müßte durch ein stärkeres, zielgruppenorientiertes Marketing und Paketlösungen ergänzt werden.
Es ist aber auch deutlich geworden, daß dies seinen Preis hat und daß die Tourismuszentrale natürlich zu einem kostendeckenden Management verpflichtet ist. Gerade die kleineren Theater haben Probleme, diese Leistungen abzufordern und dafür die Gebühren zu entrichten. Teilweise sind sie aber schon einen Schritt vorausgegangen und haben sich eigene Lösungen ausgedacht, die für sie und ihr Publikum besser passen und zum Teil auch kostengünstiger sind.
Zusammenfassend ist zu sagen: Es ist nach diesen facettenreichen Anhörungen, die uns vielseitige Anregungen geliefert haben, zu einfach, die Behörden aufzufordern, Verbesserungsmöglichkeiten zu wagen. Ich glaube, wir sollten im Kulturausschuß zunächst selbst unsere Hausaufgaben machen. Dann können wir dem Senat vielleicht im Konsens einen klareren Handlungsrahmen vorgeben. Ich bitte um Überweisung.