Karin Rogalski-Beeck
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach allem, was bisher zu diesem Thema gesagt wurde, konnte der Eindruck entstehen, daß Hamburger Eltern, die einen Betreuungsplatz für ihr Kind in einer Kita haben, auf die übelste Weise abgezockt werden.
Ich will versuchen, diese hochemotionale Diskussion zu versachlichen. Einig sind wir sicher, und auch Sie haben im Ausschuß immer dafür gestimmt, daß es gut war, das System der Elternbeiträge zu vereinheitlichen. Der alte Zustand, daß ein Teil der Eltern schon seit 1993 ihr Einkommen nachweisen mußte und der andere Teil weiter der Selbsteinschätzung unterlag, hat zu himmelschreienden Ungerechtigkeiten geführt.
Dem Auftrag der Bürgerschaft, ein neues aufkommensneutrales Beitragssystem für alle zu entwickeln, ist der Senat nachgekommen. Nur eines darf man dabei nicht vergessen: Die diversen Modellrechnungen, die dann in ein neues Beitragssystem mündeten, stammen aus dem Jahr 1999.
Innerhalb der letzten zwei Jahre hat es Veränderungen in der Einkommensentwicklung gegeben. Wer mehr Netto in der Tasche hat, zahlt natürlich auch mehr für einen Kitaplatz.
Sie können sich gleich zu Wort melden, Frau Sudmann.
Die Arbeitslosigkeit hat erheblich abgenommen.
Gestern haben wir gerade wieder gehört, daß die Arbeitslosigkeit in Hamburg im Vergleich zum Rest der Republik schneller zurückgeht. Dadurch gibt es auch mehr Eltern, die nicht nur den Mindestbeitrag zahlen.
Meine Damen und Herren! Damit erklärt sich ein Teil der zu erwartenden Mehreinnahmen von circa 4 Millionen DM. Was den weitaus größeren Teil betrifft, nämlich den der 12 Millionen DM, die aus dem Bereich der Halbtagsbetreuung kommen sollen – das ist der Bereich, der bisher der Selbsteinschätzung unterlag –, hat uns schon überrascht. Ich kann jedenfalls nicht glauben, daß Eltern in diesem Ausmaß gemogelt haben sollen.
Insofern bin ich sehr unsicher, ob sich die Erwartung der 16 Millionen DM Mehreinnahmen am Ende des Jahres realisiert.
Zur Zeit gibt es lediglich Prognosen und Hochrechnungen auf der Basis Mitte Januar 2001. Herr Harlinghausen, entgegen Ihrer Behauptung haben wir die 16 Millionen DM noch nicht in der Kasse.
Was das neue Beitragssystem und die Höhe der Beiträge betrifft, sehen wir jedenfalls keine Veranlassung, Korrekturen vorzunehmen.
Meine Damen und Herren! Für den Fall, daß es sich doch als realistisch herausstellt und es zu tatsächlichen Mehreinnahmen kommt, hat die Senatorin bereits angekündigt, daß sie zur Verbesserung der Betreuungssituation eingesetzt werden.
Ich möchte aber noch einmal ein paar Bemerkungen zu den Beiträgen und zur Struktur der Hamburger Kinderbetreuung im Vergleich zu anderen Bundesländern machen. Auch nach dem neuen Beitragsgesetz zahlt der überwiegende Teil der Eltern den Mindestsatz. Die immer wieder genannten Abmeldezahlen wegen angeblich zu hoher Beiträge halten keiner soliden Überprüfung stand.
Das will ich nicht sagen; das mag von Region zu Region unterschiedlich sein, Herr Harlinghausen. Ich kann mir auch etwas herauspicken und Behauptungen aufstellen, die dann aber nur einen Einzelfall betreffen und nicht die ganze Stadt.
Sie können sich ruhig noch mal zu Wort melden.
Die Behauptung, daß Hamburg die höchsten Beitragssätze der Republik hat, stimmt nur bedingt. Dazu reicht ein Blick über die Landesgrenzen hinaus. In den Flächenländern gibt es kein einheitliches Gebührensystem. Dort bestimmt jede Kommune, wieviel für einen Platz gezahlt werden muß. Der Beitrag liegt im Vergleich oft höher als in Hamburg. Ich kenne einige Eltern, die neidvoll auf die Hamburger Situation gucken, und zwar bezüglich des vielfältigen Betreuungsangebots als auch wegen des PreisLeistungs-Verhältnisses.
Auch im Vergleich zu westdeutschen Großstädten hinsichtlich Struktur, Qualität und Leistungsumfang ist Hamburg Spitze und wird es bleiben.
Wir werden erst einmal ganz unaufgeregt und gelassen die weitere Entwicklung abwarten. – Vielen Dank.
Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Das war sie wieder, Herrn Harlinghausens Märchenstunde kurz vor Weihnachten.
Tatsache ist, entgegen allen Schwarzmalereien der CDU im allgemeinen und Herrn Harlinghausen im besonderen
ist es auch im Millenniumsjahr im Kinder- und Jugendbereich nicht zum Kollaps gekommen. Auch im Jahre 2001
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werden die negativen Voraussagen der CDU nicht eintreten. Aber solche Erfahrungen muß man machen, wenn man der mit Augenmaß und Konsequenz durchgeführten Regierungspolitik nichts Konstruktives entgegenzusetzen hat.
Sie, Herr Harlinghausen, haben das Regierungsprogramm kritisch unter die Lupe genommen. Das gehört zu Ihrer Aufgabe als Oppositionspolitiker.
Es bei der Kritik bewenden zu lassen, ist aber etwas zu wenig. Meiner Aufforderung anläßlich der letzten Haushaltsberatung, konstruktiv mitzuarbeiten und mitzugestalten, haben Sie sich wieder einmal entzogen. Das, was ich zum Haushalt 2001 und von Ihnen gehört habe, läßt mich nicht hoffen, daß Sie willens und in der Lage sind, meiner nochmaligen Aufforderung nachzukommen.
Der vorliegende Haushaltsentwurf ist eine gute Grundlage für die Fortführung der soliden und richtungweisenden Kinder- und Jugendpolitik in Hamburg.
Herr Harlinghausen, auch Sie sollten einmal zuhören. Auch Sie könnten noch etwas lernen, was Sie vielleicht im nächsten Jahr konstruktiv einbringen könnten.
Im kommenden Haushaltsjahr stehen rund 253 Millionen für die unterschiedlichen Hilfeformen im Bereich der Hilfen und Erziehung zur Verfügung. Damit ist gesichert, daß Kinder und Jugendliche in Hamburg die individuelle Hilfe, die ihnen nach dem KJHG zusteht, auch bekommen.
Befürchtungen der Opposition, wegen der Steuerungsmaßnahmen der Regierungsfraktionen müßten die Hilfen für Kinder und Jugendliche eingeschränkt werden, trafen für dieses Jahr nicht zu und werden auch im nächsten Jahr nicht zutreffen. Die Kontingentvereinbarung mit den Trägern der Hilfen zur Erziehung hat sich als sinnvoll und richtig erwiesen.
Das verbesserte Controlling in den Bezirken zeigt erste Erfolge. Ganz sicher trägt auch die sogenannte Bonusregelung dazu bei, indem 50 Prozent der ersteuerten Beiträge im Bezirk verbleiben. Durch die Neuregelung, daß bis zu 40 Prozent für den Ausgleich von Personalkonsolidierung im Allgemeinen Sozialen Dienst eingesetzt werden dürfen, erhoffen wir uns eine noch zielgenauere Einsetzung der vorhandenen Mittel.
Wir werden die Entwicklung weiter beobachten und erwarten vom Senat weiterhin eine regelmäßige und umfassende Berichterstattung, um gegebenenfalls rechtzeitig lenkend eingreifen zu können.
Für die Kindertagesbetreuung werden im kommenden Jahr 587 Millionen DM zur Verfügung stehen. Mit einem Betreuungsangebot für 67 600 Kindern im Alter bis zu zwölf Jahren nimmt Hamburg damit einen deutlichen Spitzenplatz in Deutschland ein.
Im letzten Monat hat die Jugendsenatorin, Frau Pape, erklärt, daß die Einführung der Kita-Card erst im Jahre 2003 erfolgen solle. Das ist einerseits sehr bedauerlich, wir sehen andererseits aber auch, daß der ursprüngliche Zeitplan nicht einzuhalten ist. Hier gilt ganz eindeutig: Gründ
lichkeit geht vor Schnelligkeit. Die Regierungsfraktionen halten genau wie die Träger und Verbände an der Absicht fest, von einem Angebotssystem auf ein nachfrageorientiertes System umzusteuern. In zahlreichen Gesprächen mit Eltern und Mitarbeitern vor Ort in den Kitas hat die SPD-Fraktion erfahren, daß sie mit dieser Zielsetzung richtig liegt.
Nach anfänglicher Skepsis herrscht jetzt deutlich der Aufbruchgedanke vor.
Für die Umstellung muß es jedoch ein klares Verfahren und einen präzisen Zeitplan geben. Der Erfolg dieser Reform hängt maßgeblich davon ab, wie sorgfältig die Systemumstellung vorbereitet wird. Deswegen fordern wir den Senat auf, der Bürgerschaft einen weiteren Zwischenbericht zu geben.
Leider weiß die CDU auch bei der Kita-Card wieder nicht so richtig, was sie will. Die Bürgerschaftsfraktion sagt, sie sei für die Kita-Card.
In den Bezirken mäkelt sie daran herum und möchte sie vielleicht doch nicht; mal hü, mal hott. Das kennzeichnet die Politik der CDU. Das ist nicht verantwortlich, sondern unverantwortlich, meine Damen und Herren.
Das zentrale Thema für das nächste Jahr wird die Umsetzung des von uns eingebrachten Antrags zu den Ergebnissen der Enquete-Kommission sein. In der letzten Bürgerschaftssitzung haben wir darüber schon ausführlich debattiert. Darum nenne ich jetzt nur noch einmal in aller Kürze die Schwerpunkte.
Erstens: Eine schnelle und konsequente Reaktion auf delinquentes Verhalten Jugendlicher durch Stärkung und Ausbau des Antiraubkonzepts.
Zweitens: Eine weitere Verkürzung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren.
Drittens: Gegen die sogenannten Intensivtäter soll spätestens drei Monate nach der Tat Anklage erhoben werden.
Viertens: Der Täter-Opfer-Ausgleich soll weiter ausgebaut werden.
Fünftens: Die Bezirke sollen die bedarfsorientierte sozialräumliche Jugendhilfeplanung weiter forcieren.
Sechstens: Die Leistungsbereiche der Jugendhilfe sollen in definierten Sozialräumen regelhaft miteinander verknüpft und vernetzt werden.
Ferner möchte ich noch ein paar Worte zu den Anträgen der REGENBOGEN-Gruppe sagen.
Als gedachte Überschrift steht auf den Anträgen: Wünsch dir was! Frau Hajduk hat gestern die Frage gestellt, ob Sie für oder gegen die Kita-Card sind. In Punkt 3 Ihres Antrags zur Kindertagesbetreuung gibt es meines Erachtens zumindest einen versteckten Hinweis für ein Ja. Auf eine Antwort bin ich trotzdem gespannt.
Inhaltlich werden wir keinem Ihrer Anträge zustimmen, da sie vom Grund her an der Wirklichkeit vorbeigehen.
Sie sind unfinanzierbare Luftschlösser.
Ich komme zum Schluß. Der Hamburger Haushalt wird auch im nächsten Jahr noch einmal ein Sparhaushalt sein. Aber wie in den vergangenen Jahren wird der Jugendbereich auch im nächsten Jahr nur unterproportional zur Konsolidierung herangezogen. Wie schon in den vergangenen Jahren werden in der offenen Kinder- und Jugendarbeit keine Einsparungen vorgenommen. Die Betriebsausgaben im Bereich der Jugendhilfe steigen über die Ansätze vom Jahr 2000 hinaus um rund 7 Millionen DM auf nahezu 1,4 Milliarden DM. Mit unserem Antrag zur Umsetzung der Ergebnisse der Enquete-Kommission wollen wir weitere rund 3 Millionen DM bereitstellen.
Das macht deutlich – Herr Harlinghausen, hören Sie bei den letzten Sätzen ruhig noch zu –, daß die SPD-Fraktion dem Kinder- und Jugendbereich weiterhin einen hohen Stellenwert beimißt. Unser Haushalt ist solide gerechnet, berücksichtigt das Machbare und läßt der kreativen Gestaltung Raum. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Anläßlich der Übergabe des Abschlußberichts der Enquete-Kommission „Jugendkriminalität“ am 30. Mai dieses Jahres habe ich angekündigt, daß die zentralen Ergebnisse und Empfehlungen der Kommission in der SPD-Fraktion weiter diskutiert und ausgewertet werden.
Ich habe gesagt, daß der Bericht praktische und politische Konsequenzen haben wird.
Meine Damen und Herren, mit diesem Leitantrag liegt Ihnen heute ein umfassendes Papier vor, mit dem wir die für uns zentralen Empfehlungen der Enquete-Kommission umsetzen. Wir haben, wie ich finde, ein Paket geschnürt, mit dem wir deutliche Zeichen setzen. Es ist ein Paket, das sowohl präventive wie auch repressive Instrumentarien als Reaktion auf jugendliche Delinquenz enthält. Wir machen deutlich, daß diese Stadt es nicht hinnehmen wird, daß Jugendliche vor allem andere Jugendliche bedrohen und ausrauben. Diese Stadt wird nicht akzeptieren, daß Gewalt unter Jugendlichen weiter steigt.
Unsere Schwerpunkte sind erstens: Schnelle und konsequente Reaktionen auf delinquentes Verhalten Jugendlicher. Die bereits guten Erfahrungen mit dem Antiraubkonzept zeigen, daß ein rechtzeitiges Stoppsignal durch normverdeutlichende Gespräche der Polizei mit Jugendlichen und ihren Erziehungsverantwortlichen wichtig und richtig sind. Mit weiteren 15 Stellen bei der Polizei wollen wir deshalb das Antiraubkonzept stärken und weiter ausbauen.
Eine noch schnellere und bessere Reaktion wollen wir auch in der Justiz erreichen. Die Justizbehörde hat in den letzten beiden Jahren bereits Verbesserungen auf der Umsetzungsebene auf den Weg gebracht. Durch die insgesamt verbesserte Ausstattung der Jugendstaatsanwaltschaft ist es jetzt weit besser möglich, angemessener und differenzierter auf jugendliches Fehlverhalten zu reagieren. Die Nullachtfünfzehnschreiben zur Verfahrenseinstellung gehören der Vergangenheit an. Heute wird die staatliche Reaktion in allen Belangen sehr viel stärker auf die individuellen Sachverhalte abgestimmt. Diese positive Entwicklung, die ich an dieser Stelle ganz bewußt hervorhebe, werden wir durch die Einrichtung einer weiteren Stelle für die Jugendstaatsanwaltschaft stärken. Wir erwarten eine Verstärkung erzieherischer Maßnahmen im Rahmen des Hamburger Diversionsmodells und daß staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren in der Regel nicht länger als sechs Wochen dauern. Gegen die sogenannten Intensivtäter soll spätestens drei Monate nach der Tat Anklage erhoben werden. Für die Zukunft erwarten wir auch einen weiteren Ausbau des Täter-Opfer-Ausgleichs, obwohl sich diese Zahlen erfreulicherweise inzwischen schon mehr als verdoppelt haben.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich ganz ausdrücklich begrüßen, daß die Jugendarrestanstalt wieder durchgängig geöffnet ist. Wir wollen, daß Jugendliche dort nicht nur verwahrt werden, sondern daß mit ihnen
den Zuruf habe ich nicht verstanden –
eine sinnvolle Arbeit geleistet werden kann. Deshalb werden wir in der Jugendarrestanstalt zwei Sozialpädagogenstellen einrichten. Damit kann nun eine intensive pädagogische und sozialtherapeutische Betreuung realisiert und sichergestellt werden.
Zweitens: Kinder- und Familienhilfe und Jugendhilfeplanung. Unser zweiter und zentraler Ansatz in unserem Leitantrag ist die Stärkung und Neuorientierung der Jugendhilfe. Seit wenigen Jahren gibt es die erfolgreichen Kinderund Familienhilfezentren, die die unterschiedlichsten Hilfen für Familien unter einem Dach vereinigen. Diese Konzeption war ein erster Schritt zur besseren und strukturellen Vernetzung von Angeboten der Jugendhilfe. Auf dieser Grundlage hat die Bürgerschaft verschiedene stadtteilorientierte Konzepte entwickelt und entsprechende Projekte initiiert.
Als ein weiterer Schritt soll nun, vor allem aufbauend auf den Kinder- und Familienhilfezentren, ein starkes, auf den Sozialraum ausgerichtetes System integrierter Kinder- und Familienhilfe entstehen. Die Leistungsbereiche der Ju
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gendhilfe sollen in definierten Sozialräumen regelhaft miteinander verknüpft und vernetzt werden.
Dabei kommt natürlich der Jugendhilfeplanung eine besondere Verantwortung zu. Bisher gibt es bei der Jugendhilfeplanung qualitativ sehr unterschiedlich gute Ergebnisse. Wir erwarten, daß sich die Bezirke diesem Bereich verstärkt zuwenden und die bedarfsorientierte sozialräumliche Jugendhilfeplanung weiter forcieren.
Neben der Kinder- und Familienhilfe ist ein zentraler Bereich der Jugendhilfe nicht zu vernachlässigen, die offene Kinder- und Jugendarbeit, die Jugendsozialarbeit. Diese Angebote bieten nicht nur sinnvolle Freizeitmöglichkeiten, sondern haben auch eine wichtige Funktion für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. Es ist uns gelungen, diesen kleinen, aber wichtigen Leistungsbereich in den letzten Jahren aus der Konsolidierung herauszunehmen.
Gleichwohl konnten Einsparungen beispielsweise in kommunalen Einrichtungen nicht verhindert werden. Um künftig Belastungen für die offene Kinder- und Jugendarbeit zu vermeiden, wollen wir, daß ein Großteil der sogenannten Entlastungsfonds für bezirkliche Aufgaben der Kinder- und Jugendarbeit bereits vorab zugute kommt. Darüber hinaus fordern wir den Senat auf, sicherzustellen, daß der Leistungsbereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit nicht überproportional für Bewirtschaftungsmaßnahmen herangezogen wird.
Meine Damen und Herren, der Bereich Hilfen zur Erziehung fehlt in unserem Antrag. Das bedeutet aber nicht, daß wir keinen Handlungsbedarf sehen. Anfang des nächsten Jahres werden wir dazu einen gesonderten Antrag vorlegen. Eine Änderung des bestehenden Verfahrens wird es aber schon jetzt im Bereich der sogenannten Bonusregelung geben. Bisher konnten die Bezirke ersteuerte Einsparungen bei den Hilfen zur Erziehung im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit einsetzen. In Zukunft dürfen auch bis zu 40 Prozent für den Ausgleich von Personalkonsolidierungen im allgemeinen sozialen Dienst eingesetzt werden.
Fazit: Schnelle und konsequente Reaktionen auf delinquentes Verhalten Jugendlicher und die Stärkung der Jugendhilfe als präventives Element sind die zentralen Ansätze im Leitantrag der Regierungsfraktionen. Daneben werden wir aber noch weitere wichtige Maßnahmen auf den Weg bringen. Wir wollen, daß die so wichtige Kooperation zwischen Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie stärker gefördert wird. Um Kindern und Jugendlichen in seelischen Notlagen und krisenhaften Situationen angemessen helfen zu können, soll sichergestellt werden, daß die geschlossene Unterbringung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen, bei denen eine Fremd- und Eigengefährdung besteht, nur auf geeigneten Stationen der Kinder- und Jugendpsychiatrie innerhalb Hamburgs erfolgt. Hierfür sollen an zwei Standorten jeweils fünf Krisenplätze geschaffen werden.
Es ist uns durchaus klar, daß es hierzu sehr unterschiedliche Einschätzungen gibt. Die größte Befürchtung ist, daß Kinder und Jugendliche zu schnell in die Psychiatrie abgeschoben werden. Gleichwohl sehen wir es jedoch als unbefriedigend an, daß Kinder und Jugendliche in besonderen Krisensituationen auf geschlossenen Stationen der Erwachsenenpsychiatrie oder außerhalb Hamburgs untergebracht werden. Darum fordern wir in unserem Antrag, daß in Hamburg einige wenige kind- und jugendgerechte
Betten in der geschlossenen Psychiatrie geschaffen werden. Wir erwarten aber selbstverständlich auch, daß eine Einweisung sehr genau geprüft wird, damit kein Abschiebeeffekt eintreten kann.
Die zentralen Leitziele der beiden Regierungsfraktionen habe ich hier nun skizziert. Bei genauerer Lektüre des Leitantrags werden Sie sicher feststellen können, daß wir die zentralen Forderungen und Empfehlungen der EnqueteKommission aufgegriffen haben und zur Umsetzung bringen.
Zum Schluß möchte ich aber noch einmal hervorheben, daß für den Anstieg der Gewalt unter Jugendlichen und der Raubtaten eine kleine Gruppe Jugendlicher verantwortlich ist. 95 Prozent aller Jugendlichen treten weiterhin nicht durch delinquentes Verhalten in Erscheinung. Für die kleine Gruppe der auffälligen Jugendlichen ist es aber unabdingbar, schnell und konsequent auf ihr kriminelles Verhalten zu reagieren. Mit der Umsetzung unseres Antrags kommen wir einen entscheidenden Schritt voran. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren! Die Enquete-Kommission „Jugendkriminalität und ihre gesellschaftlichen Ursachen“ hat ihre Arbeit beendet und der Bürgerschaft ihren Bericht vorgelegt.
In diesem Bericht stecken zwei Jahre intensive Arbeit. Ich will ihn nicht vorlesen, aber ich würde jedem Mitglied dieses Hauses empfehlen, diese interessante Lektüre von vorn bis hinten zu lesen.Es ist sehr viel Interessantes darin enthalten.
Bevor ich auf den Bericht und das weitere Verfahren eingehe, möchte ich mich ausdrücklich bei den Sachverständigen und dem Arbeitsstab der Enquete-Kommission bedanken.
Sie haben uns ihr Wissen zur Verfügung gestellt, uns beraten und darüber hinaus auch sehr viel Zeit investiert. Dazu muß man sagen, daß nicht alle Sachverständigen aus Hamburg gekommen sind, sondern mehrere aus Berlin.Ihr Aufwand war entsprechend intensiv. Nochmals vielen Dank, meine Damen und Herren!
Warum wurde diese Enquete-Kommission eingesetzt? Sie sollte die Ursachen für eine gestiegene Kriminalitätsbelastung junger Menschen analysieren und Handlungsemp
fehlungen für die Hamburger Politik erarbeiten. Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, haben sich von Anfang an gegen diese Kommission ausgesprochen.
Ich bin aber froh, daß wir diese Kommission dennoch zusammen mit unserem Koalitionspartner eingesetzt haben. Denn der uns vorliegende Bericht ist im doppelten Sinne gewichtig. Er ist Bestandsaufnahme und Wegweiser; er ist auch entgegen Ihrer Befürchtung – ich wollte Frau Blumenthal ansprechen, die leider nicht anwesend ist; sie hatte angemahnt, einen ehrlichen Bericht vorzulegen – ein ehrlicher Bericht geworden, der die Probleme nicht schönredet oder verkleistert.
Mich freut besonders, daß in vielen zentralen Fragen eine große Übereinstimmung innerhalb der Kommission vorherrschte und daß die Empfehlungen der Enquete-Kommission weitestgehend einvernehmlich entwickelt wurden. Wie geht es weiter?
Die unterschiedliche Berichterstattung über die Arbeit der Enquete-Kommission beschreibt das Spannungsverhältnis, in dem sich die Politik jetzt befindet.So wird der Bericht von Teilen der öffentlichen Meinung als überflüssig bewertet, denn er diene ausschließlich als Legitimation für völlig vernünftige Argumente, die eigentlich keiner Legitimation bedürften. Andere bewerten den Bericht als gründliche Expertise mit wichtigen Handlungsempfehlungen und befürchten, daß er in der Schublade verschwinde und weiter nichts passiere.
Ich möchte an dieser Stelle nochmals erklären: Für die SPD-Fraktion liefert der Bericht bedeutsame Erkenntnisse für ihre Arbeit und gibt mit seinen Empfehlungen wichtige Anstöße für ihre weitere Politik. Der Bericht wird mit seinen Empfehlungen und Handlungsvorschlägen praktische und politische Konsequenzen haben. Das habe ich seinerzeit schon in der Pressekonferenz gesagt;dazu stehen wir auch weiterhin.
Natürlich beginnt jetzt erst unsere Hausarbeit. Denn nunmehr steht die Aufarbeitung dieser vorgeschlagenen Empfehlungen an. Diese Arbeit hat der Jugend- und Sportausschuß in Zusammenarbeit mit den anderen Fachausschüssen zu leisten. Ich möchte an dieser Stelle auf einige zentrale Aspekte des Berichts, insbesondere im Bereich der Jugendhilfe, eingehen.
Die Kommission empfiehlt unter anderem die vollständige Herausnahme der offenen Kinder- und Jugendarbeit aus der Haushaltskonsolidierung.Andere Vorschläge erfordern ebenfalls eine Verstärkung. Dabei muß aber klar sein, daß allein mit mehr Geld nicht alles repariert werden kann. Es kommt darauf an, mit den vorhandenen Mitteln eine möglichst hohe Effizienz zu erreichen. Diese wollen wir durch eine noch bessere Vernetzung der vorhandenen Angebote und eine stärkere Flexibilisierung des finanziellen Mitteleinsatzes erreichen. Dazu gehören eine größere Durchlässigkeit im Jugendhilfeetat und die unter dem Stichwort „Entsäulung der Jugendhilfe“ diskutierten Aspekte.
Weitere Stichworte zu diesem Bericht sind: Eine sozialräumliche Jugendhilfeplanung und damit die Einbindung der Hilfen zur Erziehung; eine modellhafte Erprobung von Sozialraumbudgets. Wir wollen eine Qualifizierung der Hilfsangebote im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Betreuungskontinuität auch in Krisensituationen. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern soll die Möglichkeit gegeben werden, sich in schwierigen Situationen Unterstützung bei speziellen Fachdiensten zu holen. Denn wir wollen verhindern, daß aufgrund von Überforderung Kinder von einer
Einrichtung in die andere abgeschoben werden. Das ist sehr schädlich.
Wichtig ist auch eine weitere Verbesserung der Hilfsangebote für Eltern. Wir wollen ein Netz von allgemeinen Beratungsangeboten für Eltern. Vorstellbar ist die Verstärkung von Kinder- und Familienhilfezentren als niedrigschwellige und sozialräumlich orientierte Einrichtungen. Kinder und Jugendliche dürfen nicht mehr Objekte von staatlichen institutionellen Maßnahmen sein. Wir müssen sie als Persönlichkeit mit ihren Wünschen und Vorstellungen ernst nehmen.
Dazu muß überprüft werden, wie die Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit im Hinblick auf die regelhafte, verbindliche Beteiligung von Kindern und Jugendlichen verbessert werden können. Denn Demokratie muß erfahrbar sein.
Wer ernsthaft und konsequent der Jugendkriminalität entgegenwirken will, muß für Prävention, aber auch für repressive Maßnahmen entsprechende Mittel zur Verfügung stellen. Es darf nicht passieren, daß beispielsweise eine Verstärkung in der Jugendhilfe zu Lasten anderer Schwerpunkte geht, denn beide, sowohl Prävention als auch Repression, spielen bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität eine gewichtige Rolle.
In welcher Form die genannten und andere Empfehlungen der Enquete-Kommission umgesetzt werden können und sollen, wird auch mit der Fachöffentlichkeit, den Aktiven aus der Jugendhilfe, der Polizei und der Justiz zu diskutieren sein. Wir wollen gemeinsam mit ihnen neue und verbesserte Handlungsansätze entwickeln. Mit unserer Fachtagung „Hilfen zur Erziehung“ haben wir dazu im Mai schon die ersten Schritte unternommen.
Der gemeinsam erarbeitete Konsens, die gemeinsam getragenen Empfehlungen bieten uns eine gute Grundlage für die Entwicklung von Strategien. Es ist eine große Chance, die wir wahrnehmen sollten.
Wir beantragen eine Überweisung an den Jugend- und Sportausschuß sowie an den Gesundheitsausschuß.– Vielen Dank.