Wolfgang Franz
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Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das alles sind Voraussetzungen für eine gute Rede: Ein sprödes Thema, die fortgeschrittene Zeit und auch die Akustik scheint nicht zu stimmen.
Jetzt könnte ich meine Sichtweise über den Zeitablauf von zwei Jahren Arbeit mit dem Thema Volksgesetzgebung darlegen, vermute aber, daß der Unterhaltungswert nicht sehr hoch sein wird. Darum beschränke ich mich auf die Feststellung: Alle haben die Zeitverzögerung zu vertreten, nur Herr Schmidt nicht.
Aber nun ernsthaft: In einem zweiseitigen Papier einigten sich SPD, CDU und GAL darauf, daß neben der Änderung – ich glaube, ich habe ausgemacht, warum man mich nicht versteht, weil nämlich Herr Freytag ständig quasselt –
der Hamburger Verfassung weitere Punkte gesetzlich geregelt werden. Sehr umfangreich wurde ein sogenanntes besonderes Einigungsverfahren in seinen Eckpunkten in diesem gemeinsamen Positionspapier formuliert. Neben der Ihnen bekannten Drucksache zu diesem Themenkomplex – Herr Schmidt hat das schon aufgezeigt – wurde auf eine Drucksache hingewiesen, die an den Verfassungsausschuß überwiesen wurde und Ihnen auch vorliegt, mit dem Ziel, die Hamburger Verfassung geschlechterneutral zu formulieren. Dieses Thema will ich nun auch noch kurz ansprechen.
Bei der Ihnen jetzt vorliegenden geschlechterneutralen Formulierung der Hamburger Verfassung wird der Begriff Abgeordnete in der Mehrzahl verwendet, es sei denn, die Rechte und Pflichten einzelner werden benannt, dann wird in der Einzahl sowohl die männliche als auch die weibliche Form gewählt.
Die in Artikel 3 Absatz 2 Hamburger Verfassung rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern
ich verspreche Ihnen: ich habe zwei Fassungen, die kurze und die lange; wenn Sie mir jetzt ein bißchen zuhören, wähle ich die kurze – fängt mit der Berichtigung der Begriffe in der Hamburger Verfassung an. Mit der Ihnen vorliegenden Fassung wird diese überfällige Reform der Verfassung vorgenommen. Ich bitte auch da um Ihre Zustimmung.
Die Ihnen nunmehr vorliegende Änderung des Artikel 50 der Hamburger Verfassung sieht vor, daß das Volk zukünftig auch eine Befassung mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung beantragen kann. Bisher war der Senat für den Verfahrensablauf zuständig. Einmal begonnen, konnte das Verfahren nicht mehr vor dem Volksentscheid beendet werden. Dieser Automatismus ließ keine rechtlichen Möglichkeiten zu, daß Erkenntnisse aus einem Diskussionsprozeß in eine Änderung der Vorlage münden konnte. Eine Abänderung durch die Initiative wird es auch schon aus verfassungsrechtlichen Bedenken nie geben können.
Es wird auch weiterhin zwei Beendigungsformen geben. Entweder die Bürgerschaft beschließt ein dem Anliegen der Initiative entsprechendes Gesetz oder eine andere Vorlage, dann ist das Verfahren beendet. Die andere Möglichkeit ist, daß das Verfahren in den Volksentscheid mündet. Dann entscheidet das Volk über die Vorlage oder alternativ gegebenenfalls über den Vorschlag der Bürgerschaft.
Die Erfahrungen aus den Bürgerbebehren und Bürgerentscheiden haben gezeigt, daß, wenn eine Annäherung der Position erkennbar ist, die Durchführung eines besonderen Einigungsverfahrens hilfreich sein könnte. Künftig kann die Initiative den Vorschlag unterbreiten, für längstens drei Monate nach Beschluß der Bürgerschaft einen Diskussionsprozeß aufzunehmen. Zwar liegen aus anderen gesellschaftlichen Bereichen Erfahrungen über Einigungsverfahren vor, jedoch ist die verfassungsrechtlich notwendige Legitimation für ein besonderes Einigungsverfahren nicht so leicht herstellbar.
Beim Gesetzgebungsverfahren kann nur ein verfassungsrechtlich legitimiertes Gremium eine solche Befugnis ausüben, entweder das Parlament oder das Volk durch Abstimmung. Die praktische Handhabung und die Wirkung dieses Instrumentes müssen wir abwarten, insbesondere dahin gehend, ob dann die drei Vertrauensleute der Volksinitiative den Willen zur Einigung und den Mut aufbringen, das Verfahren mit Beschluß des Kompromisses durch die Bürgerschaft zu beenden.
Weil ich keine Lust mehr habe, gegen die Unruhe im Plenum anzureden, spare ich mir die letzten vier Seiten und höre auf. – Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Mahr, wer in einer Strafjustizanstalt einsitzt, soll nach Auffassung eines Gerichtes eine Straftat verübt haben, und die gegen ihn verhängte Strafe sieht eben Freiheitsentzug vor.
Während des Haftaufenthalts sind dann auf der Grundlage gesetzlicher Regelungen die Rechte der Häftlinge erheblich eingeschränkt, aber völlig rechtlos sind Häftlinge natürlich nicht. Die Menschenrechte und – bezogen auf den hier in Rede stehenden Beratungsgegenstand – auch die Patientenrechte müssen selbstverständlich in den Gefängnissen eingehalten werden. Ich gehe sogar so weit, daß an die medizinische Versorgung in den Haftanstalten besondere Anforderungen zu stellen sind.Während des Haftaufenthaltes besteht ein besonderes Gewaltenverhältnis zwischen Häftling und Staat. Aus dieser Sachlage heraus ergibt sich in bezug auf die medizinische Versorgung quasi eine Fürsorgepflicht des Staates gegenüber dem Häftling.
Der Europarat hat mit seinen Empfehlungen vor rund zwei Jahren, nämlich am 8. April 1998, die medizinischen und ethischen Mindeststandards europaweit determiniert. In der Gesellschaft, aber auch im Gesundheitswesen vollzieht sich ein ständiger Wandel. Alle diese Veränderungen müssen auch bei der medizinischen Versorgung in den Haftanstalten berücksichtigt werden. Einem veränderten oder gar ungenügenden Gesundheitsbewußtsein der Häftlinge ist durch medizinisches Personal durch geeignete prophylaktische Maßnahmen entgegenzuwirken. Die Zusammensetzung der Häftlinge, zum Beispiel die Anzahl der Drogenabhängigen, beeinflußt doch sehr konkret die Nachfrage nach medizinischer Versorgung. Aber auch andere Kriterien, wie zum Beispiel die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, eine erfolgreiche Gesundheitsaufklärung oder der Ausbildungsstand des medizinischen Personals, wirken sich mehr oder weniger auf die tatsächliche medizinische Situation in den Haftanstalten aus. Diese sich ständig verändernden Realitäten in den Hamburger Haftanstalten bedürfen deshalb in gewissen zeitlichen Abständen einer Bestandsaufnahme, um sie mit den Empfehlungen des Europarates vergleichen zu können. Das ist eine typische parlamentarische Kontrollaufgabe.
Die medizinische Versorgung in den Hamburger Justizvollzugsanstalten war deshalb auch wiederholt Thema in diesem Hause. Auch die Versorgung von psychisch erkrankten Häftlingen wurde hier wiederholt diskutiert. Herr Ploog, Sie kommen heute gut weg.
Sie haben in Ihrer Rede am 2. Juli 1998 sehr zutreffend ausgeführt, daß die Seele in der Unfreiheit doch mehr als anderswo leidet. Hinzu kommt, daß viele Häftlinge schon mit erheblichen psychischen Defekten in den Haftanstalten
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ankommen. Psychisch erkrankte Häftlinge, die nur über ungenügende deutsche Sprachkenntnisse verfügen – Herr Mahr hat es ausgeführt –, benötigen darüber hinaus einen muttersprachlichen Therapeuten.
Meine Damen und Herren! Sie sehen es an diesen kurzen Darstellungen, mit welchen komplexen Anforderungen die Leitung des Zentralkrankenhauses, die Justizverwaltung, das medizinische Personal, aber auch die politisch Verantwortlichen es zu tun haben. Mit welch hohem Maß an Verantwortung wir, die gesamte Hamburger Bürgerschaft, uns mit dem Thema befassen, belegen doch immer wieder die hier eingereichten Anträge. Wer die Diskussionen der letzten drei bis vier Jahre in der Bürgerschaft um dieses Thema verfolgt hat, weiß, wie heftig hier teilweise gestritten wurde. Inzwischen besteht aber ein erkennbarer Konsens, daß die Umsetzung eines modernen Strafvollzugs mit dem Ziel der Resozialisierung auf Dauer nur durch Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit sicherzustellen ist. Die Bürgerschaft kann diesen Prozeß politisch begleiten, ja sogar beeinflussen, indem sie die Steuerung über Ziele, Produktinformationen und Kennzahlen vornimmt.
Das von der GAL eingebrachte Ersuchen verfolgt offensichtlich die Absicht, sich ein Bild von der gegenwärtigen medizinischen und psychiatrischen Versorgung in den Hamburger Strafvollzugsanstalten zu machen. Es wird einen ausführlichen Bericht geben, mit dem wir uns sodann mit der gebotenen Ruhe befassen werden. So wie wir positive Veränderungen in der medizinischen Versorgung innerhalb der Haftanstalten gerne zur Kenntnis nehmen wollen, beabsichtigen wir, wenn es Anhaltspunkte gibt, uns auch mit Verbesserungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen. Für die SPD-Fraktion bitte ich deshalb, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen, und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr von Beust, Sie wissen ganz genau, daß sich hinter juristischen Normen auch immer politische Positionen verbergen.Von daher können Sie uns, glaube ich, nicht vorwerfen, wir würden hier unpolitisch diskutieren.
Sehr geehrter Herr Kruse! Der hier von Ihnen dargestellte Sachverhalt verdeutlicht, wie fleißig Sie sind.
Aber dennoch bestehen doch ernsthaft gar keine Zweifel daran, daß der Gesetzgeber es auch 1991 noch so wollte – und da waren Sie, glaube ich, Mitglied dieses Hauses –, daß Deputierte abberufen werden können. Insoweit hat sich der Gesetzgeber politisch artikuliert und die Abberufung ausdrücklich gesetzlich so vorgesehen.
Diese Position, Herr Kruse, müssen Sie persönlich natürlich nicht teilen, aber Sie sollten als Mitglied eines Gesetzgebungsorgans dieses Gesetz respektieren,
und denjenigen, die von diesen Rechtsgrundlagen Gebrauch machen wollen, dürfen Sie nicht Gesetzesuntreue oder ähnliches vorwerfen.
Herr David verlangt in seinem Kommentar zur Hamburger Verfassung doch nur, daß diese Norm bei der Abstimmung verfassungskonform ausgelegt werden muß. Er kritisiert doch nicht die Abberufung an sich, also den Akt der Abwahl, sondern die Abwahlregelung bezüglich der Verfassungskonformität in bezug auf den Artikel 19, nämlich die erforderlichen Stimmen für diesen Vorgang. Die Abwahl
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regelung ist von der Bürgerschaft politisch – das habe ich eben ausgeführt – gewollt. Die Stimmenzahl hat natürlich – da stimme ich völlig mit Ihnen überein – verfassungskonform zu erfolgen, das heißt gemäß Artikel 19 der Hamburger Verfassung bedarf es nicht etwa der absoluten Mehrheit, sondern nur der einfachen Mehrheit dieses Hauses. Das ist der Punkt, und darum geht es. Von daher sehe ich überhaupt keine rechtlichen und politischen Vorbehalte, heute nicht zu einer Abstimmung zu gelangen.