Christian Maaß

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19/2 19/3 19/4

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dressel, ich möchte noch einmal auf eine Bemerkung von Ihnen zurückkommen. Sie hatten gesagt, es gebe keinen gemeinsamen Kompass von Schwarz-Grün und hatten uns eine politische Einflussnahme vorgeworfen, zumindest der Koalitionsvertrag habe schon politischen Einfluss auf die Polizei genommen. Das empfinde ich als ein sonderbares Verständnis dafür,
in welch einem vorauseilenden Gehorsam die Hamburger Polizei offenbar in Ihrem Bild urteilt. Ich glaube nicht, dass das der Fall ist.
Jedenfalls möchte ich kurz bewerten, was Sie da gesagt haben. Ich schätze das so ein, dass das ein ziemlich untauglicher Versuch gewesen ist, hier einen Keil zwischen die Koalitionsfraktionen zu treiben.
Das ist Ihnen aber heute nicht gelungen und ich kann Ihnen versprechen, dass Ihnen das auch die nächsten vier Jahre nicht gelingen wird.
Es gibt keinen Dissens. Es gibt Einigkeit, wenn es darum geht, den Schutz der Demonstrationsfreiheit zu gewähren. Ich denke im Übrigen, dass es sinnvoll wäre, wenn diese Einigkeit auch mit der SPDFraktion bestünde, denn Sie haben durchaus auch leichte Kritik anklingen lassen, dass jetzt im Koalitionsvertrag Dinge zur Demonstrationsfreiheit stehen würden. Aber es ist doch so, dass in dem Koalitionsvertrag Dinge stehen, die ganz klar auf dem Boden dieser Verfassung und auf der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beruhen. Da wünsche ich mir, dass wir hier einen gemeinsamen Konsens haben, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes auch in Hamburger Demonstrationen zur Anwendung kommt.
Es gibt auch keinen Dissens, wenn es darum geht, dass unsere Demokratie gegen Nazis zu schützen ist. Wir sind uns auch einig, dass wir alles dafür tun müssen, um Gewalt auf Demonstrationen zu unterbinden, egal, welche ideologische Einstellung Gewalttäter haben, denn jeder Steinwurf auf einer Demonstration ist nicht nur eine Gefährdung von Menschen, er ist auch ein Anschlag auf das Demonstrationsrecht derer, die friedlich demonstrieren wollen.
Es gibt auch Einigkeit darüber, dass der Senat eine Pflicht hat, die hamburgischen Beamtinnen und Beamten in ihrem Dienst zu schützen und zu unterstützen. Das ist eine Selbstverständlichkeit.
Deswegen möchte ich auch an Sie eine Bitte richten, denn, ich glaube, auch Sie müssten sich einmal entscheiden, wo Sie eigentlich stehen, wenn Sie uns vorwerfen, wir hätten keinen inneren gemeinsamen Kompass. Frau Möller hatte das in einem Nebensatz erwähnt. Ich möchte das noch einmal kritisch aufgreifen, Herr Dressel. Am 2. Mai, als die Medien sehr kritisch gegenüber der Entscheidung des Hamburger Oberverwaltungsgerichts waren, hat sich die SPD dieser Kritik angeschlossen und, Herr Dressel, Sie haben von einer fragwürdigen OVG-Entscheidung gesprochen. Später, als sich das Gericht dann mit Argumenten gewehrt hat und auch die Medien diese Argumente als plausibel aufgegriffen haben, haben Sie, die sich an dieser Justizschelte beteiligt haben, Herrn Nagel wiederum kritisiert, er würde eine Justizschelte betreiben.
Herr Dressel, ich glaube, genau das ist das Problem: Sie wissen nicht, wo Sie stehen und Sie haben nicht den inneren Kompass.
Dann möchte ich noch zu einem Punkt Stellung nehmen, und zwar zu der Gefahrenprognose der Polizei und auch der Gerichte. Das ist sowohl von Herrn Jäger als auch von Herrn Dressel und anderen Rednern angesprochen worden. Ich denke, wir haben das in aller Ruhe und Unaufgeregtheit zu analysieren, denn das wäre angemessen. Wir haben zu analysieren, ob die Gerichte, aber auch, ob die Polizei Fehler bei den Einschätzungen gemacht hat. Ich glaube im Übrigen nicht, dass wir da heute voreilige Schlüsse ziehen sollten, denn man muss auch festhalten, dass die Gewalt nicht auf der Demonstration, sondern abseits der Demonstration stattgefunden hat und das ist durchaus kritisch zu analysieren.
Wir werden auch zu analysieren haben, ob es im Hinblick auf die zeitlichen Abläufe bei der polizeilichen Vorbereitung von Demonstrationen und im Hinblick auf die Gewährung von Rechtsschutz einen Optimierungsbedarf gibt, denn auch da ist es selbstverständlich, dass die Gerichte in der Lage sein müssen, mit ausreichend Zeit über Demonstrationsauflagen zu urteilen, denn das ist die Gewährung von Rechtsschutz wie wir ihn in dieser Stadt haben wollen.
Lassen Sie uns deswegen darüber diskutieren, was wir für die Zukunft ändern können. Lassen Sie uns über die Lehren diskutieren, die wir aus diesen Vorfällen ziehen müssen. Lassen Sie uns darüber diskutieren, wie wir auch die politische Bildung stärken können, um Rechtsextremismus zu unterbinden und wie wir Aussteigerprogramme aus der rechten Szene stärken können. Lassen Sie uns auch darüber diskutieren, wie wir das Demonstrationsrecht vor Gewalt schützen können. Lassen Sie uns aber auch darüber diskutieren – das ist eine kritische Anmerkung an Herrn Rose und auch an die LINKE –, ob wir es uns wirklich leisten wollen, dass wir bestimmte Demonstrationen, weil sie von rechts kommen, vorneweg verbieten wollen. Demonstrationsfreiheit und unsere Demokratie bedeuten auch den Schutz der Andersdenkenden. Das tut manchmal weh, aber das ist auch der Schutz der Demokratie.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zu zwei Punkten Stellung nehmen. Zum einen noch einmal nach der eben laut gewordenen Forderung, man hätte diese Demonstration im Vorfeld verbieten müssen und man müsse auch in Zukunft Aufmärsche von Rechtsextremisten in Hamburg verbieten. Sie haben es damit begründet, dass das Volksverhetzung sei, was dort gesagt wurde. Ich kann das nicht im Einzelnen beurteilen, weil ich die Transparente nicht im Einzelnen vor mir liegen habe. Darüber wird man zu diskutieren haben, ob das der Fall gewesen ist. Aber woher soll eine Versammlungsbehörde im Vorwege wissen, ob auf einer Demonstration volksverhetzende Äußerungen getätigt werden oder nicht.
Wenn Sie sagen, man wüsste aus der Vergangenheit, dass es immer, wenn Nazis aufmarschieren, volksverhetzende Reden und Transparente gebe, dann möchte ich Ihnen aber etwas entgegenhalten und das ist die Unschuldsvermutung, die im übertragenen Sinne auch hier gilt, denn wenn wir dahin kommen, dass bestimmte Gruppierungen überhaupt nicht mehr auftreten und demonstrieren dürfen, weil man sagt, die seien sowieso alles Volksverhetzer, dann ist das genau die schleichende Aushöhlung des Demonstrationsrechtes, das wir in dieser Stadt nicht haben wollen. Wir wollen grundsätzlich, dass erst einmal davon ausgegangen wird, dass der, der eine Demonstration anmeldet, sie anmelden und durchführen darf. Wir dürfen nicht eine staatliche Unterstellung haben, dass dort Straftaten begangen werden, denn dann hät
ten wir ein Demonstrationsverbot nicht nur für diese eine Demonstration, sondern für viele, viele andere Demonstrationen und ich bin mir sicher, dass dann gerade auf der Seite der LINKEN der Schrei laut würde, wenn Demonstrationen verboten werden, die Ihnen ideologisch in den Kram passen und das ist genau das, was wir nicht dürfen. Wir dürfen nicht danach unterscheiden, ob uns das ideologisch passt, ob wir eine Demonstration zulassen oder nicht. Herr Hackbusch, das ist der Punkt.
Der zweite Punkt, zu dem ich Stellung nehmen möchte. Sie haben gesagt, es würden hier jetzt Fakten gesetzt und die CDU habe sich da ganz anders verhalten als wir. Ich darf Sie vielleicht einmal auf eine Tatsache hinweisen: Dieser Senat ist seit vielleicht einer Stunde im Amt. Das ist der erste Fakt, der gesetzt wurde und ich finde, das ist ein ziemlich guter Fakt.
Der zweite Fakt, Herr Hackbusch, ist, dass diese Demonstration am 1. Mai stattgefunden hat. Da war, zumindest nach meiner Zeitrechnung, dieser Senat noch nicht im Amt.
Der dritte Fakt ist, dass wir gemeinsam diese Demonstration aufarbeiten werden und dass wir gemeinsam die Lehren für die Zukunft ziehen werden.
Die Lehren, die ich unter anderem auch angesprochen habe. Es wird einiges aufgearbeitet werden müssen. Ich habe die Gefahrenprognose angesprochen. Ich habe auch angesprochen, wie man in Zukunft im Hinblick auf die Gewährung von Rechtsschutz von Demonstrationen umgeht. Da werden Sie sehen, dass wir den Fakt setzen, dass wir da gemeinsam zu einer sehr klaren und guten Linie kommen und das ist der wichtigste Fakt heute.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Tschentscher, liebe Kollegen von den Sozialdemokraten! Ich muss Ihnen gestehen, dass ich die ganze Rede nicht so richtig verstanden habe.
Ich nehme einmal das Zitat von Herrn Egloff, der sich in "Der Welt" in einer sehr staatstragenden Pose geäußert und gesagt hat:
"Wir Sozialdemokraten scheinen die einzige verlässliche Konstante in der Hamburger Politik zu sein."
Die einzige Konstante – das möchte ich einmal konstatieren –, die ich bei Ihnen zu erkennen vermag, ist, dass ich Ihren Kurs in punkto Moorburg nicht verstehe. Das ist die einzige Konstante.
Wir haben doch gemeinsam gegen das Kraftwerk Moorburg demonstriert. Sie haben das in Ihrem Wahlkampf gemeinsam mit uns zu einem Ihrer wichtigsten Themen gemacht. Dann muss ich ein paar Tage nach der Wahl lesen, wie sich Ihr ehemaliger Umweltsenator Vahrenholt in einem Leserbrief an "Die Welt" äußert. Dort sagt er – und ich vermute einmal, dass er nicht schlecht informiert sein wird –, dass die SPD der CDU im Sondierungsgespräch angeboten habe, Moorburg wie geplant zu genehmigen.
Da war die Wahl kaum vorüber und schon werfen Sie sich in den Staub und treten Ihre eigenen umweltpolitischen Zielsetzungen mit den Füßen.
Besonders komisch finde ich geradezu Ihren Bundesumweltminister Gabriel, den Sie zu dem Thema Kraftwerk Moorburg haben einfliegen lassen – der fliegt ja gerne mal –, der sich hier einigermaßen gewunden hat, sich dann aber immerhin doch dazu durchgerungen hat zu sagen, dieses Kraftwerk Moorburg sei falsch und er wolle es nicht. Und dieser Umweltminister Gabriel ist es nun, der hier den Druck auf Hamburg ausübt und sagt, dieses Kohlekraftwerk müsse unbedingt genehmigt werden. Das müssen Sie doch einmal erklären. Nutzen Sie doch einmal die Gelegenheit, treten Sie doch einmal hier nach vorne und erklären Sie das jemandem mit einem durchschnittlichen Verstand. Das
versteht doch keiner mehr, was Sie hier veranstalten.
Jetzt sagen Sie, dass sich etwas geändert habe.
Aber ich frage Sie: Was hat sich denn genau geändert? Vattenfall hat vor der Wahl behauptet, sie hätten einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer emissionsschutzrechtlichen Genehmigung und einer wasserrechtlichen Erlaubnis und Vattenfall behauptet das natürlich auch nach der Wahl. Es hat sich überhaupt nichts daran geändert. Das Einzige, was sich geändert hat, ist Ihre Auffassung. Das finde ich ziemlich erbärmlich, wenn Sie versuchen, mit Klimaschutz Stimmenfang zu machen und nach der Wahl nicht dazu stehen. Das finde ich erbärmlich.
Lassen Sie mich eines sagen: Ich bin überzeugt davon, dass CDU und GAL einen Weg beschreiten werden, der eine klimaverträgliche und wirtschaftlich tragfähige Lösung für ein Kraftwerk in Moorburg bieten wird.
Ich würde mich darüber freuen, wenn sich auch die SPD-Fraktion daran beteiligen würde,
diesen Weg zu finden und zu gehen und damit auch das zu tun, was Sie vor der Wahl gesagt haben, anstatt hier einigermaßen dummerhaft nur das nachzuplappern, was Vattenfall sagt und sich damit die Interessen eines schwedischen Staatsunternehmens zu eigen zu machen, anstatt die der Hamburger Verbraucherinnen und Verbraucher, meine Damen und Herren. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der derzeitige Protest, der in Tibet sichtbar wird, macht für alle offenbar, was seit Jahrzehnten weitgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeit passiert, nämlich dass von China eine jahrtausendalte Kultur systematisch zerstört wird.
Tibet ist ein Land, dessen Geschichte über zwei Jahrtausende zurückreicht und dessen Staatlichkeit spätestens Anfang des letzten Jahrhunderts außer Frage gestanden haben sollte. China hat 1949 durch einen Einmarsch seiner Armee in dieses Land die Unabhängigkeit beendet. 1959 kam es in Tibet zu einem ersten großen Volksaufstand, der wiederum rücksichtslos niedergeschlagen wurde. Mindestens 80.000 Tibeter flohen, darunter auch der Dalai Lama. Gestatten Sie mir eine Zwischenbemerkung. Ich finde es gut, dass dieses geistliche Oberhaupt der Tibeter im letzten Jahr von der deutschen Kanzlerin empfangen wurde, und ich finde es schade, dass der deutsche Außenminister meinte, dieses kritisieren zu müssen. Dieser Empfang ist richtig und wichtig für Tibet, damit die Weltöffentlichkeit endlich das Licht auf die Missstände in diesem Land richtet.
In der Folge der Niederschlagung des Volksaufstandes von 1959 kam durch die chinesische Herrschaft mindestens eine Million Tibeter durch Unterdrückung und Hinrichtungen in Arbeitslagern und auf andere Weise zu Tode. Bis heute sind Gefängnisse und Arbeitslager Alltag für Tibeter, insbesondere für solche, die sich religiös verwirklichen und politisch äußern wollen. Es gibt bis heute eine gezielte Politik der chinesischen Regierung zur Bevölkerungsumsiedelung, zur gezielten Minorisierung der Tibeter, zur gezielten Zerstörung der tibetischen Kultur. All das hat über Jahrzehnte - weitgehend von der Weltöffentlichkeit unbemerkt - stattgefunden. Deswegen ist es gut, dass die Weltöffentlichkeit diesen Prozess unter dem Eindruck des Protests, der jetzt in Tibet vonstatten geht, diesen Prozess wahrnimmt. Ich glaube, dass Hamburg als Partnerstadt Shanghais und als Partner Chinas in Deutschland auch diese Punkte sehr kritisch im Rahmen unserer Partnerschaft anspricht. Es ist wichtig, dass wir auch in der Bürgerschaft deutlich machen, dass die Menschenrechtssituation in Tibet für uns nicht hinnehmbar ist und dass wir dieses im Rahmen unseres kritischen Dialogs mit China sehr klar ansprechen wollen.
Wir sollten dabei auch die Möglichkeit nutzen, dass aufgrund der Olympischen Spiele große Aufmerksamkeit auf
China gerichtet wird. Dabei geht es weniger um die Frage eines Boykotts, sondern darum, was wir von Gastgebern erwarten. Wir erwarten nämlich, dass sich hinter einer schönen Fassade nicht etwas verbirgt, was letztendlich auf Unterdrückung hinausläuft, sondern dass das, was mit Olympischen Spielen verbunden wird, nämlich Völkerfreundschaft und Friede, von unseren Gastgebern eingelöst wird.
A C
Gerade unsere wirtschaftlich engen Verbindungen mit China geben uns Möglichkeiten und auch die Pflicht, unsere chinesischen Partner auf diese Probleme anzusprechen. Ich erwarte dies auch von der Wirtschaft. Demokratie und Rechtsstaat sind nicht nur die Voraussetzungen für die Realisierung individueller Freiheiten, sondern ich bin davon überzeugt, dass sie auch die Voraussetzungen für die langfristige Schaffung von Wohlstand und wirtschaftlicher Entwicklung sind.
Deswegen werden wir unsere Arbeit, die wir in der vergangenen Legislaturperiode und auch schon davor begonnen haben, in der Bürgerschaft fortsetzen. Wir fordern, dass für Hamburg keine Waren aus China bezogen werden, die in Arbeitslagern hergestellt und mit Steuergeldern bezahlt werden. Wir verlangen, dass wir im Rahmen unserer Beschaffungspolitik auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie achtgeben.
B Wir wollen deswegen die Transparenz und den kritischen Dialog mit unseren chinesischen Partnern fortsetzen. Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Irgendwie verschlägt mir Ihr Redebeitrag fast die Sprache, Frau Schneider.
Das muss man sich einmal vorstellen. Wir haben einen weitgehend friedlichen Protest gegen ein Unterdrückungsregime in China und Sie sagen, auch die Oppositionskräfte müssten sich der weltweiten Kritik öffnen und müssten auch im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Sie machen die Opfer zum Täter und die Täter zu Opfern. Sie haben etwas überhaupt nicht verstanden, Frau Schneider.
Wenn Sie einfordern, man müsse genauer hinsehen - Schwarzweißmalerei haben Sie mir vorgeworfen. Man
würde gar nicht wissen, was derzeit in Tibet genau passiert. Warum wissen wir denn nicht, was dort derzeit passiert? - Weil die chinesische Regierung die Pressefreiheit unterdrückt und keine Berichterstattung über das zulässt, was in China passiert. Dann kommen Sie an: Man müsse doch erst einmal genau hinschauen, was passiert. - Wir müssen doch erst einmal einfordern, dass eine Berichterstattung über die Unterdrückung des demokratischen Protests in Tibet überhaupt zustande kommt. Das muss doch Ihre Forderung sein.
Wenn Sie sagen, dass die staatliche Einheit Chinas zum Grundkonsens in China gehört, dann mag das richtig sein. Aber das ist doch auch überhaupt nicht die Forderung, die der Dalai Lama erhebt. Es geht doch darum, Autonomie einzufordern, wie wir das aus vielen Staaten der Welt auch kennen, nämlich eine Autonomie innerhalb von Staaten. Es geht den Menschen, die auf der Straße protestieren, gar nicht darum, unbedingt sofort die Unabhängigkeit und die Loslösung von China zu bekommen. Es geht diesen Menschen schlicht darum, dass ihre grundlegenden Bürger- und Menschenrechte gewahrt werden, Frau Schneider.
Was ich überhaupt nicht verstehe und wofür ich von Ihnen auch gerne eine Erklärung haben möchte, ist, dass Sie den Kurs der chinesischen Regierung in vielen Punkten loben. Das sei eine Modernisierung, eine Öffnung und die Beseitigung von Armut. Was ich wahrgenommen habe, als ich mit einer Delegation der Bürgerschaft in China war, war ein ziemliches Bild eines Kapitalismus, der relativ wenig Fesseln hat, wie wir ihn vielleicht in Europa vor hundert oder zweihundert Jahren erlebt haben, ein ziemlich entfesselter Kapitalismus.
Da sagen Sie, das sei ein Kurs der Modernisierung und Öffnung. Ich habe als Grüner ehrlich gesagt ziemliche Schwierigkeiten mit diesem Kurs. Wenn Sie diesen turbokapitalistischen Kurs so unterstützen, müssen Sie mir das bitte erklären.
Schließlich: Das Verrückteste fand ich, wie Sie den Ajatollah Khomeini und den Dalai Lama in einen Topf geworfen haben.
Sie haben einen richtigen Satz gesagt: Man sollte keinen Staat auf der Grundlage religiöser Überzeugung gründen. Aber wenn ich mir Ihre Rede anhöre, …
- Ja, das ist mein letzter Satz.
Wenn ich mir Ihre Rede anhöre, dann möchte ich einfordern, dass Sie auch nicht in Ihrer Fraktion Ihre Überzeugung auf Sektierertum aufbauen sollten. - Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben zwei unterschiedliche Rechtsauffassungen gehört, die für mich beide - das möchte ich nicht verhehlen - eine gewisse Plausibilität erweckt haben. Das ist hier aber nicht abschließend zu beurteilen. Nun bin ich zufälligerweise Jurist, aber das überfordert mich auch in einer solchen Situation.
Deswegen würde es meinem juristischen Verständnis entsprechen, die Gelegenheit zu nutzen, um diese Frage
noch einmal in Ruhe zu erörtern. Sicherlich ist dafür nicht das Plenum der richtige Ort, sondern der Verfassungsausschuss. Insofern ist unser Wunsch, diese Drucksache an den Verfassungsausschuss zu überweisen. Es geht nicht darum, darüber abzustimmen, ob Herr Harlinghausen in den AdR geschickt werden soll, sondern es geht um die Frage, die hier in den Raum gestellt wurde, ob das Verfahren, wie es vom Präsidenten in der Drucksache dargestellt wurde, korrekt war oder nicht. Das muss man jetzt - auch im Hinblick auf die Zukunft - quasi nachträglich erörtern. Insofern beantragen wir, die Drucksache an den Verfassungsausschuss zu überweisen.