Peri Arndt
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sexueller Missbrauch gehört zu den schlimmsten Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die Kindern und Jugendlichen widerfahren kann. Ihnen größtmögliche Unterstützung zukommen zu lassen, gehört in den Fokus der notwendigen Hilfen und Maßnahmen. Die Ergänzungen, die das Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs erfahren hat, sind geeignet, im Strafverfahren die Rechte der Opfer sexuellen Missbrauchs weiter zu stärken. Auch inzwischen Erwachsene, die als Kinder oder Jugendliche Opfer derartiger Straftaten geworden sind, bedürfen des Schutzes im Verfahren, ohne sie zusätzlich zu traumatisieren. Viele können sich erst Jahre nach den schrecklichen Taten mit dem Erlebten auseinandersetzen beziehungsweise anderen davon erzählen und trauen sich dann erst viel später, Anzeige zu erstatten. Naheliegend ist also, dass die Verjährungsfristen in der Diskussion eine zentrale Rolle gespielt haben. Die Rechtsexpertin der SPD, Sonja Steffen, hat hervorgehoben, dass die jetzige Regelung noch keineswegs ausreichend sei.
Meine Damen und Herren! Aber uns scheint nicht der nächste Schritt, wie es in dem Antragstext steht, die Einrichtung eines Hilfsfonds zu sein und schon gar nicht eines Fonds, der auf drei Jahre befristet ist. Jetzt kündigt Ministerin Schröder an, ohne eine Kofinanzierung durch die Bundesländer
und noch vor der Bundestagswahl 50 Millionen Euro bedingungslos geben zu wollen, damit überhaupt die Hilfe starten könne. Ich will nicht darüber spekulieren, mit welcher Motivation sie das tut, sondern will auf die Behauptung eingehen, die sich auch in der heutigen FDP-Pressemitteilung findet, nämlich, dass die SPD-geführten Länder mauern würden. Es sind 14 von 16 Ländern, die diese Regelungen ablehnen. Eigentlich sind es fast 15, denn Bayern will es nur machen, wenn alle anderen mitziehen. Mir ist nicht bekannt, dass 15 Länder SPD-geführt wären, noch nicht.
Wenn also diese Länder sich verweigern, dann lohnt es sich, noch einmal hinzuschauen, warum sie es tun. Es muss doch keine Hilfe gestartet werden. Schon bei der Einrichtung des Runden Tisches gab es unter den Bundesländern den Konsens, sich zuerst den vorhandenen Gesetzen und Regelungen zuzuwenden. Die Ergebnisse des Runden Tisches haben in der Tat Ergänzungen des Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexueller Gewalt – der Titel ist etwas umständlich – ausgelöst. Es war auch Konsens, sowohl das Opferentschädigungsgesetz als auch die bestehenden Leistungssysteme, wie sie im SGB V geregelt sind, anzuschauen und sie anschließend zu ergänzen und zu erweitern. Hier geht es darum, einen unbürokratischen und einfachen Zugang zu Therapien zu ermöglichen, Therapiemöglichkeiten, erreichbare Therapiepraxen und erreichbare Anlaufstellen zu haben. Wir brauchen eine weniger abwehrende Praxis durch die Krankenkassen, einen einfachen Zugang zu den gesetzlichen Leistungen, zeitlich uneingeschränkt und für alle gleichermaßen mit dem gleichen Recht.
Deshalb schließen wir uns der Ablehnung des Hilfsfonds an, insbesondere eines Fonds, der unter anderem im Unklaren lässt, welche Opfer tatsächlich einen Anspruch auf Unterstützung hätten. Es bleibt unklar, warum Hilfeleistungen aus dem Fonds bezahlt werden sollen, für die die eigentlichen Regelsysteme, insbesondere die Krankenkassen, zuständig und verantwortlich wären. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich will nur kurz zwei Aspekte ansprechen. Zunächst zu Ihrem Scheinargument, das ich schon die ganze Zeit nicht nachvollziehen kann, dass ewig von der Zerschlagung einer Institution die Rede ist. So lange die Pläne bekannt sind, also seit Herbst 2011, ist klar, dass der Frauenvollzug umziehen wird und nicht zerschlagen wird. Es ist mir sehr wichtig, das noch einmal hervorzuheben.
Es ist sehr wohl der Fall, dass eine intensive Auseinandersetzung stattgefunden hat, und das hat sicherlich bei dem einen oder anderen den Eindruck hinterlassen, manche Argumente seien schon zu häufig genannt worden. Ich denke aber, dass man sich mit diesem wichtigen Thema intensiv auseinandersetzen muss, und das haben wir auch getan. Das hat unter anderem dazu geführt, dass wir einen Zusatzantrag gestellt haben, und ich würde Sie bitten, ihn noch einmal zu lesen. Da kann man nämlich nachvollziehen, dass die Diskussion dort eingeflossen ist und sozusagen ihre Realisierung gefunden hat. Auch das ist mir wichtig zu betonen.
Das ist alles schon gesagt worden. Nichtsdestotrotz kann ich Ihnen entgegenkommen und ein Beispiel nennen.
Der wegen der Sexualstraftäter geänderte Vollzugsplan ist beispielsweise ein konkretes Ergebnis.
Das habe ich schon verstanden, Frau Schneider.
Über Ihre Aussage habe ich noch einige Tage nachgedacht. Sie hatten explizit zu mir gesagt: Frau Arndt, Sie sind das Prinzip Hoffnung, hoffen Sie weiter. In diesem positiven Sinne sehe ich das auch weiterhin. Ich habe nicht den geringsten Anlass zu zweifeln, dass all die Qualifikationsverbesserungen, die der Umzug für die Frauen mit sich bringen wird, die Erweiterung des Spektrums und die Erweiterung der Plätze, auch realisiert werden. Das steht schwarz auf weiß in allen Drucksachen; darauf können Sie sich beziehen und darauf werden wir uns beziehen. Das wird die Behörde verfolgen, das wird die Bürgerschaft verfolgen, und das wird auch der neu zu schaffende Beirat verfolgen. Ich bin völlig optimistisch, dass wir das in gemeinsamer Anstrengung hinbekommen werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte versuchen, wieder ein wenig Substanz in die Debatte zu bringen.
Ich möchte auch noch einmal auf das Bedürfnis nach plausiblen Gründen eingehen und auf die Forderung nach gutem Frauenvollzug, den wir auf jeden Fall gewährleisten werden.
Die haushalterische und finanzielle Seite der Neustrukturierung des Justizvollzugs ist eine gewichtige Frage und wird entsprechend intensiv diskutiert, wie wir heute auch wieder gehört haben. Die Betrachtung der konkreten Änderungen, die die Frauen selbst betreffen, ist aber mindestens genauso wichtig. Deshalb möchte ich Sie bitten, den Blick noch einmal auf genau diesen Aspekt zu lenken, der diejenigen betrifft, um die es geht, nämlich die Frauen. Die Frauen werden von den Qualifizierungs- und Beschäftigungsangeboten in Billwerder profitieren, davon bin ich überzeugt.
Die Gefangenenklientel von Hahnöfersand entspricht derjenigen von Billwerder, das heißt einer Klientel mit kürzeren Haftstrafen, bei den Männern sind es um die zwölf, bei den Frauen um die neun Monate. Da diesen Frauen mit kürzeren Haftstrafen eine vollständige Ausbildung nicht ermöglicht werden kann, werden verschiedene Qualifizierungsbausteine angeboten, die von der Handelskammer anerkannt sind. Die auf Hahnöfersand entwickelten Konzepte haben sich bewährt und werden dort auf jeden Fall fortgeführt. Für die Frauen bedeutet es konkret, dass sie ihre Ausbildung danach entsprechend verkürzen können, und in der JVA Billwerder werden die bereits vorhandenen Ressourcen und die Infrastruktur genutzt werden. Und so bedeutet dies für die Frauen, sich zu qualifizieren, sich ausbilden lassen zu können und zu arbeiten. Konkret bedeutet dies, dass die Zahl der Beschäftigungsplätze im Bereich des Lernbüros wächst
wie auch die Zahl der Qualifizierungsplätze im Bereich Hauswirtschaft an die zusätzlichen Beschäftigungsplätze in Kammer und Waschzentrum angegliedert wird.
Herr Müller, ich weiß nicht, woher Sie das mit dem Friseur haben. Es soll neben dem Bereich der Gebäudereinigung auf jeden Fall auch ein Friseurbetrieb fester Bestandteil werden, optional ausgeweitet auf den Kosmetikbereich.
Nein, danke.
Ich möchte Ihren Blick auf eine Tatsache lenken, die mir bei den Gesprächen mit den inhaftierten Frauen in Hahnöfersand sehr deutlich geworden ist. Sehr viele von ihnen sind nämlich aufgrund einer Suchtproblematik dort. Für sie sind neben der Entlassungsvorbereitung und einer möglichen beruflichen Integration vor allem auch und gerade die Hilfeangebote von entscheidender Bedeutung. Externe Drogen-, Alkohol- und Spielsuchtberatung wird es ebenso geben wie ein soziales Training und auch die seelsorgerische Betreuung in dem in Billwerder vorhandenen eigenen Kirchenraum.
Nicht zuletzt dürfte es auch von Vorteil sein, dass die Frauen in Billwerder während der Woche täglich zu einem Allgemeinmediziner gehen können.
Meine Damen und Herren! Die Debatte über den Teilaspekt Verlagerung und Umzug des Frauenvollzugs ist strittig und teils emotional, teils sehr emotional geführt worden. Das liegt sicherlich auch an den atmosphärischen Umständen. Die Frauen ziehen in den überdimensionierten Bau von Billwerder, den CDU und FDP zu verantworten haben. Der ist in der Tat weniger eine architektonische Glanzleistung als vielmehr ein großes, sehr graues Betonteil, das wir allerdings auch den Männern zumuten.
Wir haben auch die im Blick, die an dem Umzug beteiligt sein werden. Damit meine ich nicht so sehr die aktuell in Haft befindlichen Frauen, sondern vielmehr die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Teilanstalt für Frauen, die externen Fachleute und auch die ehrenamtlichen Helfer. Für sie und uns alle bedeuten diese angestrebten Veränderungen eine Herausforderung, und wir werden die einzelnen Schritte engagiert und sehr aufmerksam begleiten. Ich bin sicher, dass wir diese Herausforderung meistern werden.
Ich möchte Sie alle ausdrücklich einladen, an der Begleitung teilzuhaben, und Sie in diesem Zusammenhang auf den kleinen feinen Punkt Anstaltsbeirat aufmerksam machen. Die Frauen werden in Billwerder einen eigenen Anstaltsbeirat bekommen. Er hat die ausdrückliche Funktion, parallel Ansprechpartner zu sein. Und für den Anstaltsbeirat der künftigen TAF Billwerder werden wir bestimmt engagierte und empathische Menschen finden, die sich dort erfolgreich engagieren wollen, wozu ich auch Sie ausdrücklich einladen möchte, denn die dort inhaftierten Frauen werden auch diese Form emotionaler wie praktischer Unterstützung sehr begrüßen, davon bin ich überzeugt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Koalition aus CDU/CSU und FDP will übermorgen das höchst umstrittene Betreuungsgeld beschließen. Betrachten wir das Betreuungsgeld allein, lässt sich in einem Satz die ganze Wahrheit zusammenfassen: Das Betreuungsgeld ist ein familienpolitischer, ein bildungspolitischer, ein frauenpolitischer, ein gleichbehandlungspolitischer, ein migrationspolitischer und auch ein finanzpolitischer,
vor allem aber ein sozialpolitischer Fehler und darf nicht kommen.
Da preist uns die Koalition die Herdprämie als einen Bestandteil eines mehrteiligen Tauschgeschäfts an, faktisch ist es ein Koalitionsrettungsgeschäft, ein Kuhhandel, ein kaum verhülltes Wahlgeschenkpaket, das noch einige bayerische Autobahnkilometer enthält. Selten aber waren sich alle so einig, auch die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Organisationen, dass dieses Betreuungsgeldmodell nicht kommen kann; wir lehnen es klar ab.
Ich möchte erwähnen – das ist nicht unwichtig –, dass Hamburg aufgrund der Verletzung der Länderrechte dagegen vor das Bundesverfassungsgericht ziehen wird.
Meine Damen und Herren! Dass die Koalitionspolitiker in Berlin offensichtlich das direkte Gegenteil von dem beschließen wollen, was richtig und zukunftsorientiert wäre, macht mich sehr ungehalten. Lassen Sie uns den Blick weg davon und hin auf diejenigen lenken, die die Koalition bei ihrem internen Kuhhandel aus den Augen verloren hat: die Kinder.
Ein bisschen Unterstützung, nennt das Frau Merkel, für diejenigen, die ihre Kinder ein paar Jahre zu Hause erziehen wollen. Wir wissen aber sehr
genau, dass einige dieser Kinder, die ein paar Jahre zu Hause erzogen werden, benachteiligt und weniger gefördert werden. Wir wissen, dass es auf genau diese ersten Jahre ankommt. Wir wissen, dass es nicht gewährleistet ist, dass alle Kinder überall in der Republik gleichermaßen von zugewandten Müttern, Vätern, Omas und Opas geliebt, gefördert und beachtet werden. Wir wissen, was die Studien belegen: Gerade eine gute frühkindliche Bildung ist die Grundlage für einen guten Lebensweg.
Es geht um die Kinder, es geht um ihre Zukunft und damit um die Zukunft unserer Gesellschaft. Kinder bedeuten Lachen, Lebensfreude und Glück, sie machen eine Gesellschaft menschlich und reich und geben ihr Hoffnung und Zukunft. Deswegen schaffen wir in Hamburg gute Rahmenbedingungen für Familien, damit Kinder sorgenfrei und gesund aufwachsen können und eine gute Grundlage für ihre Zukunft erhalten. Wir verbessern die Chancen aller Kinder, auch ihre Bildungschancen, indem wir die frühkindliche Bildung und Ganztagsschulen ausbauen. Das ist und bleibt Kern unserer sozialdemokratischen Politik in Hamburg.
Gleiche Chancen für alle. Soziale Herkunft soll und darf nicht über die Zukunft entscheiden. Unser Ansatz ist, Kinder stark zu machen, ihnen von Geburt an alle Optionen zu bieten, damit sie unabhängig von ihrer Herkunft Zukunft haben.
Meine Damen und Herren von der CDU, haben Sie mehr Mut und mehr Einsicht als Ihr Fraktionsvorsitzender, der all die Gebührenerhöhungen zu verantworten hatte, und lehnen Sie die sozialen Fehlanreize, wie es ein Hamburger Politiker jüngst genannt hat, ab.
Meine Damen und Herren von der FDP, beteiligen Sie sich nicht an der doppelten Rolle rückwärts in alte Zeiten, in das alte Familienmodell Kinder, Küche, Kirche,
wie es aus den Reihen der FDP heißt. Wir können und wir dürfen kein Interesse an diesem antiquierten Modell haben. Das Betreuungsmodell muss schleunigst weg.
Meine Damen und Herren von der FDP und von der CDU, ermutigen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen Bundestagsabgeordnete, dem Betreuungsgeld nicht zuzustimmen. – Vielen Dank.