Günter Schlüterbusch

Sitzungen

15/13 15/20

Letzte Beiträge

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion unterstützt das Ziel der Grünen, bei CASTOR-Transporten in das Zwischenlager Gorleben dafür Sorge zu tragen, dass rechtsstaatliche Grundsätze auch gegenüber Demonstranten eingehalten werden.
Dennoch haben wir ein Problem mit diesem Entschließungsantrag. Wir sind uns nicht sicher, ob das inhaltlich zweifellos unterstützenswerte Ansinnen wirklich einen Entschließungsantrag rechtfertigt. Auch wir gehen davon aus, dass sich die Landesregierung und damit auch die Landespolizei bei der Durchführung der CASTOR-Transporte an Recht und Gesetz hält, ohne dazu ausdrücklich aufgefordert werden zu müssen. Es ist nicht die Aufgabe des Parlaments, die Landesregierung präventiv aufzufordern, sich an Gesetz und Recht zu halten. Diese Aufgabe ist in der Verfassung geregelt. Gemäß Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes sind vollziehende Gewalt und Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden.
Meine Damen und Herren von den Grünen, beim Lesen Ihres Entschließungsantrages kann man den Eindruck gewinnen, die Landesregierung würde rechtsstaatswidrig handeln, wenn sie für die Sicherheit des CASTOR-Transports sorgt. Sie wissen genauso gut wie ich, dass das Gegenteil richtig ist.
Es ist die rechtsstaatliche Pflicht der Landesregierung, für die Sicherheit und Durchführung der CASTOR-Transporte zu sorgen. Dabei spielt es keine Rolle, ob man die Atomtransporte inhaltlich ablehnt, wie SPD und Grüne das tun, oder ob man das Wendland zum Atomklo der ganzen Republik machen will, wie es CDU und FDP offenbar vorhaben.
Bei der Atompolitik handelt es sich um ein Thema, das in den Parlamenten streitig miteinander ausgetragen werden muss. Es ist gut, dass die Bürgerinnen und Bürger gegen die Atompolitik, deren Müll in Niedersachsen nicht zwischen- oder endgelagert werden soll, protestieren und auf die
Straße gehen. Ich selbst - da spreche ich sicherlich auch für viele meiner Kollegen - unterstütze friedliche Demonstrationen, weil ich der Meinung bin, dass die Atomenergie eine Technologie von gestern ist, von der sich unsere Gesellschaft so schnell wie möglich verabschieden sollte.
Meine Damen und Herren, kein Verständnis habe ich für Demonstranten, die die CASTORTransporte bewusst zum Anlass nehmen, um mit Gewalt auf ihren Standpunkt hinzuweisen
und sich dabei Stellvertretergefechte mit der Polizei liefern. Hier muss der Rechtsstaat einschreiten; denn die CASTOR-Transporte sind ja nicht per se rechtswidrig. Sie unterstehen dem staatlichen Schutz, ob uns das gefällt oder nicht. Dabei darf der Staat natürlich nicht die Rechtsstaatlichkeit verlassen.
Schwierig könnte es künftig für den Innenminister werden, wenn er seine Idee umsetzt, die Bezirksregierungen abzuschaffen. In der Vergangenheit war die Vernetzung zwischen Polizei und ziviler Versammlungsbehörde unter dem Dach der Bezirksregierung Lüneburg ein Garant dafür, dass die unpopulären, aber notwendigen Demonstrationsverbote bis hin zu den höchsten Gerichten standgehalten haben. Im Entschließungsantrag der Grünen wird darauf hingewiesen, dass einige Beschlüsse der Amtsgerichte Uelzen und Dannenberg zur nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Freiheitsbeschränkung vom Landgericht Lüneburg aufgehoben wurden. Das Landgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Amtsgerichte die erforderliche Sachverhaltsaufklärung nur unzureichend durchführten. Die Amtsgerichte orientierten sich bei ihren Entscheidungen nach eigenen Angaben allerdings am praktisch Machbaren. Deshalb steht die Landesregierung jetzt und künftig in der Pflicht, die Personalsituation bei den von den CASTOR-Transporten betroffenen Amtsgerichten spürbar zu verbessern, um rechtsstaatliche Einzelfallentscheidungen zeitnah zu ermöglichen und diese nicht mangels praktischer Machbarkeit unterbleiben müssen.
Ich hatte die Gelegenheit, am Samstag vor dem CASTOR-Transport ein Konfliktberatungsteam der Polizei zu begleiten. Die dabei geführten Gespräche mit Einsatzkräften und Anwohnern haben bei mir die Erkenntnis verstärkt - auch unter dem Ein
druck der gewaltigen Polizeipräsenz -, dass die Politik gefordert ist, Lösungen für die Endlagerproblematik nicht nur zu suchen, sondern auch zu finden, und zwar Lösungen, die von den Betroffenen akzeptiert werden.
Herr Minister, wird die Landesregierung eine ergebnisoffene Projektgruppenarbeit zulassen, die sich nicht an parteipolitischen Vorfestlegungen orientiert, sondern nur an Sachkriterien?