Iris Preuß-Buchholz

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben mit unserem Antrag vom 19. Mai 2009 darauf hingewiesen,
dass die Kürzung der Haushaltsmittel für die Studentenwerke äußerst kontraproduktiv ist.
Es ist unsere Pflicht, allen jungen Menschen, auch solchen aus bildungsfernen Schichten, die Aufnahme eines Studiums in Nordrhein-Westfalen zu ermöglichen.
Um erfolgreich studieren zu können, müssen neben dem Studienplatz auch die geeigneten Rahmenbedingungen gegeben sein: bezahlbarer Wohnraum, Verpflegung, Kinderbetreuung, Beratung. Die Studentenwerke leisten hier wichtige Arbeit,
insbesondere für Studierende aus sozial schwächeren Schichten. Diese soziale Aufgabe können die Studentenwerke bei einer faktischen Kürzung wegen des Einfrierens der Haushaltsmittel schlicht und einfach nicht mehr in der erforderlichen Quantität und Qualität wahrnehmen.
Wenn das Land seiner Verantwortung gerecht werden will, muss es auch in die soziale Infrastruktur des Studiums investieren. Stipendien für eine Handvoll Begabter erhöhen nicht die Quote erfolgreicher Studienabschlüsse bei immer mehr Studienberechtigten in NRW. Einzig solide Rahmenbedingungen für das Studium tragen hierzu bei.
Die von der Arbeitsgemeinschaft der Studentenwerke NRW veröffentlichte Leistungsbilanz 2008 macht den Leistungsumfang der zwölf Studentenwerke deutlich. 400.000 Studierende an 61 Universitäten und Fachhochschulen werden von den Studentenwerken betreut.
Das Leistungsspektrum reicht vom Gastronomiebereich über Wohnraum für Studierende bis zu sozialen Diensten und der Kinderbetreuung und vor allem der Durchführung der Studienfinanzierung nach dem BAföG.
Von der gesamten Zahl der Studierenden erhalten etwa 18 % Leistungen nach dem BAföG. Im Jahre 2008 kümmerten sich die Studentenwerke um Mittel in Höhe von 315 Millionen €, die an über 70.000 Studierende flossen. Hierzu muss den Studentenwerken ausreichend Geld für Personal zur Verfügung gestellt werden. Aber die Finanzierungssituation der Studentenwerke ist sehr bedenklich. Zwar gewährt das Land den Studentenwerken einen Zuschuss in Höhe von insgesamt 31 Millionen €, doch reicht dieser bei Weitem nicht aus. Der Finanzierungsanteil von Studierenden beträgt schon über 8 % mehr als noch vor zehn Jahren. Dagegen ist der Anteil des Landes an der Finanzierung um 9 % gesunken. Da kamen Ihnen, Herr Pinkwart, natürlich die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel von 120 Millionen € aus dem Konjunkturpaket II ganz recht, die den zwölf Studentenwerken zumin
dest die Sanierung ihrer Studentenwohnheime ermöglichten.
Da von einer sinnvollen Ergänzung der Landesmaßnahmen zu sprechen, wie Sie es in Ihrer Pressemitteilung vom 5. Februar 2009 taten, ist angesichts des schrittweisen Rückzuges des Landes aus seiner Finanzierungsverantwortung nur blanker Hohn.
Hier hat das Land mal wieder den Ball an die Bundesebene abgegeben und sich selbst einen schlanken Fuß gemacht. Durch die Ausweitung des BAföG und die doppelten Abiturjahrgänge wie auch die Etablierung der vier neuen Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen ist ein erheblicher Mehrbedarf an Personal gegeben.
Wir sind froh, dass dank der BAföG-Ausweitung mehr Menschen als bisher in Nordrhein-Westfalen ein Studium finanziert bekommen können. Der gesamte Landtag hat diese Reform begrüßt.
Lassen Sie es uns den Studentenwerken ermöglichen, ihre bisher geleistete Arbeit auf gesichertem Niveau fortzuführen. Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich den Geschäftsführer des Studentenwerks Siegen Detlef Rujanski:
Die Finanzierungssituation der Studentenwerke ist in der Tat bedenklich. Das Land NRW ist seit Jahren über diese Situation informiert, zieht sich aber dennoch Schritt für Schritt aus der Finanzierung zurück. Um unseren sozialen Auftrag erfüllen zu können, erwarten wir von den Verantwortlichen im Landtag NRW zukünftig mehr finanzielle Unterstützung.
In dieser Situation darf das Land die Studentenwerke nicht im Regen stehen lassen. Es muss die Kürzungen bei den Mitteln für die Studentenwerke aus dem Jahre 2006 zurücknehmen, ausreichende Personalmittel zur Verfügung stellen und Modelle für weitere Unterstützungsmöglichkeiten entwickeln. Bei den anstehenden Haushaltsberatungen erwarten wir entsprechende Konsequenzen der Regierungskoalition von FDP und CDU. Unserer Unterstützung können Sie sich sicher sein. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Studierende mit Kind studieren überdurchschnittlich lange, und überdurchschnittlich viele brechen ihre Studium ab, und zwar viermal so oft wie kinderlose Studierende. Mütter und Väter mit einem abgebrochenen Studium und oftmals auch ohne eine abgeschlossene Ausbildung bleiben in ihrer Berufsqualifikation unter ihren Möglichkeiten und arrangieren sich beruflich auf irgendeine, häufig zufallsabhängige Weise, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Sie müssen mit finanziellen Problemlagen klarkommen, die sie ohne die Familiengründung nicht gehabt hätten.
Hier bleibt Bildungspotenzial ungenutzt. Berufliche Entwicklungsmöglichkeiten sind durch fehlende Abschlüsse verbaut. Es müssen später mühsame Umwege in der Bildung beschritten werden; Zickzack-Lebensläufe entstehen. Von Chancengleichheit kann da keine Rede sein.
Folglich verzichten viele Studentinnen und Studenten auf die Familiengründung oder verschieben sie auf eine nicht näher bestimmte Zeit nach dem Studium. Aber wir wissen, was sich im akademischen Bereich daran anschließt: befristete wissenschaftliche Beschäftigungen und Forschungsaufträge. Somit ist die Zeit nach dem Examen erst recht keine optimale Zeit für die Familiengründung.
Wenn wir also wollen, dass sich auch Akademiker wieder häufiger für ein Kind entscheiden, müssen die Rahmenbedingungen für ein Studium mit Kind deutlich verbessert werden. Das bedeutet: Die Hochschulen müssen familiengerechter und die Studienbedingungen flexibler werden.
Studierende müssen Studium, Kinderbetreuung und Job unter einen Hut bringen – ein Spagat, der vielen ganz offensichtlich nicht gelingt. Deshalb unterbrechen so viele ihr Studium. Im Schnitt dauert eine solche Unterbrechung etwa fünf Fachsemester und damit eindeutig zu lange. Das zeigt: Von flächendeckenden familienfreundlichen Studienbedingungen sind wir in Nordrhein-Westfalen noch weit entfernt.
Wie der Sonderbericht „Studieren mit Kind“ der 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes zeigt, unterbrechen studierende Mütter ihr Studium deutlich häufiger als studierende Väter. Hier sind die Hochschulen aufgefordert, Belastungen gleichmäßiger zu verteilen und besondere Angebo
te der Kinderbetreuung und Beratung für studierende Väter anzubieten.
In vielen Fällen wird das Studium sogar ganz abgebrochen und nicht wieder aufgenommen, denn mit jedem weiteren Semester der Unterbrechung verlieren Studierende den Anschluss an die aktuelle wissenschaftliche Forschung und Fachdiskussion. Mit jedem weiteren Semester der Unterbrechung vergrößern sich somit der Umfang des Nachzuholenden und auch die Wahrscheinlichkeit des Studienabbruchs. Wartelisten für einen Betreuungsplatz führen dazu, dass schnell ein oder zwei weitere Fachsemester verstreichen.
Ein weiterer Punkt ist die unsichere Studienfinanzierung, die alles andere als eine gute Grundlage für ein erfolgreiches Studium ist.
Eine möglichst schnelle Wiedereingliederung nach einer Studienunterbrechung und ein möglichst reibungsloses Studium mit Kind müssen das Ziel sein. Wir brauchen eine Entlastung und Unterstützung der Eltern durch hochschulnahe Kindertagesstätten mit ausreichendem Angebot. Es mangelt jedoch an ausreichenden Kinderbetreuungsangeboten in Universitätsnähe und an flexiblen Betreuungszeiten. Lehrveranstaltungen finden auch am Abend oder am Wochenende statt. Zu diesen Zeiten ist ein ausreichendes Betreuungsangebot größtenteils überhaupt nicht vorhanden.
Eine Umfrage an der Bergischen Universität ergab, dass sich Studierende neben einer regelmäßigen wöchentlichen Betreuung vor allem für Hilfen bei unregelmäßigen Betreuungssituationen interessieren. Dazu gehört die Betreuung der Kinder in den Schulferien, in Notfallsituationen oder in besonderen Zeiträumen wie Klausurphasen. Die Betreuungseinrichtungen an Hochschulen sind personell unterbesetzt und verfügen nicht über ausreichende finanzielle Ressourcen. Eine Flexibilisierung der Betreuungszeiten über alle drei Kontingente und innerhalb eines Kontingentes ist mit den derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln nicht finanzierbar.
Optimalerweise bräuchten studentische Eltern flexiblere Studienstrukturen und mehr Möglichkeiten, Lehrveranstaltungen auch zu alternativen Zeiten zu belegen oder nachzuholen. Blockseminare für Studierende mit Kind, zu denen zeitgleich gebündelte Betreuung angeboten werden kann, wäre zum Beispiel eine Alternative.
Für eine familiengerechte Hochschule ist es zum einen erforderlich, erstens für eine solide Finanzierung der Betreuungseinrichtungen Sorge zu tragen, die es ermöglicht, auch flexiblere Betreuungszeiten anzubieten; zweitens die Verwaltungsanforderungen zu reduzieren, sodass sie nicht auf Kosten der Betreuungskapazitäten gehen; drittens die Fortbildungsanforderungen und den Fortbildungsbedarf des Betreuungspersonals so zu organisieren, dass
dies ohne größeren Ausfall von Betreuungsleistungen bei den Einrichtungen zu bewerkstelligen ist.
Zudem müssen Möglichkeiten für eine andere Studiengangs- und Studienveranstaltungsorganisation geschaffen und ausgebaut werden, zum Beispiel in Form eines Ausbaus der formalisierten Teilzeitstudiengänge. Präsenzveranstaltungen könnten in noch stärkerem Maße als bisher durch medial vermittelte Lern- und Austauschstrukturen teilweise ersetzt oder zumindest ergänzt werden.
Auch die Ausnahmeregelungen für befristet vorzulegende Studienleistungen, für Praxisanteile und Praktika sind im Hinblick darauf zu betrachten, ob sie für studierende Eltern einen ausreichenden Spielraum bieten.
Bei Seminarangeboten mit begrenzten Teilnehmerkapazitäten, für die sich Studierende gesondert anmelden müssen, ist zudem dafür Sorge zu tragen, dass Eltern durchgängig Vorrang vor Kommilitoninnen und Kommilitonen erhalten können.
Zuallererst brauchen wir aber umgehend die Auszahlung der zugesagten Bundes- und Landesmittel an die Studentenwerke für ihre Investitionskosten beim Ausbau der Förderung der unter Dreijährigen.
Wir haben in unserem Antrag die Kriterien für eine bessere Finanzierungsgrundlage angeführt. Es ist nun an Ihnen, dafür zu sorgen, dass NordrheinWestfalen zu einem Bundesland wird, in dem ein Studium mit Kind keine Schwierigkeit, sondern eine Normalität darstellt. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die aktuellen Zahlen der Arbeitsagenturen zur Halbzeitbilanz auf dem Arbeitsmarkt sprechen eine deutliche Sprache. Die Wirtschaftskrise ist auf dem Ausbildungsmarkt angekommen. Die Zahl der gemeldeten Stellen liegt in Nordrhein-Westfalen mit 67.000 um knapp 6.000 unter derjenigen des letzten Jahres. In der Vergangenheit haben die Anstrengungen gerade vieler kleinerer Unternehmen und Handwerksbetriebe dazu beigetragen, einen Einbruch beim Angebot an Ausbildungsplätzen aufzufangen. In der derzeitigen wirtschaftlichen Lage ist dies nun vielen nicht mehr möglich.
Die Ausbildungssituation für junge Leute in Nordrhein-Westfalen ist desolat, und es ist keine Besserung in Sicht. Deshalb ist es im Interesse der jungen Menschen dringend erforderlich, alle dem Land zur Verfügung stehenden Ausbildungspotenziale auszuschöpfen.
Es kann nicht die Lösung sein, dass verunsicherte Jugendliche nur als Verlegenheitswahl eine weitere schulische Bildung absolvieren, wenn sie eigentlich eine Ausbildung aufnehmen möchten. Es haben sich bereits im Vergleich zum Jahr 2008 in Nordrhein-Westfalen deutlich weniger junge Menschen für Ausbildungsplätze beworben, als durch Abgängerrückgänge zu erklären wären. In unsicheren Zeiten greift man gerne zum Bekannten, und das ist für junge Schülerinnen und Schüler ein schulisches Umfeld, und je unsicherer die Aussichten auf eine Anschlussbeschäftigung sind, umso eher wird der Beginn einer Ausbildung aufgeschoben.
Hier muss das Land Perspektiven schaffen und Mut machen. Die Hochschulen des Landes leisten bereits einen sehr wichtigen Beitrag zur beruflichen Erstausbildung durch die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen – auch über den eigenen Bedarf hinaus. Dafür sind wir den Hochschulen zunächst einmal uneingeschränkt dankbar.
Die Hochschulen tragen damit einen großen Teil dazu bei, dass es jugendlichen Schulabgängern ermöglicht wird, durch das Absolvieren einer Ausbildung überhaupt in eine Ausgangsbasis zu gelangen, die Ihnen Chancen für den Erhalt einer Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt ermöglicht.
Dennoch reicht es nicht aus, die jungen Leute lediglich auszubilden und sie dann ohne wirkliche Perspektive in die Hartz-IV-Versorgung und die damit einhergehende drohende Resignation zu entlassen. Eine, wenn auch kurze Anschlussbeschäftigung hingegen ermöglicht es ihnen, erste Berufserfahrungen zu sammeln und sich in einer neuen Rolle als Beschäftigte zu erleben, sodass sie dann mit einer erweiterten Qualifikation und mehr Selbstbewusstsein in der Lage sind, auch im außeruniversitären Bereich in aktiverer Weise und mit besseren Aussichten auf Beschäftigungssuche zu gehen.
In den letzten beiden Haushaltsjahren sind die entsprechenden Mittel für die befristeten Anschlussbeschäftigungen bereitgestellt worden. Dies ist sinnvoller, als anderweitige Übergangsmaßnahmen zu finanzieren, die keine weiteren Berufserfahrungen im Arbeitsbereich bieten. Gerade in der jetzigen besonders kritischen Lage der Wirtschaft ist es umso notwendiger, alles zu unternehmen, um den frisch Ausgebildeten einen besseren Start zu ermöglichen. Auch das Land ist hier in der Verantwortung, mit gutem Beispiel voranzugehen.
Sie, Herr Minister Pinkwart, haben in der Ausschusssitzung am 12. März angemerkt, das Land sei flexibel genug, Sonderprogramme aufzulegen, wenn sie nötig seien. Daher appellieren wir an Sie, diese Flexibilität zu nutzen, und fordern die Landesregierung auf, die Regelung des vergangenen Jahres fortzuführen und auch den jungen Menschen, die in 2009 ihre Ausbildung abschließen werden, eine Anschlussbeschäftigung zu ermöglichen, da die Hochschulen aus eigenen Mitteln nicht dazu in der Lage sein werden. Die jetzt laufenden Ausbildungsgänge schließen ihre Ausbildung im Sommer ab. Die Landesregierung muss jetzt für die Bereitstellung der Mittel sorgen. – Vielen Dank.