Marie-Luise Fasse

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Besucher! Der Mensch hat dreierlei Wege, klug zu handeln: durch Nachdenken – das ist der edelste –, durch Nachahmen – das ist der einfachste – oder durch Erfahrung – das ist der bitterste.
Die Landesregierung wählt die bittere Variante und wird vermutlich aus Erfahrung klug werden, aber eben erst dann, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Dabei stünde Ihnen, meine Damen und Herren von der Landesregierung, Edelmut viel besser zu Gesicht, und den Kommunen in NRW ginge es dann auch besser.
An der Ausgangslage, die dem Entwurf des Umlagengenehmigungsgesetzes zugrunde liegt, hat sich nichts geändert:
Das strukturelle Defizit der Kommunen in NRW liegt bei 2,25 Milliarden €. Bundesweit hingegen wird mit einem Überschuss der kommunalen Haushalte in Höhe von 2 Milliarden € gerechnet.
Die jährliche Zinslast der überschuldeten, sich in Haushaltsnotlage oder -sanierung befindenden Kommunen beläuft sich auf 350 Millionen €.
Die Liquiditätskredite lagen Ende 2011 bei über 22 Milliarden € und werden weiter rasant steigen, wenn die Landesregierung an ihrer Politik festhält.
Nur noch 35 Städte und Gemeinden schaffen einen strukturellen Haushaltsausgleich.
Diese zunehmende Finanznot der Gemeinden hat dazu geführt, dass aus Rücksichtnahme auf die Mitgliedskörperschaften die Kommunalverbände die Umlage nicht mehr flächendeckend erheben.
Tatsache, meine Damen und Herren, also ist, dass die gesamte kommunale Familie, bestehend aus Gemeinden, Städten, Kreisen, Landschaftsverbänden und dem Regionalverband Ruhr, strukturell unterfinanziert ist. Deshalb wird um die Umlagesätze immer heftiger gestritten. Deshalb droht auch eine dauerhafte Belastung des Verhältnisses zwischen den Gebietskörperschaften. Und daran ändert auch Ihr geplantes Umlagengenehmigungsgesetz nichts.
Da ist zum Beispiel die Tatsache, dass die Konsolidierungsanstrengungen, die Sie den Städten und Gemeinden abverlangen, nicht wirksam unterstützt werden. Da ist zum Beispiel die Tatsache, dass die Umlageverbände nicht wirksam in die Haushaltssanierung einbezogen werden. Da ist zum Beispiel die Tatsache, dass die Umlageverbände nicht verpflichtet sind, ein Haushaltssicherungskonzept zu erstellen.
Statt sparen also weiter Geld ausgeben, das man sich immer bei dem nicht nur vermeintlich, sondern tatsächlich Schwächeren holt.
Ich bin ja gleich fertig.
Wenn die Landesregierung keine Sparanstrengungen unternimmt, ist es nur logisch, dass sich andere dazu auch nicht verpflichtet sehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es gerade gehört: Dieser Gesetzentwurf geht jetzt in die vierte Runde. Besser geworden ist er nicht, aber leider auch nicht k. o.
Eine Mehrheit hier im Hause wird das Gesetz beschließen, das steht außer Zweifel. Die CDU wird nicht zustimmen, auch das steht zweifelsohne fest.
Doch bevor Sie abstimmen, möchte ich Ihnen eine Weisheit mit auf den Weg geben:
„Eine als falsch erkannte Meinung ohne falsche Scham aufzugeben, das ist vielleicht die wunderbarste Kraftersparnis, die unserem Geist gegönnt ist; und zugleich die, von der wir am seltensten Gebrauch machen.“
Das wusste Arthur Schnitzler schon vor über hundert Jahren.
Vielleicht kommt doch noch bei Ihnen die Erkenntnis. Das wäre schön und ehrenvoll. Gönnen Sie Ih
rem Geist eine wunderbare Kraftersparnis! Sonst nämlich steht es schlecht um die kommunale Familie und deren Finanzsituation. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.