Lutz Frisch

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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das künstlerische und kulturelle Schaffen ist vom Staat zu fördern. Das gibt uns Artikel 40 unserer Landesverfassung vor. Es fällt uns bei jedem Haushalt schwerer, diese Vorgaben auch tatsächlich zu erfüllen. Stichworte: kulturelle Entwicklung, gigantische Verschuldung im Landeshaushalt, Vorbelastungen künftiger Jahre, allein im Kulturbereich – nach den Aussagen des jetzt vorgelegten Doppelhaushalts – mehr als 43 Millionen Euro, und der Rückgang der Zinserträge bei den Kulturstiftungen durch das gesenkte Zinsniveau.
Auch die Finanzkraft anderer Kulturträger ist nicht zum Besten bestellt. Dazu gehören die Kirchen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk, die Kommunen sowie die freie Wirtschaft. Vieles wird aufgefangen durch Kreativität bei Kulturschaffenden und Vermarktern sowie durch zusätzliches Engagement im ehrenamtlichen Bereich. Auf allen Ebenen wird über Strukturveränderungen gebrütet.
Dies gilt auch für das Ministerium für Kultur. Ich möchte vier Bereiche herausgreifen, bei denen strukturelle Veränderungen im Gange sind, und die Bewertung der CDU-Fraktion hinzufügen. Diese vier Bereiche sind das Künstlerhaus Balmoral, das Landesbiliothekszentrum, die Orchesterstrukturreform und das Arp-Museum. Das sind grundsätzliche Themen der Kulturpolitik, die noch nicht einmal alle im Haushalt auftauchen. Sie sind aber der Stoff, über den wir uns derzeit hinsichtlich der Kultur unterhalten.
Ab dem Jahr 2005 soll der Zuschuss für das Künstlerhaus Balmoral, der aus der Kulturstiftung kommt, um mehr als die Hälfte auf 235.000 Euro gesenkt werden. Statt sechs sollen nur noch drei Planstellen ausgewiesen sein. Gleichzeitig wird der Aufgabenkanon erweitert. Zusätzlich sollen Auslandsstipendien weltweit betreut werden – in Paris, in New York, in London, in Venedig
und ab 2006 eventuell sogar in unserer Partnerprovinz Fujian in China. Wenn man die Internetseite des Küns tlerhauses Balmoral aufruft, dann sieht man, worin die wesentliche Veränderung besteht. Auf der linken Seite steht noch die bisherige Ankündigung, dass Balmoral Gastgeber für Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Welt sei. Weiter rechts steht dann: „Bewerben können sich nur noch Künstlerinnen und Künstler, die in Rheinland-Pfalz wohnen, dort geboren sind oder studiert/gearbeitet haben.“
Eine andere Frage, und zwar die Frage nach dem Sinn, stellt sich beim Landesbibliothekszentrum, das am 1. September seine Arbeit aufgenommen hat. Hierbei werden drei wissenschaftsorientierte Bibliotheken und zwei Büchereistellen zusammengefasst, und zwar zwei Büchereistellen, deren Ziel es ist, das Lesen in der Breite zu fördern.
Das ist eine ähnliche Zusammenfassung, als wenn man die Verbesserung der Statistik im Hinblick auf Nobelpreise und die Verbesserung des Ergebnisses von PISA III einer einzigen Organisation anvertrauen würde. Worin besteht der Sinn? Was kann das Zentrum besser als zwei eigenständige Einrichtungen, die eine für Wissenschaft und die andere für die Leseförderung? Es ist kein Wunder, dass die Landesregierung bei ihrer Antwort auf diese Frage bisher sehr zaghaft agiert hat.
Das kann man einer Kleinen Anfrage entnehmen, die Herr Kollege Creutzmann gestellt hat. Die Regierung spricht nämlich davon, dass es eventuell Einsparungen beim Einkauf geben könnte; denn nicht einmal die EDVProgramme dieser Gesamtorganisation sind identisch. Dabei kann man also nichts einsparen. Auch bei der Zielsetzung kann man letztlich nichts einsparen. Ich denke, hierbei ist man im Übereifer über das eigentliche Ziel hinausgeschossen. Der interne Aufwand ist mit Sicherheit größer als der Nutzen.
Zur Orchesterstrukturreform, über die wir schon seit längerem diskutieren: Im Doppelhaushalt sind die Zielzahlen für die drei betroffenen Orchester ausgewiesen. In Koblenz und Mainz jeweils 66 und in Ludwigshafen 80. Die Zielzahlen sind nach dem Haushalt im Jahr 2006 zu erreichen. Die Landesregierung hat allerdings gegenüber dem Haushalts- und Finanzausschuss zum Ausdruck gebracht, dass dieses Ziel schon zu Beginn der Saison 2005/2006 erreicht sein sollte.
Meine Damen und Herren, selbst wenn der Stellenabbau bis dahin wirklich sozialverträglich zu bewerkstelligen ist, eine Rechnung haben Sie bisher ohne den Wirt gemacht. Zur Qualitätssicherung ist es nämlich unerlässlich, dass diese drei Orchester in der reduzierten Pers onenzahl miteinander kooperieren. Die Möglichkeiten, das zu garantieren, liegen nicht bei Ihnen, sondern bei den
Tarifpartnern. In dieser Frage gibt es jedoch noch keine Einigung. So lange keine Einigung gegeben ist, so lange gehen die Haushaltsansätze, die Sie für die Fahrtkosten der betroffenen Musiker eingesetzt haben, absolut ins Leere.
Lassen Sie mich einen neuen Aspekt im Hinblick auf die Orchesterstrukturreform ansprechen, die Diskussion über die Zukunft des SWR-Rundfunkorchesters in Kaiserslautern. Einerseits ist es verständlich, dass eine rundfunkinterne Lösung gesucht werden soll durch die Fusion des Kaiserslauterner Orchester mit dem Orchester des Saarländischen Rundfunks in Saarbrücken. Andererseits hätte eine Fusion des Kaiserslauterner Orchesters mit der Staatsphilharmonie in Ludwigshafen – wie sie von einigen Kräften ins Gespräch gebracht worden ist – natürlich auch ihren Reiz. Sie würde die Orchesterlandschaft in Rheinland-Pfalz mit Sicherheit stärken.
Das deckt sich in etwa mit Ihren ursprünglichen Vorschlägen hinsichtlich des großen Orchesters, Herr Minister. Wenn sie zustande kommen würde, dann wäre sie vernünftiger gemacht. Außerdem hätte es den Vorteil, dass die derzeit angedachte Kooperation zwischen den drei Orchestern auf der Rheinschiene sich auf zwei in Mainz und Koblenz beschränken könnte, weil wir im anderen Fall dann die Zusammenarbeit zwischen Kaiserlsautern und Ludwigshafen hätten. Die Entscheidung darüber haben wir nicht zu treffen. Das muss auf Rundfunkebene geschehen. Deswegen müssen wir abwarten, was passiert.
Warten ist übrigens auch das Stichwort für das ArpMuseum. Allerdings reden wir dabei über ganz andere zeitliche Dimensionen. Nach der ursprünglichen Rahmenvereinbarung, die im Jahr 1995 abgeschlossen worden ist, sollte der Meier-Bau im Jahr 1997 eingeweiht werden. Inzwischen sind viele weitere Termine verstrichen, und die Regierung hat dazugelernt. Sie hat nämlich bei der Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir im Oktober 2004 formuliert: „Die Eröffnung ist voraussichtlich für das Frühjahr 2007 vorgesehen.“ – Sie ist also „voraussichtlich vorgesehen“. Da hat jemand dazugelernt.
Vorgesehen ist auch ein neues Konzept für den Betrieb des Museums. Das ist der Beweis dafür, dass unsere langjährige Kritik berechtigt war. Bisher gibt es ein eklatantes Missverhältnis zwischen den Aufgaben des Landes und den Aufgaben der Stiftung „Arp-Verein“, weil das Land die Aufgabe hat, zu zahlen, und der Verein den Ton angibt, was vor Ort passiert.
In diesem Zusammenhang ist eine Änderung dringend geboten. Den Bestrebungen kann man nur zustimmen. Es müssen aber auch weitere Gesichtspunkte dabei berücksichtigt werden. Zum Beispiel muss die regionale Ebene eingebunden werden, und es muss ausgeschlossen sein, dass es in Zukunft noch einmal eine Diskussion über die Frage der Echtheit und der Qualität der Exponate gibt; denn das wäre für das Museum tödlich.
Zusammenfassend kann man sagen: Prinzipiell stimmen wir Strukturveränderungen zu. Unser Fraktionsvorsitzender hat sie auch für andere Bereiche der Politik angesprochen. Ich denke, dass die Kultur hierbei schon weiter ist als andere Bereiche des Landeshaushaltes. Solche Veränderungen machen aber nur dann Sinn, wenn nicht alte Fehler beseitigt und gleichzeitig neue Fehler geschaffen werden. Das muss man immer professionell machen, aber nicht einfach um der Strukturveränderung willen. Bei dieser Landesregierung muss man wirklich höllisch aufpassen.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass es bisher meine Aufgabe war, auf die Landesregierung aufzupassen.
Ich habe das jetzt lieber weggelassen; denn das klingt so teuflisch. Das entspricht eigentlich nicht meiner Rolle. Sie wissen, dass ich in Zukunft für diese Aufgabe nicht mehr zur Verfügung stehen werde, weil ich mit Ablauf des Monats Januar mein Mandat abgeben werde. Danach werde ich mich nur noch ehrenamtlich im regionalen Bereich, also in Neustadt an der Weinstraße, kulturell engagieren.
Ich habe das Gefühl, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist, diesen Schritt zu tun. Ich habe erlebt, dass es in der Politik wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen oft vorkommt, dass man Michail Gorbatschow Recht geben und seine Einsicht sogar noch erweitern muss. Nicht nur den, der zu spät kommt, bestraft das Leben, sondern oft wird auch der bestraft, der zu spät geht. Ich habe mir vorgenommen, dass mir das nicht passieren sollte.
Insofern ist das heute wahrscheinlich meine letzte Rede in diesem Parlament.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich ganz herzlich für die gute Zusammenarbeit bei allen Kolleginnen und Kollegen über alle Fraktions- und Parteigrenzen hinweg, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien, mit denen ich zu tun hatte, und natürlich auch bei deren obersten Chefs zu bedanken.
In diesen Dank möchte ich all die Menschen einschließen, mit denen ich aufgrund meiner Funktion als Mitglied des Landtags zusammengekommen bin. Ich habe mit vielen Probleme erörtert und Lösungen gesucht, die wir zum Teil auch gefunden haben. Ich habe mit vielen auch sehr persönliche Beziehungen geknüpft. Sie alle haben mein Leben bereichert und mich vor Herausforderungen gestellt und mir auch die Chance gegeben, mich weiterzuentwickeln. Gemeinsam haben wir unser Wissen vermehrt und vielleicht auch danach gestrebt, unsere Weisheit zu vergrößern. Das fällt einem nicht in den Schoß, sondern um all das muss man ringen. Da sind wir uns sicherlich in der Beurteilung einig.
Hilfestellung könnte uns in diesem Zusammenhang – deshalb möchte ich Ihnen das jetzt vortragen – vielleicht ein Gebet um Weisheit geben, das vor mehr als 400 Jahren formuliert worden ist und von Teresa von Avila stammt.
Daraus einige Auszüge: „Oh Herr, du weißt besser als ich, dass ich von Tag zu Tag älter werde und eines Tages wirklich alt. Bewahre mich vor der Einbildung, bei jeder Gelegenheit etwas sagen zu müssen. Erlöse mich von der großen Leidenschaft, die Angelegenheiten anderer ordnen zu wollen. Lehre mich, nachdenklich, aber nicht grüblerisch, und hilfreich, aber nicht diktatorisch zu sein. Bei meiner ungeheuren Ansammlung von Weisheit erscheint es mir schade, sie nicht weiterzugeben, aber du verstehst, oh Herr, dass ich mir wenigstens ein paar Freunde erhalten möchte.
Bewahre mich vor der Aufzählung endloser Einzelheiten und verleihe mir Schwingen, zur Pointe zu kommen. Lehre mich die wunderbare Weisheit, dass ich mich irren kann. Erhalte mich so liebenswert wie möglich. Lehre mich, an anderen Menschen unerwartete Talente zu entdecken und verleihe mir, oh Herr, die schöne Gabe, sie auch zu erwähnen.“
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie den Eindruck haben, dass es mir gelungen ist, wenigstens in Ansätzen aus diesem Gebet Nutzen zu ziehen, bitte ich Sie, mich in guter Erinnerung zu halten. Ich jedenfalls verspreche Ihnen, dass ich die guten Begabungen und Talente, die ich an Ihnen entdeckt habe, überall verkünden werde.
Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Geduld.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Zöllner, die Koalitionsfraktionen werden sicher ihre Regierungserklärung, insbesondere den wortreichen theoretischen Überbau im ersten Drittel, gleich über den grünen Klee loben.
Sie haben versucht, aus der Defensive, in die Sie an vielen Stellen im Land mit Ihrer Politik geraten sind, ein Stück herauszukommen. Sie werden den Beifall Ihrer Anhänger finden, ich habe aber Zweifel, ob die Menschen, die sich für Kultur interessieren, Sie wirklich verstehen können.
Ihre Thesen über die Bedeutung der Kultur im gesellschaftlichen Leben sind zumindest gewagt. Glauben Sie wirklich, dass Wirtschafts-, Rechts- und Bildungspolitik entscheidend durch die Kultur bestimmt werden können?
Auch Ihre Prognosen sind übrigens gewagt. Erhalten die Musikschulen 2006 wirklich drei Millionen Euro mehr als bisher? Das wäre richtig und schön.
Wird das Arp-Museum wirklich bis 2007 – das wären dann immerhin genau zehn Jahre nach dem ursprünglich festgelegten Termin – eingeweiht?
Werden Sie in Ihrer Politik wirklich besser werden?
Als anspruchsvoll habe ich Ihre Regierungserklärung schon empfunden: ein philosophischer Diskurs, aber mit Schwächen in Thesen und Schlussfolgerungen.
Werden Bibliotheken im Zeitalter des Internet wirklich „Börsen des Wissenserwerbs für alle“?
Ein anderes Beispiel: Wenn wir Umbrüche den Wissenschaften verdanken – das ist sicherlich so –, ist dann die Förderung junger Künstler – so wichtig und notwendig sie auch ist – wirklich die logische Konsequenz aus diesem Sachverhalt?
Sie formulieren: „Wir“ – und zwar wir Menschen – „sind auf dem Weg vom Objekt über das Subjekt zum Projekt.“
Irgendwie fühle ich mich aus dieser menschlichen Gemeinschaft ausgeschlossen; denn ich bin im Moment genau auf dem umgekehrten Weg, nämlich auf dem Weg vom Projekt – meiner Antwort auf Ihre Regierungserklärung – über das Subjekt – so wie Sie mich hier stehen sehen – zum Objekt – nämlich zum Thema, zur Kultur und zur Kulturpolitik.
„Das künstlerische und kulturelle Schaffen ist vom Staat zu fördern.“ Diesen umfassenden Auftrag gibt uns Artikel 40 unserer Landesverfassung. Er ist oberste Maxime für die Kulturpolitik des Landes.
Vor dem Handeln steht die Bestandsaufnahme. Da kann ich Ihnen nur Recht geben. Sie zeigt für Rheinland-Pfalz das Bild einer lebendigen, vielfältigen Kulturlandschaft. Sie spannt den Bogen vom antiken Erbe, zum Beispiel in Trier, den drei Domen am Rhein in Speyer, Worms und Mainz – von Ihnen zu Recht „Schum“-Städte wegen der Vergangenheit im jüdischen Bereich genannt – bis zu Laientheatern an vielen Stellen im Land, von unterschiedlichen Präsentationsformen der Kunst aus Vergangenheit und Moderne bis zu Spitzenorchestern, von über 400 Museen bis zur musikalischen Früherziehung in der Musikschule, von der Kleinkunst mit soziokulturellem Hintergrund bis zu Festspielen vor großer Kulisse.
Letztendlich stellt dieses Spektrum eine Gemeinschaftsleistung vieler Väter und Mütter dar, so zum Beispiel:
privat in Ateliers, Galerien, auf Bühnen und im Freien durch Künstler selbst, durch Kunst- oder Kulturschaffende oder durch ehrenamtliches Engagement,
im gewerblichen Bereich durch professionelles Management, aber auch in Form von Spenden, Stiftungen und Sponsoring,
im kirchlichen Sektor durch die Verantwortung für Baudenkmäler und Kunst am Bau, kirchenmusikalische Ausbildung, Museen, Bibliotheken, Büchereien und Archive,
im Bereich des Rundfunks, insbesondere auf dem öffentlich-rechtlichen Sektor, durch Kulturprogramme initiativ und berichtend, aber auch durch kulturelle Einrichtungen; so verfügt allein der SWR in seinem gesamten Sendegebiet über fünf attraktive Klangkörper,
im Bezirksverband der Pfalz, am Beispiel der Pfalzgalerie in Kaiserslautern oder des historischen Museums in Speyer,
auf kommunaler Ebene, wo organisiert und gefördert wird, Angebote vor Ort am Bedarf und an Schwerpunkten ausgerichtet werden.
Vor diesem Hintergrund sind die Rolle des Landes zu bewerten und die Ziele der aktuellen Politik festzulegen. Im Grundsatz muss das Land dort mit der Kulturförderung einsetzen, wo die vorher genannten Ebenen, zum Beispiel wegen der Größenordnung der Aktivitäten, nicht leistungsfähig genug sind.
Dieses Vorgehen entspricht dem Prinzip der Subsidiarität.
Herr Minister, Sie haben diesen Begriff ebenfalls gebraucht. Sie haben aber aus diesem ganzen Spektrum, das ich eben aufgezählt habe, nur die Kommunen herausgegriffen und mit zwei lapidaren Sätzen abgespeist.
Subsidiarität bedeutet nach Ihrer Deutung: „Die flächendeckende Kulturarbeit ist kommunale Aufgabe, Handlungsmöglichkeiten in den kommunalen Haushalten müssen, wo immer möglich, geschaffen werden.“
Abgesehen davon, dass diese Definition eines wichtigen Begriffes der christlichen Soziallehre absolut zu eng ist, weil Sie a priori alle anderen von mir genannten Träger ausschließen, ist der zweite Satz nicht mehr als eine bloße Worthülse. Wo bleibt denn Ihr Regierungshandeln in Sachen kommunaler Finanzkraft?
Inzwischen haben fast alle Kommunen unausgeglichene Haushalte. Alle kreisfreien Städte und 22 von 24 Landkreisen schreiben rote Zahlen.
Die Kommunen in Rheinland-Pfalz tragen mit einem Viertel aller kommunalen Schulden in der Bundesrepublik zur Statistik bei. Die ADD verhindert inzwischen in vielen Gemeinden kulturelle und auch sportliche Förderung. So rächt sich gerade in der Kulturlandschaft die stiefmütterliche Behandlung der Gemeinden durch diese Landesregierung.
Herr Minister, so ist es.
Herr Minister Zöllner, zunächst hatten Sie für Ihre Regierungserklärung den Titel „Stillstand ist Rückschritt“ gewählt. Leicht könnte man eine ganze Reihe kultureller
Aspekte aufzählen, bei denen teilweise allein schon durch die kritische Haushaltslage Stillstand zu attestieren ist, der aber nicht unbedingt in jedem Fall schon Rückschritt bedeutet. Umgekehrt ist längst nicht alles, was als Fortschritt deklariert wird, am Ende auch wirklich als Verbesserung einzustufen.
Möglicherweise haben Sie die selbst gegrabene Grube gerade noch rechtzeitig erkannt und sind deshalb einem anderen Wegweiser gefolgt: „Ohne Veränderung keine Zukunft!“ Damit verbinden Sie offensichtlich eine andere Suggestion, nämlich, dass sich Veränderungen prinzipiell positiv auswirken. Entscheidend ist aber in jedem Einzelfall nicht die Veränderung selbst, sondern ihre Qualität und die Notwendigkeit.
Lassen Sie mich zu diesem Gesichtspunkt einige Detailbewertungen zu Ihren Ausführungen und zu verschiedenen Entwicklungen Ihrer Kulturpolitik abgeben. Wir wissen doch alle – Zitat –: „Die Basis ist immer noch das beste Fundament einer jeden Grundlage.“
Ich weiß zwar leider nicht, von wem das Zitat stammt. Ich denke aber, es passt an dieser Stelle.
Zunächst zur rheinland-pfälzischen Orchesterlandschaft: Der Zwang zum Sparen, um auf Dauer die Existenz der drei Staatsorchester zu sichern, ist nicht einmal bei den betroffenen Orchestermusikern umstritten. Gerade ihnen ist die Bereitschaft hoch anzurechnen, selbst zur Lösung der Problematik beizutragen.
Auch die Mitwirkung der Tarifpartner Orchestervereinigung und Bühnenverein – Sie haben sie auch genannt – ist absolut positiv zu bewerten und hat Ihnen eigentlich von Anfang an die Lösung des Problems erleichtert. Gleichwohl ist es Ihnen gelungen, Musiker und die interessierte Öffentlichkeit gewaltig zu verunsichern, sogar zu düpieren. Sie haben ein Großorchester Ludwigshafen/Mainz in den Raum gestellt, das im wahrsten Sinn des Wortes niemand haben wollte. Die Rechnung dafür hätte das Koblenzer Orchester begleichen sollen.
Sie hatten weiter Zielzahlen für die einzelnen Orchester bekannt gegeben, die mit den für 2006 eingeplanten Budgets nicht finanziert werden können. Neuerdings gibt es allerdings Meldungen, dass das Budget von 3,45 Millionen Euro in Koblenz plötzlich doch für 66 Musiker reichen soll. Heute führen Sie aus, dass sich mit niedrigeren Personalbudgets die festgelegten Zahlen von Musikerinnen und Musikern finanzieren lasse.
Herr Minister, welche Zahlen denn? Sie haben doch für jedes Orchester zwei verschiedene im Angebot. Was stimmt denn wirklich?
Es stimmt, Musiker ändern ihre Lebensplanung, Orchester werden so verkleinert, dass a priori ihre Einsatzmöglichkeiten reduziert und die Kooperation untereinander bzw. mit anderen Orchestern unmöglich gemacht wird.
Sie haben vorhin auch vorsichtig davon gesprochen, dass diese Kooperation verabredet sei. Sie haben nicht davon gesprochen, dass sie wirklich in die Tat umgesetzt wird.
Ihre ständigen Behauptungen, die Qualität werde unter diesen Einschnitten nicht leiden, glauben wohl nur noch Sie allein.
Die Reduzierung der Stellen im Orchester ist im Ansatz richtig. Dazu stehen wir auch. Wenn die Orchester aber zu klein werden, werden die Besucher ausbleiben, und sie werden dann ihr Programm nicht mehr leisten können. Welchen Fortschritt sehen Sie eigentlich in einer solchen Veränderung?
Nach dem Willen der Landesregierung sind Landesbüchereistellen und Landesbibliotheken mit der Bibliotheca Bipontina in Zweibrücken zum Landesbibliothekszentrum zusammengefasst worden. Die beiden staatlichen Büchereistellen in Koblenz und Neustadt an der Weinstraße sollen weiterhin die Büchereien in der Fläche beraten und die Lust am Lesen verstärken. Die drei Bibliotheken dienen wissenschaftlichen Zwecken und sind deshalb eher mit Universitätsbibliotheken zu verknüpfen. Deshalb können noch nicht einmal einheitliche EDV-Systeme innerhalb dieser neuen Einheit genutzt werden. Man fragt sich also, wieso werden dann durch die Einrichtung Aufgaben besser erledigt und Synergien besser genutzt?
Veränderungen soll es auch im Musikangebot im Norden des Landes durch das Rheintal-Musikfestival geben. Vielleicht stünde ja ein überregional profiliertes Festival in dieser Region Rheinland-Pfalz wirklich gut zu Gesicht. Aber glaubt jemand, dass man mit 500.000 Euro dem Rheingau-Musik-Festival auf der anderen Rheinseite mit 6 Millionen Euro erfolgreich Konkurrenz machen kann?
Die Mittel sollen durch den SWR, Villa Musica und den TTM-Bereich aufgebracht werden. Herr Minister, Sie haben vorhin selbst darauf hingewiesen. Es ist der Tanz-, Theater- und Musikbereich im Landeshaushalt. Dies bedeutet eindeutig Verschiebungen zulasten anderer Kommunen und anderer Regionen im Land. Warum denken Sie nicht an den Ausbau oder die Fortentwicklung bestehender Strukturen, etwa der Mittelrhein MusikMomente der Rheinischen Philharmonie? Dort soll Neues um den möglichen Preis geschaffen werden, dass Aufstrebendes und Bewährtes gefährdet oder vernichtet wird.
Übrigens kann man gespannt sein, welche Rezepte die Landesregierung bereithält, wenn tatsächlich in ein oder zwei Jahren der Limes als Weltkulturerbe ausgewiesen werden sollte. Herr Minister, den haben Sie übrigens in der Ahnengalerie unseres Landes vergessen. Auch dann kann man wohl davon ausgehen, dass die Entwicklung über Bundesländergrenzen hinweg, der Aufbau von Organisationsstrukturen und die Vermarktung mehr
Zeit in Anspruch nehmen, als die Römer vor bald 2000 Jahren für den Aufbau gebraucht haben.
Auch bei manchen anderen Problemstellungen zeichnet sich die Landesregierung nicht gerade durch einen Übereifer bei Veränderungen aus, noch nicht einmal dort, wo sie zum Beispiel durch das Bundesverfassungsgericht dazu verpflichtet worden ist.
Dieses Gericht hat bereits im Jahr 1999 festgestellt, dass Paragraph 13 Denkmalschutzgesetz gegen Artikel 14 Grundgesetz, nämlich gegen die Garantie des Eigentums, verstößt. Interessen von Eigentümern sind nach Ansicht des Gerichts nicht ausreichend berücksichtigt worden. Deshalb ist seit dem 1. Juli das Denkmalschutzgesetz in diesem Punkt außer Kraft. In diesem Zeitraum hat die Landesregierung nicht mehr als einen Referentenentwurf zustande gebracht.
Ständigen Veränderungen ist die rheinland-pfälzische Kunstmesse ausgesetzt, neuerdings „Kunst direkt“ genannt. Standort, zeitlicher Rhythmus und nun auch der Titel wechseln, sodass die Corporate Identitiy kaum erkennbar wird. Es spricht also für die Qualität der rheinland-pfälzischen Kunstszene, wenn die Messe, die in den nächsten Wochen in Mainz eröffnet wird, auch in diesem Jahr wieder ein Erfolg wird.
Herr Minister, Ihre Äußerungen von vorhin zur Kunstmesse sind mir allerdings absolut schleierhaft. Nach Ihrer Formulierung gibt es widerstrebende Interessen zwischen Künstlern und Publikum. Wenn Sie nicht vereinbar seien, müssten die unterschiedlichen Zielgruppen getrennt bedient werden. Heißt das, dass Sie eine Messe nur für Künstler planen, also l‘ art pour l‘ art in Reinkultur? Wohin schicken Sie denn dann das Publikum?
Es gibt aber auch durchaus positive Veränderungen in der rheinland-pfälzischen Kulturpolitik, zum Beispiel die neue Landesmusikakademie, die Zusammenfassung von „Burgen, Schlösser, Altertümer“ mit dem Landesmuseum in Koblenz unter einer personellen Leitung, den Prozess, den der Museumsverband Rheinland-Pfalz zur Qualitätsentwicklung unserer Museen angestoßen hat, und die landesweit abgeschlossene Versicherung für Ehrenamtliche. Aber – auch Sie haben darauf hingewiesen, Herr Minister – Sorgen machen uns die Rückgänge der Erträge aus den Kulturstiftungen. Die Ursachen dafür liegen teilweise in den Finanzmärkten; andere Entwicklungen liegen in der Verantwortung der Stiftungsvorstände. So wird der Rahmen zum Beispiel in der Kulturstiftung durch immer höhere institutionelle Zuschüsse so eingeengt, dass der Spielraum für Projektförderungen immer kleiner wird. Auch Sie haben das vorhin zum Ausdruck gebracht, Herr Minister. In einer solchen Situation des Umbruchs wäre eine engere Zusammenarbeit von Landesregierung und Parlament nicht nur wünschenswert, sondern dringend notwendig. In der Kulturstiftung gibt es hierfür wenigstens ein Kuratorium mit einer prinzipiell beratenden Funktion, in dem Vertreter der vier Landtagsfraktionen mitwirken können. Beim Kultursommer ist es bislang trotz diesbezüglicher Be
teuerungen des Ministeriums noch nicht einmal dazu gekommen.
Ein weithin unbeackertes Feld ist die Verknüpfung von Wirtschaft und Tourismus mit der Kultur im Land. Auch heute haben Sie dieses Thema ziemlich stiefmütterlich behandelt, Herr Minister. Überall blühen solche Blumen, aber ein System – also einen Strauß – kann man nicht erkennen. Um mit Ihrem Bild zu sprechen: Da ist der Gärtner wirklich gefordert. Dieser Strauß müsste auf Landesebene zum Beispiel durch die Zusammenarbeit der zuständigen Ministerien eingebunden werden.
Die Erstellung eines Kulturwirtschaftsberichts nach dem Beispiel anderer Bundesländer ist aufgrund unserer gegenwärtigen Haushaltssituation wohl nicht verkraftbar. Umso dringlicher wäre es aber, alle vorhanden Potenziale auszuschöpfen, etwa die wissenschaftlichen Ressourcen der Universitäten, um die Zusammenhänge zwischen Kulturaktivitäten und ihren Anteil an der gesellschaftlichen Wertschöpfung zu untersuchen und zu fördern. Das müsste Ihr konkreter Beitrag zur Verknüpfung von Wissenschaft und Kultur sein, Herr Minister. Diesen Dialog könnten Sie eigentlich führen, und diese Bündnisse müssten Sie eigentlich schließen.
Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin. Gute Kulturpolitik schafft die Voraussetzungen, dass sich möglichst viele Menschen in welcher Form auch immer persönlich beteiligen können. So gibt es im Übrigen auch der eingangs zitierte Artikel 40 der Verfassung für RheinlandPfalz vor. An diesen Kriterien muss sich auch diese Landesregierung messen lassen. Es genügt nicht, mit dem Schlagwort „Veränderungen“ Politik machen zu wollen. Dazu braucht es keine Verbalrhetorik, sondern Klarheit in Worten und Zielen, Verlässlichkeit und wirkliche Perspektiven. All das vermissen bei dieser Regierung viele Menschen, denen die Kultur in RheinlandPfalz am Herzen liegt – die CDU-Fraktion im Übrigen auch.
Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kulturhaushalt 2004 enthält keine spektakulären Ansätze. Das war auch bei der gegenwärtigen Haushaltssituation nicht zu erwarten. Lassen Sie mich wie in jedem Jahr einige Anmerkungen zum Thema „Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit“ machen.
Man muss die Frage stellen, wieso die Stiftung Hambacher Schloss unter dem Titel „Förderung nicht staatlicher Museen“ eingeordnet ist. Es gibt zwar auf dem Hambacher Schloss ein Museum. Für mich ist das Hambacher Schloss aber so etwas wie eine nationale Gedenkstätte und kein Museum. Vor allen Dingen ist es nicht nicht staatlich, sondern die Stiftung wird im Prinzip vom Bund, vom Land und den beteiligten Kommunen getragen.
Eine weitere Frage: Warum werden Titel mit gleicher Zielsetzung an verschiedenen Stellen im Haushalt wiedergegeben, die zudem noch gegenseitig deckungsfähig und zum großen Teil auch gleich benannt sind? So sind zum Beispiel der Ankauf von Kunstwerken an vier verschiedenen Stellen, die Filmförderung an drei Stellen, die Zuschüsse für Bildende Kunst, Musik und Literatur an drei Stellen und die Zuschüsse zur Verbesserung des Kulturstandorts Rheinland-Pfalz an drei Stellen verteilt. Wir haben uns beim Bildungsbereich schon mit Mathematik beschäftigt. Vielleicht ist der tiefere Hintergrund, dass wir alle rechnen lernen.
Warum sind manche Ansätze so himmelweit von den tatsächlichen Ergebnissen der Vorjahre entfernt, zum Beispiel beim Titel Landesmuseen? Das Ist im Jahr 2002 betrug 237.000 Euro, das Soll für 2004 100 Euro. Auch ist die Verschiebung von Haushaltsansätzen zu nennen. So kommen zum Beispiel die Burgfestspiele Mayen zu den Zuweisungen für Theater, Orchester und Musikschulen. Der Ansatz wird aber nicht um den verschobenen Betrag erhöht. Die Frage stellt sich: Sollen damit Kürzungen kaschiert werden?
Meine Damen und Herren, ich will mich nicht an Details aufhalten, sondern einige grundsätzliche Fragen der Kulturpolitik ansprechen; denn gerade dann, wenn der Staat sparen muss, ist es besonders anzuerkennen, wenn andere als Kulturträger aktiv sind. Dazu gehört die Wirtschaft durch Spenden, Sponsoring und Stiftungen. In diesem Bereich hat sich durch die rechtliche Situation manches an Verbesserungen ergeben. Dazu gehört privates ehrenamtliches Engagement von Bürgern. Ich muss zunächst der Landesregierung ein Lob aussprechen. Die Versicherung, die Sie für den ehrenamtlichen Bereich abgeschlossen haben, dient sicherlich dazu, mehr Menschen dazu zu bringen, sich ehrenamtlich zu engagieren. Das Risiko wird größer. Jeder von uns kennt Beispiele, wo sich ehrenamtliches Engagement für den Einzelnen sehr schlecht ausgezahlt hat.
Vielen Dank für den Beifall. Jetzt gibt es gleich etwas Negatives. Das können Sie sich denken. Es gibt nämlich keine Fortschritte bei der Gleichstellung des Ehrenamts in der Kultur mit anderen gesellschaftlichen Bereichen. Das ist ein Ziel, das Sie selbst in Ihrer Koalitionsvereinbarung 2001 formuliert haben. Viele Ehrenamtliche warten auf einen kleinen Schritt in diese Richtung; denn auch das würde letztendlich zur Stärkung des ehrenam tlichen Engagements führen. Es ist auch im Haushalt nicht erkennbar, dass Schwerpunkte in diese Richtung gesetzt werden.
Meine Damen und Herren, bedeutende Kulturträger sind auch die Kirchen. Ich denke, dass deren Leistung im Normalfall viel zu wenig gewürdigt wird. Sie erfüllen ein breites Spektrum, und zwar vom Denkmalschutz über die Kunst im Allgemeinen, die Kunst am Bau bis hin zu Museen, Büchereien oder zur Pflege der Kirchenmusik.
Auch Kirchen haben weniger Geld als früher. Das bedeutet, dass weniger Leistungen für die Kultur zustande kommen. Gleiches gilt für die Landesstiftungen, die auch durch Zinserträge gespeist werden, wie die Kulturstiftung Villa Musica und den Kultursommer. Das ist kein Vorwurf. Das hängt damit zusammen, dass das Zinsniveau im Moment relativ niedrig ist. Eines muss ich kritisieren: Die Konsequenzen, die sich aus diesen Rückgängen bei den Stiftungen ergeben, werden allein im Ministerium und in internen Zirkeln verhackstückt. Es wäre gut, auch die Politik mit zu beteiligen.
Weniger Geld haben auch die Kommunen, besonders die in Rheinland-Pfalz; denn wir wissen alle, dass ein Viertel der kommunalen Schulden bundesweit von den Kommunen in Rheinland-Pfalz stammt. Deswegen müssen diese Kommunen auch sparen. Sie können im Prinzip nur bei den so genannten freiwilligen Leistungen sparen, zu denen leider auch die Kultur gehört.
In diesem Zusammenhang passt eine Äußerung, die Herr Minister Zöllner öffentlich vorgebracht hat, aus meiner Sicht wie die Faust aufs Auge. Er hat gesagt, das Land müsse bei den Kommunen mehr Bewusstsein für die Notwendigkeit der Kulturförderung schaffen. So zu lesen in der „Rhein-Zeitung“ am 19. November 2003. Ich denke, ein solches Zitat kann man nur als Verhöhnung der Kommunalpolitiker einstufen;
denn diese würden gern mehr Geld für die Kultur investieren, wenn sie es hätten. Bevor sie Anstrengungen unternehmen, die Kommunen dahin zu bringen, sollten Sie ihnen einfach eine bessere finanzielle Ausstattung geben. Dann würden sie schon dafür sorgen, dass sie mehr Kultur verantworten würden.
Meine Damen und Herren, in der Landeskulturpolitik gibt es eine ganze Palette aktueller Themen, die nicht im Haushaltsbuch 2004 stehen. Dazu gehört aus meiner Sicht das Megathema der letzten Tage, nämlich die aktuellen Beschlüsse zur Zukunft der Orchesterlandschaft in Rheinland-Pfalz.
Herr Minister, trotz gegenteiliger Beteuerung stellen sie einen tiefen Einschnitt in die Orchesterlandschaft dar. Die allgemeine Euphorie nach Bekanntgabe der Beschlüsse des Lenkungsausschusses wird von uns nicht geteilt. Sie ist inzwischen großenteils bei den Betroffenen einem Katzenjammer gewichen.
Lebensplanung, Einkommensituation und Berufsperspektiven der Musiker werden elementar tangiert. Der Erhalt der anerkannten Qualität und der jeweiligen tradi
tionellen speziellen Aufgabenstellung der drei Orchester ist sehr zu hinterfragen. Die Umsetzung hat viele Fußangeln. Der Teufel steckt im Detail.
Ich will einige Punkte nennen. Zum Beispiel ist es notwendig, zu tarifvertraglichen Veränderungen zu kommen. Dazu haben sich die Tarifparteien prinzipiell bereit erklärt. Es wird auch darum gehen, die Teilzeitmöglichkeiten zu erweitern, zu verändern, zu spezifizieren und das Gehaltsniveau zu verändern. Dann stellt sich die Frage: Kann man auf dieser Basis überhaupt sozialverträglich Stellen abbauen? Sind genügend berufliche Veränderungen möglich? Sind genügend Vorruhestandsperspektiven erkennbar?
Außerdem stellt sich die Frage der Kooperation und Koordination. Kooperieren kann man eigentlich nur dann, wenn man selbst so viele Musiker hat, dass sie auch an andere Orchester „ausgeliehen“ werden können. Wenn man selbst schon auf dem letzten Loch pfeift, wird dieser Austausch überhaupt nicht möglich sein. Wenn er doch im Einzelfall noch möglich ist, braucht man eine Koordinationsstelle. Wo sitzt diese? Wie sieht diese aus? Handelt es sich um eine Persönlichkeit oder um Vertreter aus allen drei Orchestern? Auch hier gibt es überhaupt noch keine konkreten Vorstellungen.
Das Hauptproblem liegt aus meiner Sicht darin, dass das Budget, das für das Jahr 2006 angekündigt ist – das hat nichts mit dem Haushalt 2004 zu tun –, nicht ausreicht, um die jeweils angegebene Stellenzahl zu finanzieren. Die Differenz beträgt in Koblenz und Mainz sechs Stellen und in Ludwigshafen zwei Stellen. Es gibt eine Unterfinanzierung im Hinblick auf diese Stellenzahl. Inzwischen sprechen auch betroffene Musiker in diesem Zusammenhang von einer Mogelpackung. Um dieses Problem zu lösen, gibt es nur drei Möglichkeiten.
Ich sage gleich etwas dazu. Sie wollen, dass andere sparen. Sie wollen, dass aus den Orchestern heraus gespart wird. Das bedeutet weniger gute Bezahlung.
Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass die Kommunen, deren Haushaltssituation ich schon beschrieben habe, diesen fehlenden Anteil übernehmen. Die dritte Möglichkeit – das wird aus dem Hut gezaubert – sollen Stiftungen sein, die zusätzliche Stellen finanzieren.
Ich möchte nur auf Folgendes hinweisen: Wenn man heute aus einem Stiftungsertrag eine einzige Stelle finanzieren will, dann braucht man ungefähr zehn Millionen Euro Kapital. Sagen Sie mir, woher Sie die Chance sehen, zehn Millionen Euro für jede dieser Stiftungen überhaupt einzubringen. Ich denke, das sind Schimären, nach denen man eigentlich gar nicht greifen sollte.
Herr Minister, Sie haben ihr ursprüngliches Sparziel erreicht, 3,2 Millionen Euro einzusparen.
Ich fürchte, das wird ein Pyrrhussieg sein. Man kann sparen, man muss auch in der gegenwärtigen Situation sparen. Aber man darf nicht kaputtsparen.
Doch, man darf da sparen, aber nicht in dem Umfang. Wenn Sie das einmal in Ihren eigenen Ministerien so konsequent durchführen würden wie bei den Orchestern, dann könnten wir auch darüber reden, dass man an es an allen Stellen so tut.
Es gäbe noch eine ganze Reihe Themen anzusprechen. Ich sehe, dass ich jetzt unter Zeitdruck komme.
Zum Beispiel beim Rheintal-Musik-Festival. Dort soll etwas Neues aufgebaut werden. Dafür hat man offensichtlich Geld. Ist das das Geld, das man bei den Orchestern einspart?
Die Begründung für das Rheintal-Festival ist, dass man das Weltkulturerbe stärken will. Auch dort braucht man ein Konzept und nicht einzelne Punkte, die jeweils zusammengefügt werden.
Fragen stellen sich auch im Hinblick auf die Zukunft des Arp-Museums, das eigentlich 1997 schon fertiggestellt sein sollte.
Was passiert mit dem Landesbibliothekszentrum? Ich kann auf die Einzelheiten nicht mehr eingehen. Fragen über Fragen, die alle nicht im Haushaltsplan 2004 beantwortet werden. Deswegen möchte ich frei nach Bertolt Brecht zum Schluss sagen: Auch wenn dieser Haushalt morgen beschlossen wird, dann gilt für uns, wir sehen betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zuerst komme ich zu den zehn Millionen Euro. Ich will es ins ofern erklären. Ich habe mich einfach versprochen. Ich habe von einer Stelle gesprochen. Ich habe ein Orchester gemeint. Sie sagen, der Ertrag liegt bei 400.000 Euro. Wenn Sie sechs Stellen beim Mainzer Orchester darüber finanzieren wollen, dann brauchen Sie im Prinzip diese 400.000 Euro. Sie brauchen aber eine Größenordnung von zehn Millionen Euro Kapital, um die sechs Stellen im Mainzer Orchester finanzieren zu können.
Zweiter Punkt: Ich habe vorhin gesagt, Sie haben 3,2 Millionen Euro eingespart. Ich habe nicht gesagt, Sie haben sie im Landeshaushalt eingespart, sondern sie haben sich in der Addition zwischen dem, was das Land spart, und dem, was die beteiligten Kommunen einsparen, ergeben. Diese Zahl ist unbestritten.
Die geht aus Ihrem eigenen Konzept hervor. Insofern sind wir uns, was die Zahlen betrifft, meines Erachtens einig.
Ich muss aber noch ein grundsätzliches Problem ansprechen. Wir sprechen jetzt von Strukturreform der rheinland-pfälzischen Orchester. Ich bin mir nicht sicher,
ob dieser Begriff bei dem, was jetzt herausgekommen ist, unter dem Strich tatsächlich zutrifft. Herr Minister, das, was Sie ursprünglich wollten – die Kombination bzw. die Fusion von zwei Orchestern –, wäre aus meiner Sicht eine wirkliche Strukturveränderung gewesen. Damit haben Sie eine Bauchlandung produziert. Das ist nicht zum Tragen gekommen.
Gut, jetzt in Anführungszeichen. Seien Sie nicht so streng, Herr Kollege.
Gut, jetzt haben Sie versucht, ein Konzept zu bekommen, das Entlastungen bringt, das auch die Kooperation der Orchester stärker als bisher beinhaltet. Ich habe vorhin gesagt, Skepsis besteht im Hinblick auf die Frage, wie diese Kooperation umgesetzt werden kann. Aber gehen wir einmal davon aus, sie kann tatsächlich umgesetzt werden, dann könnte man jetzt trefflich darüber streiten, ob das eine tatsächliche Strukturveränderung oder nur eine Verbesserung der bisherigen Zustände ist. Ich will da jetzt nicht kleinlich diskutieren. Ich möchte nur eines sagen. Das Ziel, das in dieser Vereinbarung formuliert ist, ist noch nicht erreicht. Wir tun so, als ob es das schon wäre. Sie haben mich bestätigt, es gibt viele Teufel, die im Detail stecken. Erst, wenn das alles zur Zufriedenheit umgesetzt werden kann, können Sie dieses Sparziel wirklich erreichen.
Zur Frage der Aufnahme dieses Konzepts bei den Journalisten und auch bei den Betroffenen: Ich glaube, dass die ersten positiven Meldungen damit zusammenhingen, dass nicht deutlich wurde, dass eine Diskrepanz zwischen den angegebenen Stellen – 66 in Koblenz, 66 in Mainz und 80 in Ludwigshafen – und dann den Stellen besteht, die tatsächlich realisiert werden können mit dem Geld, das Sie zur Verfügung stellen können, also jeweils 60, das heißt zweimal sechs weniger, und die zwei weniger in Ludwigshafen. Diese Diskrepanz war bei Ihrer ersten Pressekonferenz offensichtlich nicht allen Beteiligten klar. Deswegen hat es sehr positive Meldungen dazu gegeben.
Es ist auch der Eindruck erweckt worden, als ob sich alle einig gewesen wären. In Wirklichkeit war es aber so, dass die Musiker, die selbst nicht mitstimmen konnten – es haben nur die Vertreter der Deutschen Orchestervereinigung und des Bühnenvereins mitgestimmt, nicht die einzelnen Musiker und die Vertreter der Musiker –, eben mehr gewusst haben, und erst im Nachhinein ist diese Diskussion in die Öffentlichkeit gegangen. Damit ist klar geworden, dass das Problem der Finanzierung dieser Differenz letztendlich entweder bei den Kommunen oder bei den Vereinen oder bei wem auch immer liegt, aber jedenfalls nicht beim Land. Ich denke, dass das dazu geführt hat, dass die heutigen und die gestrigen Schlagzeilen sich ganz gewaltig von denen vom Dienstag unterscheiden. Das war der Grund dafür.
Im Prinzip stehen wir dazu, dass auch im Bereich der Orchester eingespart werden muss. Wir denken, dieser Betrag, der jetzt angestrebt wird unter der Prämisse, dass so wenige Stellen damit finanziert werden können, ist zuviel des Schlechten. Damit besteht die Gefahr, dass Sie, Herr Minister, und wir alle 2006 oder 2007 vor
den Trümmern dieser jetzt so blühenden Orchesterlandschaft in Rheinland-Pfalz stehen werden.
Frau Kollegin Schneider, gestatten Sie bitte, dass ich zum Thema „Kultursommer“ noch etwas mehr sage, als Sie vorhin angedeutet haben, zumal mich Frau Baumann wohl an den Pranger stellen wollte.
Es handelt sich dabei um einen ganz einfachen Vorgang, nämlich die Tatsache, dass im nächsten Jahr – dank der Zustimmung des Kulturministeriums, für die ich sehr dankbar bin – die Kultursommereröffnung in Neustadt an der Weinstraße stattfinden wird, und zwar zum Thema „Kennst Du das Land, wo die Zitronen blühen?“, also Italien.
Für jeden, der sich in der Literatur ein bisschen auskennt: Es handelt sich um ein Zitat aus „Wilhelm Meister“ von Goethe.
Bei uns gab es die Überlegung – das wird natürlich im Stadtzentrum stattfinden –, wie wir uns ere neun Weindörfer mit in diese Eröffnung einbinden können.
Es kam die Idee auf, dass wir einen gemeinsamen Stand in einem Zelt aufbauen, an dem sich alle neun Weindörfer präsentieren. Genau das gleiche System haben wir bei der Eröffnung des Weinlesefestes.
Beim Weinlesefest werden die anderen deutschen Weinanbaugebiete unseren Weindörfern zugeordnet. Diese verkaufen dann jeweils eine Sorte Wein aus einem anderen deutschen Weinanbaugebiet mit.
Genau diese Idee haben wir auf die Eröffnung des Kultursommers übertragen. Wir möchten zu den Neustädter Weindörfern „huckepack“ große Weinanbaugebiete Italiens mit einem zusätzlichen Weinangebot zuordnen. Die Menschen, die dorthin kommen, sollen sowohl das eine als auch das andere genießen können.
Inwiefern wir damit dem deutschen Wein irgendetwas wegnehmen, ist für mich überhaupt nicht erkennbar, zumal diese Aktion – Frau Baumann, Sie müssen innerhalb der Landesregierung umfragen – mit dem Kulturm inisterium bzw. mit der Spitze des Kultursommers abgesprochen ist. Das wird so gemacht.
Ich halte es schon für sehr erstaunlich, dass Sie dieses Thema ansprechen, ohne sich vorher zu erkundigen. Wie gesagt, es wird überhaupt kein Schaden für den deutschen Wein entstehen. Ich glaube nicht, dass sich irgendeiner der von den Neustadter Weindörfern ange
botenen Weine hinter dem italienischen verstecken muss. Der kann mithalten!
Genau das ist der Sinn dieses Kultursommermottos und der Kultursommereröffnung. Ich denke, auch die Winzer sind bereit, dort mitzumachen. Frau Baumann, bei denen hätten Sie sich auch einmal umhören können.
Das, was Sie vorgetragen haben, war ganz kleines Karo.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Die Kultur in Rheinland-Pfalz ist besser als ihr Ruf.“ Das ist ein Zitat von Ihnen, Herr Minister Zöllner, dem man eigentlich nur zustimmen kann.
Dieses Zitat zeigt auch, in welche Richtung wir gemeinsam arbeiten müssen, um der Kultur den entsprechenden Platz im gesellschaftlichen Leben zu geben.
Aktivitäten gibt es in Rheinland-Pfalz überall in den unterschiedlichsten Formen. Vieles genügt sich selbst. Überregionale Aufmerksamkeit, besonders über die Grenzen von Rheinland-Pfalz hinaus, wird selten erreicht. Nach Schätzung stammen zwei Drittel der Finanzen für die Kultur aus privatem Engagement, ein Drittel ungefähr bringt die öffentliche Hand. Für das Jahr 2000 haben wir genaue Zahlen, und zwar aufgeteilt auf die Kommunen und das Land in Rheinland-Pfalz. 55,6 % sind im Jahr 2000 von diesen öffentlich erbrachten Mitteln von den Gemeinden erbracht worden und 44,4 % vom Land.
Diese Zahlen stammen aus dem Kulturfinanzbericht 2000, der zum ersten Mal vom Statistischen Bundesamt vorgelegt worden ist. Dieser Finanzbericht hat in der letzten Zeit in Rheinland-Pfalz keine Rolle gespielt, vermutlich aus einem schlechten Grund: Die Zahlen, die dort auftauchen, stellen dem Land ein miserables Zeugnis aus. Die Ausgaben von Land und Kommunen zusammen – das muss man zusammen sehen – umfassen nämlich mit 1,2 % den niedrigsten Anteil am Gesam thaushalt aller Bundesländer und die geringsten ProKopf-Ausgaben aller Bundesländer, nämlich 84 DM pro Person. Wir sind Schlusslicht bei Theater- und Musikausgaben, nicht wissenschaftlichen Bibliotheken, Museen, Sammlungen und Ausstellungen.
Der Vergleich über mehrere Jahre zeigt: Der Anteil der Gemeinden betrug Anfang der 90er-Jahre 65 %. Er ist, wie ich eben dargelegt habe, auf etwa 55 % zurückgegangen. Das ist ein schlagender Beweis für die Auswirkungen der kommunalfeindlichen Politik dieser Landesregierung in den letzten Jahren.
Sie hat zu Kürzungen im Bereich der freiwilligen Leistungen bei den Kommunen geführt. Dazu gehört leider auch die Kultur. Gerade im Doppelhaushalt, den wir heute besprechen, hat die Landesregierung auch wieder die Kultur erneut geschröpft, und zwar werden Denkmalpflege, Bibliotheken, Museen in Zukunft aus dem kommunalen Finanzausgleich finanziert. Das bedeutet weniger allgemeine Zuweisungen und weniger andere Zweckzuweisungen und damit letztendlich weniger Geld für die Kultur.
Weniger Geld gibt es auch aus den Stiftungserträgen. Damit wir uns nicht falsch verstehen, selbstverständlich sind die Stiftungen Villa Musica, Kultursommer, Kulturstiftung segensreiche Einrichtungen, aber das niedrigere Zinsniveau bringt niedrigere Erträge. Insofern fließen der Kultur gerade zu einem Zeitpunkt, in dem auch die öffentlichen Haushalte nicht besonders solvent sind, weniger Mittel für die Kultur zu.
Wenn wir gerade bei den Stiftungen sind, möchte ich auf den Bericht des Rechnungshofs 2001 hinweisen. Der Rechnungshof hat glasklar festgestellt, dass die Vor
würfe, die von der CDU in der Vergangenheit erhoben worden sind, zu Recht erhoben worden sind. Die Kritik des Rechnungshofs betrifft zum Beispiel die Transparenz bei Zuwendungen und bei der Bereitstellung von Personal- und Sachmitteln, bei der Abgrenzung von Aufgaben zwischen Stiftung und Ministerium bei vergleichbaren Programmen, die Trennung von Vorstandsund Aufsichtsratsfunktionen, beispielsweise Stiftung Bahnhof Rolandseck, und die externe Kontrolle, besonders beim Kultursommer. Aus der Haushaltsvorlage geht eigentlich nicht hervor, dass das Land sich diese Kritik zu Herzen genommen hat, insbesondere gibt es nicht Transparenz bei den Personalkosten. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf unseren Haushaltsbegleitantrag hinweisen. Das ist nicht irgendein Antrag, sondern ein Antrag, der deutlich macht, dass diese Vorwürfe, die vom Rechnungshof erhoben werden, eigentlich das Parlament in seiner Stellung gegenüber der Regierung betreffen. Deswegen möchte ich ihn auch den Koalitionsfraktionen besonders ans Herz legen.
Eine weitere Problematik dieses Haushalts: Mehrere Risiken sind nicht veranschlagt. Das kann teuer werden. Das eine ist ein relativ geringer Betrag in Höhe von 75.000 Euro für die Stiftung Hambacher Schloss, falls der Bund nicht in die Projektförderung, die er eigentlich zugesagt hat, eintritt. Das wissen wir noch nicht. Ein nächster Punkt betrifft die eventuelle Beteiligung an einer Bundeskulturstiftung. Das hängt von einer möglichen Einigung der Ministerpräsidenten ab. Darüber wird im Mai noch einmal gesprochen. Man muss abwarten, welches Ergebnis dann zutage tritt.
Das Risiko betrifft weiterhin die hälftige Beteiligung des Landes an der Überschreitung der Baukosten des Großen Hauses in Mainz. Hier liegen wir bereits 10 Millionen Euro über den ursprünglich genannten Beträgen. Allerdings gibt es für die Landesregierung – das war in der letzten Zeit festzustellen – überhaupt keinen Grund, mit dem Finger auf die Stadt zu zeigen; denn der andere Finger zeigt wieder auf das Land zurück, nämlich auf das Arp-Museum.
Was sich in diesem Bereich in den letzten Jahren abgespielt hat, spottet eigentlich jeder Beschreibung.
Am Anfang stand eine Zahl von 30 Millionen DM – wohlgemerkt nicht Euro –, inzwischen sind wir bei 55,8 Millionen DM für den Bau, also eine Steigerung von fast 100 %. Die Vorlaufkosten sind damit noch nicht einmal erfasst. Keiner weiß, wie hoch sie sind.
Alle paar Wochen gibt es neue Pläne, neue Kostenaufstellungen und neue Kostenschätzungen. Es gibt ein Wirrwarr an Zuständigkeiten. Jetzt ist noch ein neuer Verein, der Förderverein Arp-Museum, gegründet worden. Dieser Verein ist neben der Arp-Stiftung, einem weiteren Verein, neben der Kulturstiftung des Landes und neben der Stiftung Bahnhof Rolandseck tätig. Der
Kulturminister, der Finanzminister und der Ministerpräsident mischen mit. Da braucht man sich über nichts mehr zu wundern. Viele Köche verderben den Brei.
Meine Damen und Herren, es geht nicht um ein missratenes Essen, sondern es geht um ein Millionengrab, insbesondere dann, wenn man berücksichtigt, dass das Land für 20 Millionen DM Werke von Arp angekauft hat, die letztendlich in diesem Museum hätten ausgestellt werden können, weil sie schon vorher im Eigentum der Arp-Stiftung gewesen sind.
Verwirr- oder Possenspiel, Drama oder Satire. Diese Geschichte enthält Stoff für viele literarische Genres. Meine Damen und Herren, ein Ende der Fahnenstange ist nicht in Sicht.
Bei all dem geschieht noch ein Wunder. Ähnlich wie bei der Kulturstiftung wirft ein nicht vorhandenes Kapital in Höhe von 25,564 Millionen Euro einen Ertrag von 1,176 Millionen Euro ab. Meine Damen und Herren, ich rate den betroffenen Ministern und Staatssekretären, über das Land zu ziehen und den Leuten zu erklären, wie es möglich ist, von einem nicht vorhandenen Kapital Erträge zu bekommen. Ich glaube, Sie werden jeweils ein volles Haus haben und die Menschen werden Ihnen zu Füßen liegen.
Meine Damen und Herren, wenn Sie nicht begriffen haben, was dahintersteht, dann macht das nichts. Es liegt keine Begriffsstutzigkeit Ihrerseits vor, und ich hoffe, es liegt auch nicht an meinen mangelnden pädagogischen Fähigkeiten, sondern es liegt an der Komplexität dieser Vorgänge, die wir in den letzten Jahren erlebt haben.
Das tut mir aber leid. Ich wollte noch Vieles s agen.
Herr Kollege, ich habe schon viel gesagt, aber „wes das Herz voll ist, des geht der Mund über“.
Ich empfehle als Muster für die Kulturpolitik des Landes den Beitrag, den der Landesmusikrat zum dritten Multimediawettbewerb Rheinland-Pfalz 2001 vorgelegt hat. Leider ist der Preis nicht an den Landesmusikrat gefallen, weshalb die Finanzierung dieses Projekts noch nicht geklärt ist. Dieser Beitrag war tituliert: „Ideen und Koope
rationsplattform – Suche, finde, tu was“. Ich glaube, dieser Aussage ist nichts mehr hinzuzufügen.
Vielen Dank.
Herr Minister Zöllner, ich will mich mit Ihnen nicht über Zahlen streiten. Auch meine Zahlen stammen vom Statistischen Bundesamt. Wir werden bei Gelegenheit einmal sehen, wer Recht hat. Ich möchte auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit eingehen. Es macht sicher Sinn, wenn die Mottoebene des Kultursommers, wie Sie vorgeschlagen haben, wissenschaftlich begleitet wird oder wenn die Landesmuseen vielleicht stärker als bisher mit den Universitäten zusammenarbeiten. Das will ich gar nicht infrage stellen. Nur ist das zum Ersten natürlich hier relativ leicht, weil das in Ihrem eigenen Ministerium abläuft, und zum Zweiten berührt es die Menschen im Land relativ wenig. Ich sehe eigentlich einen größeren Zwang der Zusammenarbeit in zwei anderen Bereichen, die allerdings jeweils verschiedene Ministerien betreffen,
nämlich zwischen der Kultur und der Bildung auf der einen und der Kultur und der Wirtschaft auf der anderen Seite.
Herr Kollege, das muss aber auch praktiziert werden. Kultur und Bildung: Ich denke, wir haben nicht PISA gebraucht, um festzustellen, dass viele Bereiche der Bildung – angefangen von der Sprache, Sprachkompetenz, Lesekompetenz, Literatur, Kunst, Musik, darstellendes Spiel – natürlich auch Bestandteil von Kultur sind. Insofern ist dieser Bezug da. Ich denke, es gibt jedoch noch Chancen, im Bildungsbereich diesen Schwerpunkt „Kultur“ stärker als bisher herauszuarbeiten. Dafür müssen bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden, die zwischen Ihrem Ministerium und dem Ministerium von Frau Ahnen ausgehandelt oder gestaltet werden müssen. Da ist noch ein Spielraum. Da ist eine Verbesserung möglich.
Das ist insofern auch noch relativ leicht, als wir uns parteipolitisch auf der gleichen Ebene bewegen. Im anderen Fall gibt es noch eine unterschiedlich gefärbte Wolle, aber trotzdem denke ich, ist die Zielsetzung mindestens genauso wichtig, nämlich die Verbindung von Wirtschaft und Kultur. Wir haben hier einige wenige Ansätze, zum Beispiel den Landesfamilienpass für Kultur, übrigens eine Anregung der CDU-Fraktion.
Darüber hinaus hat es im Jahr 1999 einmal eine Untersuchung über die „Vernetzung von Tourismus und Kultur in vermarktbaren Paketen“ – oder so ähnlich hieß das damals – gegeben. Kein Mensch weiß, was dabei herausgekommen ist. Das würde mich einmal interessieren. Vor allem würde mich da interessieren, was davon in die Praxis hinübergebracht worden ist. Hier ist ein weißes Feld. Es besteht überhaupt kein Zweifel, Kultur schafft Arbeitsplätze, Kultur schafft Einkommen, Kultur schafft Bruttoinlandsprodukt. Insofern wäre es eigentlich ein natürliches Ziel auch des Wirtschaftsministeriums, mit der Kultur zusammen diese Bereiche noch weiter zu entwickeln. Dazu brauchen wir nicht mehr Geld, denn zumindest im Wirtschaftsbereich ist genug Geld für diesen Zweck vorhanden; aber wir brauchen den Willen zur Zusammenarbeit. Den wünsche ich den Ministerien; denn dann kann daraus ein Schuh werden.
Herr Minister, wenn das Ziel des Fördervereins nicht mehr ist, Sponsorengelder von außerhalb einzutreiben, welchen Sinn macht es dann überhaupt, einen Förderverein zu gründen, der praktisch voll von Mitteln des Landes gespeist wird?
Wenn ich Ihre Ausführungen richtig verstanden habe, ist doch die Gesamtmaßnahme total finanziert. Das heißt:
Mit diesen 2,3 Millionen DM, die vom Land in den Förderverein gegeben werden sollen, kann doch die Gesamtmaßnahme wirklich finanziert werden. – Wozu brauchen Sie noch zusätzliche Sponsorengelder?
Herr Minister, ich möchte noch einmal auf Ihren Begriff von der Zeitachse zurückkommen. Ich habe in etwa die Einschätzung, dass es sich beim Arp-Museum um eine unendliche Geschichte handelt. Wir haben in der Rahmenvereinbarung von 1995 ein Datum für die Fertigstellung gehabt, das bei 1998 gelegen hat. Wie realistisch sehen Sie die neue Zeitachse bis zum Jahr 2006?