Hannelore Klamm
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Wir fragen die Landesregierung:
1. Wie beurteilt die Landesregierung die geplanten Einschränkungen bei der Briefzustellung durch die
Deutsche Post AG im Hinblick auf deren Auswirkungen in Rheinland-Pfalz (z. B. auf die Bürgerinnen und Bürger, auf die Postversorgung besonders des ländlichen Raums, die Beschäftigten und auf die Wirtschaft bzw. die kleinen und mittleren Unterneh- men im Land)?
2. Wie beurteilt die Landesregierung die Absicht der Deutschen Post AG, montags mit weniger Beschäftigten Briefe, Zeitungen und Zeitschriften zuzustellen, im Hinblick auf deren Auswirkungen in RheinlandPfalz (z. B. auf die Beschäftigten, die Bürgerinnen und Bürger bzw. auf die Verlage)?
3. Wie bewertet die Landesregierung die zu späte Zustellung von Wahlbriefen durch die Deutsche Post AG bei der Europa- und Kommunalwahl 2009 in Landau auch vor dem Hintergrund des weiteren angestrebten Personalabbaus im Bereich der Postzustellung?
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, ob und wie weit die Gewerkschaften – zum Beispiel ver.di – bereits in die
Planungen eingebunden sind, die Tarifverträge dahin gehend zu ändern, dass längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich geplant sind?
Welche Auswirkungen haben jetzt die Verlagerungen des Transports der Briefsendungen auf die Straße? Die Deutsche Post AG stellt den Inlandstransport per Flugzeug ab 1. Juli ein und will alles auf die Straße verlagern.
Herr Minister, haben Sie Erkenntnisse darüber, dass die sogenannten Hausbesetzer erst in das Abgeordnetenhaus eindringen konnten, als Abgeordnete und Mitarbeiter das Haus zum Essen verlassen wollten?
Lieber Herr Präsident Bauckhage, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erinnern wir uns zurück: Vor 30 Jahren war die postalische Welt noch in Ordnung. Die flächendeckende Postversorgung war durch die Bundespost gesichert. Die Bürgerinnen und Bürger hatten ihren Briefträ
ger, der gerade für viele ältere Bürgerinnen und Bürger Ansprechpartner war.
Der Briefkasten war in der Nähe. In jeder Poststelle und in jedem Postamt konnte man von seinem Postsparbuch oder Postscheckkonto Geld abheben. Und überhaupt, es gab in jedem Ort eine Post und mehrere Zehntausend Briefkästen mehr.
Nun, in diesem Bereich hat sich inzwischen vieles verändert. Die ehemalige Bundespost wurde privatisiert und ist eine Aktiengesellschaft geworden, die sich an der Börse behaupten muss. Private Anbieter kamen auf den Markt und wollten natürlich auch ein Stück des postalischen Kuchens. Dies war und ist so gewollt.
Für die Post AG galt zuletzt wie für alle EU-Mitgliedstaaten die Exklusivlizenz für Briefsendungen unter 50 Gramm, das sogenannte Briefmonopol. Mit der PostUniversaldienstleistungsverordung (PUDLV) wurden die inhaltlichen Parameter der Postversorgung, die die Post AG zu erbringen hatte, beschrieben und festgesetzt.
Durch die Umsetzung der EU-Richtlinie über die Vollendung des Binnenmarktes für Postdienste wurde die Exklusivlizenz für Briefsendungen unter 50 Gramm in der Bundesrepublik Deutschland zum 31. Dezember 2007 aufgehoben. Leider wurde kein zeitlich harmonisierter Liberalisierungspfad für Postdienstleistungen auf europäischer Ebene erreicht. So lief z. B. in Frankreich im Gegensatz zu Deutschland das Briefmonopol nicht Ende 2007 aus, sondern es wurde die vom Rat beschlossene Änderung in Anspruch genommen und die Marktöffnung weiter hinausgeschoben.
Auch die SPD wollte aus Gründen der Chancengleichheit in der EU für Deutschland eine Verlängerung des Briefmonopols um zwei Jahre. Die CDU wollte dies auch in ihrem ersten Antrag. Aber leider hatte diese Forderung keine Aussicht auf Erfolg in Berlin. Somit lief das Briefmonopol aus und damit auch die Selbstverpflichtung der Post AG zur flächendeckenden Postversorgung.
Auch sind zum 31. Dezember 2007 zwei wichtige Merkmale der PUDLV ausgelaufen, nämlich die Überprüfung der Einhaltung der Mindestzahl von 12.000 stationären Einrichtungen, also die Überprüfung – die Mindestzahl gilt allerdings dessen ungeachtet zurzeit unbeschadet fort –, und die Verpflichtung zum Betrieb von 5.000 stationären Einrichtungen mit unternehmenseigenem Personal. Diese Verpflichtung war ohnehin aber bereits durch eine rechtliche Spitzfindigkeit des Unternehmens, also sprich der Post AG, faktisch unterlaufen worden; denn es wurden z. B. Beschäftigte durch Abschluss von Werkverträgen mit Quelle-Shop-Betreibern zu Beschäftigten des Unternehmens gemacht.
Für uns stellt sich nun die Frage: Wie geht es mit der Postversorgung in Deutschland und in Rheinland-Pfalz weiter? – Das Postgesetz regelt die Rahmenbedingungen für die Postmärkte in Deutschland. Unter anderem soll durch das Gesetz die sogenannte „Rosinenpickerei“
von Postdienstleistern unterbunden werden. Das heißt, der vom Europäischen Parlament geforderte sogenannte Ausgleichsfonds steht in Deutschland bereits vergleichbar im Postgesetz. In Deutschland wird dies Gewährleistung des Universaldienstes genannt mit der Möglichkeit einer Ausgleichsabgabe.
Da die Post zurzeit ca. einen Marktanteil von 90 % hat, ist sie daher auch am stärksten gefordert. Die Deutsche Post AG ist im Prinzip weiterhin faktisch verpflichtet, den Postuniversaldienst bundesweit und damit auch für Rheinland-Pfalz zu erbringen.
Es ist aber durch das Auslaufen des sogenannten Briefmonopols dringend erforderlich, dass die PUDLV und das Postgesetz überarbeitet und den neuen Gegebenheiten angepasst werden.
Da auch die Zusagen der Post AG aus ihrer Selbstverpflichtungserklärung vom April 2004 außer Kraft getreten sind, ist zu befürchten und stellenweise auch schon festzustellen, dass die Qualität im Bereich der Briefdienstleistungen nicht mehr in dem Maße gewährleistet ist, wie dies bis Ende 2007 der Fall war. Dies ist gerade im Hinblick auf die Interessen der älteren Menschen und für den ländlichen Raum inakzeptabel. Hier hätte das Bundeswirtschaftsministerium schon längst tätig werden müssen und können. Die Wirtschaftsministerkonferenz hat bereits im Juni 2007 vor dem Auslaufen der Exklusivlizenz einen neuen Entwurf gefordert, und der Bundesrat hat sich der Aufforderung im März 2008 mit den Stimmen von Rheinland-Pfalz angeschlossen. Leider gab es bisher kein Tätigwerden des Bundeswirtschaftsministers.
Doch wie auch immer die neue PUDLV aussehen wird, eines steht fest, die Postversorgung in Rheinland-Pfalz muss flächendeckend und für die Bürgerinnen und Bürger bezahlbar sein; denn durch die demografische Entwicklung in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz mit einer immer älter werdenden Gesellschaft ist daher insbesondere den Interessen der älteren Menschen bei der Versorgung mit Postdienstleistungen Rechnung zu tragen. Dazu gehören die Briefzustellung, die Paketzustellung, die Möglichkeit, Briefmarken zu kaufen usw. Es darf nicht sein, dass Bürgerinnen und Bürger nur noch dann, wenn sie bereit sind, kilometerweit zu fahren, Postdienstleistungen in Anspruch nehmen können.
In diesem Zusammenhang muss es gewährleistet sein, dass der mobile Postservice überall dort zur postalischen Grundversorgung beiträgt, wo sich keine Postfiliale vor Ort befindet. Dies gilt auch für die Versorgung mit Briefkästen, die momentan noch nach den Mindestvorgaben der PUDLV vorgehalten werden. Dieser Standard, nämlich 108.000 Briefkästen bundesweit, muss erhalten bleiben. Eine weitere Reduzierung wie in der Vergangenheit darf nicht mehr erfolgen.
Dies gilt ebenso für die tägliche Leerung der Briefkästen und die Briefzustellung an den sechs Werktagen in der Woche.
Ebenso muss in einer neu gefassten PUDLV festgeschrieben werden, dass nicht nur in Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern mindestens eine stationäre Einrichtung vorhanden sein muss, sondern dies innerhalb zusammenhängend bebauter Wohngebiete künftig gelten muss. Hier liegen wir mit der Gewerkschaft ver.di auf einer Linie, mit der wir in dieser Woche erneut ein Gespräch zu diesem Thema führten.
Wir brauchen stationäre Einrichtungen in der Fläche, die kundenfreundliche Öffnungszeiten haben, fußläufig zu erreichen sind und nicht im vierteljährlichen Wechsel eröffnet und wieder geschlossen werden, weil die Agenturnehmer nicht mehr bereit sind, für die schlechte Bezahlung durch die Post AG die erforderlichen Postdienste anzubieten. Wir haben inzwischen Gemeinden, in denen alle vorhandenen Geschäfte schon einmal Agenturnehmer waren und über kurz oder lang ihre Verträge wieder gekündigt haben, auch weil die Geschäftsinhaber den in den Agenturen beschäftigten Arbeitnehmern nicht genug Gehalt bezahlen konnten, weil sie von der Post zu wenig Geld bekamen. Ich sage, das sind unhaltbare Zustände.
In Gesprächen mit Agenturnehmern wurde auf die Mentalität der Post „Vogel friss oder stirb“ hingewiesen.
Wir fordern daher, dass die Post endlich für eine angemessene Bezahlung der Agenturen sorgt, damit eine flächendeckende Versorgung erhalten bleiben kann.
Unsere Ziele sind in dem Antrag erneut genannt. Ich darf mich bei der Landesregierung und bei Herrn Wirtschaftsminister Hering bedanken, dass er diese Ziele auch in unserem Namen bisher konsequent verfolgt hat und weiterhin verfolgt.
Vielen Dank.
Ja, ich bin bereit.