Heinz Maurus

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ja eine späte Erkenntnis, zu der der Kollege Astrup gekommen ist.
Führe ich mir seine Ausführungen noch einmal vor Augen, stellt sich mir in der Tat die Frage, weshalb die Geschäftsordnung - mit den hier angeführten Begründungen - nicht schon früher geändert worden ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns doch einige Tage zurückblicken. Das Endergebnis der Landtagswahl vom 20. Februar macht es deutlich: CDU 40,2 %, SPD 38,7 %, FDP 6,6 %, Grüne 6,2 %, SSW 3,6 %. In Gewinnen und Verlusten heißt das: SPD - 4,4 %, FDP - 1 %, Grüne 0,0 %, SSW - 0,5 %, CDU + 5 %. An diesem Ergebnis wird deutlich: SPD und Grüne sind abgewählt.
Die Schleswig-Holsteinerinnen und SchleswigHolsteiner wollten den Wechsel, aber nicht so die Wahlverlierer und so nicht der SSW. Die von Ihnen nun angestrebte und vom SSW gestützte rot-grüne Minderheitsregierung ist ein absolutes Novum in der Bundesrepublik.
Sie ist auch keine Minderheitsregierung nach skandinavischen Vorbild. Denn dort wird nicht der Wahl
verlierer, sondern in aller Regel der Wahlgewinner toleriert.
Die von Ihnen nun angestrebte und vom SSW gestützte rot-grüne Minderheitsregierung ist ein Konstrukt, das Sie hier noch veranlasst, durch eine Änderung der Geschäftsordnung eine Mehrheit in den Ausschüssen zu konstruieren.
Wie war das denn eigentlich vor der Wahl? - Die „Welt“ vom 27. Dezember 2004: Simonis will sich nicht vom SSW tolerieren lassen. „Lübecker Nachrichten“ vom 19. Dezember 2004: Ministerpräsidentin Heide Simonis hat einer Minderheitsregierung bereits eine klare Absage erteilt. In den Augen der Menschen sei die duldende Partei das Engelchen, die geduldete Partei das Ferkelchen.
Nach der Wahl betonen in den ersten Tagen Lothar Hay und Anke Spoorendonk unisono: Wir beabsichtigen keine Änderung der Geschäftsordnung. Keine weiteren Privilegien für den SSW!
Ein Grundmandat wird abgelehnt. Keine Lex SSW!
Und jetzt? - Jetzt bemühen Sie die Juristen und bemühen das Bundesverfassungsgericht, ziehen die Verfassungsrechtler zur Rechtfertigung Ihres Tun heran, bemühen den Spiegelbildlichkeitsgrundsatz und das Transparenzgebot - wobei Sie es doch selbst in der Hand haben - und stellen die Arbeitsfähigkeit dieses Parlaments auf der Grundlage der bisherigen Geschäftsordnung infrage.
Nichts ist mehr übrig von Ihren vollmundigen Ankündigungen, dass Ihr neues Konstrukt zu mehr Demokratie hier im Haus führen werde. Nein, Sie stellen von vornherein die Arbeitsfähigkeit der Ausschüsse infrage und konstruieren sich Ihre Mehrheiten, indem Rot-Grün dem SSW ein weiteres Privileg aufdrängt und der SSW - wir werden es sehen - es sich aktiv durch sein Abstimmungsverhalten nimmt.
Ich habe das sehr bewusst so formuliert. Denn anders als bei der Änderung des Wahlrechts übernimmt der SSW bei der Entscheidung über die Geschäftsordnung eine aktive Rolle. Mit der Einführung des Grundmandats ist der SSW anders als in der Vergangenheit nicht mehr nur mit Rede- und Antragsrecht in den Ausschüssen vertreten, er soll nach lan
ger Zeit wieder Stimmrecht bekommen. Nur in der ersten und in der vierten Wahlperiode, als der SSW auch über Fraktionsstärke verfügte, war dies der Fall.
Ob nunmehr das von Ihnen beabsichtigte Konstrukt tatsächlich die Arbeitsfähigkeit des Hauses gewährleistet, bleibt dahingestellt. Denn in Zukunft müssen die Abgeordneten des SSW in besonderer Weise in den Gremien präsent sein. Zwei Abgeordnete in acht Ausschüssen, da muten Sie den Kollegen vom SSW und uns einiges zu.
Wir nehmen Sie hier in die Pflicht und erstmals auch in die Mithaftung für das Ergebnis rot-grüner Politik im Land.
Wir werden der Änderung der Geschäftsordnung und der damit verbundenen weiteren Einführung eines Privilegs für den SSW nicht zustimmen. Lassen Sie mich abschließend sagen: Juristisch mag das, was Sie von Rot-Grün sich gemeinsam mit dem SSW hingebogen haben, in Ordnung sein; moralisch ist es das nicht.