Karl Rauber

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Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich will wegen der Schwüle in diesem Raum nur ein paar kurze Bemerkungen machen. Worum geht es? Der Kollege Commerçon hat es gesagt: Das Land Rheinland-Pfalz moniert in seiner Klage, dass es beim ZDF eine zu große Staatsnähe gebe. Ich bin der Meinung, ebenso wie die für Medien zuständigen Staatskanzleien in Bayern, Hessen, Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein und im Saarland, dass die von Rheinland-Pfalz vorgetrage
nen Bedenken nicht tragen. Da die Zuständigkeit für Medienpolitik in der saarländischen Staatskanzlei liegt, war das auch kein Thema im Kabinett, da die Staatskanzlei die Stellungnahme für den früheren Ministerpräsidenten Peter Müller in seiner Funktion als ZDF-Fernsehratsmitglied und als Ministerpräsident in der Ministerpräsidentenkonferenz abgegeben hat. Aus diesem Grund haben die eben genannten Staatskanzleien in einer gemeinsamen Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht dargelegt, warum es gute sachliche Gründe gibt, die Verfassungskonformität des ZDF-Staatsvertrages weiterhin nicht infrage zu stellen.
Über diese Rechtsfrage kann man streiten, wenn man will. Rheinland-Pfalz will es. Ich war und bin jedoch der Meinung, dass die besseren Argumente für die Rechtmäßigkeit des ZDF-Staatsvertrages sprechen. Rheinland-Pfalz kritisiert bekanntermaßen, dass zu viele Vertreter des Staates in den Gremien des ZDF vertreten sind. Richtig ist, wenn man beispielsweise den ZDF-Fernsehrat mit dem SR-Rundfunkrat vergleicht, dass der Anteil an Vertretern des Staates im ZDF etwas höher ist. Aber dieser Vergleich ist schief, weil die Gremien einer Landesrundfunkanstalt eben nicht mit den Gremien einer bundesweiten Anstalt wie dem ZDF vergleichbar sind. Das ZDF ist mehr eine Länderanstalt, deswegen besteht auch der Anspruch, dass alle Länder vertreten sind.
Die von den Landesregierungen entsandten Mitglieder des Fernsehrates setzen sich aus Vertretern aller 16 vertragsschließenden Länder zusammen. Von daher bilden diese Ländervertreter auch keine in sich geschlossene homogene Gruppe, die gemeinschaftlich das ZDF beeinflusst. Richtig ist: Die Pluralität in unserer föderal geprägten Rundfunkordnung zeigt sich auch im ZDF-Fernsehrat. Vor diesem Hintergrund halte ich es für angemessen, dass vor dem Bundesverfassungsgericht auf jeweilige Urteile des bayerischen und des thüringischen Verfassungsgerichtshofes hingewiesen wurde.
Beide Gerichtshöfe haben in der Vergangenheit schon ausdrücklich festgestellt, dass der Einfluss des Staates in den ZDF-Gremien föderal gebrochen ist. Rheinland-Pfalz verkennt die föderale Brechung des staatlichen Einflusses und damit auch die machtbrechende Wirkung des Föderalismus. Schon aus diesem Grunde war es richtig, dass das Saarland diese Überlegungen in Karlsruhe vorgetragen hat. Aus eben diesen Gründen kann man sich meiner Meinung nach auch nicht, wie von der SPD gefordert, der Klage von Rheinland-Pfalz anschließen.
Es gibt weitere gute Gründe, die dagegen sprechen, sich der Klage anzuschließen.
Ich werde es gerne erlauben. Es ist zwar meine Jungfernrede,
aber bitte, stellen Sie Ihre Frage!
Abg. Huonker (DIE LINKE) mit einer Zwischenfrage: Herr Kollege Rauber, im ZDF-Fernsehrat sitzt ein Vertreter des Saarlandes, Oliver Passek, der auf Bundesebene ein Normenkontrollverfahren unterstützt. Wie bringen Sie das in Zusammenhang mit der Stellungnahme des Saarlandes? - Danke schön.
Die Mitglieder des ZDF-Fernsehrates sind unabhängig von der politischen Meinung eines Kabinetts. Sie sind nicht an Aufträge gebunden.
Das kann sein, sie sind trotzdem unabhängig. Jedes Fernseh- und Rundfunkratsmitglied ist unabhängig.
Dies hat sich gerade bei der Intendantenwahl des Saarländischen Rundfunks herausgestellt. Das ist ein Beleg für diese Unabhängigkeit.
Ich wollte noch kurz die Gründe darlegen, die dafür sprechen, sich Rheinland-Pfalz nicht anzuschließen. Erstens verkennt diese Klage die machtbegrenzende Wirkung der im ZDF-Staatsvertrag bei wichtigen Entscheidungen vorgesehene Quoren. Zweitens verkennt diese Klage die Bedeutung der im ZDFStaatsvertrag fixierten Inkompatibilitätsregelung, auch das ist keine Kleinigkeit. Drittens verschweigt diese Klage den wichtigen Umstand, Frau Kollegin Huonker, dass die Mitglieder der Rundfunkgremien weisungsunabhängig sind. Viertens leistet diese Klage nicht die notwendige Differenzierung zwischen Fernsehrat und Verwaltungsrat im ZDF. Da das Verfassungsgebot der Staatsferne jedoch gerade die Programmfreiheit und die Programmgestaltungsfreiheit schützen will, wäre dies absolut geboten gewesen. All diese Gründe machen aus meiner Sicht eine Unterstützung der Klageschrift von Rheinland-Pfalz unmöglich. All diese Gründe machen deshalb aber eine Stellungnahme vonseiten der Staatskanzlei notwendig.
Im Übrigen rate ich, liebe Kollegen der SPD-Fraktion, zur Lektüre der Stellungnahme des ZDF zu diesem Normenkontrollverfahren. Dann werden Sie feststellen, lieber Herr Kollege Commerçon, dass ei
ne Vielzahl der von mir eben vorgetragenen Punkte, gerade die machtbrechende Wirkung des Föderalismus, vom ZDF selbst genauso gesehen wird. Das sollte dann auch Ihnen zu denken geben. Auf die allzu widersprüchliche Rolle, die der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, als Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrates hier spielt, brauche ich aus diesem Grunde dann nicht näher einzugehen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, mir persönlich ist bei dieser Debatte ein Punkt noch besonders wichtig, der in der Öffentlichkeit nach meiner Meinung viel zu kurz gekommen ist. Mich wundert, welche Rolle man bei der Debatte über die Staatsferne des Rundfunks wieder den Politikern und den Mandatsträgern selbst zubilligt. Politik und Politiker werden bei dieser Debatte als störender Einfluss angesehen, den es weitgehend auszuschalten gilt.
Ich kann nur sagen, man tut uns, den Politikern, selbst keinen Gefallen mit solch einer Bewertung. Die ist nicht nur unrichtig, sondern man verkennt auch dabei die besondere Legitimation und die besondere Verpflichtung von Politikern und Vertretern des Staates. Gerade weil Politiker, Sie und ich - ich gehe davon aus, Sie bezeichnen sich auch so -, sich vor dem Wähler rechtfertigen müssen, gerade weil wir als Mandatsträger und Abgeordnete dem Gemeinwohl verpflichtet sind, halte ich es für wichtig und richtig, dass Politiker und Mandatsträger auch in den Rundfunkgremien Sitz und Stimme haben.
Die Politiker und die Abgeordneten sind eben nicht reine Lobbyisten für bestimmte gesellschaftliche Gruppen. Politiker und Abgeordnete - so sehe ich es auf jeden Fall - sind immer auch Vertreter des Gemeinwohls und des Ausgleichs. Diese Sichtweise kommt nach meiner Meinung bei der derzeitigen Debatte leider zu kurz. Wenn jemand eine Legitimation hat, sind wir es, sind es die Abgeordneten, sind es die Regierungen. Sie werden gewählt, andere werden einfach nur dafür abgeordnet. Ich bedauere es auch, weil die Politik insgesamt an dieser Stelle einmal wieder riskiert, gesellschaftliches Ansehen und Respekt zu verlieren.
Deswegen möchte ich an dieser Stelle nochmals in Erinnerung rufen, dass die deutsche Medienpolitik in der Vergangenheit durchaus einiges erreicht hat. Jeder, der die Angebote im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland nutzt, kann tagtäglich feststellen, ARD, ZDF und Deutschlandradio bieten im Hörfunk, Fernsehen und Internet ein Angebot, das Deutschland in voller Breite des politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens zeigt.
Auch diese Vielfalt des Programms zeigt, dass die verfassungsrechtliche Programmfreiheit von ARD, ZDF und Deutschlandradio gewährleistet ist, und dass dem Gebot der Staatsferne des Rundfunks in
Deutschland Rechnung getragen wird. Auf dieses Ergebnis darf die Medienpolitik auch hier im Saarland, glaube ich, stolz sein, denn trotz der derzeitigen Diskussion um den ZDF-Staatsvertrag haben wir in der Vergangenheit in diesem Hause die wichtigen medienpolitischen Weichenstellungen immer in großer Einmütigkeit treffen können.
Aber das wichtige Thema der Sicherung der Zukunftsfähigkeit von ARD und ZDF wird dieses Hohe Haus morgen beschäftigen, und zwar im Ausschuss in der morgigen Anhörung zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Sie wird belegen, wie wichtig die nun in Angriff genommenen Reformen der Rundfunkfinanzierung für unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk, insbesondere für den Saarländischen Rundfunk, sind. Wenn wir uns heute nicht in dem Punkt des ZDF-Staatsvertrags einigen können, so hoffe ich doch, dass wir bei diesem, meiner Meinung nach doch noch wichtigeren Thema wieder zusammenkommen und dann vielleicht über den 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wieder gemeinsam abstimmen können. - Vielen Dank.