Sandra Johann

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, zwingen uns alle zur Zusammenarbeit. Sie können nicht im Sinne des alten nationalstaatlichen Denkens von den einzelnen Ländern allein bewältigt werden.“ - So hat es Helmut Kohl 1996 anlässlich der Verleihung des Konrad-Adenauer-Preises formuliert. Heute, fast 25 Jahre nach dieser Aussage, hört es sich an, als wären diese Worte erst gestern gesagt worden. Das sich nun zu Ende neigende Jahr 2020 war ein Jahr mit großen Herausforderungen - Herausforderungen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, aber auch Herausforderungen für ein gemeinsames Europa und unsere Grenzregion. Noch nie zuvor ist uns allen so bewusst geworden, wie selbstverständlich es eigentlich ist, in Lothringen einkaufen oder arbeiten zu gehen, wie selbstverständlich es eigentlich ist, sich grenzüberschreitend auszutauschen und zusammenzuarbeiten. Die weitreichende Bedeutung dieser grenzüberschreitenden Zusammenarbeit werde ich in meinen Ausführungen zum Einzelplan 04 nun mit einigen exemplarischen Punkten kurz darstellen.
Fangen wir mit der schon erwähnten Frankreichstrategie an. Seit 2014 hat sich das Saarland zum Ziel gesetzt, eine mehrsprachige Region mit deutschfranzösischer Prägung und somit zum ersten mehrsprachigen Bundesland Deutschlands zu werden. Ein ambitioniertes Vorhaben, Sie haben das erwähnt, liebe Frau Spaniol, das bis 2043 erreicht sein soll. Aber bisher lassen sich auch schon einige Erfolge vorweisen. Rund 50 Prozent aller saarländischen Kitas haben Zweisprachigkeit in ihr Konzept integriert. An den saarländischen Grundschulen wird Französisch ab Klassenstufe 3 vorbildlich unterrichtet. 44 der 161 Grundschulen erteilen den Französischunterricht bereits ab der ersten Klassenstufe. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frankreichstrategie ist weit mehr als nur eine Strategie der Mehrsprachigkeit. Sie ist ein umfassendes gesellschaftliches Projekt, das es weiter zu fördern gilt.
Sie ist Brücke zwischen Deutschland und Frankreich. Sie umfasst alles, was im deutsch-französischen Bereich läuft, um ein neues Selbstverständnis für die gesamte Region zu entwickeln. Angefangen bei der Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen über den Ausbau der grenzüberschreitenden Studiengänge bis hin zu Kooperationen von Sicherheitsbehörden und vielem, vielem mehr - alle Ebenen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens gehören dazu.
Und genau deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass vor Kurzem eine Online-Mitmachplattform ins Leben gerufen wurde, auf der jeder - jeder Bürger und jede Bürgerin - sich informieren, mitdiskutieren oder Vorschläge und Ideen einbringen kann. Genau so entsteht ein aktiver Partizipationsprozess, um die Frankreichstrategie noch stärker in der Bevölkerung zu verankern. Wir sind also auf einem guten Weg.
Im Zuge dieser Ausführungen will ich einen Eckpunkt genauer betrachten, und zwar das Thema Gesundheit. Gerade im Zuge der Pandemie hat sich die Wichtigkeit der Kooperation im Gesundheitsbereich gezeigt. Zwar wurde bereits im Sommer 2019 die Kooperationsvereinbarung MOSAR unterzeichnet, mit der der Zugang zur medizinischen Versorgung beiderseits der Grenze für die Behandlung von kardiologischen und neurochirurgischen Notfällen geregelt wird, allerdings, und ich glaube, da sind wir uns alle einig, bedarf es hier noch weiterer Schritte und Kooperationen, die in den nächsten Jahren angegangen werden müssen. Nur dann kann eine durchgehende Gesundheitsversorgung garantiert werden.
Ich bin mir sicher, diese Schritte werden noch folgen, denn grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist mehr als nur eine leere Phrase. Genau das haben doch die jüngsten Entwicklungen gezeigt. Das Saarland hat für französische Intensivpatienten Krankenhauskapazitäten zur Verfügung gestellt, um eine Überlastung der französischen Intensivmedizin zu vermeiden. Hier spielen Grenzen oder Nationalitäten keine Rolle mehr. Man kann von einer Gesundheitsversorgung ohne Grenzen reden, und dafür bin ich unserer Landesregierung und unserem Ministerpräsidenten Tobias Hans sehr dankbar.
Als wichtigen Schlüssel der Frankreichstrategie ist der momentane Vorsitz der Europaministerkonferenz zu erwähnen, den wir seit Juli dieses Jahres innehaben. Es ist eine weitere Chance, die Bedeutung von Grenzregionen ganz getreu dem Aachener Vertrag zu stärken. Wir haben somit die große Chance, unsere Kompetenzen als Grenzregion einzubringen und Marker zu setzen, wie ein gemeinsames Vorgehen in der Zukunft beispielsweise in Situationen wie einer Pandemie aussehen kann. Und das gilt natür
lich auch für die Zusammenarbeit vor Ort. Damit unsere Großregion weiterhin in Pandemien, Naturkatastrophen oder ähnlichen Ereignissen noch besser zusammenarbeiten kann, entsteht gerade ein Abkommen, um den Weg für eine gemeinsame grenzüberschreitende Pandemieplanung zu ebnen. Denn wir haben aus den Erfahrungen des Frühjahrs gelernt, gerade was Kontaktnachverfolgung, Informationsaustausch oder grenzüberschreitende Polizeiarbeit angeht. Sie sehen, unsere Grenzregion arbeitet auch in Krisenzeiten zusammen.
Dass sie auch nach der Krise noch enger zusammenwachsen kann, ist seit Jahren eines der zentralen Anliegen unserer Landespolitik. Grenzüberschreitende Verkehrsverbindungen sind eine der wesentlichen Lebensadern unserer Zusammenarbeit. Schnelle Wege von Region zu Region fördern den Austausch, fördern das Miteinander. Gerade deswegen ist es ein gutes Zeichen, dass unsere langjährige Arbeit nun Früchte trägt. Denn der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat kürzlich Gelder für eine erste Machbarkeitsstudie auf diesem Gebiet bereitgestellt. Schon im kommenden Jahr können Optionen für eine Bahnverbindung zwischen Brüssel und Straßburg geprüft werden, die natürlich auch Luxemburg und Saarbrücken inmitten des Herzens Europas verbinden soll. Diese Studie ist ein wichtiges Signal für unsere Region, für unser Europa im Kleinen.
Das ist nur ein Beispiel, das zeigt, dass eine besondere Luxemburgstrategie hier nicht nötig ist, denn wir sind doch schon mitten im Prozess, das große Ziel einer noch stärker vernetzten Großregion bald Realität werden zu lassen. Dazu brauchen wir keine Papiertiger, sondern Macher! Und dass solche Macher bereits am Werk sind, zeigt sich auch an anderer Stelle. Denn dass wir schon gut vorangeschritten sind, was die deutsch-französische Zusammenarbeit angeht, zeigt die kulturelle Vielfalt, die sich etabliert hat und eine bessere Verständigung im SaarLorLuxRaum fördert. Gerade diese Branche ist schwer von der Corona-Pandemie gebeutelt worden, weshalb es selbstverständlich sein muss, dass der Kultur im vorliegenden Doppelhaushalt eine besondere Rolle zukommt. Das wurde ja heute schon mehrfach angesprochen, dafür bin ich allen Fraktionen dankbar.
Kultur, das ist der Schlüssel zur Verständigung, gerade wenn es um das deutsch-französische Verhältnis geht. Kultur kennt keine Grenzen. Das zeigt vor allem die hervorragende Arbeit der Stiftung für die deutsch-französische kulturelle Zusammenarbeit, die seit 1989 ihre Rolle als Schlüssel der Verständigung eingenommen hat. Dazu tragen Projekte wie das deutsch-französische Jugendbühnenfestival Loostik bei. Ich begrüße sehr, dass der Mittelansatz gerade dafür noch einmal durch einen Abänderungsantrag zusätzlich erhöht werden soll. Denn es
ist gerade jetzt wichtig, dass Kinder weiterhin ein kulturelles und soziales Miteinander erfahren können. An verschiedenen Orten in Deutschland und Frankreich werden im Zuge dieses Festivals für Kinder ab zwei Jahren zweisprachige oder pantomimische Theaterstücke aufgeführt. Diese wichtige Stütze für deutsch- und französischsprachige Kinder und Jugendliche ist nicht nur ein Ort der Begegnung und des Austauschs, sondern auch ein Ort der Identitätsstiftung. Dies ist nur eines der zahlreichen Projekte, um Brücken zwischen Deutschland und Frankreich zu bauen.
Diese Beziehungen müssen weiterhin gefördert werden, und das gerade angesichts der zusätzlichen Lasten durch die Pandemie. Die Erhöhung der Mittel in den Jahren 2021 in 2022 zeigt also die zentrale Bedeutung dieser Stiftung für unsere kulturelle Zukunft. An dieser Stelle möchte ich ganz herzlich Frau Dr. Doris Pack danken, die im Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien eindrucksvoll die Arbeit dieser Stiftung vorgestellt und mit Herzblut für sie geworben hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zu einem letzten Punkt meiner Rede, der aber definitiv nicht unerwähnt bleiben darf: die Idee einer Internationalen Bauausstellung, der sogenannten IBA der Großregion, die voraussichtlich 2023 starten soll und zurzeit auf Hochtouren vorbereitet wird mit der sogenannten Prä(é)-IBA-Phase. Unter dem Motto: „Il faut cultiver notre jardin“ wird in einem Werkstattlabor der htw an der Konzeption unterschiedlicher Projekte gearbeitet, die die Großregion als verbindendes Zukunftsthema sieht, als unseren Garten direkt vor der Haustür, um den es sich jetzt zu kümmern gilt. Dass es sich lohnt, sich für dieses spannende Projekt starkzumachen, haben Professor Stefan Ochs und sein Team der htw dem Europaausschuss eindrucksvoll bei einem Vor-Ort-Besuch im Werkstattlabor geschildert. Wie und wo wollen wir zusammen leben? Welche Kooperationen können sich ergeben? Wie sehen zukünftige Wohn- und Mobilitätskonzept aus? Wie ist Klimaschutz in Zukunft in unser Leben und Wohnen einzubeziehen? Das sind nur einige der Fragen, auf die die IBA eine Antwort geben will.
Zusätzliche Chancen ergeben sich zudem noch durch die Entwicklung grenzüberschreitender Netzwerke, von denen das Saarland auch in der PostIBA-Phase in Form einer sogenannten Kompetenzplattform profitieren kann. Es ist also ausdrücklich zu begrüßen, dass im vorliegenden Einzelplan Mittel eingestellt sind, um diesem zukunftsträchtigen Projekt die nötige Aufmerksamkeit zuzuschreiben und die Zukunft unserer Großregion weiterzuentwickeln.
Ich greife zum Schluss noch einmal die Aussage Helmut Kohls auf. Die Herausforderungen, vor de
nen wir stehen, zwingen uns alle zur Zusammenarbeit. Lassen Sie uns diese Zusammenarbeit über alle Grenzen hinweg angehen und gemeinsam dafür Sorge tragen, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen für ein zukunftsträchtiges Europa, für eine zukunftsträchtige Grenzregion, für ein zukunftsträchtiges Saarland!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es wurde bereits gesagt: Vor fast genau einem Jahr stand dieses Thema schon einmal zur Debatte. Es war der 30. Oktober 2019. Es handelte sich um einen Gesetzentwurf, der fordert, § 19 Schulordnungsgesetz ersatzlos zu streichen. Somit würden die Schulbezirke für unsere Grundschulen, Förderschulen und be
ruflichen Schulen wegfallen. Heute steht diese Debatte erneut an. Die Argumente, die scheinbar entkräftet wurden, lassen sich aber auch heute nicht von der Hand weisen. Wenn das vor einem Jahr so war, dann ist es heute nicht anders, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Es geht um ein im Bundesgebiet immer wieder diskutiertes Thema, welches Unruhe und Chaos - auch wenn dem widersprochen wurde - in unsere Bildungslandschaft bringen würde. Aber ist dies nicht genau das, was wir zurzeit absolut nicht gebrauchen können? Brauchen wir nicht gerade jetzt in dieser Zeit, in der Lehrerinnen und Lehrer am absoluten Limit arbeiten, höchste Planungssicherheit, um unseren Kindern den bestmöglichen Unterricht zu bieten? Brauchen wir in diesen unsicheren Zeiten nicht Strukturen und Planungssicherheit, um die bevorstehende Herausforderung zu meistern? Ich werde gleich zum Punkt Planungssicherheit noch ein paar Worte sagen, warum dies definitiv kein Argument ist, das von der Hand zu weisen ist.
Nehmen wir in diesen unsicheren Zeiten einmal das Beispiel der Hygienepläne an den Schulen. Hier wird keine Schule alleingelassen. Es erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen Gesundheitsämtern und Kommunen, mit denen die Umsetzung des Infektionsschutzes eng abgestimmt wird. Ministerium, Gesundheitsämter, Kommunen, Schulen - alle arbeiten Hand in Hand. Wäre jede Schule auf sich alleine gestellt, würde das absolute Chaos herrschen. So tragen auch die Schulbezirke zu einer klaren Struktur im Bildungswesen bei. An dieser Stelle möchte ich ein herzliches Dankeschön allen Beteiligten, allen voran unseren Lehrerinnen und Lehrern, aussprechen, die täglich ihr Bestes geben, um den Schulbetrieb am Laufen zu halten.
Konzentrieren wir uns also auf das Wesentliche und nutzen wir hier und heute erneut die Chance, uns mit diesem Thema fachkundig auseinanderzusetzen. Dazu ein erster Punkt: Nehmen wir einmal an, die Schulbezirke unserer 155 Grundschulen, 32 Förderschulen und 20 öffentlichen Berufsschulen würden durch die Streichung des § 19 verschwinden. Die freie Schulwahl wäre somit möglich, aber die Folgen einer solchen Forderung sind dabei nicht mitgedacht, gerade was die Planung von Schülerzahlen angeht. Gymnasien und Gemeinschaftsschulen mit einer besonderen Profilierung stehen regelmäßig vor Auswahlverfahren zur Bildung von Eingangsklassen, sofern die Anmeldezahlen die Kapazitäten der Schule übersteigen. Ich spreche aus eigener Erfahrung, denn ich war bis vor Kurzem selbst noch Lehrerin. Es ist ein Verfahren, das alles andere als einfach ist und das eine hohe Belastung für alle Beteiligten darstellt. Der verwaltungstechnische Aufwand ist immens und unverhältnismäßig. Lehrerinnen und Lehrer sind doch die Fachleute des Lernens. Sie
sollen und wollen sich auf das Wesentliche konzentrieren - und das ist das Unterrichten. Dabei wollen und werden wir sie unterstützen. Eine Auflösung der Schulbezirke trägt dazu sicherlich nicht bei.
Die Schülerinnen und Schüler beziehungsweise deren Eltern wären die Gelackmeierten. Wenn es zu einem Losverfahren käme, würden die Betroffenen erst spät erfahren, welche Schulen zukünftig besucht werden können. Es muss eventuell eine andere Schule gefunden werden, an der genügend Platz ist und die gut zu erreichen ist. Es ist also alles andere als sinnvoll, ein solches Auswahlverfahren auf unsere Grund-, Förder- und Berufsschulen auszudehnen.
Ein weiterer Punkt: Der Gesetzentwurf schafft eine künstliche Konkurrenzsituation. Diese Situation belastet nicht nur Schulpersonal und Lehrkräfte, sondern setzt auch unsere sich ohnehin in einer prekären Haushaltslage befindlichen Kommunen unter enormen Druck. Es wurde schon angesprochen, wie die Situation dann aussehen würde. Die Schulträger wären dazu gezwungen, auf der einen Seite weniger beliebte Schulen zu schließen, da sie finanziell nicht mehr tragbar wären, auf der anderen Seite stärker frequentierte Schulen immer weiter auszubauen. Dies würde eine zusätzliche Belastung im Haushalt darstellen. Unsere Kommunen könnten diesem Druck nicht standhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir wollen unsere Städte und Gemeinden aber unterstützen und ihnen nicht zusätzliche Lasten aufbürden.
Ein weiterer interessanter Punkt, der im Schulordnungsgesetz ersichtlich ist, ist die Möglichkeit eines Antrags auf Besuch einer anderen als der örtlich zuständigen Schule. Liegt ein wichtiger und gut begründeter Anlass vor, ist ein Schulbezirkswechsel auch jetzt schon möglich, aber nicht ausnahmslos und auch nur nach sorgfältiger Prüfung. Nehmen wir einmal das Beispiel, dass eine alleinerziehende Mutter voll berufstätig und bei der Betreuung ihres Kindes am Nachmittag auf die Hilfe der Großeltern angewiesen ist. Diese leben allerdings in der Nachbargemeinde und nicht im Schulbezirk des Kindes. Organisatorisch gäbe es für die Mutter keine andere Lösung. Durch einen Antrag besteht nun die Möglichkeit, das Kind an der Grundschule anzumelden, die vielleicht nur 2 km von den Großeltern entfernt ist, die allerdings in der Nachbargemeinde liegt. Der Schulweg wäre sicherlich zu meistern. Müsste das Kind am eigentlichen Wohnort zur Schule gehen, wäre der Weg zu den Großeltern immens schwer. Ein Antrag auf Besuch einer anderen als der zuständigen Schule würde das Problem lösen. Bei einer solchen Entscheidung schauen allerdings alle genau hin, betroffener Schulträger, Schulleitung und Ministerium. Es werden Gespräche geführt, eine mögliche Klassenmehrbildung wird geprüft, Regelungen wer
den getroffen. Hier arbeiten alle Hand in Hand, um entsprechende Lösungen zu finden.
Nun zur Begründung des Gesetzentwurfs, der sich mit dem Thema „Mehr Freiheit und Wettbewerb im Schulwesen“ beschäftigt. Die Zukunftsfähigkeit unserer Schule ist bereits jetzt gegeben. Dazu brauchen wir keinen Wettbewerb, der künstlich hervorgerufen wird. Tag für Tag sorgen unsere Lehrerinnen und Lehrer dafür, dass das Qualitätsmanagement sich verbessert, dass Schule sich weiterentwickelt, dass sich die Unterrichtsgestaltung und die Methodenvielfalt verbessern. Lehrerinnen und Lehrer bilden sich ständig fort. Sie erziehen und bereiten unsere Kinder bestmöglich auf ihr Leben und den Beruf vor - und das mit vollem Herzen! Da ich bis vor wenigen Monaten selbst an einer Schule tätig gewesen bin, kann ich das nur bestätigen.
Mit der Forderung nach mehr Wettbewerb sprechen Sie unseren Pädagogen die Fähigkeit ab, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben, und bauen einen enormen Druck auf. Die Qualität der Schule darf doch nicht vom jeweiligen Standort abhängen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ist es nicht auch so, dass ein solcher geforderter Wettbewerb eher Selektion und Ungleichheit schafft als Freiheit? Schaffen Sie durch die Aufhebung der Schulbezirke Probleme, wo keine sind? Ein solches neues System würde möglicherweise die Bildung von „Problemschulen“, wie Sie sie genannt haben, auf der einen Seite, eine Elitebildung auf der anderen Seite bedeuten, weil Eltern sich nicht für die nächstgelegene Schule entscheiden, sondern für die Schule, deren soziale Rahmenbedingungen besser scheinen. Dabei leisten die Schulen gute Arbeit, egal, ob in einem sogenannten sozialen Brennpunkt gelegen oder eben nicht.
Kommen wir zu einem weiteren Punkt. § 19 des Schulordnungsgesetzes stellt sicher, dass ein wohnortnahes Schulangebot für unsere Kinder zur Verfügung steht. Dies schafft verhältnismäßig kurze Schulwege, die von den Schulanfängern problemlos gemeistert werden können. Beträgt der Weg zur Schule mehr als 4 km, wäre es schwierig und gefährlich für das Kind, zu Fuß nach Hause zu kommen. In einem solchen Fall aber ist der Schulträger dazu verpflichtet, eine Beförderung zur Schule anzubieten beziehungsweise die anfallenden Beförderungskosten zu tragen. Dies würde durch die Streichung der Schulbezirke wegfallen.
Ich kann mich noch daran erinnern, als ich als Kind zum ersten Mal alleine von der Schule nach Hause gelaufen bin. Man war doch voller Stolz und hatte das Gefühl von Eigenständigkeit, weil man diesen Weg ohne fremde Hilfe bewältigt hat, auch wenn es nur zwei Straßen waren. Durch die Auflösung der Schulbezirke nimmt man den Kindern die Möglichkeit, ein Stück Selbstständigkeit zu erhalten. Dazu
kommt, dass durch die geforderte Abschaffung der Schulbezirke gar keine echte Wahlfreiheit zustande käme. Der Weg zur Wahlschule brächte möglicherweise hohe Fahrtkosten und einen hohen organisatorischen Aufwand mit sich. Diese Probleme müssten von den Familien selbst gelöst werden. Die Wahlfreiheit bestünde also nur für diejenigen Eltern, die es sich tatsächlich leisten können, ihr Kind an eine weiter entfernte Schule zu schicken.
Ich komme nun zum Thema Planungssicherheit zurück. Ich erkläre Ihnen nochmals gerne, warum das ein Argument ist, das definitiv nicht von der Hand zu weisen ist. Schulbezirke sind doch schulplanerische Instrumente. Sie sind Steuerungs- und Ordnungssysteme kommunaler Schulträger. Durch ihr Fehlen ergäben sich erhebliche finanzielle und organisatorische Folgen. Bisher haben die Schulträger durch die Schulbezirke einen Überblick über die zu erwartenden Schülerzahlen. Sie können dementsprechend beispielsweise die räumlichen Bedingungen, das benötigte Personal, die Betreuungssituation und verwaltungstechnische Maßnahmen planen. Um kapazitative Engpässe an einzelnen Schulen zu vermeiden, gleichzeitig aber auch eine möglichst gleichmäßige Aus- und Belastung zu gewährleisten, brauchen wir diese Sicherheiten in der Planung.
Ich stelle mir gerade das Szenario in meiner Heimatgemeinde Spiesen-Elversberg vor. In beiden Ortsteilen haben wir eine Schule, in beiden Schulen ist die Auslastung etwa gleich - auch und gerade wegen dieser Schulbezirke. Die finanziellen Mittel sind effektiv und bedarfsgerecht eingesetzt. Käme es zu einer Verschiebung der Schülerzahlen zugunsten einer Schule, da bin ich mir sicher, könnte die Gemeinde nicht mehr beide Schulen tragen. Sie sehen also, wie wichtig diese Planungssicherheit ist.
Abschließend stelle ich Folgendes fest: Die Streichung von § 19 Schulordnungsgesetz und die damit einhergehende Abschaffung der Schulbezirke schafft weder Gerechtigkeit noch Wahlfreiheit und auch keinen Wettbewerb; und wenn, wäre dies wohl eher ein negativer Wettbewerb, der zu einer Qualitätsminderung und zum Verlust eines flächendeckenden Angebotes an Schulen im Saarland führen würde.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang gerne noch erwähnen, dass vorgestern, am 05. Oktober, Weltlehrertag war, ein Tag, an dem jährlich unseren Lehrerinnen und Lehrern für ihr großartiges Engagement gedankt und ihr Einsatz gewürdigt wird, den sie Tag für Tag leisten, um unseren Kindern den bestmöglichen Unterricht zu bieten. Deshalb noch einmal: Danke für euren Einsatz, liebe Lehrerinnen und Lehrer, egal, ob vor einer Klasse oder vor den Bildschirmen im Homeschooling. Ihr haltet den Betrieb am Laufen!
Konzentrieren wir uns lieber auf die wesentlichen Herausforderungen, die vor uns liegen. Störungen wie die Abschaffung der Schulbezirke können wir momentan nicht gebrauchen. Auch deshalb lehnen wir - wie vor einem Jahr - diesen Gesetzentwurf ab.