Katja Kipping
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion begrüßt generell, dass das mitteldeutsche Luftverkehrskonzept bearbeitet wird. Wir begrüßen auch, dass es zu einer Verständigung zwischen den Ländern im mitteldeutschen Raum gekommen ist. Schließlich ist es dringend erforderlich, dass sich weitere Planungen und Ausbaumaßnahmen zukünftig stärker am tatsächlichen Bedarf orientieren.
Mit diesem Anspruch, dass sich die weiteren Kapazitätserweiterungen am tatsächlichen Bedarf orientieren, stehen wir als Linksfraktion nicht allein. So hat unter dem Vorsitz von Bundesminister Stolpe ein Initiativkreis „Luftverkehr für Deutschland“ einen so genannten Masterplan erarbeitet. Darin heißt es unter dem ersten Kernpunkt „Bedarfsgerechte Infrastrukturentwicklung“: „Neue Kapazitäten sind nur dort zu schaffen, wo entsprechende Nachfrage- und Rentabilitätsaussichten bestehen.“ Ich finde, diesen Anspruch sollten wir auch hier in Sachsen ernst nehmen.
Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir nicht überplanmäßig erweitern, sind ordentliche, solide Prognosen. Da muss man einsehen, dass die bisherigen Prognosen nicht sehr realistisch waren.
Da brauchen Sie gar nicht in Richtung Linkspartei zu schimpfen.
Ich kann Ihnen aus einer Studie zitieren, die das Regierungspräsidium Leipzig in Auftrag gegeben hat und die von dem Institut ProgTrans erarbeitet wurde. Hier wurden die bisherigen Prognosen für den Flughafen Leipzig unter die Lupe genommen und dabei ist man zu einer interessanten Erkenntnis gekommen. Für die Zukunft wurden bisher immer Wachstumsraten bei den Flugbewegungen von mindestens, also im schlechtesten Fall, 3,3 % im Jahr angenommen. Aber diese Prognosen stehen im eklatanten Widerspruch zu den ganz konkreten, praktischen Erfahrungen in den letzten Jahren. Da hat es nämlich 1996 bis 2000 einen negativen Entwicklungstrend gegeben, den man völlig außen vor gelassen hat.
Ich finde, dass wir hier mehr Realismus wagen sollten. Es ist niemandem geholfen, wenn wir uns die Welt schönprognostizieren und am Ende immer wieder das böse Erwachen wartet.
Fliegen an sich ist aus individueller Sicht eine schöne Sache, aber der Preis dafür ist hoch. Damit meine ich weniger den individuell zu zahlenden Preis, sondern da ist zum Beispiel der ökologische Preis zu nennen. Es ist bekannt, dass mit dem Luftverkehr einhergehende Schadstoffemissionen besonders schädlich sind, da sie in entsprechender Höhe stattfinden. Es ist auch bekannt, dass sich die Zahl der Menschen, die sich vom Fluglärm belästigt fühlt, in den letzten 25 Jahren mehr als verdoppelt hat. Sosehr die positiven Arbeitsmarkteffekte der voraussichtlichen DHL-Ansiedlung bejubelt worden sind,
so sehr gehört schon zum gesamten Bild, zur gesamten Wahrheit, dass so mancher der Anwohnerinnen und Anwohner dafür mit seiner eigenen Nachtruhe bezahlen muss; das ist auch ein Preis.
Es bleibt schon ein schaler Beigeschmack, wenn die Nachtruhe und die Gesundheit der Menschen in und um Leipzig weniger wert sein sollen als die Nachtruhe der Anwohnerinnen und Anwohner an anderen Standorten, beispielsweise in Brüssel, wo eben ein Nachtflugverbot herrscht. Insofern wären alle Standorte gut beraten, wenn man sich europaweit zu einer einheitlichen Regelung verständigen würde. Dass man da nicht als Einzelner vorgehen kann, ist auch klar, aber ich finde, ein einheitliches europaweites Nachtflugverbot ist eine wichtige Sache.
Wenn ich vom Preis des Fliegens spreche, so meine ich auch die Kosten, die für die Gesellschaft anfallen. Wir haben hier schon über die Regionalflughäfen gesprochen. Es ist bekannt – die Zahlen liegen dem Staatsministerium vor –: Ein Großteil der Flugverkehre auf den Regionalflughäfen ist eben mitnichten dem Geschäftsverkehr zuzuordnen, sondern es sind reine Privatflüge. Nun gönne ich jedem sein Segelflugzeug – wir haben ja auch in meiner Partei sehr engagierte Sportflieger –, aber man muss schon ein Fragezeichen dahintersetzen, ob man es sich in Zeiten leerer Kassen leisten kann, so einen Sport zu finanzieren, wenn im selben Atemzug an Schulbussen und anderswo gekürzt werden muss.
Wenn wir über den Preis des Flughafens sprechen, so ist es ja bekannt: Es sind nach Angaben der Staatsregierung bisher 256 Millionen Euro in den Flughafen in Leipzig geflossen. Die neue Start- und Landebahn wird es auch nicht zum Nulltarif geben; es wird alles in allem 380 Millionen Euro kosten. Die Linienverbindungen von und nach Leipzig sind so schwach ausgelastet, dass sie der Flughafen natürlich subventionieren muss.
Eine Anfrage meines Kollegen Heiko Hilker hat es ans Licht gebracht: Die durchschnittliche Streckenförderung je Flugzeug betrug im letzten Jahr rund 600 Euro. Jedes Flugzeug im Linienflug, das dort abfliegt, wird also noch einmal mit 600 Euro bezuschusst. Wenn man das auf den Sitzplatz herunterrechnet, so beträgt die durchschnittliche Förderung bei den Linienflügen je Sitzplatz mehr als 15 Euro. Diese Zahlen muss man schon zur Kenntnis nehmen, wenn man über den Preis des Fliegens spricht.
Wenn man nun – so wie ich gerade – die problematischen Seiten des Luftverkehrs anspricht, dann wird ja sehr gern und sehr schnell auf die arbeitsplatzschaffende Wirkung von Flughäfen verwiesen, und in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit ist das ein schweres Argument; das ist klar, das nehmen auch wir ernst. Trotzdem müssen wir bei der Bilanz redlich vorgehen. Die arbeitsplatzschaffende Wirkung – auch von Ausbaumaßnahmen – fällt eben mitnichten immer so groß aus, wie es in den ersten euphorischen Verkündungen kundgetan wird.
Wir haben deshalb, weil wir eine redliche Bilanz wollen, eine Große Anfrage gestellt und immer mal wieder nachgefragt, wie man das denn berechnen kann – auch die Zahl, die Sie, Herr Bolick, vorhin genannt haben –, dass auf jedem Arbeitsplatz auf dem Flughafen noch einmal indirekt 3,3 Arbeitsplätze entstehen. Wir haben bei der Staatsregierung nachgefragt, wie denn die Berechnungsgrundlagen dafür aussehen, und immer, wenn wir konkret nachgefragt haben, wurden die Antworten ziemlich unkonkret. Da heißt es nämlich: „Nach Angaben der Regionaldirektion in der Bundesagentur für Arbeit werden keine statistischen Daten zum Flughafen erfasst, mit denen der direkte Einfluss auf den Arbeitsmarkt in der Region nachweisbar ist.“
Damit kein Missverständnis entsteht: Ich habe das nicht zitiert, um die Antworten der Staatsregierung in diesem Fall zu kritisieren, denn eines muss man doch auch mal anerkennend sagen: dass unter Staatsminister Jurk schon ein anderer Stil, eine andere Qualität der Antworten eingezogen ist – ebenso wie sich die Zusammenarbeit zwischen Ausschuss und Ministerium deutlich verbessert hat.
Aber ich finde es schon verwunderlich: Überall kommen Subventionen auf den Prüfstand. Alle möglichen Lebensbereiche werden einem Ranking unterzogen, überall herrscht Erfolgscontrolling, und ausgerechnet beim teuren Flughafenausbau setzen wir auf das Prinzip Hoffnung, setzen wir einfach auf das Prinzip Vertrauen, dass sich das Geld schon irgendwie rentiert.
Lassen Sie mich meine Skepsis an einem Beispiel verdeutlichen: Am 9. November 2004 hat Ministerpräsident Georg Milbradt in einer Pressemitteilung seine Freude darüber zum Ausdruck gebracht, dass DHL nach Leipzig kommt. Darin heißt es – ich zitiere –: „Mit der DHLAnsiedlung sollen 3 500 Arbeitsplätze direkt und weitere 7 000 indirekt neu entstehen.“ Nun haben wir nachgefragt, ob denn diese Zahlen immer noch realistisch sind – wir würden uns ja wirklich für die Leute in der Region freuen –, und die Antwort darauf fiel jetzt schon wesentlich verhaltener aus. Inzwischen geht man davon aus, dass nur noch 1 800 Arbeitsplätze plausibel sind.
Nun verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Natürlich sind 1 800 Arbeitsplätze besser als null – das ist schon klar –, nur zeigt dieses Beispiel, dass diese großartigen Verkündungen in der Realität dann doch etwas Glanz verlieren. Von 3 500 direkten Arbeitsplätzen sind inzwischen – es ist gerade mal ein Jahr her – nur noch 1 800 übrig geblieben, und wir wissen noch nicht einmal, ob es sich dabei um ordentlich bezahlte Vollzeitstellen oder um prekär beschäftigte Teilzeitstellen handelt. Wir konnten bisher noch keine Antwort im Ausschuss erfahren, wann denn nun der Vertrag mit DHL endlich abgeschlossen worden ist. – Vielleicht haben Sie ja heute eine positive Überraschung dabei, Herr Jurk.
In dem so genannten Masterplan des Bundesministeriums Stolpe ist auch die Rede davon, dass es dringend notwendig ist, Subventionen und Wettbewerbsverzerrung abzu
bauen. Das ist nun zugegebenermaßen ein Bundesthema, aber wenn wir schon beim Thema Luftverkehr sind – ich glaube, das lässt sich schon von seinem Wesen her nur bedingt im Rahmen eines Landes allein diskutieren. In Zeiten leerer Kassen heißt es nun einmal genau zu prüfen, welche Steuergeschenke wir uns noch leisten können. Die Linksfraktion ist der Meinung: In Zeiten leerer Kassen können wir uns den Verzicht auf die Kerosinsteuer einfach nicht mehr leisten.
Nun werden vielleicht die Damen und Herren von der FDP die Forderung der Einführung einer Kerosinsteuer als nationalen Alleingang kritisieren – zumindest hat das Ihre Bundestagsfraktion so getan –, aber da möchte ich Sie nur darauf hinweisen, dass es möglich ist, in einem ersten Schritt eine Kerosinsteuer für Inlandflüge einzuführen. Das beweist das Beispiel Niederlande, dort hat man es seit Beginn dieses Jahres eingeführt. In diesem Fall könnten wir dem Beispiel der Niederlande wirklich einmal folgen,
zumal der Verzicht auf die Kerosinsteuer zu einer deutlichen Bevorteilung des Verkehrsmittels Flugzeug und zu einer deutlichen Benachteiligung der anderen Verkehrsmittel wie Auto oder Eisenbahn führt, die ihre Antriebsstoffe natürlich finanzieren müssen. Solche Wettbewerbsverzerrungen dürften eigentlich nicht im Interesse der Liberalen liegen, oder?
Meine Damen und Herren! Zusammenfassend möchte ich festhalten: Bei der Debatte um ein mitteldeutsches Flugverkehrskonzept halten wir folgende drei Punkte für sehr wichtig:
1. Die Länder sollten sich auch angesichts der ökologischen Folgen des Flugverkehrs für die Einführung der Kerosinsteuer einsetzen.
Wissen Sie, Herr Bandmann, als wir uns hier darüber verständigt haben, dass wir uns eigentlich im Schülerverkehr keine Preiserhöhung mehr leisten können – wo war da Ihr Einsatz, möchte ich Sie an dieser Stelle einmal fragen?!
2. Wir sind der Meinung, man muss sich europaweit darüber verständigen, inwieweit man ein generelles Nachtflugverbot einführt.
3. Wir brauchen bei den Planungen mehr Realismus.
Daraus folgt: Neue Kapazitäten sind nur dort zu schaffen, wo entsprechende Nachfrage und entsprechende Rentabilitätsaussichten bestehen. Teure Höhenflüge, meine Damen und Herren, können wir uns einfach nicht mehr leisten.
Besten Dank.
Herr Staatsminister Jurk, Sie haben schon einmal gesagt, dass Sie denken, dass in der Endphase 3 500 Arbeitsplätze realistisch sind. In der Antwort, die Sie auf unsere Große Anfrage unterschrieben haben, klingt es so, als ob Sie sich hinter das Poptransgutachten stellen, von dem Sie sagen, die Zahl von 1 800 Arbeitsplätzen ist plausibel, und bei dem Sie die Zahl von 3 000 Arbeitsplätzen für zu hoch gegriffen einschätzen. Ist diese Einschätzung, die Sie vor wenigen Tagen in Ihrer Antwort getroffen haben, jetzt hinfällig?
Die Antwort, die Sie vor wenigen Tagen gegeben haben, können wir also zu den Akten legen, sie ist hinfällig?
Herr Prof. Bolick, ich wollte nachfragen, damit keine Missverständnisse im
Raum stehen bleiben: Haben Sie sich gerade ernsthaft positiv auf die Zeit vor 1945 bezogen?
Können Sie noch einmal den Zusammenhang darstellen, was die Flugzeugindustrie vor 1945 mit dem jetzt auf der Tagesordnung stehenden Luftverkehrskonzept zu tun hat.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Lämmel, Sie haben zweifelsohne manches Richtige gesagt, aber wenn man einmal vergleicht, was Sie heute gesagt haben und was Sie noch vor ein paar Wochen in der Aktuellen Debatte gesagt haben, so ist dieser Vergleich, würde ich sagen, doch wirklich ein Lehrstück in puncto späte Einsicht durch Wahlkampf. Aber gut!
Weil Sie, Herr Lämmel – und in diesem Punkt widerspreche ich Ihnen –, die Deregulierung und den freien Wettbewerb jetzt so sehr gepriesen haben, wollte ich Sie noch einmal auf Folgendes hinweisen: Freier, völlig unregulierter Wettbewerb führt schneller zu Monopolstrukturen, die schädlich für Verbraucher sind, als uns lieb ist. Um das zu wissen, muss man noch nicht einmal bei Marx nachlesen.
Da Sie gesagt haben, der Staat müsse sehen, wo er selber zur Energiepreissenkung beitragen könne, möchte ich Sie noch auf einen Punkt hinweisen: Auch die von Ihnen befürwortete Erhöhung der Mehrwertsteuer wird zum Anstieg der Energiepreise und vor allen Dingen zur Erhöhung der Spritpreise führen.
Deshalb kommen Sie jetzt auch nicht an dieser Frage vorbei.
Aber kommen wir zum Antrag. Es spricht für sich, dass die Vorschläge meiner Fraktion, der Linksfraktion, bereits Wirkung gezeigt haben.
Die SPD-/CDU-Koalition hat bereits in Reaktion auf unseren Antrag, den wir am 9. September eingebracht haben, drei Tage später einen etwas weicheren und zahmeren Antrag formuliert und eingebracht, und die Staatsregierung ist auch schon initiativ geworden.
Ein Punkt wird auch deutlich: Wir sind uns in einer Frage einig, nämlich wenn es um die Entkopplung des Gaspreises vom Erdölpreis geht. So weit, so gut. Aber wenn Sie, meine Damen und Herren von CDU und SPD, jetzt ernsthaft denken, es reiche aus, einfach die Staatsregierung um einen Bericht zu bitten, einfach nachzufragen, worin die Gründe für die Gaspreisexplosion liegen, dann
ist das angesichts der dramatischen Situation viel zu wenig. Die Gründe sind doch bekannt. Lassen Sie uns die Gründe einfach beim Namen nennen! Es geht hier schlicht und ergreifend um schamlose Gewinnmitnahmen – und das für die Unternehmen –,
Gewinnmitnahmen, die leider von der Bundesregierung, aber auch von der Staatsregierung in Sachsen bis heute toleriert wurden. Ich meine, ein läppischer Berichtsantrag reicht angesichts dieser Situation nicht aus; es bedarf eines klaren Handlungsauftrages. Deswegen stellen wir hier und heute unseren Antrag zur Abstimmung.
Aber lassen Sie mich noch einmal ausführen, warum wir die Situation als dramatisch bezeichnen:
Erstens. Sachsen hat bundesweit die höchsten Gaspreise. Ich möchte dazu einmal aus der Vergleichstabelle der Gaspreise in Deutschland, die von der WDR-Redaktion zusammengestellt wurde, zitieren:
„Im niedersächsischen Staate ist das Gas am preiswertesten. Dort fallen bei einer Abnahme von 20 000 kWh pro Jahr Kosten von 870 Euro an. In Leipzig und Chemnitz ist diese Gasmenge am teuersten. Da fallen Kosten von fast 1 300 Euro an.“
Also, Haushalte in Leipzig und Chemnitz müssen demnach für die gleiche Menge rund 300 Euro pro Jahr mehr verkraften. Ich finde, das ist ein Zustand, mit dem wir uns nicht einfach abfinden sollten.
Es ist schon erwähnt worden, die Gaspreise sind exorbitant gestiegen. Beispielsweise hat die Gasversorgung Sachsen Ost GmbH, die nach eigenen Angaben über 100 000 Haushalte versorgt, im Laufe nur eines Jahres den Gaspreis um ein Viertel erhöht. Ich wiederhole: um ein Viertel erhöht. Wenn man solche Gaspreiserhöhungen anbringt, muss man schon ordentliche Gründe nachweisen. Fast schon besser war es da in Chemnitz. Dort ging es gerade mal um eine Gaspreiserhöhung um 16,5 % im Laufe eines Jahres. Das Ärgerliche daran ist nur, dass Sie, Herr Staatsminister Jurk, und Sie, Herr Ministerpräsident Milbradt, dabei relativ tatenlos zugesehen haben.
Sie hätten Instrumente zur Intervention zur Verfügung gehabt. Die Landeskartellbehörden hätten viel schneller und vor allen Dingen viel energischer eingreifen können.
Herr Jurk, Sie haben es doch auch als Erfolg verkauft, dass es Ihnen gelungen ist, die ESF-Mittel, die ursprünglich für Bildung gedacht waren, umzuwidmen und jetzt für den Straßenbau zu verwenden.
Davon abgesehen, dass ich diese Schwerpunktsetzung nicht teile,
hätte ich mir gewünscht, dass Sie einen Teil dieses Engagements aufbringen würden, wenn es darum geht, gegen die Gaspreiserhöhung aus Gewinnsucht vorzugehen.
Es ging mir um die Frage, wo die Regierung initiativ wird und wo sie bei ihrem Einsatz sehr fantasiereich ist. Wenn es darum geht, gegen Gaspreise vorzugehen, fehlt mir diese Fantasie leider.
Zweitens. Wir haben schon viel darüber gesprochen, was das für die Haushalte individuell bedeutet. Ich meine aber, die Explosion der Gaspreise ist vor allen Dingen auch aus wirtschaftlicher Sicht ein Riesenproblem. Uns geht nämlich für den sächsischen Mittelstand ein enormer Betrag an Kaufkraft verloren. Nach Berechnungen der Verbraucherzentrale in Berlin werden die deutschen Haushalte allein für Heizung und Autofahren bei den derzeitigen Preisen bis Jahresende voraussichtlich 25 Milliarden Euro mehr zahlen als im Vorjahr.
Wir haben einmal ausgerechnet, was es für Sachsen bedeutet, wenn der Erdölpreis noch einmal steigt: Es ist davon auszugehen, dass Sachsen allein durch die Gaspreisexplosion und die Explosion bei den Preisen für Sprit noch einmal ein bis zwei Milliarden Euro Kaufkraft verloren gehen. Diese Milliarden könnten hier viel besser angewendet werden – für den Klein- und Mittelstand –, sie könnten den Kleinunternehmen vor Ort zugute kommen.
Handel, Handwerk und die mittelständische Wirtschaft werden diesen Verlust an Kaufkraft bitter zu spüren bekommen. Deswegen ist der Aufschrei des Handwerks in dieser Frage mehr als berechtigt.
Meine Damen und Herren, es handelt sich hier um einen äußerst üppigen Anstieg der Spekulationsgewinne – und das auf Kosten der Verbraucher. Ich finde, diese Gewinne dürfen die Konzerne nicht länger einstreichen.
Aber wenden wir uns doch einmal den Ursachen der Gaspreisexplosion zu! Die Gaswirtschaft behauptet, sie müsse die Preise erhöhen, weil die Kosten für sie größer seien, beispielsweise für die Erschließung von Gasfeldern. Das sei so kapitalaufwändig. Dass dies offensichtlich mitnichten so ist, dafür spricht eine Meldung, die ich einmal zitieren möchte. Diese Meldung kam am 13. September kodiert von der Agentur auf den Tisch und trägt die Überschrift: „Gewinnziel vier Milliarden US-Dollar bei Nordeuropa-Gasleitung im ersten Jahr“. Jetzt zitiere ich einfach nur aus der Meldung:
„Die nordeuropäische Gasleitung werde schon im ersten Jahr des Betriebes rund vier Milliarden US-Dollar Gewinn einbringen. Dahin gehend kommentierte der Direktor des Internationalen Instituts für Energiepolitik, der in der vorherigen Woche ein Abkommen über den Bau der nordeuropäischen Gasleitung unterzeichnete, wie folgt: Unter Berücksichtigung der Gaspreise und der Baukosten werde die Kapitalrückflussdauer nicht sehr lang sein“. – Die Kapitalrückflussdauer werde nicht sehr lang sein! – „Es sei unschwer zu errechnen, dass bereits im ersten Jahr des Betriebes rund vier Milliarden US-Dollar Gewinn erzielt werden.“
Also, mitnichten sind die Investitionskosten für die Unternehmen so hoch, sie machen bereits im ersten Jahr Gewinne. Solche Amortisationsraten wünschte man sich für andere Wirtschaftszweige.
In Leipzig gründete sich in diesem Jahr eine illustre Gesellschaft. Ostdeutsche Gasversorger gründeten das „Forum Erdgas“. Ziel dieses Forums war es angeblich, Informationen über die Ursachen der Preisentwicklung bei Gas zu liefern. Mitnichten wurden über dieses Forum wirklich einmal Kalkulationsoffenbarungen etc. kundgetan. Aber dieses Forum hat schon Hintergrundinformationen geliefert. Wir fanden in den Informationsmaterialien, die an Medienvertreter verteilt wurden, einen bezeichnenden Satz – da steht es! –:
„Die von lokalen Gasversorgungsunternehmen, Ferngasgesellschaften und Importeuren gezahlten Preise für den jeweiligen Gasbezug orientieren sich an den Preisen, die der Verbraucher bereit ist zu zahlen.“
Das ist der Gipfel der Unverfrorenheit; denn die sächsischen Verbraucherinnen und Verbraucher sind mitnichten mehr bereit, solche Gaspreisexplosionen zu bezahlen. Es ist gut zu wissen, dass inzwischen über die Bundesebene, über Hamburg, über die Verbraucherzentrale geklagt worden ist und man dort schon konkrete Dinge für die Verbraucher erwirkt hat. Nach einer vorläufigen Einschätzung des Hamburger Landgerichtes muss jetzt das Unternehmen E.on seine Preiskalkulation offen legen. Das Unternehmen müsse nachweisen, dass drei Preiserhöhungen seit dem vergangenen Oktober um insgesamt 25 % gerechtfertigt sind. Also, wer hier offensiv vorgeht, hat auch die Möglichkeit, vor Gericht Recht zu bekommen. Herr Lämmel, weil Sie vorhin so über das Bundeskartellamt geschimpft haben: Wir sind hier in Sachsen, also können wir uns einmal anschauen, was die Landeskartellämter in Sachsen geleistet haben.
Ich möchte einmal in Erinnerung rufen, was die Landeskartellbehörde im Verlaufe dieses Jahres von Januar bis Mai für hinlänglich befand. Sie hat lediglich drei von 40 in Sachsen tätigen Gasversorgern zur Stellungnahme für Gaspreiserhöhungen aufgefordert. – Nur drei von 40! Das ist doch wirklich zu wenig. Sie hat dann gegen drei eine formlose Vorprüfung eingeleitet, aber eine Vorprüfung wurde bereits wieder eingestellt; und ich finde, das reicht
nicht aus. Man hat hier das Gefühl, dass sehr lieb miteinander umgegangen wird.
Nun wurden – das stimmt – zum 1. August die Gaspreise der 40 Gasversorger nochmals abgefragt. Ich bin sehr gespannt auf die Bewertung der Ergebnisse. Die Preisfrage, die sich mir hier stellt, ist natürlich: Wird die Landeskartellbehörde, wird das Wirtschaftsministerium die Gasversorger weiter mit Samthandschuhen anfassen oder gibt es den notwendigen Druck? – Ich plädiere dafür, dass es endlich den ordentlichen Druck im Sinne der sächsischen Verbraucherinnen und Verbraucher gibt.
Sie haben über das Verfahren des Bundeskartellamtes gesprochen, und in diesem Zusammenhang wird der Präsident des Bundeskartellamtes wie folgt zitiert: „Ob die Öffnung der langfristigen Lieferverbindungen auf dem Konsensweg erreicht wird oder vor Gericht erstritten wird, liegt nun in den Händen der Unternehmen.“
Meine Damen und Herren von der Staatsregierung, solch energisches Vorgehen des Bundeskartellamtes wie in dieser Frage erwartet die Linksfraktion.PDS von Ihnen. Es geht schließlich um mehr als eine Milliarde Kaufkraft. Es geht um viele sächsische Verbraucherinnen und Verbraucher, und deswegen möchte ich Sie auffordern: Ermuntern Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landeskartellbehörde zu einem derartigen Vorgehen. Ermuntern Sie die Landeskartellbehörde, ihre rechtlichen Instrumente wirklich auszunutzen, um ungerechtfertigte Gaspreiserhöhungen hier in Sachsen zu unterbinden.
Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Jurk, noch ein Wort zur Umwidmung von ESF-Mitteln in EFRE-Mittel. Sie haben davon gesprochen, wohin Sie das Geld geschickt haben. Wir müssen aber auch darüber reden, woher Sie es genommen haben. Aufgrund der Umwidmung sind jede Menge arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen auf der Straße geblieben. Sie wissen, dass gerade Gewerkschafter, von denen viele dasselbe Parteibuch wie Sie haben, mit dieser Umwidmung enorme Probleme haben und diese nur zähneknirschend hingenommen haben. Auch das gehört zur Wahrheit!
Herr Morlok, zuerst strippen Sie sehr sachlich die drei Ebenen auf, aber dann reden Sie sich in Rage und vermischen die Ebenen wieder. Wenn Sie schon mit dem Finger auf Kommunalpolitiker zeigen, dann lade ich Sie ein, sich anzuschauen, wie sich Ihre Parteikollegen in Dresden verhalten. Herr Mücke hat stets am Tisch gesessen, wenn es um Stadtwerksbeschlüsse ging.
Frau Hermenau, Sie haben gesagt, wenn Politik den Eindruck erwecke, sie könne daran etwas ändern, dann sei das ein Fehler. Was für eine Bankrotterklärung!
Frau Hermenau, besten Dank dafür, dass Sie die Leute darauf hinweisen, dass es noch Wahlen gibt. Das ist schön, das ist ein Beitrag zur Demokratie.
Es ist jedoch kein Beitrag zur Demokratie, wenn Sie sich damit abgefunden haben, dass die Interessen der Menschen offensichtlich den Profitinteressen untergeordnet sind. Sie sollten sich einmal mit Frau Künast, Mitglied Ihrer Partei, verständigen, die gefordert hat, den Erdgaspreis vom Erdölpreis abzukoppeln. Sie beschimpfen Frau
Künast nicht, dass sie deswegen noch dem Staatssozialismus anhinge. Frau Hermenau, da muss man schon konsistenter argumentieren.
Wenn Sie meinen, Ihre Ministerin habe keine Ahnung, dann müssen Sie das mit ihr ausmachen.
Frau Hermenau, Sie wissen sehr genau, dass der Einstieg in die Energiewende, die Sie hier zu Recht einfordern und für die gestern meine Kollegin Altmann sehr vehement geworben hat, nur möglich ist, wenn man energischer eingreift und wenn es von staatlicher Seite entsprechende Anreize gibt.
Nein, ich habe nicht mehr so viel Redezeit. Tut mir Leid!
Im Übrigen ist es das klassische grüne Problem: Wer sich so vor der Wirtschaft verbeugt wie Sie, Frau Hermenau, der wird den wirklichen ökologischen Krisen in dieser Gesellschaft niemals an die Wurzeln gehen!
Uns liegen zwei Anträge vor. Der Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD und CDU ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Aber er ist viel zu windelweich, wenn es um die Handlungsebene geht. Insofern kann ich all denjenigen, die Interesse daran haben, dass Gaspreisexplosionen eingeschränkt werden, nur empfehlen, das Original zu wählen, das heißt den Antrag, der eher vorlag und der wesentlich konkreter ist, nämlich den Antrag der Linksfraktion.
Besten Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Die Angleichung des aktuellen Rentenwertes Ost an den aktuellen Rentenwert West ist ein Anliegen aller ostdeutschen Sozialpolitiker. Es muss ein Anliegen aller Politiker sein, die weiterhin das von der Verfassung vorgegebene Ziel verfolgen, in ganz Deutschland gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen. Die Erreichung dieses Zieles darf nicht auf die lange Bank geschoben oder gar auf den Sankt-NimmerleinsTag verschoben werden.“
Besten Dank für den Beifall. Ich verstehe gar nicht, warum sich die Damen und Herren von der CDU so zurückhalten – immerhin handelte es sich dabei um ein Zitat aus einer hier im Landtag im März 2004 gehaltenen Rede Ihrer Sozialministerin Frau Orosz.
Halten wir also fest: Wir sind uns einig, dass die Angleichung der Rentenwerte in Ost und West ein wichtiger Schritt zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Ost und West ist. Aber leider erinnert das Verhältnis mancher CDU-Politiker zu diesem Thema eher an die berühmte Antwort auf die Fragen an den Sender Jerewan: Im Prinzip ja, aber … Zumindest kann man diesen Eindruck gewinnen, wenn man die bisherigen Debatten nachliest, die hier im Landtag zu diesem Thema stattgefunden haben.
So äußerte zum Beispiel Frau Strempel vor einem reichlichen Jahr: „Die Angleichung des Rentenwertes Ost an den Rentenwert West, das ist eine Forderung, die wirklich im Interesse der Angleichung der Lebensverhältnisse ist.“ Und dann folgt immer gleich das Aber.
Also, setzen wir uns einmal mit dem auseinander, was nach dem berühmt-berüchtigten Aber kommt: Eine Angleichung der Renten bei nicht angeglichenen Löhnen wäre realitätsfern und eine Gefahr für den sozialen
Frieden. Das war ein Einwand, der besonders aus den Reihen der CDU gekommen ist. Wenn man sich auf diese Logik einlässt, wird man immer im Zustand der Ungerechtigkeit verharren. Wenn man eine Ungerechtigkeit, nämlich die Ungerechtigkeit bei den Renten, damit rechtfertigt, dass es Ungerechtigkeiten bei den Löhnen gibt, dann wird man niemals in der Lage sein, Gerechtigkeit herzustellen. Da beißt sich irgendwann die Katze in den Schwanz.
Ich finde, wenn man tatsächlich etwas gegen ungleiche Löhne machen will, dann kann man hier mit einem Mindestlohn anfangen, um zumindest einen Teil der Lohnunterschiede zwischen Ost und West auszugleichen.
Ein weiterer Einwand ist, eine sofortige Angleichung würde sechs Milliarden Euro jährlich kosten oder eben den Beitragssatz um 0,6 % erhöhen. Dazu möchte ich einwenden: Wir als Linkspartei PDS sprechen uns nicht dafür aus, das sofort in einer Nacht-und-Nebel-Aktion anzugleichen. Aber wir meinen, im laufenden Jahrzehnt muss das doch machbar sein.
Natürlich geht das nicht über eine Erhöhung des Rentenbeitragssatzes, sondern dazu muss der Bundeszuschuss zur Rentenkasse erhöht werden. Das bedeutet, es muss steuerfinanziert werden. Wir haben heute früh in der Aktuellen Debatte darüber gesprochen und auch der Ministerpräsident ist in dieser Hinsicht offen für eine teilweise Steuerfinanzierung von sozialen Sicherungssystemen.
Wir als PDS haben dazu ein eigenes Steuerkonzept vorgelegt, in dem wir Vorschläge unterbreiten, wie Mehreinnahmen von über 60 Milliarden Euro bundesweit möglich werden. Ich will Ihnen nur ein Beispiel dafür nennen, weil Sie schon wieder so ungläubig die Stirn hochziehen: Wenn wir eine Börsenumsatzsteuer von nur 0,5 % für den Verkauf von Aktien einführen – und das ist keine Revolution, so etwas ist in London zum Beispiel gang und gäbe –, dann könnte man auf Bundesebene über 14 Milliarden Euro mehr einnehmen.
Besonders famos ist der Einwand, es würde sich hierbei um eine Neiddiskussion handeln. Diesen Einwand
brachte die CDU-Abgeordnete Frau Strempel damals. Meine Damen und Herren von der CDU, ich habe ein anderes Verständnis von einer Neiddebatte. Wissen Sie, was für mich ein Paradebeispiel einer Neiddebatte ist? – Wenn Vertreter der Industrie darüber fabulieren, ob man den ohnehin schon niedrigen Regelsatz für Arbeitslosengeld-II-Empfänger noch weiter kürzen kann.
Gelegentlich wird als vierter Einwand gegen die Angleichung der Rentenwerte auch vorgebracht, die Lebenshaltungskosten im Osten seien doch niedriger als die im Westen. Aber dabei übersehen Sie geflissentlich, dass die Lebenshaltungskosten zwischen München und Gelsenkirchen beispielsweise ebenso auseinander klaffen wie die Lebenshaltungskosten in Zittau oder Dresden oder Berggießhübel.
Wenn wir hier schon über Ostspezifik reden, dann möchte ich zwei wirklich spezifisch ostdeutsche Probleme ansprechen.
Das erste: Gerade die ostdeutschen Rentnerinnen und Rentner sind auf die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung angewiesen. Im Gegensatz zu ihren Altersgefährten in den alten Bundesländern hatten sie nämlich nicht die Möglichkeit, über Jahrzehnte in Betriebsrenten einzuzahlen bzw. über private Rentenversicherungen für den Lebensabend vorzusorgen. Gerade im Osten entsprechen immer weniger Berufsbiografien dem klassischen so genannten Standardrentner, der 45 Jahre arbeitet und 45 Jahre ordentlich Rentenpunkte ansammeln kann.
Das zweite Problem: Hier im Osten – gerade hier im Osten! – brechen viele Erwerbsbiografien mit 50 Jahren plus x ab. Es treten immer mehr Brüche in den Erwerbsbiografien auf. Das heißt, diese Menschen haben sowieso schon schlechtere Voraussetzungen, ordentlich Rentenpunkte anzusammeln. Diese Situation hat sich in den letzten 15 Jahren mitnichten verbessert, sondern sogar noch verschlechtert. Im Jahr 1991 waren immerhin noch 2,3 Millionen Menschen in Sachsen – das waren damals 47 % der Gesamtbevölkerung – berufstätig. Inzwischen verdienen nur noch 1,8 Millionen Menschen – das sind nur noch 39 % der Gesamtbevölkerung – ihren Lebensunterhalt durch klassische Erwerbsarbeit.
In den nächsten Jahren wird verstärkt diese Generation in den Rentenstand eintreten. Es wird diese Generation in den Rentenstand eintreten, deren Lebenswege und Berufsbiografien von Brüchen gekennzeichnet sind. Ich finde, die meisten dieser Menschen werden dann im Alter für eine Tatsache bestraft, für die sie nichts können, denn den Strukturwandel Ost haben nun mal nicht die zukünftigen Rentnergenerationen zu vertreten. Wir, die Linkspartei PDS, wollen uns deswegen nicht damit zufrieden geben, dass sie dann noch doppelt bestraft werden: mit weniger angesammelten Rentenpunkten und mit ungleichen Rentenwerten in Ost und West.
Nein, ich möchte das an dieser Stelle zu Ende führen. – Der DGB führt in seiner Stellungnahme vom April dieses Jahres ein weiteres Argument ein: Höhere Renten bedeuten auch eine Stärkung der Kaufkraft. – Wenn die Seniorinnen und Senioren hier im Osten wieder etwas mehr Geld zum Leben haben, dann kurbelt das eben auch die Wirtschaft an und hilft gerade den klein- und mittelständischen Unternehmen, die auf die Binnenkaufkraft angewiesen sind. Insofern, meine Damen und Herren, werbe ich hier noch einmal für das Anliegen des PDS-Antrages. Gegenwärtig liegt der aktuelle Rentenwert bei 87,9 % des aktuellen Rentenwertes West. Setzen wir uns dafür ein, dass diese Gerechtigkeitslücke geschlossen wird!
Setzen wir uns für eine Angleichung der Rentenwerte in Ost und West ein und leisten wir damit einen überfälligen Beitrag zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse im ganzen Land!
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Strompreise in Sachsen steigen und steigen. Das Heizen wird in Sachsen immer teurer und das PkwFahren ebenso. Noch vor kurzem hätte die CDU in einer solchen Situation sofort wieder eine Anti-ÖkosteuerKampagne entfacht. Inzwischen ist sie dabei, sich mit der Ökosteuer, die sie einst so sehr bekämpft hat, anzufreunden. Herr Lämmel, Sie sind ja hier immer schwach mit Argumenten ausgerüstet, sind mit all der Ihnen zur Verfügung stehenden Energie sehr vehement gegen die Ökosteuer vorgegangen. Ich bin gespannt, was aus diesem Einsatz wird, wenn Sie denn in den Bundestag gewählt werden sollten.
Wir als PDS meinen: Solche Preissteigerungen im Energiebereich sind schädlich für die kleinen und mittelständischen Unternehmen hier in Sachsen und damit wirtschaftlich kontraproduktiv. Solche Preissteigerungen betreffen gerade einkommensschwache Haushalte überproportional stark und sind damit unsozial. Deswegen meinen wir: Solche Preissteigerungen sind nicht hinnehmbar!
Wir wollen nicht einfach zusehen, wenn die Preise im Energiesektor für Privathaushalte und Wirtschaftskunden steigen. Wir wollen etwas dagegen tun. Dafür muss man sich tatsächlich mit den Ursachen auseinander setzen.
Dabei darf man sich natürlich nicht von vorgeschobenen Sündenböcken ablenken lassen. Ein Beispiel dafür lieferte Frau Merkel auf der Pressekonferenz. Sie versprach sich von einem höheren Anteil von Atomstrom niedrigere Energiepreise. Aber entgegen dem Gejammer über die Wettbewerbsvorteile des französischen Atomstroms ist es Tatsache, dass inzwischen deutsche Stromkonzerne mehr Strom nach Frankreich exportieren als umgekehrt. Hier produzierter Strom ist also wettbewerbsfähig.
Besonders beliebt ist es ja in der Strombranche, erneuerbare Energien als Sündenböcke für Preistreiberei an den Pranger zu stellen. Uns liegt aber eine Untersuchung der
Verbraucherzentrale vor, die es klar auf den Punkt bringt: Das ist eine Lüge! Der Anteil von Umweltstrom beträgt gerade einmal 0,8 Cent/kWh.
Was wir heute in erneuerbaren Energien investieren, zahlt sich in Zukunft durch einen besseren Wirkungsgrad dieser sauberen Energiequelle aus. Erneuerbare Energien sorgen für Unabhängigkeit von den Weltmärkten. Deswegen denke ich: Wir dürfen nicht nur bis zur kommenden Wahl, sondern müssen auch an die kommenden Generationen denken, denn der Vorrat an fossilen Energien ist leider endlich.
Es wird auch gern auf die steigenden Preise von Erdöl auf dem Weltmarkt verwiesen. Dafür kann die Staatsregierung nichts. Die Frage ist aber doch: Welche Lehren ziehen wir daraus?
Gerade weil die Erdölpreise immer weiter steigen und das ein unumkehrbarer Prozess ist, müssen wir mehr in Zukunftstechnologien investieren. Vor diesem Hintergrund ist es hochproblematisch, dass man das Investitionsförderprogramm „innova“ auf Bundesebene jetzt abbaut.
Meine Damen und Herren! Wir haben hier oft darüber diskutiert, ob die hohe Steuerlast Schuld an den steigenden Sprit- und Strompreisen ist. Natürlich haben die Steuern daran einen Anteil. Aber wenn man einen Vergleich mit Dänemark zieht, kommt man zu dem Ergebnis, dass in der Bundesrepublik nur 40 % des Gesamtpreises auf Steuern zurückzuführen sind, während es in Dänemark 60 % sind, aber der Gesamtpreis des Stromes der gleiche ist.
Das sage ich jetzt nicht, um für mehr Steuern zu plädieren, sondern deshalb, weil ich auf ein Problem hinweisen will: Die Differenz, die sich aus all dem ergibt, klingelt in der Kasse der Stromriesen. Ich finde, diese Wahrheit muss hier einmal angesprochen werden.
Wo in der Europäischen Union, meine Damen und Herren von der CDU, gibt es noch so hohe Profite für die Energiekonzerne, wie hier in der Bundesrepublik, wie hier in Sachsen?
Der Umsatz von Vattenfall konnte im vergangenen Jahr um ein Viertel gesteigert werden. Das operative Ergebnis stieg sogar um 50 %. Die Verbraucher profitieren von
diesen sprudelnden Gewinnen nicht, im Gegenteil. Offenbar verläuft alles nach dem Motto: Je höher die Gewinne, desto schneller steigen die Preise für Verbraucher. Das, meine Damen und Herren, muss sich ändern.
Hier ist natürlich die Staatsregierung gefragt, die als Aufsichtsbehörde Strompreiserhöhungen genehmigt.
Ich finde, es ist schon eine ganz schöne Ungerechtigkeit. Durch die Hartz-IV-Regelungen muss sich de facto jeder Arbeitslosengeld-II-Empfänger bis auf den Aldi-Slip ausziehen, um zu schauen, ob er noch irgendwo Vermögen hat, währenddessen die Landeskartellbehörden ihrerseits den Stromversorgern bei der Genehmigung von Strompreiserhöhungen gerade mal in die linke Tasche schauen.
Meine Damen und Herren! Angesichts der von mir skizzierten Situation ist für uns Folgendes dringend erforderlich:
Erstens brauchen wir eine Förderung von Zukunftstechnologien. Dazu muss das Innovationsförderprogramm erhalten bleiben.
Zweitens fordern wir gerade mit Blick auf die ohnehin explodierenden Energiepreise: Hände weg von der Mehrwertsteuererhöhung!
Drittens müssen Staatsregierung und Kartellbehörde endlich ihre Aufsichtspflicht wahrnehmen. Denn explodierende Preise bei sprudelnden Gewinnen – so darf es, meine Damen und Herren, nicht weitergehen!
Sind Sie der Meinung, dass es nichts mit Sachsen zu tun hat, wenn sich die Gaspreise für Privathaushalte verdoppeln, so dass die Leute, die hier in Sachsen wohnen, ernsthafte Probleme haben, noch die Heizkosten bezahlen zu können? Sind Sie auch der Meinung, dass es nichts mit Sachsen zu tun hat, wenn die Sächsische Staatsregierung als Aufsichtsbehörde über Strompreiserhöhungen entscheidet?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem diese Verwirrung aus der Welt geschafft worden ist, kommen wir noch einmal zu einer anderen Verwirrung. Herr Morlok ist ja hier schon ins Schwärmen geraten über die Vorzüge der Atomenergie
und dieses Verständnis von Energiemix, was jetzt wahrlich nicht meins ist, hat wahrscheinlich Herrn Lehmann dazu gebracht, ins Schwärmen über ein mögliches Atomkraftwerk bei Zittau zu geraten. Später hieß es, es habe sich allein um ein gedankliches Experiment ohne realen Hintergrund gehandelt. Doch ich muss natürlich die Frage stellen: Ist dieses Experiment tatsächlich stillgelegt? Herr Lehmann, Sie haben gegenüber der Zeitung wenige Tage danach verkündet, der Verzicht auf Atomkraftwerke sei doch eine moderne Form der Maschinenstürmerei. Im Umkehrschluss bedeutet das: Sie meinen, wer modern und kein Maschinenstürmer sein möchte, sollte sich für den Bau von Atomkraftwerken einsetzen. – Nein, dieses Verständnis von Modernität kann ich nicht teilen.
Wenn wir schon über Maschinenstürmerei reden, meine Damen und Herren von der CDU – wissen Sie, was ich als altmodisch und technikfeindlich empfinde? Das, was Sie als Angriff auf das Gesetz zur Förderung erneuerbarer Energien planen. Das ist eine Form von Maschinenstürmerei!
Herr Lehmann, weiterhin führen Sie als Argument an, es gäbe kein ausreichend großes Wasserreservoir bei Zittau. Spätestens an diesem Punkt muss man misstrauisch werden. Es ist schließlich bekannt, dass die Tagebauseen im ehemaligen Lausitzer Braunkohlenrevier vom Bund in das Eigentum des Freistaates übernommen werden sollen. Das Lausitzer Seenland würde dann mit 15 000 Hektar Wasseroberfläche eine der größten künstlichen Wasserflächen Europas darstellen. Von einem fehlenden Wasserreservoir kann dann also nicht mehr die Rede sein.
Ich hoffe, Herr Lehmann, dass wir uns damit täuschen. Das Problem ist nur, dass es noch einige weitere Indizien gibt. Von Herrn Staatsminister Tillich kam sofort ein Dementi. Herr Tillich, Sie haben in Ihrer Pressemitteilung drei Argumente angeführt, warum es Ihrer Meinung nach sicher sei, dass in Sachsen kein Atomkraftwerk geplant ist. Als Erstes führen Sie an, die gegenwärtige Rechtslage auf Bundesebene spräche dagegen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Ihre Partei plant, genau diese Rechtslage auf Bundesebene zu verändern.
Als zweites Argument führen Sie an, dem Projekt stünde das Desinteresse potenzieller Investoren entgegen. Das ist interessant! Woher wissen Sie denn vom Desinteresse potenzieller Investoren? Haben Sie also Erkundigungen eingezogen? Wozu zieht man Erkundigungen über mögliches Desinteresse ein, wenn es sich nur um ein gedankliches Experiment ohne realen Hintergrund handelt? Oder hat Herr Lehmann vielleicht doch nur verfrüht aus dem Nähkästchen geplaudert?
Wenn Sie mit dieser Aussage das grundsätzliche Interesse von Firmen meinen, hier in Deutschland ein Atom
kraftwerk zu bauen, dann wissen Sie, dass Ihre Aussage falsch ist; denn Siemens würde nur zu gern bis zum Jahre 2020 fünf neue Atomkraftwerke bauen.
Schließlich, Herr Staatsminister Tillich, führen Sie das Energieprogramm Sachsen als Kronzeugen an. Wenn das Ihr einziger Kronzeuge ist, dürfen Sie nicht enttäuscht sein, wenn sich unser Vertrauen in Grenzen hält. Das Energieprogramm spricht sich klar dafür aus – ich zitiere –, „alle technologischen Optionen offen zu halten“. Weiter heißt es in diesem Landesprogramm: „Die Option der Kernenergienutzung muss als technologische Variante für die Zukunft offen gehalten werden. Die Kernenergienutzung hat weltweit große Bedeutung für die Sicherung der Elektrizitätsvorsorge und leistet einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz.“
Wer solche klaren, positiven Worte zu erneuerbaren Energien im Energieprogramm sucht, der kann lange suchen.
Meine Damen und Herren von der CDU, ob mit oder ohne Atomkraftwerk bei Zittau – fest steht: Die CDU plant einen Rückfall in das atomare Zeitalter. Das wissen wir seit der Bekanntgabe des Bundeswahlprogramms.
Dieser Rückfall wäre ein ökologischer und sicherheitspolitischer Reinfall. Sie irren sich, wenn Sie meinen, die Kernenergie könne eine Brücke in die Zukunft darstellen. Diese Brücke ist morsch und altersschwach.
Was nun das bisher halbherzig stillgelegte atomare Experiment von Herrn Lehmann anbelangt – Herr Staatsminister Jurk und Herr Staatsminister Tillich, Sie können alle von mir benannten Bedenken aus der Welt schaffen; das kostet Sie noch nicht einmal viel. Sorgen Sie einfach dafür, dass das Bekenntnis zur Atomenergie aus dem Energieprogramm Sachsen verschwindet!
Herr Jurk, Herr Tillich, ich fordere Sie von dieser Stelle aus auf: Stellen Sie die Weichen, damit die Atomkraft aus dem Energieprogramm der Staatsregierung verschwindet! Im Übrigen wäre das ein mutiger und notwendiger Auftakt für die ohnehin notwendige Neuausrichtung des Energieprogramms Sachsen.
Besten Dank.
Herr Lämmel, ich habe zwei Zwischenfragen. Erstens. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich bei der Anhörung sehr wohl anwesend war, dass ich die Behandlung des von der PDS eingebrachten Antrags zur Änderung des Energieprogramms mit meinen Kollegen abgesprochen hatte und dass ich nur bei einer Ausschussanhörung gefehlt habe, wofür aber eine Entschuldigung mit einer Begründung für meine Nichtteilnahme vorlag?
Zweitens. Sie haben den Energiedialog und die Teilnahme meiner Vorgängerin Monika Runge angesprochen. Erinnern Sie sich an die Anhörung? Sie hören ungern zu, aber erinnern Sie sich, dass dort die federführenden Wissenschaftler öffentlich bekannt gegeben haben, viele Erkenntnisse des Energiedialoges würden sich nicht im Energieprogramm widerspiegeln?
Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass der von Ihnen als „einer“ bezeichnete Sachverständige niemand anders als Herr Dr. Fahl ist, in dessen Händen federführend die wissenschaftliche Begleitung lag? Sind Sie ferner bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass er Folgendes gesagt hat – ich zitiere aus dem Anhörungsprotokoll –: „Unsere Ausarbeitung zum Energieprogramm beinhaltet diesen Schwerpunkt nicht.“
Er bezieht sich hier darauf, dass Braunkohle als einziger Energieträger positiv benannt wird.
Weiter im Zitat: „Das ist also nicht von uns so angelegt gewesen und war auch so nicht gefordert. Es war eine Entscheidung an anderer Stelle.“
Akzeptieren Sie aufgrund dieses Zitats, dass in das Energieprogramm nicht die wesentlichen Erkenntnisse des Energiedialoges eingeflossen sind?
Herr Lämmel, gesetzt den Fall, Sie würden eventuell in den Bundestag gewählt werden – –
Davon abgesehen, das können wir an anderer Stelle klären. Kommen wir zum Fachthema. Gesetzt den Fall, Sie würden in den Bundestag gewählt werden: Welche der Steuern, die jetzt auf Energie anfallen und die Sie gerade Rot-Grün zugeschrieben haben, würden Sie denn sofort abschaffen oder verringern wollen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lämmel, den Wettbewerb für den schnellsten verbalen Missgriff haben Sie hier gewonnen. Sie haben auch den Wettbewerb gewonnen: Wer ist am meisten gegenüber Fachargumenten resistent? Überzeugendes habe ich von Ihnen nicht gehört.
Herr Staatsminister Jurk und Herr Staatsminister Tillich, ich hatte Sie aufgefordert, das Energieprogramm neu auszurichten. Für diese ohnehin notwendige Neuausrichtung möchte ich Ihnen folgende Vorschläge unterbreiten:
Sachsen braucht keinen Atommeiler, Sachsen braucht einen ausgewogenen Energiemix. Ein solcher Energiemix bedarf der stärkeren Förderung erneuerbarer Energien. Natürlich müssen bei Windrädern die Bedürfnisse der Anwohner berücksichtigt werden. Aber anstatt Windräder als Gelddruckmaschinen zu diffamieren, könnten wir als Land das Modell des Bürgerkraftwerks fördern.
Die Grundidee ist einfach. Menschen, die zugleich etwas für die Umwelt und für ihren Geldbeutel tun wollen, finden sich zusammen, investieren in eine Fotovoltaikanlage oder in ein Windrad, was sich über Jahre rechnet. Dieses Modell wurde schon an sächsischen Schulen praktiziert und es hat gute Erfahrungen gegeben. Es bestand sogar so viel Bedarf, dass die Dachfläche an der Schule nicht mehr reichte. Bei diesem Projekt könnte doch das Ministerium helfen.
Weiterhin kommt es darauf an, das Potenzial der Biomasse zu stärken. Biomasseanlagen können nicht nur einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, sondern auch ein wichtiges wirtschaftliches Standbein für die Land- und Forstwirte werden. Meine Fraktion war vor Ort in den Regionen. Wir haben uns mit Vertretern der Landwirtschaft unterhalten, die klar gesagt haben, dass sie zunehmend mehr Interesse haben, da sie auch nach neuen wirtschaftlichen Standbeinen schauen. Die Förderung muss nicht immer viel Geld kosten. Sie könnten mit Rat und Tat und mit der Expertise Ihrer Fachämter den Landwirten zur Seite stehen.
Zur Förderung von regenerativen Anlagen gehört natürlich auch, dass man die Schikanen, die es jetzt bei Genehmigungsverfahren gibt, abbaut. Wartezeiten von über einem Jahr bei Genehmigungsverfahren sind für uns einfach nicht hinnehmbar.
Herr Morlok, da Sie immer wieder darauf hingewiesen haben, dass die erneuerbaren Energien der treibende Kostenfaktor sind, und sich gleichzeitig schützend vor die Gewinne der Konzerne stellen, kann ich Ihnen folgende Tabelle nicht ersparen. Hier ist aufgelistet, wie groß jeweils die Anteile von Umweltstrom und Netzdurchleitungskosten sind. Noch einmal für Sie zum Mitschreiben: Die Kosten von Umweltstrom belaufen sich auf 0,8 Cent pro Kilowattstunde. Die Kosten für Netzdurchleitung und all das, was direkt an den Energiekonzern geht, belaufen sich auf das Zehnfache. Das ist doch der Punkt, wo es sich lohnt anzusetzen, wenn man die Strompreise senken möchte!
Ja.
Ich weiß, dass Sie sich positiv dazu geäußert haben, Herr Tillich. Wir haben darüber auch schon gemeinsam diskutiert. Das Problem dabei ist, dass es sich um eine verbale Aussage Ihrerseits handelt, die aber leider nicht verbindlich im Energieprogramm steht. Dort stehen eben keine Förderziele. Das ist nicht nur die Kritik der PDS, der Linkspartei, nein, das war auch Kritik der Sachverständigen bei der Anhörung.
Doch zurück zu Herrn Morlok. Sie wollen den Leuten weismachen, dass wir für Kostentreiberei stünden, und stellen sich dabei schützend vor die Gewinne der Konzerne. Sie sollen mich nicht falsch verstehen, ich habe nichts gegen Gewinne von Konzernen. Das Problem ist nur, wenn diese Gewinnexplosion mit einer Explosion der Strompreise einhergeht und wenn man tatsächlich etwas gegen Preisexplosion machen will, dann muss man an dieser Stellschraube drehen. Hier ist das Staatsministerium als Aufsichtsbehörde gefragt.
Besten Dank.
Wir haben schon heute früh die Thematik „Neuausrichtung des Energieprogramms“ sehr ausführlich erörtert. Insofern muss man das hier nicht in die Länge ziehen. Wir bitten in diesem Punkt um Einzelabstimmung, weil wir der Meinung sind, dass die vielen Erkenntnisse, die in der Fachanhörung gewonnen worden sind, mitnichten im Abstimmungsverhalten der Mehrheit des Ausschusses berücksichtigt wurden. Deswegen bitten wir noch einmal um Abstimmung über Drucksache 4/0193, zumal selbst Herr Staatsminister Jurk heute gesagt hat, dass es richtig sei, das Energieprogramm zu überarbeiten und dabei die Erkenntnisse der Fachanhörung zu berücksichtigen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Verkehrshaushalt verrät es: SPD und CDU verstehen unter Verkehrspolitik vor allem eines: Straßen, Straßen und nochmals Straßen. Das, meine Damen und Herren, ist uns als PDS eindeutig zu wenig; denn Sie tun dabei so, als ob Sie noch nie etwas über die verkehrsinduzierende Wirkung eines attraktiven Straßenverkehrs gehört hätten. Attraktive Straßen haben nun einmal eine richtig magnetische Wirkung auf neuen Verkehr, auf noch mehr Autoverkehr. Wenn man das Ganze dann noch mit einem Bus– und Bahnverkehr verbindet, der immer mehr an das finanzielle Gängelband gelegt wird, dann hat das eine verheerende Wirkung.
Sie tun dabei so, als ob nicht längst bekannt wäre, dass Ortsumgehungen in einigen Fällen tatsächlich entlastende Wirkung haben, aber dass man sehr genau schauen muss, dass auch der gegenteilige Effekt nach Jahren eintreten kann: dass durch die veränderte Straßenstruktur in wenigen Jahren dann ein Mehr an Ver
kehr, ein Mehr an Unfällen und damit auch ein Mehr an Emissionen die Folge wären. Mehrere Jahrzehnte verkehrswissenschaftlicher Erkenntnisse sind an Ihrer Verkehrspolitik, Herr Lämmel, wirkungs- und spurlos vorbeigegangen. Auf Stau allein einfach mit einem Mehr an Straßenbau, mit einem unintelligenten Mehr an Straßenbau zu reagieren, das ist ungefähr so weitsichtig, wie einen Kater am Morgen nach einer durchzechten Nacht mit einem weiteren Gläschen Klaren zu bekämpfen. Es mag im ersten Moment helfen; die Rechnung kommt dann einige Stunden später. Herr Milbradt, Sie haben uns gestern vorgehalten, dass es mehrere PDS-Bürgermeister gibt, die vor Ort nach mehr Straßen rufen. Ja, wundert Sie es wirklich, dass die Kommunalpolitiker vor Ort nach jedem Strohhalm greifen? Es war doch die CDU hier in Sachsen und im Übrigen die Verkehrspolitik auf Bundesebene, die durch jahrelange falsche Weichenstellung dafür gesorgt hat, dass die Leute immer abhängiger vom Auto geworden sind, dass die Kommunalpolitiker jetzt vor Ort gar keine andere Chance haben.
Unsere Aufgabe als Landespolitiker wäre es, jetzt die Weichen zu verändern. Wir müssen uns natürlich der zukunftsfähigen Verkehrspolitik zuwenden.
Und, Herr Milbradt, Sie haben uns vorgeworfen, wir könnten die Probleme der Zukunft und der Gegenwart nicht lösen. Ich meine, Ihre Verkehrspolitik schafft Probleme sowohl für die Zukunft als auch für die Gegenwart.
Aber bitte doch.
Mir ist sehr wohl bewusst, dass in 40 Jahren DDR nicht alles so gemacht worden ist, wie wir es heute als PDS vorschlagen; das ist mir sehr wohl bewusst. Aber mir ist auch bewusst, dass Sachsen im Vergleich mit westlichen Bundesländern im Durchschnitt ein dichteres Straßennetz hat und dass dieses dichtere Straßennetz eben mitnichten dazu geführt hat, dass wir geringere Arbeitslosigkeit haben. Wir als PDS haben im Verkehrsausschuss für eine andere Schwerpunktsetzung gestritten. Wir wollen tatsächlich Mobilität für alle, und Mobilität für alle heißt eben,
dass auch die Leute, die nicht selber ein Auto fahren können, mobil sein können. Wir haben dafür gestritten, dass Bus-, Bahn- und Radverkehr stärker gefördert werden, weil diese Verkehrsarten einen ganz praktischen Beitrag zum Klimaschutz, zum Lärmschutz und zur Luftreinhaltung leisten können.
Bitte.
Wir haben hier als PDS öfters eingefordert, dass es eine Evaluation gibt, welche Wirkung die einzelnen Straßen haben. Wir haben nachgefragt, welche Wirkung das hat. Es waren die CDU und die Staatsregierung, die uns diese Evaluationsarbeit, die ein Ministerium einfach leisten muss – dazu haben Sie einen Apparat –, verweigert haben. Aber wir werden weiter dranbleiben, genau diese Evaluierung vom Ministerium einzufordern.
Gestaltende Verkehrspolitik kann einen Beitrag leisten – zum Gesundheitsschutz, zum Umweltschutz und zum Klimaschutz. In Sachsen wird leider keine gestaltende Verkehrspolitik geführt und geleistet; nein, wir begrenzen uns darauf, einfach nach mehr Straßen zu rufen.
Mehrere meiner Vorredner haben bereits das Thema Schülerverkehr angesprochen und die CDU ist nicht müde geworden zu behaupten, dass es sich bei all dem Trubel um Unnötigkeiten und um Quatsch gehandelt hat. Meine Damen und Herren, als ich zum ersten Mal die Öffentlichkeit darüber informiert habe, dass die Staatsregierung in ihrem Entwurf vorhat, die Zuschüsse für den Schülerverkehr zu halbieren, schallte mir sofort vonseiten der CDU entgegen, das sei Quatsch. – Wenn das wirklich alles nur Quatsch gewesen wäre, dann frage ich mich, warum Sie mit einer Unzahl von Änderungsanträgen 30 Millionen Euro im Verkehrshaushalt hinund hertransportiert haben. Wenn es sich dabei wirklich um Quatsch gehandelt hätte, dann hätten Sie doch den Haushaltsentwurf so lassen können, wie er gewesen ist. Das haben Sie aber nicht, und Sie hatten guten Grund dafür.
Allerdings muss ich sagen, dass die vielen Änderungen, die Sie vorgenommen haben, am Ende vielleicht Staub aufgewirbelt haben – wenn auch keinen Feinstaub –, aber letztendlich nichts als reiner Schmu waren. Sie haben nämlich schlicht und einfach nur die Einnahmentitel verändert. Sie haben Gelder, die uns laut Regionaisierungsgesetz zugewiesen werden, einfach hin- und hergeschoben. Diese Regionalisierungsmittel sind nun
einmal Bundesmittel, die wir nicht einfach nach Belieben, wie es uns gerade mal in den Kram passt, verschieben können. Die Verwendung dieser Gelder ist in einem Bundesgesetz festgeschrieben; ich habe es Ihnen einmal mitgebracht. § 7 Regionalisierungsgesetz besagt: „Mit dem Betrag ist insbesondere der Schienenpersonennahverkehr zu finanzieren.“ – Der Schienenpersonennahverkehr ist damit zu finanzieren und es sind nicht irgendwelche Haushaltslöcher zu stopfen, die entstanden sind, weil Sie eben dort nicht einplanen wollen.
Nun reden Sie sich ja gerne heraus, meine Damen und Herren von der CDU, Sie würden gern mehr Geld für den ÖPNV einplanen, aber leider reiche das Geld nicht aus.
Nicht nur im Bereich des Schülerverkehrs – tut mir Leid, Herr Eggert – kann ich Ihnen diese Ausrede nicht durchgehen lassen. Wir haben als PDS ganz konkrete, seriöse Deckungsvorschläge genannt. Zum Beispiel sind im Einzelplan 09 16 Millionen Euro für Maßnahmen zur Gefahrenabwehr eingeplant. Diese 16 Millionen Euro sind eingeplant, falls das SVZ Schwarze Pumpe in Insolvenz geht. Inzwischen ist aber bekannt, dass es Verkaufsverhandlungen gibt, bei denen es in der Endrunde drei interessierte Käufer gibt. Hier können wir sagen, diese 16 Millionen Euro hätte man auch für den Schülerverkehr einplanen können.
Weiterhin konnte uns niemand im Ausschuss erklären, warum man – –
Ach, Herr Eggert, wenn Sie eine Frage haben, können Sie doch ans Mikrofon gehen.
Weiterhin konnte mir im Ausschuss keiner der so genannten Fachleute erklären, warum sie im staatlichen Hochbau ausgerechnet in den Wahljahren 2004 und 2006 den Titel noch einmal um 27 Millionen Euro aufgestockt haben. Diese 27 Millionen Euro hätte man wesentlich sinnvoller für den Schülerverkehr und den Bus- und Bahnverkehr verwenden können.
Meine Damen und Herren, Sie hätten also die Regionalisierungsmittel nicht zweckentfremden müssen. Dass es sich hier um eine klare Zweckentfremdung handelt, ist klar, und ich erinnere die Damen und Herren der SPDFraktion noch einmal daran: Es gab Haushaltsverhandlungen, bei denen das einzige Anliegen von Frau Raatz darin bestand, dass die Regionalisierungsmittel nicht zweckentfremdet für den Schülerverkehr verwendet werden. Jetzt wird unter einem SPD-Minister in ganz besonderer Unverfrorenheit genau diese Zweckentfremdung durchgezogen.
Das größte Dilemma an Ihren ganzen Änderungsanträgen ist aber, dass in der Summe – das ist uns schon sehr
ausführlich dargelegt worden – kein Euro mehr für Bus und Bahn eingeplant wird. Ich habe das Ganze noch einmal wunderbar in einer Tabelle für Sie aufgelistet. Wenn man nach dem ganzen Hin- und Hergeschiebe herausnimmt, was an Geld für Bus und Bahn zur Verfügung steht, so ist es nicht mehr und im Vergleich zu den Vorjahren sogar noch weniger.
Ja, bitte.
Ich bin vor allen Dingen der Meinung, dass die Zweckverbände noch viel mehr und viel verdichteteren Takt hätten bestellen können, wenn ihnen die Regionalisierungsmittel sicher zustehen. Und wenn Sie gerade die Zweckverbände ansprechen: Wissen Sie, was das für ein Schock für die Zweckverbände war? Sie fühlen sich nämlich von der Staatsregierung überhaupt nicht informiert. Die Zweckverbände mussten bei der Opposition anfragen, wie denn nun der Stand ist.
Niemand hatte sie informiert – das ist leider die Realität, die Sie auch nicht mit höhnischem Lachen wegdiskutieren können.
Das ist kein Märchen, das ist Realität. Unterhalten Sie sich einmal mit den Zweckverbänden. Die Staatsregierung hat einen Haushaltsentwurf vorgelegt, in dem klar Gelder gekürzt waren, und Sie haben die Zweckverbände darüber nicht informiert, sondern haben sie weiter in ihren üblichen Planungen vorgehen lassen.
Meine Damen und Herren, es nützt dem Schülerverkehr überhaupt nichts, wenn am Ende das Geld fehlt, um die Busfahrer zu bezahlen, um neue Busse anzuschaffen, um die Haltestellen zu sanieren, wenn am Ende das Geld fehlt, um den Sprit zu bezahlen, um die Verkehrsleistungen zu finanzieren.
Herr Jurk, Sie haben sich auf meine Nachfrage im Ausschuss ganz deutlich hinter die ganzen Anträge der Koalition gestellt, und Sie haben sich damit dafür ausgesprochen, dass Bus und Bahn weiterhin ans finanzielle Gängelband gelegt werden. Wenn also in den nächsten Jahren die Ticketpreise für Bus und Bahn hochgehen, wenn es in den nächsten Jahren zu Einschränkungen kommt, dann tragen Sie die politische Verantwortung dafür.
Danke.
Gerade weil der PDS-Fraktion der Schülerverkehr so am Herzen liegt, können wir diesem Antrag so nicht zustimmen. Drei Sätze dazu: 1. Als noch die Chance bestand, im Ausschuss dafür zu kämpfen, haben die NPD-Mitglieder Däumchen gedreht. Wir haben diesbezüglich von ihnen keinen einzigen Mucks gehört.
2. Das Problem ist nicht die Höhe der eingestellten Summe, sondern woher die Gelder kommen.
3. Sie hätten sich wenigstens die Mühe machen sollen, einmal in den Haushalt zu schauen, als Sie den Deckungstitel angegeben haben. Bei dem von Ihnen als Deckungsquelle angegebenen Titel stehen überall Nullen, habe ich gesehen. Insofern ist Ihr Antrag inhaltlich richtig flach und falsch.
Für uns ist es nicht hinnehmbar, dass von den GVFG-Mitteln noch nicht einmal 15 % dem Bus- und Bahnverkehr zugute kommen sollen. Wir sind nicht ganz so geduldig, was die Förderung des ÖPNV anbelangt, wie die GRÜNEN mit ihrem vorherigen Antrag. Wir wollen in diesem Jahr eine prozentuale Aufteilung von 30 % für den Bus- und Bahnverkehr und im nächsten Jahr eine Aufteilung von 50 %.
Die PDS-Fraktion hat im Fachausschuss um sieben Millionen Euro für den Schallschutz an bestehenden Staatsstraßen gekämpft. Dieser Antrag ist leider nicht durchgekommen. Wir halten aber den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Schallschutz für einen Schritt in die richtige Richtung und stimmen ihm deshalb zu.
Wenn wir das Kyoto-Protokoll ernst nehmen, dann müssen auch wir in Sachsen einen größeren Beitrag zum Emissions- und Klimaschutz leisten. Wir wollen, dass der sehr mager ausgestattete Fonds für Emissionsund Klimaschutz im Jahre 2005 um zehn Millionen Euro und im Jahre 2006 um 20 Millionen Euro aufgestockt wird. Wenn das Klimaschutzprogramm, das vom Sächsischen Staatsministerium erarbeitet worden ist, das Papier wert sein soll, auf dem es geschrieben ist, dann müssen auf diese klugen Worte jetzt wirklich Taten folgen. Deswegen bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Die Bürgerinnen und Bürger haben jetzt mehr Geld für ihre Anschaffungen und zur Erfüllung ihrer Wünsche.“ So ein Versprechen des Bundeskanzlers zur Agenda 2010. Meine Damen und Herren! Da stellt sich doch für mich die Frage: Wer hat denn tatsächlich mehr Geld im Geldbeutel? Die meisten Menschen jedenfalls konnten in den vergangenen zwei Jahren nicht mehr Geld ausgeben, sondern weniger. Insofern ist auch der
private Konsum geschrumpft, und zwar um 0,3 % gegenüber dem Vorjahr. Der Anstieg der Privatinsolvenzen in Sachsen um 30 % ist sicherlich auch eine Folge davon. Kein Wunder! Denn die rot-grüne Steuerreform verfährt nach dem Motto: Wer hat, dem wird gegeben. Den reichsten 20 % der Bevölkerung kommen zwei Drittel der Steuereinsparungen zugute. Wer viel hat, der bringt zusätzliches Geld eben nicht in das nächste Geschäft zur Wirtschaftsankurbelung, sondern zu seiner Bank.
Versprochen wurde mit den Hartz-IV-Reformen auch, innerhalb von zwei Jahren die Arbeitslosenzahl um zwei Millionen zu reduzieren. Alle Zahlen sprechen eine andere Sprache.
Der aktuelle Arbeitsmarktbericht führt uns die Auswirkungen der Agenda 2010 für Sachsen deutlich vor Augen. Die Arbeitslosenzahlen sind im Februar dieses Jahres noch einmal gestiegen, und zwar um 11 000 Erwerbslose. Die Arbeitslosenquote liegt mit 20,1 % erstmals seit 1998 wieder über 20 %.
Eine Broschüre aus dem Hause Clement titelt: „Menschen in Arbeit bringen! – Hartz IV“. Realistischer wäre wohl gewesen: „Menschen in Armut bringen!“
Vor zwei Jahren verkündete Schröder, dass man durch die Hartz-Reformen legale Arbeit attraktiver gemacht habe. Meine Damen und Herren! Von der Attraktivität können die erwerbslosen Laienschauspieler, die in den Dresdner „Webern“ als Erwerbslosenchor auftreten, ein Lied singen. Von den 50 Euro, die sie pro Auftritt bekommen, können sie dank der motivierenden Zuverdienstregelungen gerade einmal schlappe 7,50 Euro behalten. So sieht Fördern à la Rot-Grün aus.
An dieser Stelle einfach ein herzliches Dankeschön an die schauspielenden Erwerbslosen, die sich eben nicht von diesen demotivierenden Zuverdienstregeln abschrecken lassen.
Auch die anderen angeblichen Hartz-Wundermittel haben sich als Flop erwiesen. Die Neuregelung bei den Mini-Jobs führte am Ende vor allen Dingen dazu, dass normale Arbeitsverhältnisse in prekäre Mini-Jobs umgewandelt wurden. So stieg im ersten Jahr der Neuregelung die Zahl der Mini-Jobs um eine Million, während die Zahl der regulären Arbeitsverhältnisse um 600 000 abnahm.