Rico Gebhardt

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem der Ministerpräsident die Schirmherrschaft über die Feuerwehr in Sachsen übernommen hat, sind die Koalitionsfraktionen der Meinung, sie müssten heute eine Aktuelle Debatte zum Thema Feuerwehr abhalten.
Dabei haben Sie in den letzten Jahren im Hohen Haus und durch die Beantwortung verschiedener Kleiner Anfragen der Opposition immer erklärt, es gebe keine Probleme mit der Nachwuchsarbeit bzw. mit der Bereitschaft in der freiwilligen Feuerwehr.
Nun startet die Staatsregierung unter dem Motto „Helden gesucht!“ eine Kampagne zur Nachwuchsförderung bei der Feuerwehr. Kurz vor den Wahlen – ein Schelm, der denkt, die Regierung meine es tatsächlich ernst mit der Unterstützung der Feuerwehr. Mit Großflächenwerbung, Radiospots und den schon genannten beklebten Straßenbahnen soll den sinkenden Mitgliederzahlen bei den Jugendfeuerwehren begegnet werden.
Es ist erschreckend, dass die freiwilligen und die Jugendfeuerwehren einen zum Teil erheblichen Mitgliederrückgang verzeichnen müssen. Darauf hat die Opposition in der zu Ende gehenden Legislaturperiode immer wieder hingewiesen. Dabei übernehmen die freiwilligen und die Jugendfeuerwehren sowohl im ländlichen Raum als auch in den Städten wichtige Aufgaben. Sie löschen und retten im Notfall, unterstützen die Berufsfeuerwehren und tragen zur Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger bei. Sie besitzen vielerorts jedoch auch identitätsstiftenden Charakter. Sie übernehmen Aufgaben der Jugendarbeit und sind ein kulturelles Zentrum vieler Ortschaften. Dem Mitgliederschwund bei den Jugend- und freiwilligen Feuerwehren muss auch deshalb entgegengewirkt werden. Die Frage ist nur, wie hilfreich reine Imagekampagnen sind und ob die Probleme wirklich beim Image liegen. DIE LINKE sieht eine andere Problemlage.
Erstens. Wir sind der Meinung, dass die Nachwuchsprobleme bei den Feuerwehren nur gelöst werden können, wenn auch die Probleme der freiwilligen Feuerwehren in Angriff genommen werden.
DIE LINKE sieht einen Lösungsweg darin, mehr Anreize für ehrenamtliches Engagement in der freiwilligen Feuerwehr zu schaffen, wie zum Beispiel unsere Nachbarländer Sachsen-Anhalt und Thüringen, indem sie eine Feuerwehrrente, welche die Tätigkeit in der freiwilligen Feuerwehr bei der Berechnung der späteren Rente berücksichtigt, planen. Auch Steuervergünstigungen sind für uns eine Möglichkeit solcher Anreize.
Wie man hört, prüft die Staatsregierung wieder einmal. Andererseits müsste dringend die Regelung für die Aufwandsentschädigung geändert werden. Es ist ein Skandal, wie wenig das oft zeitlich und körperlich aufwendige Engagement gewürdigt wird.
Neben der Erhöhung der Anreize für eine Tätigkeit in der freiwilligen Feuerwehr braucht es eine Definition der Aufgaben. Dabei sollte aus unserer Sicht eine Konzentration auf Kernaufgaben erfolgen, die zu einer Entlastung der Feuerwehren beiträgt. So kann zum Beispiel bei Ölverschmutzungen auf Spezialfirmen zurückgegriffen werden und es muss nicht immer die freiwillige Feuerwehr aus den einzelnen Orten gerufen werden.
Zum Zweiten leisten freiwillige Feuerwehren einen Beitrag, um den ländlichen Raum attraktiv zu gestalten; sie leiden jedoch insbesondere unter dem Wegzug von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, braucht es Perspektiven für den ländlichen Raum. Ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor, der auch die Feuerwehrarbeit umfasst, ist für DIE LINKE ein Weg. Wir setzen uns außerdem dafür ein, dass die Ableistung des Zivildienstes bei der freiwilligen Feuerwehr möglich sein muss und realisiert wird.
Zum Dritten müssen die Kommunen in die Lage versetzt werden, die notwendige Technik und Ausrüstung vorzuhalten. Dazu muss es eine hundertprozentige Förderung
geben, ohne Eigenanteil. Das ist insbesondere deshalb erforderlich, weil die Aufgaben der freiwilligen Feuerwehren so wichtig sind, dass sie nicht von der finanziellen Lage der Kommunen abhängig sein dürfen. Technik und Ausbildung der Feuerwehrleute und Ausbilderinnen und Ausbilder müssen auf dem neuesten Stand sein, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und die Sicherheit der Feuerwehrleute zu gewährleisten.
Zum Vierten haben wir in dieser Legislaturperiode bereits über das Thema Bambini-Feuerwehren diskutiert. Wir halten sie nach wie vor für geeignet, um Kinder spielerisch an die Jugendfeuerwehren heranzuführen. Vor allem muss die Brandschutzerziehung der Verkehrserziehung gleichgesetzt werden.
Diese Lösungsansätze können aus unserer Sicht tatsächlich helfen, die Nachwuchssorgen der Feuerwehr zu lösen. Sie haben allerdings einen Nachteil: Sie kosten mehr Geld als schicke Großflächenwerbung und Ehrennadel. Die Vorteile unserer Vorschläge bestehen darin, dass sie mehr leisten als eine bloße Imageverbesserung. In der neuen Legislaturperiode muss eine dringende Novellierung des Blauhelm-Gesetzes vorgenommen werden. Die bekannten Schwachstellen im Gesetz müssen zügig nachgebessert werden. Imagekampagnen allein werden nicht helfen, die Probleme der Feuerwehren in Sachsen langfristig zu lösen.
Trotzdem und vor allem gilt unser Dank allen hauptberuflichen und ehrenamtlichen Feuerwehrleuten, die ihren Beitrag zu unserer Sicherheit in Sachsen und manchmal auch über die Landesgrenzen hinweg leisten.
Weiterhin möchten wir uns bei allen Mitgliedern von Feuerwehrfördervereinen bedanken, die oftmals den finanziell in Not geratenen freiwilligen Feuerwehren vor Ort helfen.
Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bandmann, ich glaube, das war ganz schön am Thema, das die FDP beantragt hat, vorbei.
Ich will als Erstes ganz herzlich im Namen der Linksfraktion unseren Dank und Anerkennung für die aufopferungsvolle Tätigkeit aussprechen, die im Rahmen der sächsischen Bergwacht durch die Kolleginnen und Kollegen unternommen worden sind.
Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sind es gerade, die in den sächsischen Mittelgebirgen ein Garant dafür sind, dass Hilfsbedürftigen in unseren Bergen im Winter, aber auch in allen anderen Jahreszeiten geholfen wird. Unser herzliches Dankeschön dafür.
Die Fraktion DIE LINKE wird dem Antrag der FDP zustimmen, die Auskunft von der Staatsregierung zu den Leistungen, die die Kolleginnen und Kollegen für die Allgemeinheit leisten, erwartet und erbittet. Ich hoffe, dass die Staatsregierung das Parlament nicht wieder mit solchen Sätzen abspeist wie in einer Kleinen Anfrage von 2005, in der steht: „Die Bergwacht genießt zu Recht nicht nur bei der Sächsischen Staatsregierung ein hohes Ansehen.“ Das können wir jetzt auch schon bei der Freiwilligen Feuerwehr regelmäßig hören, wenn dieses Thema hier beachtet und diskutiert wird, und in der Regel sehen die Koalitionsfraktionen interessanterweise keine Probleme. Wenn man vor Ort ist, hört man von den Kolleginnen und Kollegen, dass viele Sachen im Argen liegen.
Bei der Bergwacht ist das ähnlich. Ich will mich ausdrücklich bei der FDP bedanken, dass dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Ich habe einmal recherchiert: Es ist wirklich das erste Mal seit 1990, dass der Sächsische Landtag dieses Thema hier im Plenarsaal behandelt, wo es hingehört, und nicht nur im Innenausschuss, wie es Herr Bandmann vorgeschlagen hat.
Unser Wunsch ist, dass die Staatsregierung ihren Einfluss darin geltend macht, dass die tatsächlich anfallenden Kosten durch die Krankenkassen übernommen werden, und dazu gehört auch eine Qualifizierung der Rettungszweckverbände, um sie in die Lage zu versetzen, die notwendigen Verhandlungen mit den Krankenkassen zu führen, um einen notwendigen Ausgleich für das tatsächliche Ehrenamt zu bekommen. Aber es ist eben nicht, wie Herr Bandmann sagt, nur eine Aufgabe der Ehrenamtlichen, sondern es ist eine hohe Verantwortung, die die
Kolleginnen und Kollegen dort tragen, und so mancher Rettungszweckverband, der mit Gebirge zu tun hat, wundert sich, welche Kosten ihnen plötzlich entstehen, weil eine Rettung in einem bergigen Gebiet etwas anderes ist, als wenn in der Dübener Heide ein Rettungseinsatz zu erfolgen hat.
Deswegen erwarte ich von der Staatsregierung, dass sie ihren Einfluss darin geltend macht, auch eine Qualifizierung der regionalen Rettungszweckverbände vorzunehmen.
Ansonsten werden wir dem Antrag der FDP, wie angekündigt, zustimmen.
Danke.
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Martens! Nach der Rede von Herrn Bandmann wäre ich fast geneigt, meiner Fraktion zu empfehlen, Ihrem Antrag doch zuzustimmen. Aber ich will Ihnen erklären, warum wir es doch nicht machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der FDP sagt schon bei der Themenwahl, wohin die liberale Fraktion den Rettungsdienst in Sachsen treiben will. Sie will, dass das bisherige Auswahlverfahren gemäß § 31 des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz abgeschafft wird. Laut „Sächsischer Zeitung“ vom 30. Mai 2008 will die FDPFraktion eine europaweite Ausschreibung, welcher Anbieter schwer Erkrankte und Unfallopfer rettet und mit Blaulicht in die Klinik fahren darf. Ich zitiere Herrn Martens: „Nur so wird für ordentlichen Wettbewerb gesorgt und der Beste bekommt den Zuschlag.“ Damit ist sicher die Frage von Herrn Lichdi beantwortet, was die FDP mit ihrem Antrag bezweckt.
Herr Martens, wir können es auch anders formulieren: Derjenige, der das beste Angebot macht, soll künftig für den Rettungsdienst arbeiten. Uns fallen genügend Beispiele dafür ein, dass diese Art und Weise von Ausschreibung nicht dazu führt, dass es billiger wird, sondern dass es zu Leistungseinschränkungen kommen wird. In dem Fall sind dies die Betroffenen, die auf dringende Hilfe angewiesen sind. Sie von der FDP wollen Marktradikalismus in einem Bereich, der aus unserer Sicht zur kommunalen Daseinsfürsorge gehört.
Wir sind der Meinung, dass der Rettungsdienst in Sachsen weiterhin mit regionalen Anbietern durchgeführt werden muss.
Das hat auch den Vorteil, dass regionale Anbieter weiterhin viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer einbinden, die sich seit Jahren einer guten Sache verschrieben haben. Sollen diese Aktiven nun vor die Tür gesetzt werden, nur weil eine europaweite Ausschreibung stattgefunden hat? Von dieser Stelle aus möchte ich den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern im Bereich Katastrophenschutz, Brandschutz und Unfallrettung sowie technische Hilfe danken. Ihre sinnvolle Einbindung in das System des sächsischen Rettungsdienstes halten wir für unverzichtbar.
Aus diesem Grund können wir dem Antrag der FDP im Punkt 1 nicht zustimmen.
Nun hat die FDP zumindest damit recht, dass sie auf das Problem aufmerksam macht, dass das Oberlandesgericht im Juli 2008 die Auffassung der Vergabekammer Sachsen bestätigt hat, dass Rettungsleistungen in Sachsen dem Vergaberecht unterliegen.
Ja.
Nein, das meine ich nicht. Das habe ich auch nicht gesagt.
Herr Martens, im Bereich des Rettungsdienstes habe ich gesagt.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Dresden steht im Widerspruch zur bisher deutschlandweit herrschenden Rechtsauffassung, dass die Neuvergabe der Leistungen im Rettungsdienst nicht dem Vergaberecht unterliegt. So hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in dieser Sache anders entschieden. Deswegen hat das Oberlandesgericht keine Entscheidung getroffen und die Frage dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
Beim Bundesverfassungsgericht sind derzeit drei Verfassungsbeschwerden zur Frage des § 31 des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz anhängig. Deswegen ist der Punkt 2 Ihres Antrages dahin gehend nicht zustimmungswürdig, weil Sie von der Staatsregierung ein rechtssicheres Verfahren verlangen, bevor die angerufenen Gerichte in der Sache überhaupt entschieden haben.
Bitte, Herr Lichdi.
Ich habe in meiner Rede kritisiert, dass eine europaweite Ausschreibung nicht
erfolgen sollte. Das ist die Kritik, die ich an dem Vorschlag der FDP habe.
Im Moment ist nicht davon auszugehen, dass angesichts der Bearbeitungsfrist beim Bundesverfassungsgericht bis zum 31. Dezember 2008 eine abschließende Entscheidung getroffen wird. Somit können die Rettungszweckverbände zwar Auswahlverfahren durchführen, aber sie erlangen leider keine Rechtssicherheit, da alle Entscheidungen unter dem Vorbehalt stehen, dass sie durch richterliche Entscheidung wieder infrage gestellt werden.
Ich glaube auch nicht, dass sich die Staatsregierung mit dem Verweis auf § 12 Abs. 5 Sächsische Landesrettungsdienstplanverordnung zurücklehnen kann. So argumentiert der Innenminister auf die Kleine Anfrage von Herrn Martens: „Sollten einzelne Auswahlverfahren bis zum 31. Dezember 2008 nicht abgeschlossen sein, können die Träger des Rettungsdienstes den Vertrag mit den bisherigen Leistungserbringern bis zur Bestandskraft der Auswahlentscheidung verlängern.“
Ihrem Punkt 3 des Antrages können wir eigentlich folgen; trotzdem halten wir den Weg über einen Antrag nicht für rechtssicher. Notwendig wäre eine Gesetzesänderung, um die Übergangsvorschrift in § 76 Abs. 3 des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz auf den 31. Dezember 2009 zu verlängern. Deswegen werden wir uns beim Punkt 3 enthalten und bitten um punktweise Abstimmung.
Zum Schluss und damit auch noch einmal zur Beantwortung der Frage von Herrn Lichdi: Wir hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht der Argumentation des Oberlandesgerichtes Düsseldorf folgt und es weiterhin keine europaweite Ausschreibung der Rettungsleistungen in Sachsen gibt.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin diesem Parlament dankbar, dass es zuerst über Borna und Grimma entschieden hat, weil das die Argumentation, die ich Ihnen jetzt vortragen möchte, etwas einfacher macht. Herr Krauß hat darauf hingewiesen, dass alles das, was für Borna gesprochen hat – dass es also am Rand liegt, verkehrsmäßig nicht so gut erschlossen ist –, jetzt gegen Aue spricht, die
Staatsregierung zu einer genau gegensätzlichen Abwägung bei Aue gebracht hat.
Ich möchte Ihnen sechs weitere Punkte nennen, warum Sie sich in Ihrer Entscheidung nicht von der Entscheidung der Staatsregierung bzw. von dem Vorschlag des Innenausschusses leiten lassen, sondern dem Antrag der Herren Colditz und Krauß folgen sollten. Ich will, wie gesagt, noch weitere Punkte nennen.
Der zweite Punkt, den ich nennen möchte und auf den Herr Krauß ebenfalls hingewiesen hat, ist: Aue hat ein viel größeres Einzugsgebiet aufzuweisen als Annaberg. Sie erinnern sich daran, dass uns Herr Jähnichen heute Vormittag darauf aufmerksam gemacht hat, dass das ein Vorteil für Borna ist. Im Gegensatz dazu sagt die Staatsregierung, dass es ein Nachteil für Aue ist, weil die Struktur im Falle Annaberg viel günstiger sei.
Was die dort machen? Sie gehen in die Verwaltung.
Drittens. Es wird eine Gebietsreform geben. Auch da durften wir in dieser Woche in einer der vielen Zeitungen lesen, was der Ministerpräsident angekündigt hat. Eine Gebietsreform, die nach der Kreisgebietsreform stattfindet, wird also dazu führen, dass sich verschiedene Städte und Gemeinden in diesem Land zusammenschließen werden. Nun aber gibt es in einem Landkreis die Idee, eine Silberstadt zu gründen, nämlich aus den Städten Aue, Schneeberg, Schlema und Lößnitz. Diese Städte und Gemeinden, die in den letzten Monaten eine entsprechende Absichtserklärung abgegeben haben, wollen sich also freiwillig zu einer neuen Stadt zusammenschließen. Diese Stadt, die dann 50 000 Einwohner haben würde, würde durch die jetzige Kreisgebietsreform ad acta gelegt, weil die Staatsregierung und das Innenministerium der Meinung sind, dass dies ja nur eine Absichtserklärung sei, die man nicht so ernst nehmen müsse.
Viertens. Die Erreichbarkeit für den Wirtschaftsstandort Aue ist mehr als gegeben und hat überregionale Bedeutung für Sachsen. Das Leitbild, das wir aufgestellt haben und gegen das wir im Falle Borna eben regelrecht verstoßen haben, lautet „Stärken stärken“. Dieser Satz würde auch dafür sprechen, dass Aue der Kreissitz würde. In diesem Falle möchte ich Herrn Colditz zustimmen. Es kann nicht sein, dass Annaberg ausdrücklich nur mit der Begründung, dass diese Stadt der wichtigste touristische Standort für das Erzgebirge sei, als Kreissitz für den Erzgebirgskreis festgelegt wird.
Herr Jähnichen hat uns heute Vormittag ein weiteres Argument dafür geliefert, warum Aue eigentlich gegenüber Annaberg bevorzugt werden müsste. Er sagte heute früh, dass Borna weniger staatliche Mitarbeiterstellen als Grimma hat. Genau das trifft für Aue zu, gibt der Staatsregierung in diesem Falle aber völlig andere Argumente in die Hand. Plötzlich soll das in der Abwägung nicht so
wichtig sein. Dazu kann ich nur sagen, man muss konsequent sein und alle Argumente, die für Borna sprechen, dann auch für Aue anwenden, oder diese Argumente gelten alle für Grimma und damit dann auch für Annaberg.
Da sich aber die Mehrheit in diesem Hohen Hause gerade für Borna ausgesprochen hat, müsste in der logischen Konsequenz auch die Mehrheit für Aue sprechen.
Die letzten zwei Punkte: Es mag ja sein, dass der eine oder andere sagt, dass alles sei nicht so wichtig. Aber auch einige Mitglieder des Innenausschusse konnten sich davon überzeugen, dass im Landkreis AueSchwarzenberg im Gegensatz zu anderen Landkreisen in den letzten Jahren eine relativ starke Konzentration auf einen Verwaltungsstandort stattgefunden hat. Das Verwaltungsgebäude in Aue wird weiterhin erhalten. Das ist sicherlich okay, weil es auch im Gesetzentwurf steht. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir ernsthaft wollen, dass Effizienz einzieht, können wir doch nicht glauben, dass, wie wir jetzt den Bürgerinnen und Bürgern versprechen, tatsächlich alle Standorte auch in den nächsten fünf oder sechs Jahren erhalten bleiben. Wir können doch nicht als Staat sagen, wir geben das alles auf die Landkreise, und die Landkreise brauchen anschließend keinen finanziellen Ausgleich dafür. Sie werden Einsparungen vornehmen. Entweder wir bauen ein neues Gebäude in Annaberg und machen dasselbe, was Herr Colditz gerade an der Bundeswehr mit dem Standort in Schneeberg kritisiert hat, oder wir nutzen den vorhandenen Standort in Aue und können damit auch für die Zukunft planen.
Und schließlich der letzte Punkt, auf den ich aufmerksam machen möchte: Es gibt in Sachsen derzeit nur eine einzige Fußballmannschaft, die in der 2. Bundesliga spielt, nämlich Aue. Das ist auch ein Grund, weshalb man Aue zum Kreissitz machen sollte.
Bleibt dafür noch Zeit?
Ja, das kann ich bestätigen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es vorweg zu sagen: Die Fraktion DIE LINKE wird dem Antrag der FDP zur Verbesserung der Notfallrettung in Sachsen und auch dem Änderungsantrag der Koalition zustimmen.
Wir stimmen zu, weil die flächendeckende Sicherstellung der gesetzlichen Hilfefrist, das heißt also, der zwölf zur Verfügung stehenden Minuten von der Meldung des Notfalles bis zur Hilfeleistung am Unfallort, in Sachsen nicht erreicht wird und wir von der Staatsregierung die Gründe dafür erfahren wollen.
§ 26 des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz – Herr Martens und Herr Pietzsch haben darauf aufmerksam gemacht – schreibt vor, wie schnell die Hilfe zur Stelle sein muss. 10 Minuten Fahrt plus eine Minute Aufsitzen der Hilfsmannschaft sowie eine Minute Orientierung, so schreibt es das Gesetz vor. Dies gilt für jeden möglichen Unfallort in Sachsen. Unzweifelhaft ist, dass in Ausnahmesituationen durch Verkehrslage und Witterung 10 Minuten Fahrt zum Ort des Geschehens nicht ausreichen können. Gerade daher gelten 95 % als Erfüllung.
Leider gibt es aber eine zu große Kluft zwischen dem „Plan“ und der Realität. Vor allem gibt es derzeit zu große Unterschiede zwischen den einzelnen Kreisen. – Wenn wir in dieser Frage über Durchschnittswerte diskutieren, sprechen wir bei den Fällen, welche außerhalb der Normalverteilung liegen, von Menschen, die als Unfallopfer unnötigen Schaden davontragen, zumal jeder, der schon einmal in einer Situation war, auf notwendige Hilfen zu warten, weiß, wie lange einem in dieser Situation eine Minute vorkommen kann. Die Ursachen für die genannte Kluft sind zu beleuchten. Diese sind in der am 24. Oktober dieses Jahres veröffentlichten Unterrichtung der Staatsregierung, des Staatsministers des Innern, mit
dem Titel „Evaluierung der Kosten des Rettungsdienstes“ aus unserer Sicht nicht hinreichend erhellt worden.
Lassen Sie dazusagen, dass die vorhandenen Probleme bei der Notfallrettung eben nicht nur anhand der Kostenfrage zu analysieren sind. Zu fragen ist auch nach der Organisationsstruktur, also dem regionalen Zusammenwirken von Leitstellen und Rettungswacht, im gesamtsächsischen Kontext. Ich fordere deshalb die Staatsregierung auf, im Rahmen der Struktur- und Verwaltungsreform den Zuschnitt der neuen Landkreise als Maßstab für die Struktur der Rettungsleitstellen zu nehmen, auch wenn mir klar ist, dass sich die kommunalen Zweckverbände auf freiwilliger Basis zusammengefunden haben. Wie man Freiwilligkeit erreicht, haben wir gerade bei der „Hochzeitsprämie“ von 10 Millionen Euro im Rahmen der freiwilligen Phase der Kreisgebietsreform erlebt.
Zurzeit ist immer noch mehr oder weniger ungeklärt, wo die Rettungsleitstellen eigentlich angesiedelt werden sollen. Von fünf bis sieben Leitstellen in Sachsen ist die Rede. Wenn Sie schon aus Kostengründen Leitstellen zusammenfassen, ist aber unbedingt die Frage der Stationierung der Rettungswachen im Sinne einer gesetzmäßigen Absicherung der Notfallrettung zu beantworten, denn ich halte den für die Einhaltung der Hilfsfristen offensichtlich notwendigen Erfindungsreichtum, wie in der „Sächsischen Zeitung“ vom 17. September 2007 dokumentiert, für einen schlechten Witz. Dort heißt es:
„Vor dem Sitz der ehemaligen Poliklinik im Wohngebiet Dresdner Straße in Coswig steht jetzt ein nagelneuer Rettungswagen des Arbeiter-Samariter-Bundes. Die Räume für die vier Rettungsassistenten und die drei Sanitäter, die hier im Schichtdienst Wache halten, stellt die Coswiger Wohnbau- und Verwaltungsgesellschaft zur Verfügung und ließ sie auch noch auf eigene Kosten renovieren.“
Wenn in Sachsen erst Rettungswachen mit Fördermitteln gebaut und deren Unterhaltungskosten durch die Verbindungsfristen über viele Jahre hinweg sowieso anfallen, dürften im Zuge der Neuordnung bei den Rettungsleitstellen solche Schildbürgerstreiche aus meiner Sicht nicht notwendig werden.
Nach Aussage vieler Fachleute ist die Sicherung der Hilfsfrist wesentliche Voraussetzung einer effektiven Notfallrettung und dies wiederum von der Anzahl der zur Verfügung stehenden Einsatzwagen, deren Ausstattung und hoch qualifizierten Besatzungen abhängig. Denn nicht zuletzt das Eintreten mehrerer Unfälle in einem Einsatzgebiet schwächt in diesem Augenblick die Absicherung weiterer Regionen. Die Häufigkeit und die Schwerpunkte solcher Duplizitätsfälle müssen ermittelt und ausgewertet werden. Dies ist auch eine Frage der Unfallvorbeugung.
Zusammengefasst: Obwohl die Träger des Rettungsdienstes die Einhaltung der Hilfsfristen absichern müssen, steht die Staatsregierung in der Verantwortung, eine wirksame Notfallrettung innerhalb der gesetzlichen Fristen zu gewährleisten. Die Ausführung des Sächsischen Gesetzes
über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz sowie die Planung für die Rettungsleitstellen müssen dem gerecht werden, gerade jetzt, da die Träger der Rettungsdienste erstmals die Notfallrettung und den Krankentransport ausschreiben müssen.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Frage der Klärung und Vermeidung der häufigen Brände in Abfallbehandlungs- und Recyclinganlagen geht über den Bereich des Umwelt- und Brandschutzes weit hinaus. Das Thema ist geeignet, in der Bevölkerung Misstrauen gegen Firmen und Behörden hervorzurufen. Die Erfahrungen mit dem Kölner Müllskandal waren prägend für das Gefühl, dass es beim Müll „stinkt“ bzw. die Müllentsorgung auch in Sachsen anfällig für kriminelle Geschäftemacher sein könnte.
Daher ist es notwendig, die ungeklärten Vorfälle bzw. die Ursachen der Brände aufzuklären, damit kein Platz für Vermutungen bleibt, dass womöglich nicht mehr alles mit rechten Dingen zugeht, weil die sich selbst entflammende Entsorgung vielleicht billiger als die umweltfreundliche und vorschriftsmäßige Entsorgung ist.
Um die offensichtlich bestehende akute Brandgefahr einzudämmen, fordern wir mehr Überwachung, Kontrolle und Messstellen, um die Temperaturen in den zwischengelagerten Entsorgungsbergen zu messen.
Zu überlegen ist weiterhin, ob die zu verwertenden Stoffe in einer praktikablen Form bewegt werden müssen, damit diese brandauslösenden Temperaturen – wie jetzt in Leipzig möglicherweise geschehen, wenn man der „Leipziger Volkszeitung“ vom Wochenende Glauben schenken darf – nicht entstehen können. Im Übrigen ist in 27 % aller Fälle seit 2003 die Selbstentzündung als Ursache für die Brände anzusehen. In 20 Fällen geht die Staatsregierung von Brandstiftung aus. Hier ist zu hinterfragen, ob nicht nur bei den Lagerbedingungen bessere und höhere Standards anzuwenden sind, sondern auch die Möglichkeiten des unbefugten Betretens des Geländes von Recyclingfirmen verringert werden müssen.
Auch die Feuerwehren vor Ort müssen – vor allem in Gebieten mit Recyclingfirmen – mit besserer Technik ausgestattet werden, die es erlaubt, bei Bränden die tatsächliche Gefahr durch Giftstoffe festzustellen.
Mir scheinen deshalb die Aussagen der Staatsregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage des Abg. Lichdi wenig glaubwürdig, dass alle derzeitigen Bestimmungen zur Lagerung und Entsorgung in den sächsischen Recyclingfirmen ausreichend sind, wenn es in den letzten vier Jahren bis zum Oktober 2007 59-mal gebrannt hat. Daher ist die geforderte Einsetzung der Arbeitsgruppe richtig. Wir werden dem Antrag der Kolleginnen und Kollegen der GRÜNE-Fraktion zustimmen und sehr gespannt auf den Bericht der Staatsregierung warten.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es brennt, kommt die Feuerwehr – das weiß jedes Kind. Aber werden die Kinder diese Binsenweisheiten auch noch in 20 Jahren lernen? Wird dann – vor allem in den ländlichen Gebieten Sachsens – auf die Frage: Was tun, wenn’s
brennt?, die ernüchternde Antwort kommen: Brennen lassen!?
Nun brennt es bei der Feuerwehr noch nicht wirklich, was den Personalbestand anbelangt, doch ein Schwelbrand ist es allemal. Unsere Kollegin und Kollegen der FDPSpaßfraktion haben wieder einmal einen ihrer vielen populistischen Anträge gestellt. Da sie auch noch für ein Halbtagsparlament eintreten, haben sie sich die Arbeit sehr leicht gemacht. Sie erteilen der Staatsregierung den Auftrag, eine Gesetzesänderung des Sächsischen Gesetzes über Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz vorzunehmen.
Nicht, dass Sie mich falsch verstehen. Ich bin sehr dafür, der Staatsregierung Aufgaben zu übertragen und Aufträge zu erteilen. Deswegen kann unsere Fraktion der Auftragserteilung zustimmen. Ob wir aber einer Änderung des Rettungsgesetzes zustimmen, wird von vielen Faktoren abhängig sein. Ich will auf einige Fakten hinweisen, die für unsere Fraktion wichtig sind.
Erstens. Es kann nicht Aufgabe der Feuerwehr werden, die von der Staatsregierung in der Fläche zusammengestrichenen Leistungen für Kinder- und Jugendhilfe aufzufangen und auszugleichen. Feuerwehren sind keine Vereine, sondern Einrichtungen der Kommune unselbstständiger Art, auch wenn sie in manchen Dörfern im Lande das einzige, gut funktionierende Vereinsleben darstellen.
Zweitens. Damit ist klar, dass die Gründung von „Bambini-Feuerwehrgruppen“ nach dem Vereinsrecht erfolgen muss. Dies bedeutet jedoch auch, dass dafür notwendiges Geld für Betreuung bzw. Personal durch das Land zur Verfügung gestellt werden müsste, weil die „BambiniFeuerwehrgruppen“ Aufgaben aus dem klassischen Feld der Jugendhilfe übernehmen würden. Wir wollen nicht, dass die sächsische Feuerwehr in den kleinen Gemeinden „Feuerwehr spielen“ soll, um die nicht oder nur uneingeschränkt existierenden Kinder- und Jugendhilfeangebote zu ersetzen.
Drittens. „Bambini-Gruppen“ bei der Feuerwehr sind kein Ersatz für die sinkende Bereitschaft, ehrenamtlich bei der Feuerwehr Dienst zu leisten. Alle Verantwortlichen wissen doch ganz genau, dass nicht das Eintrittsalter bei der Feuerwehr, sondern der Weggang von ausgebildeten Mitgliedern der Jugendfeuerwehren das Problem darstellt.
Aufnahme des Studiums, der nicht vorhandene Ausbildungsplatz vor Ort oder die Arbeitsaufnahme weit weg vom Wohnort sind die Gründe für den Schwund beim Feuerwehrnachwuchs.
In der Folge ist die notwendige Anzahl von Einsatzkräften häufig nicht mehr gegeben. Zum einen leidet darunter die Einsatzbereitschaft, zum anderen geht durch die planmä
ßige Zusammenführung mehrerer Ortsfeuerwehren bei einem Einsatz Zeit verloren, deren Verlust nicht mehr wettzumachen ist. Das ist wichtige Zeit, zum Beispiel für die Menschenrettung.
Wir brauchen vor allem eine bessere Anerkennung des Ehrenamtes der derzeitigen Einsatzkräfte.
Eine kurzfristige Maßnahme, um die Einsatzfähigkeit der Freiwilligen Feuerwehren zu stärken, liegt in einer klaren Definition ihrer notwendigen Aufgaben. Beispielsweise rücken die Feuerwehren stets bei Verkehrsunfällen aus, wenn es Ölteppiche zu beseitigen gilt. Dafür gibt es aber Spezialfirmen. Weiterhin würde eine sinnvollere Festlegung der Aufgaben zwischen den Einsatzkräften die Feuerwehren bedeutend entlasten und ihnen helfen, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren. Niemandem wird zu vermitteln sein, dass ein Haus abbrennen muss, weil der Leiterwagen der ortsansässigen Feuerwehr mit dem Einfangen einer Katze beschäftigt war und die nächstgelegene Feuerwehr zu lange zum Brandort fahren musste.
Viertens. Zu klären ist vor allem die Frage: Soll das Einrittsalter bei der Jugendfeuerwehr auf unter zehn Jahre gesenkt werden oder sollen Kinder dieses Alters mithilfe von Vorbereitungsgruppen in Strukturen der Feuerwehr eingebunden werden? Der Sächsische Feuerwehrverband, wie zum Beispiel auch der Hessische Feuerwehrverband, lehnt eine generelle Absenkung des Eintrittsalters ab. Es ist vor allem eine Frage – Herr Pietzsch hat darauf aufmerksam gemacht – des Versicherungsschutzes und auch der körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung des Kindes. Deswegen ist die Regelung der möglichen Ausnahme bei der Abweichung von der Mindestaltersgrenze eine gute Regelung im Sächsischen Brandschutzgesetz.
So hat der Landesfeuerwehrverband Sachsen uns in dieser Woche die Zahl von 847 Kindern in Sachsen genannt, die – unter zehn Jahre alt – in der Jugendfeuerwehr organisiert sind.
Was ungeklärt ist, ist der Unfallschutz. Gegen Vorbereitungsgruppen für Jugendfeuerwehren mit den notwendigen ausgebildeten pädagogischen Betreuungspersonen hat unsere Fraktion nichts einzuwenden, solange sie nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung der Kinder- und Jugendhilfe betrachtet und gefördert werden.
In der Zusammenfassung will ich noch einmal betonen, dass wir dem heutigen Antrag der FDP zustimmen werden. Ob wir dann einer notwendigen Gesetzesänderung zustimmen werden, machen wir von den von mir aufgezählten Punkten abhängig.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das seit einigen Wochen vorliegende und heute zu diskutierende Konzept für die Reform der Zollverwaltung ist das Ergebnis der Arbeitsgruppe der vom Bundesministerium der Finanzen eingesetzten Projektgruppe Strukturentwicklung Zoll. Daraus geht hervor – wir haben es gerade gehört –, dass sich die operativen Aufgaben auf die Ortsbehörden verlagern sollen. Damit soll eine Neuausrichtung und Straffung der Mittelbehörden, also der zukünftigen Bundesfinanzdirektionen, erreicht werden. Deren Schwerpunktaufgabe wird neben der landesweiten zentralen Zuständigkeit für eine Facheinheit die Rechts- und Fachaufsicht mit regionalen Zuständigkeiten für ihren Bezirk sein. Danach werden bundesweit fünf Bundesfinanzdirektionen mit zugeordneten Bezirken in Hamburg, in Potsdam, in Köln, in Neustadt an der Weinstraße und in Nürnberg errichtet.
Seit Anfang 2006 – Herr Bräunig sagte es bereits – steht nun die Schließung der Zoll- und Verbrauchsteuerabteilung der Oberfinanzdirektion Chemnitz fest. Somit ist klar: Die Koalition kommt zu spät mit ihrem Antrag. Den Schaden haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zollverwaltung Sachsen.
Wir als Linke sind der Ansicht, dass mit der Verlagerung der Aufgaben weg von den bisherigen acht Zoll- und Verbrauchsteuerabteilungen der Oberfinanzdirektionen und hin zu künftig fünf Regionaldirektionen als Mittelinstanz vor allem Einsparungseffekte erzielt werden sollen. Dies ist jedoch ohne erkennbares Konzept, wie den real gestiegenen Anforderungen an den Zoll materiell und personell zu begegnen ist. Im Zuge der Reform sollen die Oberfinanzdirektionen Cottbus, Hamburg, Köln und Nürnberg aufgelöst werden. Damit werden auch die Abteilungen Finanzkontrolle – in dem Fall die Abteilung Schwarzarbeit – einschließlich ihrer Außenstellen sowie die Zoll- und Verbrauchsteuerabteilungen bei den Oberfinanzdirektionen Hannover, Karlsruhe, Chemnitz und Koblenz schlichtweg wegrationalisiert. Ich verwende bewusst diese Formulierung, denn wie so oft werden mit dem Argument der Effizienzsteigerung Einsparungen oder – anders ausgedrückt – Mittelkürzungen verschleiert.
Das Credo der Großen Koalition in Berlin zu diesem Thema, ähnlich dem von Rot-Grün, welches einst diese Reform angeschoben hat, lautet: Alles soll effizienter werden. Die Folgen ähneln den bisherigen Reformen: Alles wird aufwendiger und komplizierter.
Wir wenden uns gegen die generelle Vorgabe, 2 % an Personal einzusparen. Herr Bräunig, ich muss Ihnen widersprechen. Sie sagten, es gebe keinen Personalabbau. Diese Vorgabe kommt aus dem Bundesfinanzministerium, das bei Bundesbehörden generell Personaleinsparungen durchsetzen will.
Wir als Linke wenden uns entschieden gegen diese Rasenmähermethode, sind doch die Beamtinnen und Beamten schon jetzt mit einer hohen Anzahl an Überstunden konfrontiert. Auf der Seite der Arbeitszeit gibt es also
nichts mehr zu optimieren. Wenn nun Stellen im Rahmen der Reform abgebaut werden, wird die Arbeitsfähigkeit des Zolls weiter beeinträchtigt. Hierin deckt sich unsere Argumentation auch mit der Forderung der Gewerkschaft BDZ, also der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft im Deutschen Beamtenbund. Wir stimmen mit den Zielrichtungen des Antrages der Fraktionen der CDU und der SPD darin überein, dass der Zollstandort Sachsen erhalten bleiben soll. Er soll nicht nur deshalb erhalten bleiben, weil mit der Reform in Sachsen Arbeitsplätze abgebaut werden, sondern weil auch hier eine weitere Reform nur aus Kostendruck bewerkstelligt wird, dem mit dem Personalabbau nachgegeben wird, weil von den Frauen und Männern des Zolls bei immer schlechteren Strukturvoraussetzungen wieder mehr geleistet werden soll.
Daher lehnen wir die von der Großen Koalition in Berlin geplante Reform ab und sprechen uns für den Erhalt eines arbeitsfähigen Zollstandortes in Sachsen aus. Wir stimmen mit dem Finanzminister Dr. Horst Metz überein – was selten genug ist –, wenn er ausführt – ich zitiere –: „Eine starke Zollverwaltung für den Freistaat Sachsen ist von großer Bedeutung. Bei einem Wegfall des Zollstandortes Sachsen gehen wichtige Arbeitsplätze verloren.“
Auch hoch qualifizierte, Herr Dr. Metz.
Eine weitere besondere Bedeutung für die sächsische Zollverwaltung ergibt sich ebenso aus der Tatsache, dass Sachsen die längsten Grenzen zur Tschechischen Republik und die zweitlängsten zur Republik Polen hat. Auch die Entscheidung für die Nachtflugerlaubnis am Leipziger Flughafen und für die Ansiedlung des DHL-Frachtkreuzes erfordert eine stärkere sächsische Zollverwaltung.
Im Kontext dieser heutigen Debatte erinnere ich außerdem an die bevorstehenden Schließungen von Bundeswehrstandorten in Sachsen. Der Bund ist jedoch in der Pflicht, auf die gleichmäßige Verteilung von Bundesbehörden in den Ländern zu achten, so wie es von der Koalition in ihrem eigenen Änderungsantrag jetzt auch steht. Ihr Antrag dürfte die SPD und die CDU im Deutschen Bundestag zwar nicht erfreuen, aber er ist geeignet, sächsische Interessen im Zollwesen zu wahren. Daher geht der Antrag der Koalition in die richtige Richtung. Deshalb werden wir als Linksfraktion.PDS diesem Antrag zustimmen.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Dacheinsturz der Eislaufhalle in der bayerischen Stadt Bad Reichenhall, der zwölf Kinder und Jugendliche sowie drei Erwachsene das Leben kostete, hat eine heftige Debatte unter Politikerinnen und Politikern, aber auch unter Fachleuten ausgelöst. Die Frage lautet: Was hat neben den Massen von Nassschnee auf dem Flachdach letztlich zum Zusammenbruch der Holzkonstruktion an jenem Nachmittag des 2. Januar 2006 geführt?
Der „Spiegel“, Betroffene und Anwohner sind sich einig: Das Dach war morsch und die Sanierung der Halle seit Langem überfällig. Im „Spiegel“, Ausgabe 2/2006, wird ein Prüfungsingenieur zitiert, der festgestellt hat, dass – ich zitiere – „an mindestens fünf der 20 Bruchstellen vollständig abgelöste Leimverbindungen festgestellt“ wurden. Jedoch lokale wie überregionale Fachleute widersprechen sich, ob die zirka 35-jährige Holzkastenkonstruktion aus Schichtholz, Holzstegen, Nagelpressleimungen sowie Ober- und Untergurten das Gewicht des Nassschnees hätte aushalten müssen. In der Stadtverwaltung muss man sich der Gefahr bewusst gewesen sein, als sie den Sportverein am Unfallnachmittag nicht mehr trainieren ließ und die Halle nach dem Öffentlichkeitsbetrieb eigentlich schließen wollte, um den Schnee auf dem Dach zu beseitigen.
Zwar bleibt das Untersuchungsergebnis der Staatsanwaltschaft abzuwarten, doch wirft die aufflammende Diskussion über die Sicherheitsüberprüfung bereits jetzt ein negatives Schlaglicht auf Gesetzeslücken und schwindende staatliche Verantwortung für die Sicherheit öffentlicher
Gebäude und Anlagen. Während es strenge gesetzliche Vorgaben und Prüfungsmechanismen für die Planung, die Konstruktion und die Errichtung eines Gebäudes gibt, mangelt es an gesetzlichen Regelungen zur Sicherheitsüberprüfung für bestehende Gebäude. Laut Aussage des Staatssekretärs im Hessischen Wirtschafts- und Verkehrsministerium betrifft hier die Sicherheitsüberprüfung vor allem den Brandschutz. Dieses gilt insbesondere für Sonderbauten wie Einkaufseinrichtungen, Schwimm- und Eislaufhallen.
Mit der Übergabe des Schlüssels geht ansonsten jegliche Verantwortung auf den Bauherrn – im Fall Bad Reichenhall auf die Stadt – über.
Nun gehört aufgrund der seit Jahren bestehenden Gesetze die Überprüfung der Sicherheitsstandards zum Beispiel bei Fahrstühlen, Öltanks und Windrädern zu regelmäßiger Selbstverständlichkeit. Für Sonderbauten wie die Eislaufhalle in Bad Reichenhall gilt dies nicht. Hier entscheiden die Geldbörse der Bauherren und deren jeweilige Interessen darüber, ob, wie oft und in welchem Umfang die in ihrer Obhut stehenden Gebäude geprüft und Sicherheitsmängel beseitigt werden. Allein Brückenbauwerke müssen sich nach der Inbetriebnahme regelmäßig einer statischen Überprüfung unterziehen lassen.
Wie schon nach dem Einsturz der Berliner Kongresshalle im Jahr 1980 wird verstärkt die Einführung staatlich geregelter Kontrollen für öffentlich genutzte Gebäude gefordert. So verlangt der Präsident des Deutschen Städtetages und Münchner Oberbürgermeister Christian Ude regelmäßige Kontrollen. Er schlug vor, bei Hallen mit Publikumsverkehr einen festen Turnus vorzuschreiben, und äußerte, dass es einen verhängnisvollen Trend gebe, Kontrollen als überflüssige Bürokratie anzusehen.
Die geltende Bauordnung verlangt unter anderem die Prüfung auf Nichtgefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere von Leben oder Gesundheit und der natürlichen Lebensgrundlagen. Doch verlässt sich der Gesetzgeber darauf, dass die beim Bau auferlegten Sicherheitsvorschriften und statischen Berechnungen auf Jahrzehnte hinaus die Sicherheit der Gebäude garantieren. Hier möchte ich ausdrücklich dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN widersprechen. Denn wenn wir tatsächlich einen TÜV für bestehende Sonderindustriebauten haben wollen, dann kann man nicht appellieren und darum bitten, sondern es müssen gesetzliche Regelungen beschlossen werden. Angesichts der Toten von Bad Reichenhall komme mir keiner mit dem Argument einer Aufblähung der Bürokratie.
Der Ruf nach stärkerer Umsetzung von Kontrolleinrichtungen und nach Verbesserung der Gesetzeslage zur Kontrolle der Sicherheitsstandards bei alternden Gebäuden bleibt folgenlos, wenn im Anschluss an die Gutachten nicht auch Sicherheitsmängel beseitigt werden. Auch Christian Ude warnt eindringlich vor maroder Bau
substanz und befürchtet eine Schließungswelle – Zitat –: „Fast alle Kommunen in Deutschland haben wegen ihrer Haushaltssituation in den vergangenen Jahren Mittel für den Bauunterhalt kürzen müssen“, sagte Ude in den „Ruhr Nachrichten“. Hier müssen wir als Politikerinnen und Politiker gemeinsam gegensteuern.
Ich komme zum Schluss. Tatsächliche Schlussfolgerungen aus der Katastrophe in Bad Reichenhall sind wohl erst möglich, wenn der Untersuchungsbericht mit den tatsächlichen Ursachen des Unglückes vorliegt. Vorher sollte aufgrund dieses bedauerlichen Unglücksfalls – trotz der von mir angerissenen Problemfelder – das Risiko nicht pauschal auf alle Bauten hochgerechnet werden. Die Baufachleute in den Ländern sollten zunächst gemeinsam beraten, ob und in welcher gesetzlichen Vorschrift Änderungsbedarf besteht.
Deswegen geht der Antrag der Koalition in die richtige Richtung, und wir werden diesem Änderungsantrag zustimmen.
Herr Präsident! Herr Schiemann, ich glaube, Ihr Versprecher am Ende entsprach vielleicht doch der Realität. Sie leben nicht in dieser Realität, sondern hier im Landtag. Wenn ich mir die Vorberichterstattung zu der heutigen Landtagssitzung in den sächsischen Medien anschaue, müsste ich meinen, mit dem jetzigen Tagesordnungspunkt werde ein neues Zeitalter in der technischen Revolution begonnen. Wenn man dann noch hört, was Herr Schiemann uns gerade vorgetragen hat, muss man als Betrachter schon den Eindruck erhalten, es gehe um große politische Veränderungen in diesem Land. Dabei geht es weder um die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit noch um die finanzielle Situation der Kommunen im Freistaat noch um die Bildungspolitik im Lande, sondern es geht simpel darum, ob Videotheken und vollautomatische Autowaschanlagen künftig an Sonn- und Feiertagen geöffnet haben dürfen.
Nachdem der Deutsche Bundestag am 29. April 1998 einen Entschließungsantrag zu den Öffnungszeiten der Videotheken gefasst und angeregt hat, eine Öffnung an Sonn- und Feiertagen zu ermöglichen – Zitat: „… weil insoweit eine Schlechterstellung dieses Bereiches im Gegensatz zu allen anderen Arten von Unterhaltung, wie Filmtheater- und Theaterbesuch sowie Besuch von Sportveranstaltungen, vorliegt –, ist es den Ländern freige
stellt,“ – da liegt der Föderalismus drin, den Herr Schiemann angesprochen hat –, „auf eine Änderung der Sonn- und Feiertagsgesetze hinzuwirken.“
Diese Debatte fand im Übringen anlässlich der Novellierung des Filmförderungsgesetzes im Bundestag statt. Der Bundestag erkannte die Videotheken als kulturelle Dienstleistungseinrichtungen an.
Aus den Antworten auf zwei Kleine Anfragen von Mitgliedern meiner Fraktion aus den Jahren 1999 und 2001 geht hervor, dass die Staatsregierung der Meinung war, in Sachsen solle es weiterhin keine Sonntagsöffnungszeiten geben. Herr Schiemann bestätigte das eben nochmals für seine Fraktion. Herr Schommer antwortete 1999, für die Ungleichbehandlung von Videotheken gegenüber anderen Freizeitund Kultureinrichtungen bestehe ein sachlicher Grund. Als Grund wurde der Schutz der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen angegeben.
Ich denke – und so sieht es auch die Mehrheit meiner Fraktion –, mit einer Öffnungsmöglichkeit für Videotheken würden wir auch in Sachsen dem Wandel in der gesellschaftlichen Anschauung über Sinn und Zweck der Sonntage und der gesetzlichen Feiertage und dem deutlich in den Vordergrund getretenen Erholungscharakter Rechnung tragen. Letztlich können mündige Bürgerinnen und Bürger selbst entscheiden, was sie sonntags machen, ob sie diesen Tag damit verbringen wollen, in eine Autowaschanlage zu fahren oder in der Familie oder mit Freunden eine DVD oder ein Video auszuleihen und anzuschauen oder zu einem Spiel einer sächsischen Mannschaft der 2. Bundesliga zu gehen. Letztlich geht es bei den Öffnungen an Sonn- und Feiertagen nicht nur um die Befriedigung von Kundeninteressen, sondern die Erhöhung des Umsatzes der Videowirtschaft trägt auch nicht unwesentlich zur Förderung der neuen deutschen Filmproduktion bei. Je höher der Umsatz ist, desto höher sind die Abgaben an die Filmförderungsanstalt.
Der Hauptinhalt der Tätigkeit der Videotheken ist die Verbreitung von Spielfilmen auf Video bzw. DVD. Videotheken müssen als Dienstleistungseinrichtungen für den Kunden oder die Kundin dann erreichbar sein, wenn er oder sie die meiste Freizeit hat, in der Regel am Sonntag. Die Behauptung, man könne sich doch bereits an einem Werktag entscheiden, ob man am Sonntag einen Film anschauen möchte, geht an dem grundlegenden Freizeitverhalten der Bürgerinnen und Bürger weit vorbei. Das Freizeitverhalten hat sich grundlegend gewandelt. Dass über die Nutzung von Freizeitangeboten fast nur noch sporadisch entschieden wird, wissen wir doch alle selbst. Die Videotheken werden dadurch an Sonn- und Feiertagen als mögliche Form der Nutzung durch filminteressierte Bürgerinnen und Bürger ausgeschlossen. Mit ihrem Filmangebot sind Videotheken heute längst ein Teil des örtlichen Kulturangebotes.
In den Ländern, in denen es Sonntagsöffnungszeiten gibt, nutzen 30 % der Sonntagskunden nur am Sonntag die Videothek. Der Sonntag ist dort zum drittwichtigsten Ausleihtag geworden.
Ich denke, wenn wir in den nächsten Monaten entscheiden, ob wir in Sachsen Sonntagsöffnungszeiten zulassen oder nicht, wird sich für weitere Videotheken eine Öffnung nicht nur an Sonntagen gar nicht mehr rechnen. Wir erleben in den letzten Jahren einen radikalen Wan
del in der Zur-Verfügung-Stellung von Filmen. So ist es heute relativ einfach, über Kabelkanäle oder das Internet bestimmte Filme legal auf den heimischen Fernseher oder Rechner zu laden – ohne Beachtung von Sonn- und Feiertagsöffnungszeiten.
Dass die FDP die Sonn- und Feiertagsöffnungszeiten der Videotheken und die Nutzung der vollautomatischen Autowaschanlagen in einen gemeinsamen Antrag genommen hat, kann man nur damit erklären, dass es um die Sonn- und Feiertagsöffnungszeiten geht. Ansonsten haben beide Probleme doch relativ wenig miteinander zu tun.
Trotzdem ist die Mehrheit meiner Fraktion dafür, in Sachsen die Möglichkeit des Betriebes von vollautomatischen Autowaschanlagen an Sonn- und Feiertagen zu eröffnen.
Ja.
Herr Hahn, ich habe das Interview oder das Statement von Herrn Hähle heute früh nicht gehört, aber er guckt ja jetzt auch etwas verwirrt. Ich gehe davon aus, dass das, was Sie gesagt haben, richtig ist und dass es im Widerspruch zu dem steht, was Herr Schiemann gerade ausgeführt hat.
Trotzdem ist, wie gesagt, die Mehrheit meiner Fraktion dafür, dass in Sachsen die Möglichkeit des Betriebes von vollautomatischen Autowaschanlagen auch an Sonn- und Feiertagen geschaffen werden sollte. Es gibt keinen plausiblen Grund, warum es nicht möglich sein sollte, auch an diesen Tagen die Autowaschanlagen zu nutzen, solange sie nicht ruhestörend in einem Wohngebiet sind.
Ja.
Herr Hahn, ich sehe keinen Unterschied. Es ist keine Debatte, sondern eine Scheindebatte, die da stattfindet, denn es werden Scheinargumente vorgetragen.
Ich möchte zum Schluss noch einmal unsere Argumente für die Sonntagsöffnungszeiten der Videotheken nennen: Erstens. Es ist eine wichtige Maßnahme zur Förderung der gesamten Filmwirtschaft. Zweitens. Die Bürgerinnen und Bürger wollen ihre Freizeit spontan planen. Drittens. Es geht um die Verbesserung des Wettbewerbsumfeldes, da andere Anbieter des Produktionsspielfilmes, wie Kino, Fernsehen, Kabelkanäle usw., bereits sonntags geöffnet haben. Die PDS-Fraktion wird mehrheitlich dem Antrag der FDP zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der vergangenen Woche sagte mir der Bürgermeister von Schneeberg, dass er für den Bundeswehrstandort in seiner Stadt so lange kämpfen wird, solange noch ein Soldat da ist. Dafür habe ich Verständnis. Ich habe auch dafür Verständnis, dass die Kommunalparlamente und die Bürgerinnen und Bürger vor Ort lautstark ihren Unmut gegen eine Standortschließung zum Ausdruck bringen.
Die Kommune vor Ort ist wie so oft in der Politik die Leidtragende bei politischen Entscheidungen, die auf anderen Ebenen getroffen werden.
Was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, ist der Aufschrei von Bundes- und Landespolitikern. Gerade die Bundespolitiker haben überhaupt kein Recht, ein Geschrei zu veranstalten. Der Bundesminister Struck hat den schwarzen Peter. Dabei haben seine Amtsvorgänger die Reformen der Bundeswehr eingeleitet. Der Umbau der Bundeswehr war immer ein zentrales Anliegen von Volker Rühe aus der CDU. In seinen verteidigungspolitischen Richtlinien ging es vor allem darum – Zitat –: „die Aufrechterhaltung des Welthandels und den ungehinderten Zugang zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt zu sichern“. Sein Nachfolger im Amt, Rudolf Scharping von der SPD, baute die Bundeswehr zu einer weltweit interventionsfähigen Armee um. Dazu braucht man Geld – viel Geld. Deswegen werden die meisten Standorte aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen.
Die Bundeswehrreform hat, kurz gesagt, zwei Ziele: eine Reduzierung der Truppenstärke und eine Umwandlung der Bundeswehr in eine Armee, die sich immer stärker auf Auslandseinsätze ausrichtet. Begonnen hat dies – um es allen noch einmal in Erinnerung zu rufen – bereits 1994, als die Bundeswehr in Hauptverteidigungskräfte, die für die Landesverteidigung bereitstehen, und in Krisenreaktionskräfte, die für internationale Einsätze ausgebildet wurden, eingeteilt worden ist. Inzwischen vertei
digt die Bundeswehr laut Peter Struck deutsche Interessen am Hindukusch.
Warum erwähne ich das? Ich mache das, weil in großer Gemeinsamkeit die Bundeswehrreform über Parteigrenzen hinweg, aber gegen die Stimmen meiner Partei, im Bundestag beschlossen worden ist.
Immer dann, wenn der Bundesverteidigungsminister sich als Standortstreichminister hervortut, kommt plötzlich der kollektive, bereits oben erwähnte Aufschrei. Ich bezeichne dies als scheinheilig und verlogen.
In einer Zeit, als Herr Struck wie bereits sein Vorgänger Herr Scharping in den Jahren 2000/2001 seine aktuelle Streichliste vorschlug, stellte die CDU-Fraktion hier im Landtag fast den gleichen Antrag. Er lautete verkürzt: Die Staatsregierung möge sich für den Erhalt der Standorte der Bundeswehr im Freistaat Sachsen einsetzen.
Herr Porsch hat bereits im Sommer 2004 die Vermutung angestellt, dass die CDU-Fraktion ihrer eigenen Staatsregierung nicht traut, weil sie immer wieder dieselben Anträge stellt. Wenn ich mir die Ergebnisse so anschaue, hat die CDU-Fraktion mit ihrem Misstrauen gegenüber der Staatsregierung irgendwie Recht. Doch vielleicht wird es jetzt mit einer neuen Staatsregierung besser, zumal wir auch einen neuen Innenminister haben.
Die Begründung fällt 2004 etwas kürzer aus als noch 2000. Geblieben sind die Argumente: Erstens, die Bundeswehr ist in Sachsen zu wenig präsent und im Vergleich zu anderen Bundesländern haben wir pro Kopf der Bevölkerung zu wenig Soldaten. Zweitens geht es wieder um das Argument, dass die Bundeswehr einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaftsförderung leistet. Das dritte Argument lautet – Zitat aus dem CDU-Antrag –: „Die Bundeswehr im Freistaat Sachsen muss auch weiterhin ihren Beitrag zur Akzeptanz der Bundeswehr erbringen können.“
Nun hört man häufig das Argument, am Standort Schneeberg, der in den letzten Jahren umfangreich saniert worden ist, würden mit der Schließung des Standortes Steuergelder zum Fenster hinausgeworfen oder würde – wie Herr Colditz das eben sagte – Geld in den Sand gesetzt.
Habe ich da etwas falsch verstanden? Das Geld ist doch verbaut worden. Es sind Aufträge ausgelöst und realisiert worden. Handwerker vor Ort haben einige Jahre gut leben können. Der Staat hat einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor geschaffen und erklärt nun: Wir geben unser Geld woanders aus. Das kann man natürlich kritisieren, weil das keine Nachhaltigkeit ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion! Ihre Fraktion hat doch im Bundestag zugestimmt, dass neue Großraumtransportflugzeuge für die Bundeswehr angeschafft werden sollten.
Rund 5 Milliarden Euro werden sie kosten. Wollen wir einmal gemeinsam ausrechnen, wie lange man davon weiterhin den öffentlich geförderten Beschäftigungsstandort Schneeberg und andere auf der Liste der Schlie
ßungen oder Reduzierungen in Sachsen stehende Standorte betreiben könnte?
Es wird immer angeführt, dass ein großer Kaufkraftverlust für Schneeberg eintritt, wenn der Standort geschlossen wird. Weder ich noch irgendjemand anderer aus meiner Fraktion werden dies abstreiten wollen. Nur sollten wir wenigstens in diesem Hohen Haus ehrlich sein. Die Hälfte der am Standort Schneeberg stationierten Armeeangehörigen befindet sich in der Regel im Auslandseinsatz. Auch die Ausbildung der Gebirgsjäger ist in der Regel außerhalb von Schneeberg, ja außerhalb von Sachsen, nämlich in Bayern.
Wieso kommt man eigentlich auf die Idee, dass sich Militär nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten für eine Region entscheiden wird? Militär wird dies immer nach militärpolitischen Gesichtspunkten tun, zumal dann, wenn die Politik dazu die Vorgaben macht. Oder wollen wir hier im Landtag dafür Sorge tragen, dass zum Beispiel die Stadtwerke von Schneeberg den Strom und die Wärme zu einem niedrigeren, von uns subventionierten Preis abgeben? Ergibt sich daraus vielleicht der Standortvorteil, mit dem dann das militärische Management davon zu überzeugen wäre, den Standort Schneeberg nicht aufzugeben?
Friedrich Schorlemmer hat im Zusammenhang mit dem 9. November 1989 von einem Glücks- und Versäumnistag gesprochen. Versäumt wurde in den letzten Jahren eine tatsächliche Reform, nämlich die, die Abschaffung der Bundeswehr als militärische Einheit in Angriff zu nehmen. Die Abwicklung der NVA und die Reduzierung der Bundeswehr von über 500 000 Mann auf zirka die Hälfte war der richtige Schritt. Aber auch hier bleiben wir, wie bei vielen Reformen in diesem Land, auf der Hälfte des Weges stehen. Unter den heutigen Verhältnissen in Europa wäre es konsequent, dass die Bundeswehr weiter radikal schrumpft. Bei Deichbauarbeiten braucht kein Mensch eine Maschinenpistole.
Die PDS-Fraktion ist für den Erhalt der Bundeswehrstandorte in Sachsen so lange, bis andere Lösungen gefunden werden, die in Bezug auf Wirtschaftskraft und die soziale Situation in der Region gleichwertig sind.
Eine Bundeswehrreform, die einzig und allein militärischen Gesichtspunkten folgt und nicht die strukturpolitischen Folgen für die Region berücksichtigt, ist eine halbe Reform.
Trotzdem werden wir diesem Antrag wie auch schon im Jahr 2000 und im Sommer dieses Jahres nicht zustimmen können, weil er die wichtigste Aufgabe vergisst: Es geht vor allem um die Konversion. Dies würde Strukturentwicklung bedeuten. Daraus würden neue Aufträge für sächsische Unternehmen und Arbeit für Sächsinnen und Sachsen entstehen. Wir fordern ein Bundeskonversionsprogramm. Damit sollen die Folgen der aktuellen Bundeswehrreform kompensiert werden. Es muss um eine angemessene Kompensation gehen, um Entlastungsinstrumente für die betroffenen Regionen und Kommunen unter Beachtung der kommunalen Mitwirkungsrechte. Hier befindet sich die PDS-Fraktion in völliger Übereinstimmung mit Staatsminister Tillich, der am 16. Februar
2001 im Bundesrat eine finanzielle Abfederung durch den Bund als zwingend erforderlich ansah.
Der grüne Regierungspartner in Berlin sieht es ebenfalls so – ich zitiere Herrn Nachtweih, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –: „Zugleich bleibt der Bund in Mitverantwortung für die Folgen seines Tuns. Standorte in ausgesprochen strukturschwachen Gebieten dürfen nicht einfach hängen gelassen werden.“ Aus Sicht der PDS-Fraktion wäre die Einsetzung eines Bundeskonversionsbeauftragten, der Hilfestellung beim Konversionsprozess leistet, unabdinglich, zumal es auch hier bereits einen wahrhaften Dschungel von Fördermöglichkeiten, auch auf europäischer Ebene, gibt.
Begreifen wir endlich die Bundeswehrreform als Chance und versuchen wir nicht in regelmäßig wiederkehrenden Ritualen Kommunen neue Hoffnung auf den Erhalt ihres Standortes zu machen!
Wenn ich am Schluss noch einmal auf den Standort Schneeberg zurückkomme, dann deshalb, weil in unmittelbarer Nachbarschaft das Kurbad Schlema liegt. Dort ist seit 1990 in vorbildlicher Art und Weise Konversion betrieben worden. Die vor allem aus militärischen Gründen verursachten Schäden aus dem Uranbergbau sind fast völlig beseitigt. Wer hätte dem – Zitat – „Tal des Todes“ 1990 eine wirkliche Überlebenschance gegeben? Es geht darum, jetzt gemeinsame Alternativen für zu schließende Bundeswehrstandorte zu finden.
Frau Präsidentin! Wir sind der Meinung, dass der Antrag der CDU-Fraktion, der schon zweimal in diesem Parlament gestellt worden ist und nicht zu dem Erfolg geführt hat, wie ihn Herr Colditz will, dass nämlich die Standorte erhalten bleiben, durch unseren Antrag erweitert wird um das, was wir fordern. Herr Colditz, es ist nun wirklich kein Waffenstrecken, sondern es ist ein Aussetzen. Man kann zumindest erst einmal Waffengleichheit herstellen, wenn wir schon in dieser Militärsprache bleiben wollen. Deswegen ist es unser Antrag, dass die Schließungen ausgesetzt und die Verhandlungen aufgenommen werden sollen, um anschließend eine Konzeption für die dann wirklich zu schließenden Standorte vorzulegen, bevor es dazu kommt.
Es kann nicht sein – in der Frage gebe ich Ihnen wirklich Recht –, dass Herr Struck erst verkündet, welche Standorte geschlossen werden sollen, und im Januar werden erst die betroffenen Kommunen nach Berlin eingeladen, um mit ihnen darüber zu reden. Ich denke, darüber werden wir einer Meinung sein.
Wir denken, dass der FDP-Antrag nicht weit genug geht. Sie haben heute schon ein paarmal selbst festgestellt, dass die Staatsregierung ihre Verhandlungsergebnisse nicht erzielen wird. Deswegen sollten wir das Wort
„Verhandeln“ schon nicht hier hineinschreiben und bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen.