Klaus Baier

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über Selbstmord spricht man sicherlich nicht gern; denn oft bleiben bei den Hinterbliebenen Schuldgefühle, Vorwürfe und offene Fragen zurück. Somit sind wir uns bewusst, wenn wir heute den Antrag auf Erstellung eines Suizid-Berichts einbringen, ein sensibles Thema zu berühren. Dennoch sieht meine Fraktion hier Handlungsbedarf, da allein aufgrund schlechterer sozialer Rahmenbedingungen in den neuen Bundesländern und zunehmender sozialer Hoffnungslosigkeit nicht ausgeschlossen werden kann, dass dies zunehmend Ursachen sind, welche Menschen zu solch einer Verzweiflungstat treiben.
Ich erinnere nur an das Jahr 1991, als sich in Sachsen nach offiziellen Angaben 1 435 Menschen das Leben nahmen. Wissenschaftler um Prof. Werner Felber von der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention vermuteten hier einen engen Zusammenhang mit der damaligen massenhaften Schließung von Betrieben. Nur der offene Umgang der Gesellschaft mit diesem Thema sowie die Bereitschaft des Einzelnen, mit verzweifelten Menschen behutsam umzugehen, können Selbstmorden vorbeugen.
Sicherlich zeichnete sich in den letzten 20 Jahren ein leichter Rückgang an Selbstmorden ab. Dennoch ist die Zahl der Menschen, welche durch Suizid aus dem Leben scheiden, immer noch erschreckend hoch; denn in Deutschland nehmen sich immer noch zirka 11 000 Menschen jährlich das Leben. Die Dunkelziffer liegt sicher bedeutend höher, Experten schätzen um 25 %; denn besonders hinter Verkehrs- und Drogentoten verbirgt sich ein erheblicher Anteil unerkannter Suizide.
Trauriger Spitzenreiter unter den Bundesländern ist der Freistaat Sachsen, in welchem sich allein im letzten Jahr 767 Menschen das Leben nahmen. Geht man davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Selbstmorde um 25 % höher liegt, waren es vermutlich sogar 960 Menschen. Dies sind bedeutend mehr Tote, als zum Beispiel im Jahr 2004 jeweils an den Folgen von Verkehrsunfällen, Drogenmissbrauch oder Aids starben. Da Selbstmorde am
häufigsten unter älteren Menschen vorkommen, könnte auch die demografische Entwicklung mit ihrer Veränderung der Altersstruktur in Zukunft einen negativen Einfluss auf die Suizidrate im Freistaat haben.
Leider gibt es keine verlässlichen Erhebungen darüber, in welchem Zusammenhang Freitod und soziale Perspektivlosigkeit stehen. Diese aber wären eine wichtige Arbeitsgrundlage, um die erforderlichen Schlüsse ziehen zu können. Eine solche Erhebung wäre die Grundlage für die jeweiligen Fachpolitikbereiche, um das Problem „Suizid aus sozialer Perspektivlosigkeit“ zielgerichtet angehen, erforderliche Präventionsmaßnahmen ausarbeiten und somit vielleicht vielen Menschen das Leben retten zu können.
Daher bitte ich Sie um die Zustimmung zu unserem Antrag.
Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeder Mensch braucht hin und wieder, sei es für kurze oder für lange Zeit, vorübergehend oder für immer, fremde Hilfe. Diese wird allerdings entsprechend den verschiedenen Lebenssituationen gern unterschiedlich benannt. Bei Säuglingen und Kleinkindern scheut sich niemand, von Pflege zu sprechen. Das Gleiche gilt nach Unfällen oder Operationen. Doch wie sieht es im Alter aus?
Hier finden wir bereits sprachliche Abstufungen. Man hört, dass der Betroffene von gelegentlicher Unterstützung oder gelegentlicher Hilfe spricht. Vielen alten Menschen ist es unangenehm, sogar peinlich, sich als pflegebedürftig zu bezeichnen.
So geht es auch vielen Menschen, die aufgrund einer Behinderung ihr Leben lang auf fremde Hilfe angewiesen sind. Niemand möchte gern gepflegt werden, denn Pflege macht abhängig, macht unselbstständig, und wer Pflege braucht, scheint schwach zu sein.
Für uns Nationaldemokraten sind soziale und Pflegeleistungen aber keine Almosen, für die sich die Bedürftigen schämen müssen, sondern ein Recht und ein Anspruch.
Ich habe die letzten 20 Jahre hauptberuflich im Rettungsdienst und in der Alten- und Krankenpflege gearbeitet, davon zehn Jahre als Pfleger und Geschäftsführer in einem privaten Krankenpflegedienst. Somit kenne ich mich im Pflegebereich ganz gut aus und denke, ich weiß, wo der Schuh drückt.
So wird zum Beispiel die Einstufung in eine Pflegestufe nach bestimmten Kriterien wie pauschalen Zeitvorgaben für die notwendige Hilfe bzw. Pflegeleistung vorgenommen. Hier steht nicht etwa der pflegebedürftige Mensch im Vordergrund, sondern es sind Punkte, Zahlen und Zeiten. Wem auch nur ganz wenige Punkte, Zahlen oder einige Minuten dieser pauschale Vorgaben pro Tag fehlen, der erhält halt keine oder keine höhere Pflegestufe. Der Bedürftige muss dann auf die dringend benötigte Hilfe verzichten oder diese aus eigener Tasche bezahlen, was für viele aber unmöglich ist.
Die Relationen zwischen Zeitvorgaben und der Bezahlung der zu erbringenden Leistung haben sich in den letzten Jahren ebenfalls zuungunsten der Pflegebedürftigen entwickelt. Um wenigstens einigermaßen wirtschaftlich arbeiten zu können – denn auch Angestellte in der Pflege müssen bezahlt werden, Herr Pellmann, auch in der privaten –, bleibt kaum noch Zeit für ein paar nette Worte oder dafür, über Probleme, Sorgen und Ängste der Pflegebedürftigen zu sprechen.
Hier möchte ich noch einmal Herrn Pellmann kritisieren. Sie sprachen sich gegen Privatisierung in der Pflege aus,
und zwar aus Gründen des Gewinns oder des Profits. Das ist nicht richtig. Die meisten privaten Pflegeeinrichtungen, besonders in der ambulanten Pflege, arbeiten zu niedrigeren Tarifen als gemeinnützige. Oder glauben Sie, Sozialstation, Arbeiterwohlfahrt oder Diakonie arbeiten für Gotteslohn? – Nein.
Da die Rahmenbedingungen für eine menschenwürdige Pflege immer mehr aus den Fugen geraten sind, kommen für die Pflegekräfte zu der sowieso schon schweren körperlichen Belastung oft noch seelische Konflikte hinzu. Der Bund der Pflegeversicherten hat ausgerechnet, dass bereits jetzt BRD-weit rund 135 000 Pflegekräfte
fehlen. Aber unter diesen Umständen werden sich wohl immer weniger Menschen für eine Arbeit in der Pflege entscheiden.
Spürbare Anhebungen der Pflegesätze waren in den letzten zehn Jahren auch nicht zu erkennen – und dies bei stetig steigenden Betriebskosten. Ich nenne noch ein Beispiel: Nehmen wir die früher an Pflegeeinrichtungen einmal jährlich ausgezahlte Investitionskostenzulage, welche sich an der Anzahl der nach SGB XI zu Pflegenden orientierte. Diese wurde kurzerhand gestrichen und soll von den Pflegeeinrichtungen nun auf die Bedürftigen umgelegt werden. Hinzu kommt ein absurder bürokratischer Aufwand, zum Beispiel in der Pflegedokumentation. Jede noch so kleine Pflegeleistung muss schriftlich festgehalten werden. Leidtragende sind wiederum die Alten und Kranken, denn alles geht von der Zeit ab, die eigentlich für diese verwendet werden könnte und sollte.
Die meisten zu Pflegenden haben ihr Leben lang gearbeitet, Kinder groß gezogen, die Steuer und Beiträge für Krankenkassen gezahlt, Beiträge, mit denen sie sich eigentlich Anspruch auf Pflege und Hilfe im Alter oder bei Krankheit erworben haben und nun zumindest um einen Teil davon betrogen werden.
Ich habe mich auch mit Pflegekräften aus stationären Bereichen unterhalten. Diese klagen ebenfalls ihr Leid über zunehmende Bürokratie, schlechte Personalschlüssel sowie darüber, dass immer mehr ausgebildete Fachkräfte durch ungelernte Hilfskräfte ersetzt werden. Warum? – Natürlich auch wieder, um Kosten zu sparen. Auch das geschieht sicherlich nicht zum Wohle, sondern eher zum Nachteil der Patienten und Pflegebedürftigen.
Es wird anscheinend völlig vergessen, dass die Pflege von Menschen nicht immer kurz, unter Zeitdruck und wie am Fließband durchgeführt werden kann. Die Bundesregierung hat zwar einen Zehn-Punkte-Plan zum Abbau des Bürokratismus in Pflegeheimen vorgelegt, aber ich glaube, hierbei handelt es sich eher um eine Willensbekundung ohne spürbare praktische Umsetzung.
Um auf den Punkt zu kommen: Wir brauchen einen Abbau der bürokratischen Hürden. Die Kriterien zur Eingliederung in die Pflegeversicherung müssen gelockert werden und es muss einfach mehr Geld für Pflegebedürftige bereitgestellt werden. Dies ist aber kaum zu bewerkstelligen, indem zum Beispiel Frauen, die Kinder groß gezogen haben, dann, wenn diese Kinder aus dem Haus sind, zur Kasse gebeten werden, um höhere Beiträge in die Pflegeversicherung einzuzahlen. Das, meine Damen und Herren der SPD, waren Ihre Forderungen auf Bundesebene. Solche Forderungen sind nicht sozial. Das ist asozial.
Unter den von mir aufgeführten Punkten würde auch meine Fraktion die Haltung der Staatsregierung in dieser Frage interessieren. Wir werden dem Antrag der Linksfraktion.PDS zustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fast genau zwei Jahre nach der Regierungserklärung von Bundeskanzler Schröder fand man sich heute unter anderem deshalb zusammen, um über die Auswirkungen der Agenda 2010 auf den Freistaat zu sprechen. Vielleicht ist es manchen entgangen, aber das haben wir bereits mehrfach getan. Allein die Debatten um Hartz IV und den jüngsten Konjunkturbericht sind nicht völlig losgelöst von der Agenda 2010 zu betrachten. Eine solche Debatte macht aus unserer Sicht aber nur dann Sinn, wenn die Staatsregierung als Grundlage dieser Debatte ihre Erkenntnisse und insbesondere daraus resultierend aus ihrer Sicht zu ziehende Konsequenzen schildert. Ich möchte über den Freistaat hinausblickend feststellen, dass es sich bei der Agenda 2010 um ein neoliberalistisches Reformprojekt handelt, welches dem Markt der Verpflichtung, sozial zu sein, entgleitet und die Sozialstaatlichkeit der Bundesrepublik gefährdet.
Weil das Thema soziale Gerechtigkeit nicht nur allein ein Thema des Freistaates ist, sondern die gesamte Republik angeht, muss so eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema auch eine Grundsatzdiskussion zu den Grundzügen des Reformvorhabens sein, die zum Ziel hat, sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob dieses Haus gewillt ist, sich
für einen politischen Paradigmenwechsel stark zu machen oder nicht.
Worüber reden wir eigentlich beim Stichwort Agenda 2010? Wir reden über die Kürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld, die Herabsetzung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau, wir reden über Eintrittsgebühren in Arztpraxen, höhere Zuzahlungen der Versicherten bei Therapien, bei Medikamenten und die komplette Streichung einiger Leistungen aus dem Katalog der Krankenkassen. Wir reden über die Aushöhlung flächentariflicher Standards und die Einschränkung von Arbeitnehmerrechten, so zum Beispiel beim Kündigungsschutz. Wir reden über eine Politik, die Arbeitnehmer und sozial Schwache belastet, während sie sich gegenüber der Wirtschaft nach wie vor mit unverbindlichen Appellen begnügt. Kurzum, wir reden über einen beispiellosen Sozialabbau und Sozialraub dieser rot-grünen Bundesregierung. Geschuldet ist dies natürlich stets irgendwelchen Sachzwängen, zumeist im Zusammenhang mit einer globalen Wettbewerbsfähigkeit, die uns Tag für Tag sowieso schon mit Pauken und Trompeten um die Ohren gehauen wird.
Nachdem man jahrelang dem demografischen Zusammenbruch unseres Volkes tatenlos zusah und sich in einem internationalen Steuersenkungswettlauf bei den Unternehmen ereiferte, besitzt dieselbe Klientel heute die Stirn, nach einer breiteren Finanzierungsgrundlage für die sozialen Sicherungssysteme zu schreien. Auffallend ist auch, dass für diese fragwürdigen Sozialmodernisierer als Finanzierungsbasis zur sozialen Gerechtigkeit niemals Vermögen und Kapitaleinkommen infrage gestellt wurden. Dr. Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zufolge werden aber in anderen Ländern Einkommen, Gewinn sowie Vermögen weitaus stärker steuerlich belastet als in Deutschland.
Ich möchte noch im Zusammenhang mit der Agenda 2010 auf den aktuellen Konjunkturbericht verweisen. Da das Reformprojekt Agenda 2010 die Ärmsten der Gesellschaft trifft, bleiben die Auswirkungen auf die Binnenkonjunktur natürlich nicht aus. Vor der Belastung der Kaufkraft durch die Agenda 2010 haben wir seinerzeit gewarnt.
Nein.
Auch der aktuelle Konjunkturbericht der IHK Sachsen bestätigte uns, wie wir in einer der letzten Sitzungen feststellen konnten.
Abschließend möchte ich noch den kleinen Koalitionspartner der Staatsregierung daran erinnern, dass selbst Ihre Parteigenossin Sigrid Skarpelis-Sperk – das spricht sich ähnlich aus wie Skinheads Sächsische Schweiz –
die Agenda 2010 als ökonomisch unvernünftig betrachtet, da sie zu mehr Massenarbeitslosigkeit und weniger Wachstum führt.
Nein. Vor diesem Hintergrund ist es das Interesse der NPDFraktion, künftig ihr ökonomisches Vernunftverhalten bei der Regierungsarbeit aufmerksam zu begleiten, besonders reizvoll.
Meine Frage betrifft das öffentliche Auslegen von Schriftmaterial linksextremistischer Organisationen und Vereine. Die erste Frage: Nach welchen Gesichtspunkten sollten entsprechend der Gemeindeordnung in den Kommunen und Landkreisen Materialien – zum Beispiel Info-Broschüren – öffentlich für den Bürger ausgelegt oder zur Verfügung gestellt werden?
Die zweite Frage: Wie verhalten sich die Rechtsaufsichtsbehörden, wenn kommunale Verantwortungsträger in kommunalen Einrichtungen Materialien von linksextremistischen Personen, Organisationen bzw. Vereinen öffentlich auslegen und damit dem Bürger anbieten?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren der demokratischen Parteien! Unter bürgerschaftlichem Engagement verstehen wir in erster Linie eine gelebte Solidarität, bei welcher das Gemeinwohl und nicht das Eigeninteresse im Vordergrund steht. Die Motivation der Menschen für ein solches sollte eine der Hauptaufgaben aller Verantwortlichen in Politik, Bildung, Kultur, Umwelt, Sport und auch in der Arbeitswelt sein. Es steht außer Frage, dass bei uns in Sachsen über eine effektivere Ehrenamtsförderung nachgedacht werden muss. In diesem Sinne begrüßen wir die Äußerung von Frau Orosz vom 28.4.2004, eine bessere Abstimmung der verschiedenen Projekte für ehrenamtlichen Einsatz vornehmen zu wollen. Uns würde aber interessieren, welche
Schritte durch die Staatsministerin bisher in diese Richtung unternommen wurden.
Bis zu einer Neufassung durch das Staatsministerium für Soziales darf es unter keinen Umständen zu einer Einstellung der Ehrenamtsförderung kommen. Es wäre sicher das falsche Signal, wenn aufgrund bürokratischer Hürden der ehrenamtliche Einsatz im Freistaat Sachsen geschmälert würde.
Daher wird unsere Fraktion den vorliegenden Antrag unterstützen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Ich bin im Erzgebirge in der Nähe von Schneeberg beheimatet. Deshalb berührt mich das Thema besonders. Die vom Bundesverteidigungsministerium angekündigte Schließung zahlreicher Bundeswehrstandorte im Freistaat Sachsen ist aus Sicht der NPD-Fraktion völlig inakzeptabel, vor allem wenn man weiß, dass zu den Einsparorgien hierzulande gleichzeitig eine geradezu halsbrecherische Aufrüstung der Bundeswehr für künftige weltweite Interventions- und Angriffseinsätze betrieben wird. Dieser sicherheitspolitische Kurs, den die rot-grüne Bundesregierung hier vorgibt, ist nicht nur außenpolitisch unverantwortlich, sondern vor allem grundgesetzwidrig. Müssen ausgerechnet wir daran erinnern, dass nicht nur Angriffskriege selbst, sondern allein schon die Planung von Angriffskriegen von deutschem Boden aus laut Grundgesetz unter Strafe stehen?
Wir haben auch nicht das geringste Verständnis dafür, dass die künftigen Kriseninterventionskräfte mit kostspieligem Hightech-Material hochgerüstet werden, während in der Bundesrepublik selbst nicht nur Standorte geschlossen werden, sondern vor allem militärische Kernkompetenzen und der ganze Bereich der Heimatverteidigung völlig ungeniert preisgegeben werden.
Es gibt aber auch eine ganze Reihe von pragmatischen Argumenten gegen das Streichkonzert des Herrn Struck. Sachsen wäre von den Schließungsplänen des Verteidigungsministeriums überproportional betroffen. Gemessen an der Einwohnerzahl wird es der Streichliste aus dem
Verteidigungsministerium zufolge im Freistaat künftig die niedrigste Anzahl von Bundeswehrdienstposten in ganz Deutschland geben. In puncto Stationierungsdichte läge Sachsen in Zukunft nur noch vor den Stadtstaaten Hamburg und Berlin. Schon derzeit gibt es im Bundesland Sachsen insgesamt nur 9 200 Soldaten und Zivilbeschäftigte. Künftig würden daraus ganze 4 700. Das entspräche einer Reduzierung um fast die Hälfte. Somit entfällt in Sachsen zukünftig nur noch ein Dienstposten der Bundeswehr auf 1 000 Einwohner.
Die Schließungspläne sind betriebswirtschaftlich unsinnig. Im Freistaat Sachsen widersprechen diese Pläne dem vom Verteidigungsministerium selbst vorgegebenen Grundsatz der betriebswirtschaftlichen und militärischen Zweckmäßigkeit.
So wurden allein in die Gebirgsjägerkaserne in Schneeberg, die ebenfalls zur Schließung vorgesehen ist, in den letzten Jahren 51 Millionen Euro investiert. Die mit hohem finanziellem Aufwand instand gesetzte Kaserne in Frankenberg gilt sogar als modernste militärische Einrichtung der Bundeswehr überhaupt, die zudem besonders kostengünstig zu bewirtschaften ist. Hier widersprechen die Schließungspläne jedweder ökonomischer Vernunft.
Unter militärischen Gesichtspunkten ist der Abzug der Bundeswehr aus Sachsen nicht vertretbar. Gerade in Notfällen wie zu den Zeiten der Flutkatastrophen der letzten Jahre hat sich die flächendeckende Präsenz der Bundeswehr im Freistaat als sehr segensreich erwiesen. Im Katastrophenfall sind die Kernkompetenzen des militärischen Apparates, wie rasche Verlegbarkeit und Verfügbarkeit von schwerem Material, unverzichtbar.
Aber auch unter dem Aspekt landläufiger militärischer bzw. terroristischer Bedrohung ist die Ausdünnung der militärischen Infrastruktur in Sachsen verantwortungslos. In besonderem Maße gilt dies etwa für die geplante Stilllegung des Divisionsstabs in Leipzig und des Bundeswehrkrankenhauses in Leipzig-Wiederitzsch mit 445 Beschäftigten. Hinzu kommt, dass bereits jetzt infrastrukturelle Vorkehrungen für den Fall getroffen werden müssen, dass sich die Bundeswehr aus ihren zahlreichen internationalen Missionen wieder zurückzieht. Dies wird spätestens dann der Fall sein, wenn im Deutschen Bundestag eine Neuausrichtung der deutschen Sicherheitsund Verteidigungspolitik vorgenommen wird. Es ist sicherzustellen, dass die dann in die Bundesrepublik zurückzuverlegenden Kontingente eine ausreichende militärische Infrastruktur vorfinden.
Auch die sächsischen Kommunen wurden in die Entscheidungsfindung des Bundesverteidigungsministeriums nicht bzw. nur unzureichend einbezogen. In diesem Punkt war vom Verteidigungsministerium zunächst angekündigt worden, es werde in Abstimmung mit Ländern und Gemeinden eine regional ausgewogene Standortverteilung geben.
Dies ist nicht erfolgt. Viele Bürgermeister betroffener Gemeinden mussten sich über die Schließungspläne in der Tagespresse informieren. Für die betroffenen Kommunen hätte der Abzug der Bundeswehr zum Teil katastrophale Folgen. Viele, vor allem kleinere Standorte im Freistaat leben seit langem von und mit der Anwesenheit militärischer Einrichtungen. Die Bundeswehr ist dort traditionell
der wichtigste Arbeitgeber. Nach Angaben der Kommunalverwaltung Schneeberg hätte der Abzug der Bundeswehr aus der Region einen Kaufkraftverlust von rund 15 Millionen Euro zur Folge.
Auch die Vermarktung bzw. Verpachtung frei werdender Bundeswehrliegenschaften an neue Interessenten ist in ohnehin strukturschwachen Gebieten sicherlich problematisch. Ein Ausgleichsprogramm für die betroffenen Standorte ist das Mindeste, was vom Bund zu fordern ist. Für die sächsische Bevölkerung wäre der Standortkahlschlag ein fatales Signal.
Gemessen am Bundesdurchschnitt sind sächsische Rekruten überproportional häufig an Auslandseinsätzen der Bundeswehr beteiligt. Soldatisches Engagement hat bei jungen Männern im Freistaat einen hohen Stellenwert. Auch bei der Bevölkerung genießt die Bundeswehr wegen ihrer Flutkatastrophen-Einsätze der letzten Jahre hohes Ansehen. Vor diesem Hintergrund sind die Stilllegungspläne des Verteidigungsministeriums ein fatales Signal an die sächsische Bevölkerung.
Die NPD fordert deshalb die einstweilige Aussetzung der Schließungspläne des Bundesverteidigungsministeriums, die Ausarbeitung eines neuen, regional stärker ausgewogenen, betriebswirtschaftlich besser durchdachten und militärisch eher vertretbaren Stilllegungskonzepts, das weder die Heimatschutzfähigkeit noch den Katastrophenschutz vernachlässigt. Für die kleineren, besonders betroffenen Stationierungsorte fordert sie die Ausarbeitung von infrastrukturellen Ausgleichsprogrammen, ferner die Aufrechterhaltung einer glaubhaften militärischen Grundversorgung im Freistaat, insbesondere durch Beibehaltung von Stabs-, Sanitäts- und Kadereinrichtungen.