Svend-Gunnar Kirmes

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Ich tue dies in dem Bewusstsein und in hohem Respekt vor dem 27. Oktober 1990. An jenem Tag vor 23 Jahren und rund 11 Monaten konstituierte sich das erste frei gewählte sächsische Parlament nach der friedlichen Revolution. Der Ereignisse vor 25 Jahren gedenken die Menschen landesweit in diesen und den kommenden Tagen. Was für eine Zeit! Was für ein Auftrag aus dieser Zeit an uns alle!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gemäß Artikel 44 Abs. 3 der Verfassung des Freistaates Sachsen tritt der Landtag spätestens am 30. Tag nach der Neuwahl zusammen. Diese Wahl fand bekanntlich am 31. August 2014 statt. Die vorgesehene Frist ist damit eingehalten. Nach derselben Verfassungsbestimmung wird die erste Sitzung vom Alterspräsidenten einberufen, der diese bis zur Wahl des Landtagspräsidenten leitet.
Das nach Lebensjahren älteste Mitglied des Sächsischen Landtages, Herr Spangenberg, hat auf das Amt des Alterspräsidenten verzichtet und darum gebeten, das nächstälteste dazu bereite Mitglied des Sächsischen Landtags mit diesem Amt zu betrauen. Somit fällt mir dieses Amt zu.
Zu meiner Person: Ich heiße Svend-Gunnar Kirmes. Ich wurde am 19. November 1949 geboren. Mein Geburtsort ist Altenburg. Obwohl diese Stadt nicht zu Sachsen gehört, darf ich versichern: Ich lebe nicht nur in Sachsen, ich bin durch und durch Sachse. Das meine ich bezogen auf mein Zugehörigkeits- und Heimatgefühl, auf meinen Stolz auf das, was in Sachsen geleistet worden ist, und auf meine bewusste Verantwortung für dieses Land, in dem ich exakt seit einem halben Jahrhundert lebe und arbeite.
Ich darf Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten des Sächsischen Landtags, sehr herzlich in diesem Hohen Haus begrüßen und beglückwünsche Sie alle zu Ihrer Wahl.
Mein besonderer Willkommensgruß gilt den 52 erstmals in den Sächsischen Landtag gewählten Abgeordneten. Sehen wir unserer Zusammenarbeit zuversichtlich entgegen! Sie werden neue oder andere Perspektiven, Ideen und Erfahrungen einbringen. Das gehört zu einem demokratischen Gefüge und widerspiegelt auch Erneuerung von Demokratie im Auftrag und in der Verfasstheit von Bürgerinnen und Bürgern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist mir eine große Freude, dass so viele Gäste aus Sachsens Gesellschaft zu unserer konstituierenden Sitzung gekommen sind.
Ein besonderer Gruß gilt den amtierenden Mitgliedern der Staatsregierung und den Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofes.
Ich freue mich ebenso, die Angehörigen des Konsularischen Corps, die Repräsentanten der Kirchen und Religionsgemeinschaften, auch Vertreter der Jüdischen Gemeinde in Sachsen, hier zu sehen.
Ich begrüße weiterhin den Präsidenten des Sächsischen Rechnungshofes, den Sächsischen Ausländerbeauftragten und den Sächsischen Datenschutzbeauftragten.
Schließlich möchte ich es nicht versäumen, die anwesenden Vertreter von Presse, Funk und Fernsehen willkommen zu heißen. Schließlich sind Sie es, die in eigener Freiheit unser Wirken sachlich, kritisch und, so meine ich, auch fair begleiten und hohe Verantwortung dafür tragen, Meinungen, Wissen und Erkenntnisse mit zu formen bei unserem Souverän, den mündigen Bürgerinnen und Bürgern im Freistaat Sachsen.
Vermittlung – das ist für mich ein Schlüssel in unserer hochkomplexen, sich immer stärker individualisierenden Lebenswirklichkeit. Dass Freiheit auch Verantwortung bedeutet, darauf werde ich noch in anderem Zusammenhang, der uns selbst betrifft, eingehen.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten! Diese Anrede, so meine ich, ist im Sinne unserer nun beginnenden Zusammenarbeit in der 6. Legislaturperiode des Sächsischen Landtages angemessen. Sie fällt mir auch leicht; denn diesem Hohen Haus gehören nun keine Mitglieder der NPD mehr an. Das können alle Demokraten nur begrüßen. Denken wir an die historische Lektion des Rechtsextremismus! Extremisten und ihre Sympathisanten überhaupt haben Räume im Blick, die die demokratische Gesellschaft und der Staat freigeben. Es ist unsere Aufgabe als Abgeordnete, entschlossen für eine demokratische Werteordnung einzutreten und immer wieder für sie Partei zu ergreifen – sei es in unserem Hohen Hause oder vor Ort, in den Wahlkreisen.
Meine Bitte, nein, meine Aufforderung lautet deshalb: Arbeiten wir miteinander im grundsätzlichen Konsens gegen extremistische Bestrebungen! Hier sind wir, hier ist unsere gesamte Zivilgesellschaft weiter zu Wachsamkeit und Engagement aufgerufen.
Nehmen wir in unseren politischen Auseinandersetzungen um bestmögliche Entscheidungen für Sachsen Themen, Bedürfnisse und Ängste von Menschen ernst! Wir müssen uns die Mühe machen, Politik noch viel mehr vor Ort zu erklären und anhand von objektivierbaren Maßstäben nachvollziehbar zu machen.
Carl Friedrich von Weizsäcker hat einmal geäußert: „Das demokratische System, zu dem unser Staat sich bekennt, beruht auf der Überzeugung, dass man den Menschen die Wahrheit sagen kann.“
Wahrheit ist nicht einfach; aber sie zu äußern macht glaubwürdig. Der mündige, verantwortungsfreudige
Bürger will und braucht sie. In meinen Augen ist das die beste Art, einer Politikmüdigkeit abzuhelfen.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten! Die Menschen im Freistaat Sachsen haben im zurückliegenden Vierteljahrhundert eine beachtliche Entwicklung hingelegt. Dem liegen mutige Entscheidungen, weitsichtige Politik und ein klarer Kurs zugrunde. Das macht unser weltoffenes, geistreiches, tatkräftiges Sachsen aus.
Sachsen gilt, was wirtschaftliche Kraft, Staatshaushalt, Wissenschaft, Kultur, ja auch Bildungserfolge betrifft, als Primus – nicht nur in den neuen Bundesländern. Das ist kein bloßer Statistikwert, das ist ein Wert für die Menschen, die in unserem Land zu Hause sind. Dieses Niveau zu halten wird nicht einfach werden. Für die Fragen und Herausforderungen unserer Zeit gibt es keine Patentrezepte und keine einfachen Lösungen. Ausgewogenheit, Machbarkeit und Nachhaltigkeit müssen unsere Politik im Freistaat Sachsen bestimmen – nicht zum Selbstzweck, sondern zum Wohle der Menschen hier.
Wir Abgeordneten haben für die nächsten fünf Jahre den Auftrag der Wählerinnen und Wähler erhalten, die Bandbreite an Herausforderungen zu meistern, die die politischen und wirtschaftlichen Umstände für uns bereithalten. Arbeiten wir erfolgreich, ist unser Land erfolgreich, können Menschen hier gut leben und arbeiten. Treffen wir halbherzige oder kurzatmige Entscheidungen, trifft das die Menschen in unserem Land über kurz oder lang. Deshalb ist jeder von uns Mandatsträgern aufgefordert, mit Weitsicht zu denken und zu handeln. Als oberster Prämisse bedarf es zwischen uns einer Kultur der politischen Auseinandersetzung gerade bei schwierigen Entscheidungen.
Nach Artikel 39 der Sächsischen Verfassung sind wir alle unabhängig, frei in unserer Entscheidung und nur unserem Gewissen unterworfen. Den Impetus von Verantwortung in der Freiheit habe ich schon einmal kurz angerissen. Dieses Prinzip gilt für jeden, auch für uns. Jeder von uns hat für die parlamentarische Demokratie zu stehen, ganz gleich, ob er einer künftigen Regierungs- bzw. Koalitionsfraktion oder einer Oppositionsfraktion angehört. Wir sind die vom Volk gewählten Verantwortungsträger. Jeder von uns ist dies nur auf Zeit. Es ist uns auferlegt, im Respekt voreinander in der Sache um die bestmögliche politische Lösung zu ringen. Das kann nicht
konfliktfrei sein, wie wir alle wissen, aber respektvoll im Stil des Miteinanders.
In der Natur der Sache liegt es, dass wir aus diesem demokratischen Verständnis heraus mit Kompromissen umzugehen haben. Kompromiss – das ist kein Schimpfwort, sondern ein Resultat von Demokratie, ein Resultat, hinter dem die Mehrheit steht. Nur so bleibt Politik auch berechenbar.
Ich danke Ihnen.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich bin darüber informiert, dass es zwischen den Fraktionen eine Verständigung hinsichtlich der Frage der vorläufigen Fortgeltung der Geschäftsordnung der 5. Wahlperiode des Sächsischen Landtags gegeben hat. Daher unterbreite ich Ihnen den vorliegenden Beschlussvorschlag: „Der 6. Sächsische Landtag beschließt, die Bestimmungen der Geschäftsordnung des Landtags des Freistaates Sachsen der 5. Wahlperiode vom 29. September 2009, Sächsisches Amtsblatt, Seite 1 887, zuletzt geändert durch die Änderung der Geschäftsordnung vom 20. April 2011, bis zur Verabschiedung einer Geschäftsordnung des 6. Sächsischen Landtags durch Beschluss des Landtags gemäß Artikel 46 der Verfassung des Freistaates Sachsen vom
27. Mai 1992, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Verfassung des Freistaates Sachsen (Verfassungsände- rungsgesetz) vom 11. Juli 2013, einstweilen entsprechend anzuwenden.“
Wird hierzu das Wort gewünscht? – Wenn das nicht der Fall ist, darf ich das zur Abstimmung stellen.
Ich bitte um das Handzeichen, wer damit einverstanden ist, dass wir entsprechend dem eben verlesenen Beschlussvorschlag die Geschäftsordnung des 5. Sächsischen Landtags vorläufig anwenden. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Enthaltungen? – Das ist auch nicht der Fall. Dann können wir mit der konstituierenden Sitzung auf dieser Grundlage fortfahren.
Es gibt eine Wortmeldung am Mikrofon 1.
Vielen Dank. Wir haben die Erklärung der Fraktion DIE LINKE gehört. – Es gibt eine weitere Wortmeldung am Mikrofon 3.
Vielen Dank. Das war die Erklärung der Fraktion DIE LINKE zum Abstimmungsverhalten.
Entschuldigung, der GRÜNEN. Ich war noch beim Vorhergehenden. Ich bitte um Entschuldigung. Es handelte sich um die Fraktion GRÜNE.
Damit können wir mit der Konstituierung fortfahren, nachdem sich die Aufregung über meinen Versprecher gelegt hat. Ich bitte nochmals um Entschuldigung.
Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung benenne ich nach Rückkopplung mit den vorschlagsberechtigten Fraktionen aus den Reihen der Mitglieder des Landtags folgende fünf Abgeordneten zu vorläufigen Geschäftsführern.
Schriftführern.
Einmal raus ist immer raus. Aber ich merke, alle sind sehr aufmerksam und korrigieren mich. Vielen Dank.
Ich ernenne also folgende fünf Abgeordneten zu vorläufigen Schriftführern: Herrn Steve Ittershagen, Frau Ines Saborowski-Richter, Herrn Patrick Schreiber, Frau Anja Klotzbücher, Herrn Henning Homann.
Frau Klotzbücher und Frau Saborowski-Richter, nehmen Sie bitte links und rechts neben mir Platz, damit der vorläufige Sitzungsvorstand gebildet ist.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir fahren mit der Konstituierung des Landtags fort. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 der Geschäftsordnung des 5. Sächsischen Landtags erfolgen nunmehr der Namensaufruf und die Verpflichtung der Abgeordneten.
Nachdem ich Ihnen die Verpflichtungserklärung verlesen habe, wird der Namensaufruf vorgenommen. Ich bitte Sie, sich beim Aufruf Ihres Namens zur Bekräftigung der Verpflichtungserklärung von Ihrem Platz zu erheben und mit „ja“ zu antworten.
Die Verpflichtungserklärung lautet: „Die Mitglieder des Sächsischen Landtags bezeugen vor dem Land, dass sie ihre ganze Kraft dem Wohl des Volkes im Freistaat Sachsen widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm abwenden, die Verfassung und die Gesetze achten, die übernommene Pflicht und Verantwortung nach bestem Wissen und Können erfüllen und in der Gerechtigkeit gegen jedermann dem Frieden dienen werden.“
Ich bitte Sie, nun mit dem Namensaufruf zu beginnen.
Sind jetzt noch Abgeordnete im Saal, die nicht aufgerufen worden sind? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Namensaufruf beendet.
Ich stelle fest, dass 125 Abgeordnete zu unserer 1. Sitzung verpflichtet wurden. Herr Abg. Patt hat sich entschuldigt; seine Verpflichtung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen.
Die Tagesordnung zur 1. Sitzung ist Ihnen zugesandt worden. Gibt es dazu Änderungen oder Widerspruch? – Das stelle ich nicht fest. Insofern darf ich konstatieren, dass die Tagesordnung zur 1. Sitzung des Sächsischen Landtags vorliegt und insofern beschlossen ist.
Ich rufe auf
Tagesordnungspunkt 2
Wahl des Präsidenten
Gemäß Artikel 47 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen berufe ich dazu folgende Abgeordnete in die Wahlkommission: Herrn Thomas Colditz als Leiter, Herrn Falk Neubert, Frau Iris Raether-Lordieck, Herrn Carsten Hütter und Frau Eva Jähnigen.
Zur Wahl des Präsidenten liegt Ihnen gemäß § 3 der Geschäftsordnung der Vorschlag der CDU-Fraktion in der Drucksache 6/1 vor, mit dem Vorschlag, den Abg. Dr. Matthias Rößler zum Landtagspräsidenten zu wählen.
Meine Damen und Herren! Es ist geheime Wahl vorgesehen. Um dieser Vorschrift zu entsprechen, darf ich Sie bitten, die Wahlkabinen – von mir aus gesehen oben links – zu benutzen. Herr Colditz als Leiter der Wahlkommission nimmt vom Rednerpult aus den Namensaufruf vor. Die aufgerufenen Abgeordneten bitte ich, sich nach oben zur Elbseite des Plenarsaals an das Ende der schrägen Rampe zu begeben. Sie erhalten dort den Stimmschein. Sie können sich zu dem vorgeschlagenen Kandidaten durch Ankreuzen in dem entsprechenden Feld für Ja, Nein oder Enthaltung entscheiden. Der Kandidat ist im ersten Wahlgang gewählt, wenn die Mehrheit der Mitglieder des Landtags – das sind 64 oder mehr – für ihn mit Ja gestimmt hat. Die Mitglieder der Wahlkommission bitte ich, ihre Stimmzettel am Schluss abzugeben. Gibt es zu dieser Verfahrensweise Einwände? – Wenn nicht, dann treten wir in die Wahlhandlung ein.
Herr Abg. Colditz, ich bitte Sie, mit dem Namensaufruf zu beginnen.
Nach der Frage der Wahlkommission, auf die sich niemand gemeldet hat, darf ich davon ausgehen, dass die Wahlhandlung abgeschlossen werden kann, wenn die letzten Stimmzettel eingeworfen worden sind.
Nachdem nun alle Stimmzettel abgegeben wurden, darf ich die Wahlhandlung abschließen. Ich schlage vor, dass die Wahlkommission die Auszählung der Stimmen im Saal 2 vornimmt und wir hier auf das Ergebnis warten. Ich bitte Sie, für diese fünf bis zehn Minuten sitzen zu bleiben, damit wir dann gleich fortfahren können.
Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Würden Sie wieder die Plätze einnehmen!
Ich gebe das Wahlergebnis bekannt. An der Wahl des Landtagspräsidenten haben sich 125 Abgeordnete beteiligt. Es waren keine Stimmscheine ungültig. Auf Herrn Abg. Dr. Matthias Rößler entfielen 73 Stimmen.
Mit Nein haben 36 Abgeordnete gestimmt. 16 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Damit hat der Abg. Dr. Rößler mehr als die Hälfte aller Stimmen der Mitglieder des Landtages erhalten und ist zum Präsidenten des Sächsischen Landtages gewählt.
Ich frage Sie, Herr Abg. Dr. Rößler: Nehmen Sie die Wahl an?
Ich danke.
(Beifall bei allen Fraktionen – Übergabe von Blumen an den Präsidenten und Glückwünsche der Fraktionsvorsitzenden der LINKEN, der SPD, der AfD, der GRÜNEN und des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich.)
Bevor damit meine Aufgabe erfüllt ist, bitte ich Sie, nunmehr die Leitung der Sitzung zu übernehmen.
Herr Dr. Rößler, im Namen des ganzen Hauses und ganz persönlich möchte ich Sie zu dieser Wahl beglückwünschen. Ich wünsche Ihnen viel Kraft für und Erfolg bei Ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit.
Jetzt bitte ich Sie nach vorn.