Rudi Wiechmann

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Ich frage die Landesregierung:
1. Wie wirkt sich die vom Deutschen Bundestag zum 1. Januar 2000 beschlossene und in Kraft gesetzte weitere Öko-Steuer kostenmäßig auf den Personennah-, Personenfern-, Werksnah-, Werksfern-, Güternah- und Güterfernverkehr sowie die Mittel- und Kleinbetriebe, die nicht als besonders energieintensiv eingeordnet und damit nicht privilegiert sind, im Lande Sachsen-Anhalt aus?
2. Was gedenkt die Landesregierung angesichts der durch die weitere Öko-Steuer verursachten erheblichen finanziellen Belastungen bei Rentnern, Ruhestandsbeamten, Arbeitslosen, Sozialhilfeempfängern und in der Umschulung befindlichen Arbeitnehmern, die nicht Privilegierte bei der Senkung der Lohnnebenkosten sind, zu tun, um die monatlichen finanziellen Einbußen der vorgenannten Personenkreise in Sachsen-Anhalt auszugleichen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich den Worten der Frau Ministerin und den einführenden Worten des Abgeordneten Herrn Dr. Eckert insofern anschließen, als behinderte Menschen in unserer Gesellschaft nicht auf Barmherzigkeit angewiesen sein sollen. Sie haben in diesem Staat vielmehr einklagbare Rechte.
Kommen wir zum Gesetzentwurf der Fraktion der PDS. Auch bei einem vorsichtigen Umgang mit diesem Entwurf fällt auf, daß die gewählte Überschrift eine unzulässige Bewertung unterstellt. Will die PDS nur diskriminierten behinderten Menschen oder behinderten Menschen in ihrer Gesamtheit einen Platz in der Gesellschaft einräumen, der diesen gesundheitlich doch so geschundenen Mitbürgern gebührt?
Diskriminierung, meine Damen und Herren - das muß ich Ihnen bestimmt nicht erklären -, bedeutet Unter
scheidung, Benachteiligung, herabsetzende Verhaltensweisen gegenüber anderen Menschen und ungleiche Behandlung. Sie knüpft denklogisch an den Vorsatz an. Das ist aber nicht immer der Fall.
Unter diesen Gesichtspunkten von einer Diskriminierung der behinderten Menschen in Deutschland zu sprechen, erscheint so nicht hinnehmbar. Mit diesen Feststellungen aber, meine Damen und Herren, soll keineswegs den fahrlässigen Benachteiligungen der betroffenen Mitbürger das Wort gesprochen werden.
Die fahrlässige Benachteiligung eines Mitbürgers ist jedoch keine Diskriminierung, sondern eine herabsetzende Verhaltensweise, die auf der Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt beruht. Der Entwurf sollte daher folgende Überschrift tragen: „Entwurf eines Gesetzes zur Chancengleichheit behinderter Menschen in Sachsen-Anhalt“.
Damit ist aber nicht gesagt, daß unsere Fraktion mit dem Entwurf unter der geänderten Überschrift konform gehen kann oder sollte. Denn der von der PDS angemeldete Regelungsbedarf ist bis auf Ausnahmen darüber hinaus bundesrechtlich normiert. Das klang in einigen Dingen schon an.
Unzutreffend ist die verfassungsrechtliche Kompetenzanknüpfung. Artikel 32 des Grundgesetzes enthält die Grundvoraussetzungen für die konkurrierende Gesetzgebung. Artikel 72 ist nur im Zusammenhang mit Artikel 74 des Grundgesetzes zu lesen und zu bewerten. Artikel 73 des Grundgesetzes als Gegenstand der ausschließenden Gesetzgebung des Bundes hat mit den Artikeln 72 und 74 nichts zu tun. Aus Artikel 73 des Grundgesetzes würde sich aber zu Lasten des Gesetzentwurfs der PDS ergeben, daß jede landesrechtliche Initiative wegen Verstoßes gegen ausschließliche Bundeskompetenz verfassungswidrig sein würde.
Materiellrechtlich darf nach Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Damit hat der Verfassungsgeber den grundgesetzlichen Auftrag ausgefüllt, Behinderte vor einer Benachteiligung zu schützen. Der grundgesetzliche Auftrag geht dabei weiter als der erste Abschnitt des Entwurfs des Gesetzes für Chancengleichheit und gegen Diskriminierung behinderter Menschen in SachsenAnhalt.
Auch einfachgesetzlich geht das Schwerbehindertengesetz darüber hinaus, was der Gesetzentwurf fordert. Beim Schwerbehindertengesetz kommt hinzu, daß den Bußgeld- und Strafverfolgungsbehörden ein erheblicher Repressionsrahmen nach den §§ 68 ff. des Schwerbehindertengesetzes eröffnet ist. Daraus folgt, daß der Gesetzentwurf der PDS den Behinderten nicht mehr, sondern gegebenenfalls weniger von dem geben will, was der Bundesgesetzgeber den Schwerbehinderten ohnehin zwischenzeitlich eingeräumt hat.
Unsere Fraktion hätte sich dem Vorhaben der Fraktion der PDS annähern können, wenn sich durch die Veranlassung einer Bundesratsinitiative über das Gesetz zur Weiterentwicklung des Schwerbehindertengesetzes hinaus Anhaltspunkte für einen weitergehenden Regelungsbedarf ergeben hätten. Das ist nach meinem Dafürhalten nicht der Fall. Somit entfällt die Zustimmung zu dem Begehren.
Wir werden uns aber als Fraktion niemals berechtigten Verlangen von behinderten Bürgern unseres Landes
verschließen. Ich plädiere, wie von Frau Kuppe gesagt, für eine Überweisung in den Ausschuß. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein altes deutsches Sprichwort lautet: „Den Kopf halt' kühl, die Füße warm, das macht den besten Doktor arm.“ Jeder
von uns kann in die Situation geraten, daß er medizinischer Hilfe bedarf. Dann ist es eben nicht mit einem Sprichwort getan.
Deshalb berührt der vorliegende Antrag der SPD-Fraktion ein dringliches Anliegen, weil nicht länger hingenommen werden kann, daß die Novellierung eines bereits im Frühjahr vorigen Jahres beschlossenen Psychotherapeutengesetzes immer noch hinausgezögert wird.
Gewiß, das vorliegende Psychotherapeutengesetz war ein wesentlicher Schritt zur gleichberechtigten Anerkennung der Psychotherapie neben den klassischen schulmedizinischen Therapien. Es war auch nicht zuletzt ein Zeichen für das Aufbrechen verkrusteter Strukturen in der Medizin und gegen teilweisen Standesdünkel gegenüber Psychologen und Therapeuten.
Der gesetzliche Niederschlag von Kriterien für die berufliche Anerkennung, für einen gesetzlichen Schutz der entsprechenden Berufsbezeichnung war die Voraussetzung für die gleichberechtigte Stellung der Psychotherapeuten und eine entsprechende Leistungshonorierung.
Natürlich vollzieht sich das nicht ohne Widerstand. Gern berufen sich die Gegner der Psychotherapie auf das geflügelte Wort des scharfzüngigen Karl Kraus: „Die Psychoanalyse ist die Geisteskrankheit, für deren Therapie sie sich hält.“ Aber sollen sich darüber die medizinischen und die psychologischen Geister streiten.
Nicht aber verwunderlich, sondern vielmehr typisch ist, daß die rot-grüne Bundesregierung nur zögerlich beschlossene Gesetze umsetzt. Das Hickhack um die Gesundheitsreform ist hinreichend bekannt.
Vielleicht ist es bereits praktizierte psychotherapeutische Behandlung, wenn die Fraktion der SPD mit dem Antrag ihre eigene Bundesregierung auf Trab bringt. Herr Professor Böhmer hat sich in einem ähnlichen Sinne geäußert.
Wenn die Psychotherapeuten nicht nur in Sachsen, sondern auch in anderen Ländern öffentlich dagegen protestieren, daß die ihnen zugebilligten Honorare gekürzt und immer weiter gekürzt werden, dann ist das zwar ähnlich wie bei Medizinern anderer Fachrichtungen, aber es führt auch zu großen Unsicherheiten und Ängsten bei den Patienten.
Gewiß, sie sind heute nicht mehr auf die Regierungsärzte angewiesen, sondern können im Zuge freier Wahl den Psychotherapeuten aufsuchen. Aber die Behandlung - das wissen Sie alle - kann sehr umfangreich und langwierig sein. So werden bei Angststörungen durchaus zwischen 25 und 40 Stunden angesetzt. Es gibt auch Therapien, die viel aufwendiger sind.
Wenn dieser Antrag auf angemessene Vergütung abzielt, sollte beachtet werden, daß nicht nur eine Leistungsgleichsetzung pro Behandlungseinheit gesetzt ist, sondern daß auch das Budget entsprechend und angemessen ausgestattet ist.
Die unverzügliche Novellierung des Psychotherapeutengesetzes ist auch deshalb dringlich, weil nicht nur die Anzahl der zu behandelnden Patienten wächst die Ursachen dafür sind mannigfaltig -, sondern weil sich kranke Menschen sonst wieder Scharlatanen und
Geistheilern zuwenden, obgleich sie dort teilweise finanziell ausgenommen werden wie die Weihnachtsgänse und das auch noch geduldig hinnehmen.
Meine Damen und Herren! Meine Fraktion stimmt dem vorliegenden Antrag zu und erwartet besonders von der kurzfristigen Anhörung weitere Argumente für die schnellstmögliche Novellierung. - Ich danke Ihnen.