Daniel Sturm

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Herzlichen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Etwas Grundsätzliches vorab: Die ursprünglich repressive Intention der Ausgestaltung des Arrestvollzuges aus den 30er-Jahren kann nach Auffassung meiner Fraktion nicht dazu führen, den Jugendarrest insgesamt abzuschaffen.
Im Unterschied zur antragstellenden Fraktion wollen wir auch in Zukunft an dem aus unserer Sicht bewährten Jugendarrest festhalten, da dieser zur Aufarbeitung und Behebung der Versäumnisse des Elternhauses und der anderen Institutionen ein wirkungsvolles Instrument sein kann.
Wir haben mit dem Jugendarrestvollzug im Land Sachsen-Anhalt eine Baustelle, an der wir bereits seit Jahren intensiv arbeiten und auch erste Erfolge vorweisen können. Insbesondere durch das Engagement der Justizpolitiker dieses Hohen Hauses haben wir schon vieles auf den Weg gebracht.
Ich erinnere an dieser Stelle an die Erhöhung des Sachmittelbudgets, die Bibliotheksausstattung, die medizinische Versorgung und an die verschiedenen Sanierungsmaßnahmen in der Jugendarrestanstalt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Keine Frage, unser Jugendarrestvollzug ist wie in vielen anderen Bundesländern auch nur unzureichend gesetzlich bestimmt. Das allein ist noch keine Schande; denn fehlende Regelungen schaffen auch Freiräume für den Arrestvollzug.
Auch wir sind der grundsätzlichen Auffassung, dass die Inhalte der Jugendarrestvollzugsordnung neu definiert werden müssen. Zukünftig muss sich der Jugendarrest an dem Erziehungsgedanken des Jugendgerichtsgesetzes orientieren. Wir brauchen auf die Arrestform abgestimmte Behandlungsmaßnahmen und jugendgerechte Hilfsangebote.
Es muss Zielrichtung des Arrestes sein, die Jugendlichen durch erzieherische Kurse, Beratung, Sport und gemeinsame Freizeitgestaltung sozial zu fördern. Trotz des faktischen Freiheitsentzuges müssen die pädagogischen Bausteine in Form von sozialen Trainingseinheiten den Charakter des Jugendvollzugs prägen. Zur Stärkung der Konfliktfähigkeit und der sozialen Kompetenz brauchen wir eine Atmosphäre der Freiwilligkeit und Motivation.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, wir wollen uns hinsichtlich der Schaffung eines Jugendarrestvollzugsgesetzes grundsätzlich nicht verschließen, sondern dieses Vorhaben nur zeitlich aufschieben. Denn eines ist uns doch allen klar, auch der Jugendarrest ist dem Personalentwicklungskonzept unterworfen.
Wir haben im Jugendarrest im Vergleich zu den Justizvollzugsanstalten bereits einen guten Betreuungsschlüssel. Aber ein Vollzug des Jugendarrestes mit den in dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehenen Parametern lässt sich mit der derzeit bestehenden Personalstärke einfach nicht umsetzen. Für die Umsetzung Ihres Vorhabens brauchten wir in personalwirtschaftlicher Hinsicht einen Aufwuchs im allgemeinen Vollzugsdienst, bei den Sozialpädagogen und auch bei den Planstellen des gehobenen Verwaltungsdienstes.
Darüber hinaus kann ein Jugendarrestvollzugsgesetz auch nicht losgelöst von der Gesamtkonzeption zur Justizvollzugsreform, die uns auch noch in der nächsten Wahlperiode beschäftigen wird, betrachtet werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es besteht derzeit kein zwingender Handlungsbedarf. Wir werden nicht - anders als beim Jugendstrafvollzugsgesetz - durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu unverzüglichem Handeln gezwungen. Daher will meine Fraktion die landesgesetzliche Grundlage mit der dafür gebotenen Gründlichkeit in der nächsten Wahlperiode in Angriff nehmen. Wir sollten uns hierbei auch die Erfahrung und die gesetzlichen Grundlagen aus anderen Ländern ganz genau anschauen und diese in die Beratungen einbeziehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir bitte abschließend ein paar Worte zu der Problematik der Schulschwänzer. Die Fraktion DIE LINKE fordert eine ersatzlose Streichung des Schulpflichtverstoßes als Ordnungswidrigkeit. Warum, so frage ich mich, wollen Sie immer gleich das Kind mit dem Bade ausschütten? - Wir alle wissen, dass andauerndes und fortgesetztes Schulschwänzen häufig den Einstieg in eine kriminelle Karriere bildet.
Aus meinen Erfahrungen als Kommunalpolitiker könnte ich Ihnen hierfür einige Beispiele nennen. Was mich dabei immer wieder mit Sorge erfüllt, ist die Erfahrung, dass seitens der verantwortlichen Behörden nicht schnell und entschieden genug gegen Schulschwänzer vorgegangen wird. Schule und verantwortliche Behörde schauen zu lange darüber hinweg. So werden die Waffen gegen das Schwänzen stumpf. Doch frage ich mich: Muss man sie deshalb gleich abschaffen? Sollte man sie nicht zuerst schärfen?
Wir wollen nicht, dass die Schulpflicht nur noch einen wohlgemeinten Ratschlag darstellt. Es ist nicht richtig, aufgrund der verbesserungswürdigen Zustände in der Arrestanstalt eine bundesweit bewährte Sanktionsmöglichkeit eines Schulpflichtverstoßes zu streichen und somit das Pferd von hinten aufzuzäumen.
Ich bitte Sie abschließend um Zustimmung zu der vorliegenden Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung und danke Ihnen für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns liegt der Antrag in Drs. 6/2553 vor. Die Punkte des Antrags stehen ebenso in dem EU-Dokument COM (2013) 690 final vom 2. Oktober 2013. Auf einige Punkte gehe ich kurz ein.
Sie und die EU fordern die Realisierung konkreter Maßnahmen und Instrumente sowie die Bündelung der Finanzmittel zur wirksamen und nachhaltigen Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und sozialen Problemen. - Ja, die Arbeitslosigkeit in den EU-Mitgliedstaaten ist hoch und sie ist ein großes soziales Problem.
Arbeitslosigkeit ist aber die Folge struktureller Probleme auf den Arbeitsmärkten. Sie können Arbeitslosigkeit nicht allein mit mehr Geld bekämpfen, wenn die Strukturen nicht in Ordnung sind. Die strukturellen Ursachen der Arbeitslosigkeit können Sie nicht allein von Brüssel aus beseitigen. Die Arbeitsmarktgesetzgebung liegt in der nationalen Verantwortung der Mitgliedstaaten.
Sie und die EU fordern weiter die Verantwortung und aktive Mitwirkung der Wirtschaft und ihrer Akteure für mehr Solidarität und finanzielle Unterstützung. - Ja, die Wirtschaft hat eine hohe Verantwortung. Aber der Appell an die Wirtschaft ersetzt nicht die Verantwortung der Staaten. Die allermeisten Unternehmen sind sich ihrer sozialen Verantwortung sehr wohl bewusst.
Ein funktionierendes Katasterwesen, Rentenleistungen, die sich an der tatsächlichen Lebenszeit der Menschen orientieren, ein funktionierendes Steuersystem, das nicht ungefähr drei Viertel des Privatvermögens wegsteuert - das alles ist hoheitliche Verantwortung und nicht etwa die Verantwortung der Wirtschaft.
Sie und die EU fordern weiterhin die Beseitigung bestehender Hindernisse für die grenzüberschreitende Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern anderer EU-Mitgliedstaaten. Dass Sie dem ohne Weiteres folgen, ist interessant.
Ja, die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist wichtig und grundsätzlich im allgemeinen Interesse. Sie müssen aber dann auch sagen, was dies konkret bedeutet. Das bedeutet konkret: höherer Lohndruck auf die Beschäftigten, gerade in grenznahen Gebieten in Ostdeutschland. Dieses Problem bekommen Sie auch nicht durch Mindestlohngesetze weg.
Sie und die EU fordern schließlich die Stärkung der Rolle des sozialen Dialogs bei der Entwicklung von beschäftigungs- und sozialpolitischen Strategien durch eine unmittelbare Beteiligung der Sozialpartner. Wir haben in Deutschland aus guten Gründen eine Tarifautonomie. Das ist in Deutschland geradezu unser Leitmotiv, dass die beschäftigungs- und sozialpolitischen Fragen unsere Sozialpartner klären, die Lohnfindung durch die Sozialpartner erfolgt.
Aber gerade Sie fordern doch stets eine öffentliche Beschäftigungspolitik mit von der Politik festgelegten Löhnen. Entweder es gibt diese Tarifautonomie und Sie haben Vertrauen in die Sozialpartner und deren beschäftigungs- und sozialpolitischen Strategien oder aber Sie haben dieses Vertrauen nicht. Wenn Sie die Arbeitgeber und die Gewerkschaften einbinden, müssen Sie diese auch entsprechend entscheiden lassen.
Zu Punkt 2 Ihres Antrages. Sie fordern die Landesregierung auf, eigene Vorschläge zur Entwicklung der sozialen Dimension der Wirtschafts- und Währungsunion vorzulegen. Lassen Sie uns dabei sachlich bleiben: Diese Landesregierung ist eine Landesregierung der wirtschafts- und sozialpolitischen Vernunft.
Egal was diese Landesregierung vorschlagen würde, es wäre Ihnen doch sowieso nicht ausreichend,
und das nicht, weil es unserer Landesregierung an sozialpolitischer Fantasie mangelt, sondern einfach deswegen, weil Sie als LINKE aus Prinzip stets eine noch sozialere Rhetorik an den Tag legen müssen. Das wissen die Menschen draußen auch.
Wir aber sagen ganz klar: Der LINKEN obliegt allenfalls eine Bewertung, aber nicht die alleinige Definition von sozialen Standards. Deswegen werden wir Ihren Antrag in den Europaausschuss überwiesen, um uns dort gezielt mit Ihren Vorschlägen auseinandersetzen zu können. - Herzlichen Dank.