Franz Schuster

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Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich denke, nach den Ausführungen von Herrn Höhn sind noch
einige Klarstellungen angezeigt. Das angekündigte Gesetzesvorhaben ist kein Notstopfen, sondern eine wichtige Weichenstellung in die Zukunft.
Das Recht, auch das Landesrecht, hat doch die Aufgabe, Weichenstellungen vorzunehmen für die Entwicklung des Landes. Darum geht es nicht zuletzt im Wasser- und Abwasserbereich, meine Damen und Herren.
Ich möchte begründen, warum es richtig ist, im Wasserbereich die Beiträge abzuschaffen. Diese Regelung hat man einst geschaffen, als die Wasserversorgung sehr ortsnah organisiert war, als jedes Dorf seinen eigenen Brunnen gebohrt hat, so dass es möglich war, Herr Höhn, nach dem Äquivalenzprinzip die Investitionskosten den Bürgern bzw. Grundstückseigentümern zuzurechnen. Nur diese Zeit ist längst vorbei. Diese Äquivalenzargumentation von Ihnen, die ist nicht mehr stichhaltig.
Wir leben im Zeitalter der Fernwasserversorgung und da ist die Technik weit weg vom Bürger. Wie wollen Sie denn da noch den Zusammenhang begründen zwischen den Investitionskosten z.B. bei der Talsperre in Leibis und im einzelnen Grundstück. Das geht doch gar nicht mehr.
Hier hat sich die Situation doch völlig verändert. Das heißt, je weiter die Technik wegrückt vom Bürger und von der Gemeinde, umso schwieriger eignen sich die Instrumente von gestern, um Aufgaben von morgen und heute zu lösen.
Von daher ist die geplante Abschaffung der Beiträge beim Wasser eine richtige Entscheidung.
Und noch eines sollte man zur Begründung sagen: Thüringen ist ein Land, das wie kaum ein anderes Land ein Dargebot beim Oberflächenwasser hat, das sehr groß ist. Wir nutzen dieses Dargebot, das wird der Umweltminister sicher bestätigen, in völlig unzureichendem Umfang. Ich denke, wir dürfen über die Beiträge nicht Anreize dafür schaffen, dass jede Gemeinde ohne Rücksicht auf Verluste versucht, wieder am Ort zu bohren. Man könnte ja einige Beispiele in Thüringen nennen, wo dies ge
schehen ist, wo man Grundwasser angezapft hat, anstatt das Fernwasser direkt an der Ortsgrenze zu nutzen. Hier, glaube ich, ist es Zeit zum Umdenken. Es ist Zeit, auch an die zukünftigen Versorgungssysteme zu denken.
Hier erfolgt ebenfalls eine richtige Weichenstellung mit diesem Vorhaben. Lassen Sie mich eine andere Aussage von Herrn Althaus in seiner Regierungserklärung aufgreifen, nämlich die Aussage, dass die nicht bebauten Flächen nicht veranlagt werden sollen, das heißt, nicht zur Grundlage der Beitragserhebung gemacht werden sollen. Meine Damen und Herren, auch das ist doch vernünftig.
Diese Regelungen wurden eingeführt zu einer Zeit, als man glaubte, die Oberflächenentwässerung total über das Kanalsystem regeln zu müssen. Wohin diese Konzeption führt, kann man an der Mosel bei jedem Hochwasser feststellen. Wenn die ganze Landschaft total kanalisiert ist, erleben wir Umweltschäden. Auch in diesem Punkt handelt die Landesregierung richtig.
Man redet häufig vom kanalisierten Bürger, man sollte nicht länger auch die Landschaft total kanalisieren. Von daher ist es auch sinnvoll, diese Regelungen aus der Bemessung herauszunehmen.
Sie, Herr Ministerpräsident, haben noch einen weiteren Punkt erwähnt, bei der Beitragsberechnung beim Abwasser anders zu verfahren. Beim Abwasser gelten andere Gesichtspunkte als beim Wasser. Beim Abwasser, Herr Höhn, ist die Äquivalenz durchaus möglich und deshalb der Beitrag begründet. Beim Abwasser kann man die Äquivalenz auch deshalb vornehmen, weil die Abwasserentsorgung einen wesentlichen Faktor darstellt für Wertsteigerungen von Grundstücken.
Ein nicht entwässertes Grundstück hat geringe Chancen, vermarktet zu werden. Ein erschlossenes Grundstück steigt regelmäßig im Wert, und dieser Wertzuwachs, meine Damen und Herren, der kommt dem Eigentümer zugute. Deshalb ist es richtig, ihn auch an den Kosten zu beteiligen mit Beiträgen. Es kommt ein weiterer Punkt hinzu. Der Maßstab "höchstzulässige Nutzung" hat auch eine Geschichte. Der wurde nach dem Zweiten Weltkrieg einst geschaffen in einer Zeit, als das stürmische Wachstum der Städte und Gemeinden der Planung sehr schnell folgte und die Planung in vielen Fällen sogar überholt hat. Nehmen Sie mal das Stadtumland in Frankfurt. Hier
sieht man, wie schnell die tatsächliche Bebauung damals über die Planung hinweggelaufen ist. Da wäre es töricht gewesen zu sagen, die Bemessung nach der tatsächlichen Nutzung vorzunehmen. Da musste zu Recht nach der höchstzulässigen Nutzung bemessen werden. Aber unsere Situation ist doch fundamental anders. Die Realisierung, die bauliche Entwicklung folgt der Planung nicht auf dem Fuß, sondern mit großem, großem zeitlichen Abstand. In einer solchen Situation, wo auf lange Zeit nicht absehbar ist, dass die Bebauung die Planung erreichen wird, ist es nicht vernünftig, bei der Feststellung der Beiträge so zu tun, als würde morgen schon die Bebauung den Planungen unmittelbar folgen. Das ist doch völlig irreal. Von daher ist es vernünftig, bei der Beitragserhebung von der tatsächlichen Nutzung auszugehen. Das hat zur Folge, dass viele Fälle, die bisher große Sorgen gemacht haben, weg sind. Ich bin ganz sicher, 50 Prozent der Problemfälle sind dann erledigt. Wenn man diesen Maßstab einführt, dann müssen wir dafür sorgen, dass Beiträge auch bezahlbar, sozial verträglich bleiben.
Auch Herr Dewes hatte bereits Zeit, diese Regelung einzuführen.
Warum hat er es denn nicht gemacht? Das lag ja damals alles auf dem Tisch, Herr Gentzel. Vielleicht haben Sie das noch nicht so richtig verfolgt.
Da hätte man gar nicht 104 Sitzungen gebraucht, sondern damals hätte man diese Regelungen einführen sollen.
Ihre Argumentation wird durch Lautstärke nicht besser, meine Damen und Herren.
Natürlich ist die Kehrseite einer solchen Regelung die, dass es eine Nachveranlagung geben muss. Wenn sich die tatsächliche Nutzung ändert, muss dies zu einer Nachveranlagung bei Beiträgen führen. Ich finde Ihre Ankündigung sehr richtig, dass man denjenigen, die die Beiträge schon bezahlt haben, die Möglichkeit gibt, Rückzah
lungen zu beantragen oder aber die bei künftigen Gebühren anzurechnen. Damit vermeiden Sie eine Ungerechtigkeit, die durch einen solchen Übergang entstehen könnte.
Meine Damen und Herren, klar ist, dass viele dieser Probleme auch darauf zurückzuführen sind, dass unmittelbar nach der Wende abwassertechnische Zielplanungen realisiert wurden, die mit unserer Siedlungsstruktur nicht kompatibel waren. Man hat technische Systeme übertragen auf eine Siedlungsstruktur, die dafür nicht geeignet war, mit der Folge, dass 80 Prozent der Investitionskosten in die Hauptsammler gingen. Dies ist unvernünftig und dies legt den Gedanken nahe, aus betriebswirtschaftlichen Gründen andere Lösungen zu suchen.
Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, Sie sind auf dem richtigen Weg. Gehen Sie diesen Weg weiter, ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Ist Ihnen bekannt, dass sich die damalige Aussage ausschließlich auf Gebühren bezog und nicht auf Beiträge? Die Diskussion, die wir zurzeit führen, bezog, bezieht sich und wird sich weiter beziehen auf die Beiträge. Das ist ein großer Unterschied.
Frage 2: Können Sie mir sagen, wie hoch das derzeitige Gebührenvolumen im Wasser- und Abwasserbereich im Lande ist?