Maik Nothnagel
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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Mohring, ich finde es gut, dass wir heute über diesen Antrag hier im Parlament reden und nicht nur in Form von Kleinen Anfragen oder Anfragen hinsichtlich der Probleme, die wir hier im Land mit dieser so genannten Verwaltungsstrukturreform haben. Ich hoffe, wir reden nicht nur darüber, sondern es bringt uns auch wirklich etwas in diesem Land.
Mit der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Althaus am 9. September 2004 wurde der Paukenschlag für die so genannte Eröffnungsouvertüre der Verwaltungsstrukturreform eingeleitet. Herr Althaus sagte: Das Landesamt für Familie und Soziales - und somit die Versorgungsämter - werden aufgelöst. Die notwendigen Aufgaben sollen teils dem Thüringer Landesverwaltungsamt, teils dem Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit übertragen und teils kommunalisiert werden. Dies soll, so sind meine letzten Informationen, die ich beim Besuch der Präsidentin des Landesamts in Suhl bekommen habe, bis zum 31.12.2006 abgeschlossen sein. Da nützt mir der Bericht, den Frau Ministerin Diezel heute angekündigt hat, auch nichts mehr. Die Tatsachen haben Sie dann geschaffen. Na toll und vielen Dank, liebe Landesregierung, dafür. Mit dem Datum vom 1. März 2005 wurde die Aussage des Ministerpräsidenten konkretisiert. Er legte ein Behördenstrukturkonzept vor. Dieses beabsichtigt, die Versorgungsverwaltung weitgehend zu kommunalisieren. Im Thüringer Landtag, und hier vor allen Dingen in dem zuständigen Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, wurde dieses Vorhaben immer wieder auf die Agenda gestellt. Gespräche mit Vertretern des Landkreises, des Gemeinde- und Städtebundes sowie mit dem Hauptpersonalrat beim Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit sowie vor Ort in den einzelnen Versorgungsämtern wurden geführt. Mit einer Vielzahl von Kleinen Anfragen genau zu dieser Thematik habe ich mich im frühen Herbst 2005 an die Landesregierung gewandt. Die Antworten diesbezüglich sind nach meiner Auffassung nicht immer konkret gewesen. Im Gegenteil - ich erinnere an die Problematik des Computerprogramms und die dadurch entstehenden Kosten, worauf ich in meiner Kleinen Anfrage eingegangen bin. Vorschläge von dem damaligen Präsidenten des Thüringer Landesamts für Familie und Soziales, Herrn Dr. Rückert, zur Änderung der Verwaltungsstruktur wurden seitens des Ministeriums schnöde abgebügelt. Betriebsräte sowie der Hauptpersonalrat konnten Vorschläge unterbreiten, die von vornherein auf Ignoranz der Thüringer Landesregierung gestoßen sind. Selbst der Landkreistag lehnte in Pressemitteilungen von Mitte Februar 2006 die Kommunalisierung der Versorgungsämter weiterhin ab. Der Geschäftsführer, Karl Vetzberger, äußerte nach einer Präsidiumssitzung, Frau Präsidentin, ich zitiere:
Oh, Entschuldigung, natürlich Klaus Vetzberger. Ich zitiere: „Die Übertragung der Ämter an die Landkreise ist unwirtschaftlich.“ Trotzdem haben wir als Fraktion der Linkspartei.PDS immer wieder den Eindruck, die Landesregierung will die Reform auf Teufel komm raus durchziehen, egal, was es kostet, egal, ob
Bürgerfreundlichkeit und Erreichbarkeit der Ämter durch die Bürgerinnen und Bürger noch gewährleistet sind.
Apropos Teufel - da gab es doch mal einen Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg und genau in diesem Bundesland ist doch gerade die Katastrophe los, was die Arbeit der Versorgungsämter betrifft. Dort wurde die Kommunalisierung der Versorgungsämter durchgezogen mit den Folgen für die Betroffenen, dass nichts so richtig funktioniert und Bürgerfreundlichkeit und Kostenersparnis usw. und so fort auf sich warten lassen. Und das wollen Sie auch für uns hier in Thüringen? Ich frage mich, warum?
Ihr Beispiel, Frau Ministerin Diezel, von Sachsen ist da auch nicht viel besser und hilft uns auch nicht weiter. Die anderen Bundesländer, die dieses Thema angefasst haben, haben eine Zentralisierung vorgenommen und dort gibt es positive Dinge zu hören. Nur aus Baden-Württemberg, wo kommunalisiert wurde, gibt es keine positiven Signale. Thüringen scheint alles, was schlecht in den anderen, vor allem CDU-regierten Bundesländern ist, hier in Thüringen zu vereinen und zu installieren. Erinnern möchte ich nur an den Blödsinn von Niedersachsen und die Abschaffung des Landesblindengeldes. Geld scheint in diesem Land keine Rolle zu spielen. Die Vertreter des Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit werden nicht müde, immer wieder zu beteuern, die gewünschten finanziellen Einsparungen werden später erzielt.
Wir sind der Auffassung, dass ein sofortiges Umdenken seitens der Landesregierung, was die anstehende Kommunalisierung der Versorgungsämter betrifft, einsetzen muss. Noch ist es aus unserer Sicht nicht zu spät, noch sind die gut arbeitenden Strukturen nicht zerschlagen. Deshalb ist es gut, Herr Mohring, dass wir heute darüber reden und nicht, nachdem die Tatsachen schon geschaffen worden sind.
Auch die Behindertenverbände in Thüringen sprechen sich gegen die Kommunalisierung der Versorgungsämter aus. In der letzten Landesbehindertenbeiratssitzung am 16. Februar dieses Jahres haben sie sich mit diesem Thema beschäftigt.
Werte Kolleginnen und Kollegen der CDU, werte Minister der Landesregierung, leider sind nicht allzu viele da, wir fordern Sie auf, schauen Sie in das Gutachten aus Rheinland-Pfalz sowie die dazugehörige Rede des Ministerpräsidenten Kurt Beck, der da gesagt hat: Statt Versorgungsämter zu kommunalisieren, müsse eine Zentralisierung und eine Bündelung der sozialen Aufgaben in der Sozialverwaltung durchgeführt werden. Mussten wir in den zurückliegenden 15 Jahren oft nicht so gelungene Ge
setzeswerke aus den alten Bundesländern übergestülpt bekommen, ist es doch jetzt an der Zeit, auch die positiven Hinweise aus Rheinland-Pfalz aufzunehmen und gegen die geplante Kommunalisierung zu argumentieren. Vorschläge, meine sehr verehrten Damen und Herren, liegen der Landesregierung seit mehreren Monaten auf dem Tisch. Selbst mit Schreiben vom 10. Februar sind nochmals Anregungen und Änderungen aktualisiert worden. Nehmen Sie diese bitte ernst und agieren Sie nicht, wie Sie es leider meistens tun, mit der Arroganz der Macht auf der gerade mal Ihrer ganz geringen Mehrheit hier im Hause und schauen Sie sich bitte diese Einzelfälle an und treffen Sie differenzierte Entscheidungen, da die Welt nicht schwarz und weiß ist, sondern viele graue Schattierungen hat.
(Beifall bei der Linkspartei.PDS)