Christian Carius
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Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, ich darf mich herzlich bedanken, dass ich mich an dieser Debatte unüblicherweise beteiligen muss. Ich darf mich auch dafür bedanken, dass Sie darauf hingewiesen haben, dass die Geschäftsordnung gilt, auch wenn es jetzt ein Gutachten von Herrn Prof. Dr. Morlok gibt, was ja lediglich besagt, dass man selbstverständlich über den Gegenstand eines Untersuchungsausschusses auch außerhalb des Untersuchungsausschusses Stellung nehmen kann und dass insoweit auch das Vortragen von Herrn Abgeordneten Tischner im Sonderplenum absolut gerechtfertigt war, erstens, und zweitens auch von der Freiheit seines Mandats absolut gedeckt war. Aus meiner Sicht gilt deswegen aber trotzdem unsere Geschäftsordnung und deshalb geht der Einwand von Frau Marx und auch von Frau RotheBeinlich, jetzt restlos alles aus jeder Ausschusssitzung vortragen zu können, aus meiner Sicht völlig fehl und missinterpretiert dieses Gutachten offensichtlich.
Aber wenn ich dies sozusagen eingangs sagen darf, dann möchte ich zweitens eingangs auch darauf eingehen, warum wir heute hier überhaupt
über diese Frage diskutieren. Aus meiner Sicht offenbart sich hier, dass Teile von Rot-Rot-Grün – ich sage ganz bewusst „Teile“, nicht alle Kollegen von Rot-Rot-Grün – seit über einem Jahr nichts anderes versuchen, als das Vertrauen zwischen Parlamentsverwaltung und den Abgeordneten massiv zu beschädigen, indem man permanent behauptet, der Präsident und seine Verwaltung würden in irgendeiner Art und Weise versuchen, die Verwaltung parteiisch aufzustellen. Das hat am Anfang der Legislaturperiode angefangen, zog sich über die gesamte Debatte, wo man von eigenen Versäumnissen ablenken wollte wie beispielsweise, Herr Adams, Ihr Zwischenruf, der Weigerung von Rot-Rot-Grün, auf die Protokolle zu warten. Es war Ihre Weigerung, die dazu führte, dass wir am Ende vor dem Verfassungsgericht
das Gesetz auch formell scheitern sehen mussten. Es war nicht in irgendeiner Art und Weise vom Parlament oder von der Parlamentsverwaltung eine insinuierte Intrige, die dazu führte, dass dieses Gesetz formell verfassungswidrig wurde. Es war die bewusste Eile, die Rot-Rot-Grün in diesem Gesetz sah und weswegen Sie sich nicht im Stande sahen, sich Protokolle vorlegen zu lassen.
Herr Kuschel, wir wissen sehr gut, dass Sie zu Fake News ein ganz gespaltenes Verhältnis haben. Ich erlaube mir an dieser Stelle…
Nein, nein, ich darf an dieser Stelle auch mal vortragen, was die –
Nein, bezogen auf meine kurze Redezeit möchte ich jetzt lieber zu dem eigentlichen Sachvortrag kommen.
Worüber reden wir heute? Wir reden also über eine Kette von Entscheidungen von Rot-Rot-Grün in den vergangenen Monaten, die immer wieder behauptet haben, man müsse der Landtagsverwaltung immer weiter und ständig auf die Finger schauen. Dagegen habe ich insoweit nichts, als man damit ver
sucht, einfach Transparenz über parlamentarische Vorgänge herbeizuführen.
Aber worüber wir heute reden, ist etwas anderes. Ich habe in der Debatte wahrgenommen, dass es Ihnen darum geht, den Präsidenten einzuengen, es geht Ihnen darum, ihm genau auf die Füße zu schauen. Ich glaube – und das sage ich Ihnen und rufe ich Ihnen zu –: Sie verkennen hier, dass es im Kern nicht um den Präsidenten geht. Es geht nicht um den Präsidenten Carius, es geht nicht um irgendeinen anderen Präsidenten. Es geht um die Leistungsfähigkeit, um die Dienstleistungsfähigkeit dieser Landtagsverwaltung.
Wenn Sie ganz laut und zu Recht darauf bestehen, dass die Landtagsverwaltung und insbesondere der Juristische Dienst seine Aufgaben unabhängig wahrnehmen können muss, dann haben Sie völlig recht. Ich bin der Erste, der das unterstützt. Allerdings ist es auch so – darauf mache ich aufmerksam –, dass der Juristische Dienst nicht ein Richterkollegium ist, der Juristische Dienst sind Beamte der Landtagsverwaltung. Wir brauchen daher einen demokratischen Verantwortungsstrang bis hin zu einem gewählten Repräsentanten, einem Gleichen unter Gleichen, selbstverständlich, einem Präsidenten oder einer Präsidentin dieses Hauses. Und weil das so ist, ist auch offenkundig, dass die Unabhängigkeit von Sachbearbeitern eines Gutachtens selbstverständlich ihre Grenze darin finden muss, dass der, der oben dran steht, das auch noch mit verantworten können muss. Das ist das Verhältnis, über das wir hier reden. Aus meiner Sicht ist das ganz zentrale Problem in der Diskussion der Koalitionsfraktionen, wie ich sie wahrnehme, dass sie zwar über Unabhängigkeit reden, aber tatsächlich über Kontrolle entscheiden wollen.
Nichts anderes beabsichtigen Sie mit dieser aus meiner Sicht völlig über das Ziel hinausschießenden Empfehlung des Justizausschusses. Wir haben natürlich auch im Vorstand die Diskussion über die Frage: Wie ist das eigentlich, wenn wir Transparenz regeln, festlegen wollen für den Umgang des Juristischen Dienstes? Die Kommission, die im Übrigen – Frau Präsidentin, Sie erinnern sich auch sehr gut – der Vorstand eingesetzt hat, nicht der Präsident, ich habe die Kommissionsmitglieder benannt, aber der Vorstand hat die Kommission eingesetzt, die Kommission hat gesagt: Wenn ein Juristischer Dienst unabhängig arbeiten soll und zugleich der demokratischen Legitimationslinie entsprechen können soll, dann bedarf es Transparenzrichtlinien. Und jetzt können Sie vielleicht zu Recht sagen: Warum hat er diese Transparenzrichtlinie noch nicht erlassen? Das liegt einfach daran, dass ich in den letzten Monaten versucht habe, dass wir auf der einen Seite etwas tun, wie Transparenzrichtli
nien im Vorstand zu erlassen, und auf der anderen Seite die Diskussion um genau dieses Feld auch mit dem Justizausschuss oder den verantwortlichen Kollegen aus den Fraktionen suchen.
Jetzt komme ich noch mal zum Kern zurück. Die Unabhängigkeit von Mitarbeitern dieser Landtagsverwaltung, wie kann man die gewährleisten? Ich glaube, es ist absolut lebensfremd, wenn man meint, dass ein Mitarbeiter, egal welchen Gedanken er wo und wie fasst – Frau Rothe-Beinlich hat darauf hingewiesen. Sie haben ein total weites Verständnis von Akten. Alles, was in dieser sehr weit verstandenen Akte irgendwann einmal ein Gedanke ist, muss notiert werden. Und für den Fall, dass man einer anderen Meinung ist, ist man
das ist die Realität – als Mitarbeiter dieser Landtagsverwaltung gut beraten, wenn man diese Informationen erstens aufschreibt und zweitens auch noch aufschreibt, warum man diese Gedanken womöglich verworfen hat. Das heißt also, bevor ich einen Sachverhalt, ein Thema – und da reden wir nicht nur über kommunale Neugliederung, da reden wir auch über das UVP-Gesetz, wir reden über ganz viele Dinge, die wir hier im Landtag verhandeln –, bevor ich mir als Mitarbeiter also Gedanken mache, mache ich mir vor allen Dingen Gedanken darüber, wie ich meine Akten sauber halte und wie ich sozusagen Gedanken, die ich habe, in ein Gerüst passe.
Nein, das ist genau das, was passieren wird.
In der Landtagsverwaltung geht doch schon längst um: Dokumentierst du schon oder begutachtest du noch? Weil die Leute genau wissen, wenn das hier so beschlossen würde und ich es auch noch so anwenden würde,
beginnt selbstverständlich bei jedem einzelnen Mitarbeiter im Kopf schon die Schere zu wirken, bevor er überhaupt anfängt zu denken, wie man eine Sachlage beurteilen kann. Ich stehe jetzt nicht hier, um in irgendeiner Art und Weise mich, den Präsidenten, zu verteidigen. Darum geht es mir nicht. Mir geht es darum, dass dieses Parlament begreift, was es an einer funktionierenden Landtagsverwaltung hat.
Dieses Parlament muss begreifen, dass die Landtagsverwaltung sowohl den Koalitionsfraktionen nützen kann, um eine Position richtig zu beschrei
ben, wie auch den Oppositionsfraktionen. Was Sie hier tun, ist, dafür zu sorgen, dass die Parlamentsverwaltung zukünftig nicht mehr vernünftig handlungsfähig ist.
Deswegen kann ich nur dafür werben, dass man diesen Antrag ablehnt, denn es ist völlig klar, dass wir uns hier in das eigene Fleisch schneiden. Mit diesem Antrag, wenn man ihn so beschließen würde, würde man nicht dem Präsidenten Carius einen Schaden tun.
Man würde die Parlamentsverwaltung lähmen und damit jeden einzelnen Abgeordneten in der Wahrnehmung der Kontrolle dieser Regierung behindern. Deswegen kann ich nur dafür werben: Überweisen Sie diesen Antrag noch einmal zurück in den Ausschuss und machen Sie etwas Vernünftiges daraus, bevor Sie etwas offenkundig Verfassungswidriges beschließen.