Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

Brandenburg unterstützt deshalb das Ehrenamt auf vielfältige Weise. unter anderem im Rahmen unseres Programms "55 aufwärts". bei dem älteren Ehrenamtlichen eine monatliche Aufwandsentschädigung von 100 DM gezahlt wird. Das ist zwar keine richtige Bezahlung, aber eine Anerkennung für diese Leistung. für das ehrenamtliche Engagement.

Seit 1994 haben wir auf diese Weise mehr als 18 00() ältere Menschen gefördert, wofür wir fast 24 Millionen DM einsetzten. Auch werden von den Sozialämtern in Brandenburg nach unserer Schätzung 10 000 bis 15 000 Sozialhilfeempfänger mit gemeinnützigen Arbeiten gegen eine Aufwandsentschädigung beschäftigt - und das zusätzlich zu den jährlich circa 4 00() sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen im Rahmen unseres Programms "Arbeit statt Sozialhilfe".

Doch als Strategie gegen Arbeitslosigkeit ist das Angebot von ehrenamtlicher Täti gkeit oder Bürgerarbeit nicht geeignet. Für die Menschen stellt reguläre Erwerbsarbeit einen zentralen

Stellenwert dar. Das gilt auf absehbare Zeit gerade auch ßir die über 50-Jährigen vor allem in Ostdeutschland. Überdies regelt freiwillige Biirgerarbeit weder die Fragen der Sozialversicherung noch die der Alterssicherung. Das in diesem Zusammenhang gezahlte Entgelt liegt weit jenseits tariflicher Entlohnung. Es wird ein Beschäftigungssegment auf niedrigstem Niveau eröffnet. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt hei der CDU)

Auch ich danke. - Wir sind damit am Ende der Fragestunde. Ich schließe Tagesordnungspunkt 1.

Bevor ich den Punkt 2 der heutigen Tagesordnung aufrufe. ein herzliches Willkommen an unsere jungen Gäste aus Glindow. die heute an der Plenarsitzung, teilnehmen!

( Beifall)

ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Aktuelle Stunde

Thema: Auswirkungen des Ökosteuergesetzes der Bundesregierung auf das Land Brandenburg

Antrag der Fraktion der DVU

Das Wort geht an die Abgeordnete Frau Fechner, die für die beantragende Fraktion spricht.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema unserer heutigen Aktuellen Stunde lautet: "Auswirkun

gen des Ökosteuergesetzes der Bundesregierung auf das Land Brandenburg''. Dieses Thema wurde von unserer Fraktion. von der Deutschen Volksunion, eingebracht. Wir haben dieses Thema gewählt. uni die SPD. die dieses Gesetz auf Bundesebene mit verabschiedet hat, zu veranlassen, sich mit den Auswirkungen dieses Gesetzes zu beschäftigen.

Seit dem In-Kraft-Treten des so genannten Ökosteuergesetzes der Bundesregierung stiegen die Energiepreise und besonders die Benzinpreise in ganz Deutschland rapide an. Ein einfaches Zahlenbeispiel macht dies deutlich: Kostete im März vergangenen Jahres ein Liter Superbenzin noch durchschnittlich 1,56 DM. so kostete er im Mai dieses Jahres bereits 2.06 DM. Dabei waren im März 1999 pro Liter 1,20 DM auf Steuern zurückzuführen, während der Produktpreis selbst bei lediglich 23 Pfennig lag. Den Tankstellenbetreibern blieben pro verkauftem Liter Benzin 13 Pfennig Gewinn. Im Mai 2000 lag der Gewinn bei mageren 3 Pfennig pro verkauftem Liter. Der Gewinn betrug also 10 Pfennig weniger als ein Jahr zuvor.

Von den 2,06 DM pro verkauftem Liter machen die Steuern sage und schreibe fast 1,40 DM aus. Das sind fast 70 % des Gesamtpreises. Dies entspricht einem Anstieg des Steueranteils pro Liter Superbenzin von - man glaubt es kaum - fast 20 Pfennig. Dazu

Landtag Brandenhurg - 3 Wahlperiode - PlenarprolokoIl 3.18 - 20f)(1 1059

kam eine kräftige Verteuerung des Produktpreises von 23 Pfennig auf nunmehr 64 Pfennig. was einem Anteil an den Gesamtkosten von über 30 % entspricht. Ein Jahr zuvor waren es keine 15 9/0.

Diese Verteuerung ist auf mehrere Ursachen zurückzuführen. Zum einen stieg der Rohölpreis uni fast 30 Pfennig pro Liter an. Zum anderen tat der Anstieg des Dollarkurses um 12 Pfennig pro Liter gegenüber dem Vorjahreswert sein Übriges. Denn Mineralöl - das wissen Sie alle. meine Damen und Herren - wird auf dem Weltmarkt in US-Dollar bezahlt.

(Aha! bei der PDS)

Da aber unsere neue Euro-Währung ge genüber dem US-Dollar binnen Jahresfrist mehr als 25 11,6 ihres Wertes einbüßte und ein Ende dieses Abfalls nicht in Sicht ist, stiegen und steigen natürlich die Importpreise von Rohstoffen in Schwindel erregende Höhen. Sarkastisch ausgedrückt. kann man von einem verbraucherfeindliehen Zusammenspiel von Fiskus, Mineralölkartell und Europäischer Zentralbank sprechen.

(Beifall hei der DVU)

Den wenigsten Bürgern - abgesehen von den Parteimitgliedern der Grünen - macht es Spaß. mittlerweile über 2 DM für einen Liter Benzin zu zahlen. Ursprünglich war vorgesehen. Benzin zu verteuern. damit die Bürger auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Nun ist der Benzinpreis richti g hoch. Was passiert? Kaum einer steigt auf öffentliche Verkehrsmittel um. Warum sollte man auch? Das Benutzen von Bussen und Bahnen wird nämlich ebenso teurer. Denn auch die fahren nicht mit Wasser gar nicht zu sprechen von der Qualität des Nahverkehrs, die abund nicht ausgebaut wird: denken wir nur einmal an das Ausdünnen des Schienennetzes.

Die Ökosteuer dient nicht dem Umweltschutz. sondern dem Stopfen von Haushaltslöchern. Speziell die Rentenkasse wird damit aufgefüllt. Wenn man mit diesen Mehreinnahmen wenigstens Straßen und Autobahnen ausbauen würde, dann könnte man dem Ganzen vielleicht noch etwas Positives abgewinnen. Aber die Gelder der Autofahrer zum Stopfen der Haushaltslöcher zu verwenden. das stößt bei den wenigsten auf Verständnis.

Das Attribut "öko" ist ein simpler Etikettenschwindel. Wenn es sich bei der Ökosteuer wirklich uni eine Lenkungssteuer handeln würde. so wie dies immer behauptet wird, dann müsste sie darauf gerichtet sein, die Einnahmen von Jahr zu Jahr zu verringern. Aber genau das passiert eben nicht. So soll es auch gar nicht sein: denn unser Bundesfinanzminister. Herr Eichel. rechnet fest mit diesen Einnahmen: denn diese sind schon längst verplant. Die Ökosteuer ist keine Ökosteuer, sondern eine Rentenkassensteuer.

Aufgrund des hohen Anstiegs der Mineralölpreise wird in jüngster Zeit selbst in der Regierungskoalition von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN über ein mögliches Aussetzen der weiteren Stufen des so genannten Ökosteuergesetzes diskutiert. Mittlerweile haben auch einige Politiker erkannt. dass die Auswirkungen dieser Ökosteuer zum Teil ausgeglichen werden müssen.

sind beruflich auf das Auto angewiesen - gerade hier im Flächenland Brandenburg - und sollten deshalb unterstützt werden. Dieser Forderung schließt sich auch die Fraktion der Deutschen Volksunion hier in diesem Landtag an.

Aber was ist mit all denen, die keine Arbeit haben und nichts steuerlich absetzen können? Was ist mit den vier Millionen Arbeitslosen. den Sozialhilfeempfängern. den Schülern. den Renmem. den Studenten und den Arbeitnehmern. die so wenig verdienen, dass sie eh keine Lohnsteuer zahlen? Was ist mit all denen. die nichts steuerlich absetzen können? Auch hier sieht man wieder einmal. wie unsozial diese Politik ist. Wen trifft diese Ökosteuer am meisten? Diejenigen. die eh schon das geringste Einkommen haben. Den Politiker trifft diese Ökosteuer ja nicht. denn wir bekommen unsere dicken. fetten steuerfreien Fahrtkostenpauschalen. die der Steuerzahler bezahlt.

Eigentlich sah die Ökosteuer einen Anstieg der Mineralölsteuer um jährlich 6 Pfennig und der Stromsteuer uni je einen halben Pfennig pro Kilowattstunde vor. Das sind Nettobeträge. zu denen noch die 16%ige Mehrwertsteuer kommt. Doch wie ist dann der enorme Anstieg von durchschnittlich 50 Pfennig pro Liter Benzin zu erklären? Unser Bundesverkehrsminister. Herr Klimmt. macht die Mineralölkonzerne für die Preise verantwortlich. womit er nicht ganz Unrecht hat. wie das anfangs erwähnte Zahlenbeispiel belegt. Doch woher beziehen wir unser Rohöl? Von Ölmultikonzemen, die uns ihre Preise aufdiktieren. Warum machen wir es nicht wie ein gewisser Herr Haider aus Österreich. der aus dem arabischen Raum Benzin und Diesel bezog und beides von einem Discounter in Kärnten verbilligt vertreiben ließ?

(Unmut bei der PDS)

So konnte es geschehen, dass es in Kärnten. wenn auch nur für kurze Zeit, das billigste Benzin weit und breit zu kaufen gab.

Aber kommen wir zurück zum eigentlichen Thema dieser Aktuellen Stunde. Es geht uni die Auswirkungen der Ökosteuer hier im Lande. Eini ge Auswirkungen hatte ich bereits genannt. Fast alle Bereiche sind betroffen überall sind mit der Ökosteuer Verteuerungen verbunden. Genannt seien hier nur die Preise für den öffentlichen Nahverkehr. die Eintrittspreise für Schwimmbäder. die Heizkosten. die Transport- und Umzugskosten usw. Zwar zahlen das produzierende Gewerbe, die Industrie und Teile der Landwirtschaft einen ermäßigten Satz, das Transporteewerbe dagegen wird voll zur Kasse gebeten. Selbst der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Herr Dr. Däke, kritisierte, dass es beim so genannten Ökosteuergesetz von Ausnahmen nur so wimmele und diejenigen. die am meisten verbrauchen. am wenigsten zu zahlen hätten.

Die Steuererträge aus dem Verkauf von Benzin. Diesel, Erdgas und Heizöl erhöhten sich im vergangenen Jahr um fast 10 %. Für den Anstieg ist vor allem die ökologische Steuerreforni verantwortlich. Das Aufkommen aus der Ökosteuer bringt dem Bund über 5 Milliarden DM und steigt bis zum Jahr 2003 auf 38 Milliarden DM an. Das Geld wird aber nicht dafür eingesetzt, die Infrastruktur zu verbessern - zum Beispiel durch den Aus- und Neubau von Bundes- und Landesstraßen. Nein, dieses Geld fließt zum größten Teil in die Rentenkasse. Doch wie soll die Kompensation erfolgen? Im Gespräch ist eine Erhöhung der Kilometerkostenpauschale: denn viele Menschen (Zunif von der SPD: Das ist doch gut so! Das ist richtig!)

Was als wunderbar für den Umweltschutz. für die Ökologie gepriesen wurde, hat einen falschen ideologischen Denkansatz. Nicht Gängelei und Restriktion führen zum Ziel, sondern Freiwilligkeit und Innovation. Die Ökosteuer bedeutet für viele Bürger unseres Landes eine unnötige finanzielle Belastung und gehört deshalb abgeschafft Dies fordert auch unsere Fraktion der Deutschen Volksunion hier in diesem Landtag.

Zum Schluss noch eine Bemerkung: Würden nicht so viele Gelder für fremde Interessen ausgegeben. zum Beispiel für fremde Kriege oder ein Asylrecht. welches in Europa - wenn nicht sogar weltweit - einmalig ist.

(Unruhe bei der PDS)

dann wäre die Bundesregierung nicht gezwungen. immer neue Methoden zu entwickeln. um den Bürgern noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen.

(Beifall bei der DVU)

Denn um etwas anderes geht es bei dieser Ökosteuer nicht. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner. - Das Wort geht an die Fraktion der CDU. Herrn Abgeordneten Homeyer.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ideologie. Populismus und ausländerfeindliche Untertöne - daran mangelt es in den Redebeiträgen oder Anträgen der DVU-Fraktion nicht. Inhaltlich hat die Fraktion nichts vorzuweisen. Abgeschriebene oder zugefaxte Anträge und Redebeiträge aus Sachsen-Anhalt oder aus München sind keine geeigneten Instrumente. uni nur ein einziges Problem im Land Brandenburg zu lösen.

(Beifall bei CDU. SPD und PDS)

Mit Ihrer Politik der Isolierung, der Deutschtümelei. mit einer Politik. die gegen alle geht. die eine andere Hautfarbe. eine andere Religion oder auch nur einen anderen Pass haben. versuchen Sie seit fast einem Jahr Politik gegen die Brandenburgerinnen und Brandenburger zu machen. Toleranz und Weltoffenheit sind für Sie, meine Damen und Herren von der DVU-Frak

t ion. Fremdwörter.

Meine Damen und Herren, die Aktuelle Stunde soll nach dem Willen der DVU-Fraktion

"dazu dienen. Klarheit zu schaffen über die Auswirkuneen der so genannten Ökosteuer auf die öffentlichen und privaten Haushalte sowie die gewerbliche Wirtschaft im Land Brandenburg."

mindest das eine oder andere Bürgerbüro in Brandenburg zu eröffnen. Aber dazu müssten Sie aus Ihrer selbst gewählten Isolation ausbrechen und sich den Fra gen und der Kritik der Brandenburgerinnen und Brandenburger stellen und Sie müssten Antworten geben auf drängende Zukunftsfragen - Antworten, die Sie nicht haben. Sie hätten dann auch keine Aktuelle Stunde beantragen müssen. um sich nach einem Jahr und dreieinhalb Monaten über die Auswirkungen der Ökosteuer auf die Brandenburger Haushalte und die Brandenburger Wirtschaft informieren zu lassen. Dann wären Sie vielleicht auch in der Lage, Ihre Position dementsprechend zu begründen.

Meine Damen und Herren. die Position der CDU und der CDUFraktion zur Ökosteuer ist bekannt. Wir waren in der Vergangenheit initiativ und werden auch in Zukunft initiativ werden. um die Belastungen. die aus der Ökosteuer resultieren, für unsere Bürger und Unternehmen zu begrenzen und zu reduzieren. Was wir aber nicht tun werden. ist. über lange bekannte Auswirkungen der Ökosteuer mit der DVU zu diskutieren. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall hei CDU und SPD)