Auffallend ist weiterhin. dass sich die Mehrzahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze auf die Speckgürtelkreise um Berlin konzentrieren. und das. obwohl gerade die ländlich geprägten Randkreise unter einem besonderen Arbeitsplatzverlust leiden. Hauptsächlich der Berliner Arbeitsmarkt rettet Brandenburg auch die Arbeitslosenstatistik. Anderenfalls müsste die Landesregierung rund 5% mehr Arbeitslose gegenüber ihrer jetzigen Statistik zugeben.
Kommen wir nun zum Bereich der Sozialhilfe. In den Zeitungen lesen wir hierzu solche Schlagzeilen wie "Sozialhilfe für jedes siebente Kind unter sieben Jahren", "Armutsquote im Osten seit 1990 verdreifacht" und "Immer jüneere Obdachlose". Die Landesregierung vermag keine Zusammenhänge zwischen der steigenden Anzahl von Sozialhilfeempfängern und dem stetigen Arbeitsplatzabbau zu erkennen.
Wir als Fraktion der Deutschen Volksunion müssen daher feststellen. dass die bisheri ge Landespolitik bezüglich der Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen nicht sehr erfolgreich war und ist. Bleibt zu hoffen. dass sich dies so schnell wie möglich ändert. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner. und gebe das Wort an den Abgeordneten Klein, der für die Koalitionsfraktionen spricht.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fragestellung zur Großen Anfrage 8 der DVU-Fraktion ist geradezu ein Präzedenzfall dafür, wie man Bestrebungen des
größten Teils dieses Parlaments und Initiativen der Landesregierung kleinreden kann. wie man den Wirtschaftsstandort Brandenburg in Abredestellt und wie man das Image des Landes Brandenburg schädigen kann. Warum. frage ich Sie. stellen Sie nicht die Frage nach dem halb vollen. sondern nach dem halb leeren Glas, Wegfall von Arbeitsplätzen im Land Brandenburg? Uns. meine Damen und Herren von der DVU-Fraktion. geht es nicht um den Wegfall von Arbeitsplätzen. sondern uns geht es um die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen. damit den Menschen im Lande die Möglichkeit eröffnet wird, sich ihren Lebensunterhalt durch eigener Hände Arbeit zu verdienen.
Beim Lesen der Koalitionsvereinbarung und beim Hören der Regierungserkläning vom 24.11.1999 wäre Ihnen sicherlich aufgefallen. dass das die größte Herausforderung für das Land Brandenburg ist.
Auch die heute etwas kontroverse Debatte über die Mündliche Anfrage der Kollegin Schröder an den Arbeitsminister dieses Landes hat deutlich gemacht. dass wir uns in erster Linie dieser Problematik zu stellen haben. Die DVU-Fraktion hat diese große Chance verpasst und etwas Gegenteiliges erreicht.
Es nimmt daher nicht wunder, dass durch die Qualität der Frage eine Antwort in dem Sinne, wie es sich die Kollegin Fechter gewünscht hat. nicht möglich war. Es ist schlicht und einfach unmöglich, manche Fragen zu beantworten, zum Beispiel: Wie viele der ehemaligen Inhaber von weggefallenen Arbeitsplätzen sind jetzt Rentner? Manche der Fragen hätte man sich selbst durch das Lesen von Statistiken beantworten können; ich denke zum Beispiel an die monatliche Arbeitslosenstatistik, die vom Arbeitsamt herausgegeben wird. Der Charakter dieser Großen Anfrage ist eigentlich der einer Kleinen Anfrage.
Lassen Sie mich noch etwas zu dem sagen. was ich vorhin im ersten Satz meiner Rede über die Bestrebungen der Landesregierwitz und der meisten Abgeordneten_ in diesem Bereich etwas zu tun, damit das Ziel. Beschäftigung zu sichern und neue zu schaffen. erreicht werden kann, bemerkt habe.
Trotz der knappen Haushaltsmittel haben wir gut 28 Millionen DM in den Bereich Wirtschaft und Arbeitsmarkt investiert. Ich erinnere an die Förderung von Existenzgründern. an Handwerkerinvestitionsdarlehen. an die Landesförderung für ABM und SAM, das so genannte Mainzer Modell. Insgesamt - das muss man erwähnen. weil es in der von der DVU gewählten Fragestellung wenig Platz findet - sind im Landeshaushalt für die Arbeitsförderung 438 Millionen DM eingestellt. Dazu kommen 2 Milliarden DM aus dem Eingliederungstitel des Landesarbeitsamtes für genau diesen Zweck. Das sollte man dabei immer beachten. Es unterstreicht das. was ich hinsichtlich Bestrebun gen der Landesregierung und des größten Teils dieses Parlaments gesagt habe.
Auch die heutige Tagesordnung macht in den Tagesordnungspunkten 9 und 14 deutlich, dass wir uns diesen Anforderungen stellen. indem wir heute beispielsweise die Initiative im e-Business auf den Weg bringen und die Verbesserung des gesellschaftlichen Klimas für Selbstständige und Existenzgründer im Antrag formuliert haben. - Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.
Ich danke dem Abgeordneten Klein und gebe das Wort an die Fraktion der PDS. Es spricht Frau Abgeordnete Dr. Schröder.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im zehnten Jahr "Aufbau Ost" besteht ein berechtigtes Interesse an Infonnationen über Quantität und Qualität weggefallener bzw. wegfallender und neu entstandener bzw. entstehender Arbeitsplätze. Diese Entwicklung im Land Brandenburg zu hinterfragen macht politisch jedoch nur Sinn, wenn diese Fragen im Kontext des allgemeinen Angleichungsprozesses zwischen Ost und West gestellt und beantwortet werden. Hierzu gehören die volkswirtschaftliche Leistungsangleichung der Gesamtregion Ost. die regionale Angleichung zwischen und in den neuen Bundesländern in Bezug auf Infrastruktur und Finanzkraft sowie die Angleichung der Lebensverhältnisse, insbesondere der Arbeitseinkommen und Sozialleistungen. Darum hat die Fraktion der PDS die Große Anfrage " 10 Jahre Deutsche Einheit" gestellt, die vom Parlament im Herbst zu debattieren ist.
Die Frage nach dem Wegfall von Arbeitsplätzen allein auf das Jahr 1999 zu fokussieren macht volkswirtschaftlich. aber auch analytisch wenig Sinn. Mit dem Versuch. diese Thematik quasi in einer Momentaufnahme behandeln zu wollen. war programmiert. dass sich der Erkennmisgewinn aus den Antworten in sehr engen Grenzen hält.
Die Landesregiening übertrifft diese Erwartungen noch: Mit dem Verweis auf nicht vorhandenes statistisches Datenmaterial tendiert der Informationsgehalt der dem Parlament vorliegenden Drucksache gegen null. Somit reden wir heute bestenfalls über Tendenzen. nicht jedoch über Fakten. Wissenschaftlich gesehen. käme eine Behandlung des Themas auf der Basis dieser empirischen
Unzulän glichkeiten nicht in Betracht. Ich möchte meine Ausführungen auf nur wenige Aspekte beschränken.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie. dass die Landesregierung wenn auch sehr schwammige - Argumente liefert. die eigene politische Schönreden widerle gen. Es ist zwar nicht neu, aber bemerkenswert, dass sowohl die Zahl der Erwerbstätigen als auch die Zahl der sozialversicherungspflichti g Beschäftigten rückläufig ist. Bemerkenswert ist das deshalb, weil immer wieder das Argument zu hören ist, die Arbeitslosigkeit bewe ge sich zwar auf einem konstanten Niveau, aber die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse steige. Der beschäfti gungspolitische Erfolg scheitere quasi an einem zu hohen und wachsenden Arbeitsangebot. So vermeldete Bundesarbeitsminister Riester vor wenigen Wochen:
"Der kräftige Wirtschaftsaufschwung führt zu immer mehr Arbeitsplätzen und zum Abbau der Arbeitslosigkeit."
Für Brandenburg zieht diese Argumentation nicht. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist im Vergleich zwischen März 2000 und März 1999 uni fast 50 000 zurückgegangen. Meine Damen und Herren. das ist ein Rückgang um 6 %! Das zeigt. wie dramatisch die Beschäftigungslage im Land ist.
In Replik auf die heutige Fragestunde weise ich die Lüge des Arbeitsministers. die Arbeitslosigkeit im Lande sinke, zurück. In jedem Monat des Jahres 2000 lag die Arbeitslosenzahl deutlich über der des jeweili gen Vorjahresmonats. Eine weitere beschäftigungspolitische Illusion wird mit der Antwort in Zweifel gezogen: die Illusion vom Beschäftigungsaufschwung in der Dienstleistwitzsbranche. Auch hier geht die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zurück. obwohl von den über Wirtschaftsförderungen neu geschaffenen Arbeitsplätzen mehr als ein Drittel auf die Bereiche Dienstleistungen und Handel entfallen. Monat März lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Bereichen Handel. Verkehr und Dienstleistungen bei 500 000: das sind 24 400 weni ger als noch vor einem Jahr.
Ein letzter Aspekt. der mir in Beantwortung von Frage I I auffiel, bedarf eines schärferen Kommentars von der linken Seite des Parlaments. Wenn das Problem der sozialen Ausgrenzun g. des sozialen Abstiegs infolge von Arbeitslosi gkeit verharmlost. zwischen den Zeilen sogar fast negiert wird, dann hört der Spaß auf. Nehmen Sie soziologische Verbleibsstudien zur Kenntnis. die unumstritten belegen. dass Arbeitslosigkeit die Hauptursache für das Abrutschen in die Sozialhilfe ist.
Welches Fazit lässt sich nun aus diesem Frage-Antwort-Spielchen ziehen »! Ein nahezu skandalöses! Die Landesregierung räumt ein. von neu geschaffenen und wegfallenden Arbeitsplätzen keinerlei Kenntnis zu besitzen, weder über den Gesamtumfang noch über Strukturen hinsichtlich Branche und Region. An gesichts dieses Offenbarungseides frage ich: In welchen Händen befinden sich Milliarden DM von öffentlichen Geldern zur Wirtschaftsförderung'? Uniso dringlicher und berechtigter ist die in den Haushaltsberatungen aufgemachte Forderung der PDS. Effizienz von Wirtschaftsförderung bezüglich Beschäftigungswirksamkeit permanent zu hinterfragen. - Danke.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Dr. Schröder. - Das Wort geht jetzt an die Landesregierung. Bitte schön. Herr Minister Fürniß!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jede Betrachtung der Frage, wie viel Menschen Arbeit haben und welche Arbeit sie haben. darf nicht von einem punktuellen und zeitlich zu engen Blickwinkel ausgehen. Die Begründung ist sehr einfach: Man wird damit der historischen Leistung. die in diesem Land in den vergangenen zehn Jahren erbracht worden ist, nicht gerecht. Das. was wir nach dem Zusammenbruch erreicht haben. ist eine Leistung. Wir sollten den Brandenburgern sagen, dass sie diese Leistung erbracht haben.
Das heißt nicht, dass man keine kritische Bilanz zieht. Natürlich ist die Arbeitslosigkeit viel zu hoch und natürlich stecken Einzelschicksale dahinter. Natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe - überhaupt keine Frage. Nur, es ist nicht möglich, das so auf den Punkt zu bringen, weil man die einzelnen Berufsbiografien nicht so aufdröseln kann. uni das Ganze in Statistiken zusammenzufassen.
Richtig ist. meine Damen und Herren. dass man, wenn man bei dieser Betrachtungsweise bleibt, nicht nur die quantitativen, sondem auch die qualitativen Veränderungen in diesen zehn Jahren betrachten muss. Auf der einen Seite haben wir das Wegbrechen alter Strukturen, die nicht mehr wettbewerbsfähig waren. Dafür haben wir auf der anderen Seite zukunftsfähige Arbeitsplätze gewonnen. Dieser positive Prozess dauert noch eine Weile an und lässt sich nicht in einer Statistik festhalten.
Es lässt sich aber festhalten, dass der Haushalt des Landes Brandenburg für die nächsten zwei Jahre ein Investitionshaushalt ist. Investitionen in die Wirtschaft sind die Voraussetzung für die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Zweiter Punkt: Wir haben einen ganz eindeutigen Schwerpunkt in die Verbindung von Investitionsförderung und ArbeitsplatzFörderung und -qualifizierung gesetzt. Gemeinsam mit Herrn Ziel haben wir an einigen Beispielen bereits nachgewiesen. dass es möglich ist, diese beiden Instrumente so miteinander zu verzahnen. dass daraus langfristig sichere Arbeitsplätze auf dem Arbeitsmarkt entstehen.
Ich würde mir wünschen. dass Sie einen solchen Prozess kritisch begleiten. anstatt eine Vergangenheit zu beschreiben, ftir die insbesondere Sie nicht ganz ohne Verantwortung sind.
Meine Damen und Herren, Wege zur Selbstständigkeit. Wege zur Eigenverantwortung sind das, was wir unseren Bür gern abverlangen müssen und auf das wir sie vorbereiten müssen. Das müssen wir auch in den Schulen in den Mittelpunkt unserer Überlegungen stellen. Erziehung zur Eigeninitiative und zur Selbstständigkeit
Meine letzte Anmerkung richte ich an Sie. meine Damen und Herren von der DVU. Wissen Sie, was am meisten Arbeitsplätze in diesem Land kostet? Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz. Tragen Sie zu einer besseren Atmosphäre bei! Das würde uns ganz wesentlich helfen.
Ich bedanke mich. - Wir sind damit am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache. Damit ist die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 8 der DVU - Drucksache 3/1377 - zur Kenntnis genommen.