Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

Drucksache 3/1403

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Frau Abgeordnete Wolff, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatten zu diesem Antrag konnten uns bisher nicht davon überzeugen. dass an dem in unserem Antrag formulierten Anliegen etwas grundsätzlich falsch ist. Auch die immer wieder zitierte Änderung des Schulgesetzes, die mit dem Haushaltsstrukturgesetz vorgenommen wurde. ändert nichts an dem Problem. Ich möchte ein letztes Mal versuchen, auf den Widerspruch. den das Schulgesetz enthält, aufmerksam zu machen. und Sie gleichzeitig erneut darum bitten. zu überlegen. ob unser Antrag vielleicht nicht doch sinnvoll ist.

Das Schulgesetz sagt in ^ 1 12 Abs. 1:

"Sie..."

- damit sind die Kreise als Träger der Schülerbeförderun g, gemeint

... haben... die notwendi gen Fahrtkosten zu erstatten."

Absatz 4 des gleichen Paragraphen stellt fest, dass die Ausgabe

von Zeitkarten eines Verkehrsunternehmens. die aufgrund der Tarifgestaltung und des Fahrplanangebots neben den Schulwegen auch zu Fahrten für private Zwecke nutzbar sind, von einer Beteiligun g der Eltern oder der volljährigen Schülerinnen und Schüler an den Kosten abhängig gemacht werden kann. Das ist so richtig und soll auch so sein.

Auch die Tatsache. dass durch die Änderung des Schulgesetzes die Entscheidung für die Beteiligung von Eltern jetzt allein den Kreisen überlassen ist. findet unsere Unterstützung. Es bleibt jedoch unseres Erachtens der Konflikt mit Absatz 1 bestehen. der besagt. dass dann. wenn das Gesetz grundsätzlich gebietet. die Fahrtkosten zu erstatten. das auch möglich sein muss. Es muss also Fahrkarten geben, die eine solche Verfahrensweise zulassen. weil sie nur vom Wohnort zur Schule und zurück gelten. Deshalb sollte sich die Landesregierung heim Verkehrsverbund BerlinBrandenburg dafür einsetzen. dass Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern auf ihren eigenen Wunsch hin künftig Fahrkarten erhalten können. die ausschließlich zur Fahrt zwischen Wohnung und Schule. für die eine Beförderungs- oder Erstattungspflicht besteht, berechtigen.

Wir wissen. dass das wahrscheinlich nur selten vorkommen wird, aber das Gesetz regelt es so. Wir wissen auch, dass es besser ist, die Kinder zu bewegen. den ÖPNV auch für Fahrten zum Sport oder zur Disko zu nutzen. Das wird besonderen Anklang finden, weil diese Karten verhälmismäßig kostengünsti g sind.

Was passiert aber an jenen Orten. an denen nur noch morgens zum Schulort und nachmittags zurück ein Linienbus verkehrt? Was will denn ein Schüler an einem solchen Ort mit einer Monatskarte? Auf dem flachen Land kommt ein solcher Fall häufig vor. Es kann doch nicht sein - diese Einschätzung bestätigen die Aussagen der Landesregierung auf Anfragen zur Sache -. dass das Tarifsystem des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg bestimmt, in welchem Umfang ein Gesetz eingehalten wird. Auch in den Ausschüssen ist immer wieder mit. dem Tarifsystem des VBB argumentiert worden. Steht das über dem Gesetz?

In der Beratung des Verkehrsausschusses teilte der Staatssekretär mit, dass der Verbund an einer Lösung arbeite, die der gesetzlichen Regelung näher komme. Das geht doch nicht. Man kann Gesetze nicht nur teilweise einhalten. sondern nur vollständig.

Wir wiederholen deshalb unseren Vorschlag: Die Landesregierung macht gegenüber dem VBB deutlich, dass im Einzelfall. den die Kreise zum Beispiel per Satzung zu bestimmen haben. auch Fahrscheine anerkannt werden müssen. die nur zwischen Schule und Wohnort gelten. Weil Herr Staatssekretär Appel meinte. uns an unser Eintreten für den ÖPNV erinnern zu müssen, fordern wir den VBB auf, in den Schulen aktiv für seine - auch unter Berücksichtigung von Eltemanteilen - kostengünstigen und flexibel nutzbaren Zeitleartenangebote zu werben.

Voraussetzung für einen Erfolg ist allerdings, dass die ÖPNVZuschüsse nicht weiter gekürzt werden. Nur so können die Kreise als Träger des ÖPNV auch außerhalb des Schülerverkehrs im ländlichen Raum entsprechende ÖPNV-Angebote sichern, die die Zeitkarten des VBB erst attraktiv machen. So lange aber Kürzung Ihr Politikansatz ist, muss uns niemand an unser ÖPNVEngagement erinnern. - Danke.

Auch ich danke. - Wir sind damit bei der SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Vogelsänger. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte PDS-Fraktion. ich möchte nur zur Erinnerung sagen: Die Koalitionsfraktionen haben im Vorfeld der Haushaltsverhandlungen dafür gesorgt. dass wir in diesem Jahr 36 Millionen DM und im nächsten Jahr 30 Millionen DM als Grundförderung für den ÖPNV zur Verfügung stellen können. Das ist ein Plus von 48 Millionen DM für die Landkreise. und das muss einmal deutlich gesagt werden. Soviel möchte ich zu unserem Engagement für den ÖPNV sagen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Meine Damen und Herren, eines der wichtigsten Ziele bei der Einführung des Verbundtarifs war die Möglichkeit der Nutzung des gesamten Verkehrsangebots im ÖPNV innerhalb eines Bereichs für alle Fahrgäste. also auch für den Schülerverkehr. Aus dem alten Streckentarif wurde mit dem Verbundkonzept ein Flächentarif, das heißt. innerhalb eines Flächentarifbereichs können sowohl Bus als auch Straßenbahn oder Bahn. soweit vorhanden. mit einem Fahrausweis genutzt werden.

Damit kann auch der Schülerverkehr flexibler gestaltet werden. Der klassische Fahrschein im Schülerverkehr, der ausschließlich für die Fahrt vorn Wohnort zur Schule mit einem Verkehrsmittel berechtigte. gehört der Vergangenheit an. Dies ist verkehrspolitisch zu begrüßen, denn dadurch lässt sich das bestehende ÖPNV-Angebot besser nutzen und auslasten. Somit ist der Fahrschein auch im Freizeitbereich für die Schüler nutzbar. Auch das ist zu begrüßen. denn so kann der Schüler das Freizeitangebot im Nachbardorf oder in der Nachbarstadt mit dem ÖPNV erreichen.

Der Verbundfahrschein hat also einen höheren Wert gegenüber dem alten Streckenfahrschein erreicht. Nach 112 Schulgesetz stellte sich nach alter Fassung zwingend die Fra ge nach einem Eigenanteil am Fahrschein. Mit der Veränderung des Schulgesetzes im Haushaltsstrukturgesetz kann dies flexibler gestaltet werden. So hat der Verkehrsverbund in Abstimmung mit den Aufgabenträgern, also den Städten und Landkreisen, einen Kompromiss erarbeitet, der vorsieht, bei Schülerfahrscheinen grundsätzlich die Frage des Eigenanteils der Satzungshoheit der Aufgabenträger zu überlassen.

Ansonsten legt doch die PDS immer so grollen Wert auf die kommunale Selbstverwaltung. Da gehört es auch hin. Der Gesetzgeber hat gehandelt. Der Landtag hat mit der Änderung des Schulgesetzes den Weg für eine pragmatische Lösung frei gemacht. Mit der jetzigen Kannbestimmung im Schulgesetz kann von den Aufgabenträgern entsprechend reagiert werden und regionale Besonderheiten können berücksichtigt werden.

Der PDS-Antrag ist leider nicht zukunftsweisend, da er den Rückzug auf den alten Streckentarif vorschlägt. Nach unserer Auffassung ist dies verkehrspolitisch ein falscher Lösungsansatz.

(Beifall bei der PDS) im federführenden Ausschuss für Stadtentwicklung. Wohnen und 1084 Landiag Brandenburg. - 3. Wahlperiode - Pleriarproinkull 3 18 - 12. Juli 2000 Verkehr wurde der PDS-Antrag deshalb abgelehnt. Ich bitte Sie uni Zustimmung zum Ausschussvotum. - Vielen Dank. ( Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich danke auch. - Da die DVU-Fraktion ebenso wie die CDUFraktion Verzicht erklärt hat, wären wir bei der Landesregierung. Herr Minister Meyer. Sie haben das Wort.

Minister für Stadtentwicklung. Wohnen und Verkehr N1eyer:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem jetzigen PDS-Antrag ging, wie Sie wissen. eine Kleine Anfrage vom Dezember letzten Jahres voraus, die wir seinerzeit ausffihrl ich beantwortet haben. Dabei wurde auch dargestellt. dass es aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist. diealte, vor der Einführung des Verbundtarifs geltende Regelung eines unmittelbar auf den Schulweg bezogenen Linientickets wieder einzuführen.

Die Konsequenz ist zunächst einmal. dass der Schüler bzw. die Schülerin nunmehr ein Ticket erhält, das über den Schulweg hinaus im räumlichen Geltungsbereich nutzbar ist. Ich hoffe, Sie stimmen mit mir überein. dass der damit verbundene Anreiz. den ÖPNV auch zu Freizeitzwecken zu nutzen. aus verkchrlichen. sozialen und familienpolitischen Gründen grundsätzlich positiv zu bewerten ist. Das gilt auch im ländlichen Bereich: denn da ist der Sportverein dort und die Singegnippe da.

Negativ aus Ihrer Sicht ist ja nur, dass es in einigen Fällen dazu kommen könnte, dass Eltern dazu verpflichtet werden, eventuelle Mehrkosten dieser zusätzlichen Fahrtmöglichkeiten zu tragen. In diesem Zusammenhang hat sich die Antragsgrundlage in der Zwischenzeit geändert.

Im Rahmen der Verabschiedung des Haushaltsstrukturgesetzes vor zwei Wochen wurde auch eine Änderung des Schulgesetzes beschlossen. § 112 Abs. 4 des Brandenburgischen Schulgesetzes Herr Vogelsänger ist darauf eingegangen -, auf den sich die Begründung Ihres Antrags bezieht, hat sich von einer Pflicht der Schulämter, die Rückerstattung der Mehrkosten von den Eltern zu verlangen, in eine Möglichkeit der Schulämter, eine solche Rückerstattung zu verlangen, geändert. Darauf ist in den Ausschussberatungen auch schon eingegangen worden.

Streng genommen entfallen damit die Antragsvoraussetzungen. denn die Verantwortung für eine solche Rückerstattung liegt nicht mehr beim Land. sondern hei den Kreisen. Diese waren aber durch das Schulministerium schon unmittelbar nach Einführung des Verbundtarifes aufgefordert worden. eine Abwägung zwischen eigenem Verwaltungsaufwand für die Geltendmachun g und rechtliche Durchsetzung des Rückerstattungsanspruches und den potenziellen Einnahmen nach Rückerstattung vorzunehmen. Danach besteht in vielen Fällen die Möglichkeit, auf Rückerstattungsansprüche zu verzichten.

Die jetzt gültige Tarifregelung ist im Einvernehmen mit allen Beteiligten - kommunalen Aufgabenträgem. Verkehrsunternehmen und VBB - zustande gekommen. und wir in der Landesregierung halten sie für tragfähig. - Schönen Dank.

(Beifall hei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich danke auch. - Wir sind damit am Ende der Rednerliste. Ich beende die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung, die die Dnacksachennummer 3!1403 trägt, folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich angenommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 1 (1 und wir kommen zu Tagesordnungspunkt 11:

Bundesratsinitiative zur Änderung des Asylbew L•rherleistungsgesetzes

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/1427

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der beantragenden Fraktion. Frau Abgeordnete Fechner. bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie das Bundesinnenministerrum mitteilt, haben von 1990 bis 1999 fast zwei Millionen Ausländer Anträge auf Asyl in der Bundesrepublik Deutschland gestellt. Knapp 3 (!4i sind von dem zuständigen Flüchtlingsbundesamt als politisch verfolgt und somit als asylberechtigt anerkannt worden.

Wieder Antwort der Landesregierung vorn 6. März 2000 auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Sarrach zu entnehmen ist. beträgt die Anerkennungsquote im Bereich des Artikels 16 a Grundgesetz und Familienasyl im Jahre 1999 für das Land Brandenburg sogar nur 1.2 %. 1999 haben 40 Personen Abschiebeschutz nach § 51 Abs. I des Ausländergesetzes erhalten. Dies entspricht einem Prozent der getroffenen Entscheidungen. Abschiebehindemisse gemäß § 53 des Ausländergesetzes wurden bei 35 Personen oder 1.1 °A der abgelehnten Asylbewerber festgestellt.

Diese Zahlen machen doch deutlich. dass die Masse der Bewerber nicht wegen politischer Verfolgung ihre Heimat verlassen hat, sondern aus rein wirtschaftlichen Erwägungen.

(Zuruf von der PDS: Das stimmt nicht!)

Deutschland gilt in vielen Staaten dieser Erde immer noch als Wirtschaftswunderland, in dem man aus der Sicht vieler Asylbewerber ohne Mühe und Arbeit erheblich besser leben kann als in den Herkunftsländern.

(Zurufe von der PDS )

Sprecher des grünen Regierungspartners in Berlin möchten das Asylrecht wieder lockern und vor allem die illegale Einwanderung nachträglich legalisieren. Es ist mit einer Aufweichung des gesamten Asylverfahrens zu rechnen, weil die jetzige Bundesregierung schon angesichts der demographischen Entwicklung noch mehr Ausländer nach Deutschland holt bzw. den Aufenthalt auf Dauer verfestigen will.

Dahinter steckt natürlich ein ideologisches Konzept.

(Zuruf von der PDS: Bei Ihnen aber auch!)

Deutschland soll nicht mehr das Land der Deutschen sein. sondern ein multikultureller Regionalstaat innerhalb Europas.

( Proteste bei SPD, CDU und PDS)