Protokoll der Sitzung vom 13.07.2000

... aktiv e Initiativen zur Verkehrssicherheit auszulösen. - Vielen Dank. Herr Präsident.

Beifall bei der PDS)

Vizepräsident I laberma n

Ich danke Ihnen. - Das Wort geht jetzt an die Fraktion der CDU. an Herrn Abgeordneten Schrey.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verkehrssicherheit ist im wahrsten Sinne des Wortes ein lebenswichtiges Thema. Leben und Gesundheit sind jedem Menschen das höchste Gut. Staat und Politik haben die Aufgabe. alles Mögliche zu tun. damit dieses Gut geschützt wird.

Meine Damen und Herren. Brandenburgs Verkehrsteilnehmer leben gefährlicher als die in anderen Bundesländern. Mit 19 Getöteten auf I00 001 Einwohner nehmen wir im Vergleich der Bundesländer nach wie vor einen Spitzenplatz ein. Wir hegen am Ende der Unfallstatistik. Seit 1991 haben wir etwa 6 000 Todesfälle im Straßenverkehr zu beklagen - und das nur in Brandenburg. Dabei drückt jede Statistik nur sehr unzureichend aus. was ein Verkehrsunfall für die Betroffenen bedeuten kann. Familien werden zerstört. Menschen erleiden Verletzungen. an denen sie ihr ganzes Leben psychisch und physisch zu leiden haben.

Durch Verkehrsunfälle entsteht nicht nur menschliches Leid. sondern gesamtwirtschaftlich betrachtet entstehen auch sehr hohe Kosten. Bei einer Verkehrssicherheitskonferenz im letzten Jahr wurde der volkswirtschaftliche Gesamtschaden auf 1,7 Milliarden DM beziffert.

Ich möchte jetzt zu den Unfallursachen kommen. Viele Unfälle auf unseren Straßen haben etwas mit verantwortungsloser Raserei zu tun. dem Nichtbeachten von Vorfahrten und dem Nichtbeachten von Überholverboten. Deshalb halte ich es für richtig. dass wir die Verkehrsüberwachung verstärken, und zwar vor allen Din gen an Gefahrenstellen. Wer hier rast. soll die größtmögliche Sicherheit haben. dass er zahlen muss. Ich begrüße in diesem Zusammenhang auch sehr ausdrücklich die Initiative von Justizminister Schelter. die Strafen für schwere Verkehrsverstöße zu verschärfen. Wer andere massiv gefährdet, muss aus dem Verkehr gezogen werden.

Besonders betroffen macht mich die hohe Zahl von jungen Menschen. die in Verkehrsunfälle verwickelt werden. Jeder vierte Unfalltote ist zwischen 18 und 25 Jahre alt. Junge Unfallfahrer nehmen damit eine. Spitzenposition in der Unfallbilanz ein. Das hat natürlich zunächst einmal etwas mit der Unerfahrenheit junger Autofahrer zu tun. aber natürlich auch sehr viel mit denn eigenen Verhalten. dass man die Konsequenzen aus dem eigenen Handeln nicht genügend abwägt und dann andere

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und sich selbst gefährdet. Hier muss Verkehrserziehung als Unfallprävention ansetzen.

Wir müssen unsere Verkehrssicherheitskampagne fortsetzen, natürlich nicht nur im Hinblick auf junge Fahrer als Zielgruppe, sondern auch für Erwachsene und Kinder. kurzum: Ihr alle Verkehrsteilnehmer. Für Unfallprävention und Verkehrserziehung muss auch künftig Geld bereitgestellt werden. Wir haben bereits bei der Aufstellung des Haushalts dafür gesorgt, dass dafür das Geld vorhanden ist.

Wir wollen auch erreichen. dass für das Verkehrserziehungstraining von Fahranhängers mehr getan wird. Vielleicht sollten wir in diesem Zusammenhang auch über eine NachschulungsMbar für junge Fahrer nachdenken. die ein Jahr nach dem Bestehen des Führerscheins einsetzen könnte.

(Beifall des Abgeordneten von Amine [CDU])

Wie das zu machen ist, darüber wird noch zu reden sein.

Unfallvermeidung ist der wirkun gsvollste Ansatz. Aber wir müssen auch etwas tun. wenn ein Unfall passiert ist. das heißt_ die Unfallfolgen verringern. In Brandenburg passiert die Hälfte der Autounfälle mit Todesfolge in Alleen. Deshalb müssen wir etwas dafür tun. dass die Randstreifen insbesondere in Alleen besser gesichert ‘verden. sofern dies möglich ist.

(Beifall des Abgeordneten Neumann [CDU])

Hier ist in den letzten Jahren bereits viel geschehen. Das sollte uns aber nicht hindern. noch mehr zu tun.

Meine Damen und Herren. wir müssen die Sicherheit im ÖPNV, insbesondere im Schulbusverkehr. verbessern. Wir alle wissen. dass in vielen Schulbussen die Sicherheit durch disziplinloses Verhalten der Schüler gefährdet wird. Hier könnte die schon angesprochene Videokameraüberwachung helfen. Erste Modellversuche haben positive Ergebnisse geliefert. Natürlich müssen hier die datenschutzrechtlichcn Bestimmungen eingehalten werden.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Der gemeinsame Antrag von CDU und SPD zielt auf mehr Verkehrssicherheit in Brandenburg. Wir Verkehrspolitiker wollen diesem wichtigen Zici damit Nachdruck verleihen. Deshalb bitte ich Sie uni Zustimmung zum gemeinsamen Antrag von SPD- und CDU-Fraktion.

Abschließend noch eins: Es handelt sich heim Thema Verkehrssicherheit um eine gesellschaftspolitische Aufgabe. Hier ist vor allem auch jeder Einzelne gefragt. nicht nur die Politik und die staatlichen Behörden. Eine besondere Vorbildfunktion haben dabei auch die so genannten erwachsenen Verkehrsteilnehmer. Mir fallen hier spontan zwei Dinge ein: Beim grünen Pfeil halten viele Autofahrer nicht mehr an. Sie nehmen den grünen Pfeil als Vorfahrt. An unbeschrankten Bahnübergängen wird häufig die Stopp-Vorschrift missachtet. Wer so handelt, ist kein Vorbild. er gefährdet andere Menschen und sich selbst. - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Schrey. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU. an Frau Abgeordnete Hesselbarth.

Frau Hesselbarth (I)V1_');

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie werfen uns ständig Populismus vor. Der hier vorhegende Antra g der Koalitionsfraktionen ist doch Populismus pur!

Es gibt wohl niemanden in diesem Haus. der sich gegen ein Mehr an Verkehrssicherheit ausspricht. Das schwere Busun

gl ück in Altlandsberg hat uns alle bewegt. Wir müssen uns aber darüber im Klaren sein. dass es trotz aller Präventivmaßnahmen eine t)O rate Sicherheit niemals gibt.

Wenn man allerdings die hohe Zahl der Todesopfer im Straßenverkehr unseres Landes sieht. erkennt man: Es müssen auch kurzfristige Maßnahmen umgesetzt werden, um tragischen Situationen vorzubeugen. In der Begründung zu Ihrem Antrag. Frau Blechanger und Herr Fritsch. heißt es jedoch in Bezug auf die viel zu hohe Todesrate im Straßenverkehr:

"Die Bemühun gen der Landesregierung zur Verbesserung dieser Situation sind langfristig angelegt und befinden sich grundsätzlich auf einem richtigen Wege."

Die DVU-Fraktion beanstandet den Begriff "langfristig". Wir sind der Auffassung. dass Brandenburg nicht das zweite Schlusslicht bleiben darf. Sie fordern allerdings in Ihrem Antrag die Durchführung kurzfristiger Maßnahmen. Wir sehen einen Widerspruch zwischen Antra g und Begründung.

Sie fordern die Fortsetzung der Verkehrssicherheitskampagne. Aber. meine Damen und Herren. was nützt diese Landesförderung. wenn wir allabendlich von den verschiedenen Fernsehsendern die Kriminalität auf der Straße frei Haus geliefert bekommen? Gewalt in den Medien und schlechte Vorbilder schaffen ein Klima. das gerade Jugendliche dazu anreizt, Gesetze und Verordnungen im Straßenverkehr zu übertreten.

Sie wollen die Verkehrsüberwachung intensivieren. Aber woher nehmen Sie eigentlich das Personal? Fragen Sie doch bei den Polizeibehörden! Die Beamten werden mit immer neuen Formen der Kriminalität konfrontiert. Illegale Ausländer und krimineller Tourismus aus Osteuropa bieten ein weiteres Gefahrenpotenzial. ist es nun wichtiger. die organisierte Kriminalität zu bekämpfen oder Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr zu erfolgen? Sie haben genügend Gelegenheit gehabt. im Rahmen der Haushaltsberatungen Finanzierungsvorschläge zu unterbreiten. uni die Polizei personell aufzustocken.

Sie fordern ein Mehr an straßenbaulichen Maßnahmen. Sie wissen genau. dass Sie bei diesem Landeshaushalt an finanzielle Grenzen stoßen. Machen Sie diesem Plenum konkrete Finanzierungsvorschlä ge_ aber verstecken Sie sich nicht hinter irgendwelchen Postulaten in Parteiprogrammen!

Sie sorgen sieh um die Situation der Schüler in Bussen und Bahnen. Glauben Sie wirklich. dass Sie mit Videokameras.Abhilfe schaffen können?

(Zurufe von der CDU: Ja!)

Die DVU-Fraktion will nicht den Überwachungsstaat. sondern die Erziehung der Jugend zu verantwortungsbewusstem Handeln. Wenn es in den Schulbussen Radau gibt. dann muss man

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die Ursachen erforschen. Hier spielen Elternhaus und Schule eine ganz wichtige Rolle. Man muss nicht in Nostalgie verfallen oder nach einer neuen Diktatur rufen, wenn es um das Thema Erziehung geht. Die alte Bundesrepublik lieferte in den 50er. 60er bis in die 70er Jahre hinein gute Vorbilder. Ich weiß. dass bei Ihnen autoritäre Erziehung % erpönt ist. aber ich sage Ihnen: Eine Jugend. die keine Vorbilder hat. hat auch keine Ideale.

Einige von der Koalition vorgeschlagene Maßnahmen können mangels Zuständigkeit des Landes nur als Appell an die Kreise und Gemeinden aufgefasst werden. Die DVU-Fraktion würde aber sehr dafür plädieren. dass im Ausschuss für Stadtentwicklung. Wohnen und Verkehr auch Gemeindevertreter gehört werden, die vorbildliche Verkehrssicherungskonzepte in ihren jeweilieen Bereichen umgesetzt haben. An diesen Beispielen können %%ir lernen, was machbar ist und welche Kosten jeweils entstanden sind.

Die Schule - und hier sind %%ir in der Kompetenz des Landes muss einen bedeutenden Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten. Die DVU-Fraktion vermisst in Ihrem Antrag konkrete Anregungen für die Schulen dieses Landes. Verkehrslehrer der Polizei sollten sich in regelmäßigen Abständen in die Schulen begehen und durch Bild- und Tonmaterial wie durch Vorträge über präventive Maßnahmen nn Straßenverkehr aufklären.

Zum Abschluss möchte ich noch bemerken. dass wir trotz meiner Ausführungen diesem Antrag zustimmen werden.

(Beifall bei der DVU )

Ich danke Ihnen. Frau Abgeordnete Hesselbarth. - Das Wort erhält jetzt der Verkehrsminister. Bitte schön. Herr Meyer!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass die Bemühungen der Landesregierung zur Verbesserung der Verkehrssicherheit vom Landtag gnmdsätzlich positiv bewertet worden sind. Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir tun vieles, was richtig ist, wohl wissend, dass die Zahl der Unfälle in Brandenburg nach wie vor zu hoch ist.

Wir begrüßen es daher, dass Sie uns ganz entschieden unterstützen wollen und uns aufrufen. die Verkehrssicherheitsarbeit noch weiter zu intensivieren. Der vorgelegte I 0-Punkte-Katalog belegt, dass Verkehrssicherheitsarbeit sehr komplex ist. da die Unfallursachen sehr unterschiedlich sind. Zum einen muss sich in den Köpfen etwas ändern, die Vernunft muss sich durchsetzen. Daneben sind in den Bereichen Straße und Technik abgestimmte Maßnahmen zu ergreifen. uni die Verkehrssicherheit zu erhöhen und die Unfallzahlen zu senken.

Zwischen repressivem Druck. beispielsweise Überwachung. Höheder Strafen, verkehr' iche Einschränkungen, Geschwi ndiekeitseinschränkuneen. sind natürlich präventive Maßnahmen. Verkehrserziehun g und gruppenspezifische Anreize. Fifty-F ftyTaxi. in einem ausgewogenen Verhältnis darzustellen. Da klammere ich auch das Heruntersetzen der Promillegrenze nicht aus. Frau Tack. Aber es ist eben so in der Demokratie - und das

werden wir beide so schnell nicht ändern -. dass man für Vorschläge eine Basis und schließlich auch die Mehrheit braucht. Ein Ziel zu verfolgen, das jetzt noch nicht durchsetzbar ist. heißt doch nicht, dieses Ziel aus den Augen zu verlieren.

(Frau Tack j. PDS]: Sie müssen etwas dafür nm, dass es mehrheitsfähig wird. Herr Minister!)

Da hat mein Kollege Herr Sehelter einen Schritt getan. den wir schon vor zwei. drei Jahren einmal in dieser Landesregierung und in diesem Parlament beraten haben. Ob man es auf ein Alter oder oh man es nach dem Tag der Ausstellung der Fahrerlaubnis festlegt. das sind Dinge. die man diskutieren und auch einmal ausprobieren muss. Das heißt doch nicht. dass wir das Endziel aus dein Auge 1 edlerem Da wollen wir. da müssen wir hin.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim

Sie %%erden heute Nachmittag sicherlich das Richtige tun und werden heim Hoffest unseres Präsidenten beim Wassertrinken bleiben: denn Sie müssen mit dem Auto nach Hause fahren.