Protokoll der Sitzung vom 20.09.2000

_Leinen- und Maulkorbzwang lassen vielfach eine tiergerechte Haltung von Hunden nicht mehr zu. Dies kann zu Aggressionsverschiebungen und der Entstehung neuerAggressionspotenziale hei den betroffenen Tieren führen. Die Hunde sind auf ein Mindestmaß freier Bewegung angewiesen."

Man erreicht also durch den permanenten Leinen- und Maulkorbzwang genau das Gegenteil von dem, was man erreichen will. nämlich eine gesteigerte Aggressivität hei den Hunden.

Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich noch auf das nach Ansicht der DVU gravierende Problem der neuen Hundehalterverordnung zu sprechen kommen, nämlich auf die völlig willkürliche Einstufung besununter Hunderassen als gefiihrhche Hunde. wie dies in § 8 der Verordnung zum Ausdruck kommt.

Es ist nach unserer Ansicht einfach unmoralisch. dem Naturrecht und auch Artikel 39 Abs. 3 widersprechend. bestimmte Hunderassen allein aufgrund ihrer rassespezifischen Merkmale als gefährlich und damit als verboten einzustufen. Dies gilt insbesondere für die fünf in ti 8 Abs. 2 genannten Hunderassen. welche völlig verboten werden sollen. Aber auch die Einstufung anderer Hunderassen, zum Beispiel des Dobermanns und des Rottweilers. als gefährliche Hunde gemäß * H Abs. 3 der Verordnung ist so nicht hinneinbar. Dazu erklärte der bereits zitierte Ostdeutsche Rassehundeklub:

_Erklären Sie einmal. dass es den Deutschen nach circa hundert Jahren gezielter Zucht einfällt. dass zum Beispiel der Rottweiler oder der Dobermann gefährliche Rassen sind. Hat der Deutsche. um das festzustellen. hundert Jahre gebraucht?"

Was diesem Staat nicht in sein Schema passt, wird verboten und unter Strafe gestellt, das ist einfacher. als Alternativen und Lösungen aufzuzeigen.

Ähnlich sieht das auch der Tierschutzverein..Vier Pfoten e. V.-. welcher in seiner Zeitschrift _Report-, Ausgabe 3/2000. dazu anmerkt:

_Grundsätzlich falsch ist es. einzelne Hunderassen pauschal als Bestien abzuurteilen und aus dem Verkehr zu ziehen."

Aus all diesen Gründen fordern wir die Landesregierung noch

einmal auf. ihre Hundehalterverordnung vom 1. August 2001) um gehend zu überarbeiten bzw. zurückzunehmen. Denn was wäre die Folge. wenn die Hundehalfe •verordnung in unveränderter Form bestehen bliebe? Ich will es Ihnen sagen: Dies hätte die Tötung vieler Hunde und die Haltung von Hunden entgegen dem Tierschutzgesetz zur Folge, das Heranziehen von verhaltensgestörten und nicht berechenbaren Hunden, die Diskriminierung der Halter größerer Hunde und die Verletzung...

11zepräsident Hahermann:

Herr Abgeordneter. kommen Sie bitte zum Schluss!

-Ja. noch einen kleinen Moment. Herr Präsident__ des Lebensgefühls der I lunde und ieler vcraitwonuitgsbewusster Menschen. Ängste und Verzweiflung hei einer großen Anzahl von Bürgern. insbesondere älteren Personen und Kindern. die sich um ihren engsten Freund. nämlich ihren Hund. sorgen. nachbarliche Auseinandersetzungen und ständige Denunziationen hei Behörden. wirtschaftliche Schwieri gkeiten und der Bankrott verantwortlicher Züchter sowie die rechtliche Verunsicherung vieler Bürger wären weitere Folgen.

Aus all diesen Gründen fordern wir als Fraktion der DVU Sie auf: Stimmen Sie unserem vorliegenden Antrag zu! Alternativ beantrage ich die Chorweisung des Antrages in den Ausschuss für Inneres, federführend, und in den Rechtsausschuss. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU} Vizepräsident Ha thermann : ich danke Herrn Abgeordneten Claus. - Das Wort geht jetzt an Herne Homever. Er spricht für die Fraktionen der SPD und der CDU. - Ehe ich Hem Homeyer das Wort erteile. möchte ich Gäste im Landtag begrüßen. und zwar Senioren aus der schönen Spreewaldstadi Lübbenau. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall)

Bitte schön. Herr Homeyerl

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit dem 1. August dieses Jahres haben wir in Brandenburg eine neue Hundehalterverordnung. von der wir hoffen, dass wir damit die Bürgerinnen und Bürger des Landes effektiv schützen können. Was war die Ausgangslage dafür. dass die Politik in Brandenburg im Frühsommer dieses Jahres unverzüglich reagiert hat. uni die bestehende Hundehalterverordnung zu novellieren bzw.. durch die neue zu ersetzen? Die Ausgangslage, meine Damen und Herren, war der Tod eines sechsjährigen Jungen in Hamburg. der von einem Kampfhund getötet worden ist. Dies ging deutschlandweit und sogar international durch die Presse und viele Bundesländer sahen sich gezwungen und gehalten - so auch unser Nachbarland Berlin -, ihre Hundehalterverordnungen zu novellieren bzw. eine eigene in Kraft zu setzen. damit solche brutalen Vorfälle in Zukunft mö g lichst nicht mehr vorkommen.

1226 Linxilau 13rantlentnirg - Wahiporiodc - Pleimrprotokoil 3 :_>1) - 20. Sepleintm 2000

Brandenburg - das sei an dieser Stelle gesagt - hatte eine Hundehalterverordnung. die auch damals schon zu den effektivsten in Deutschland zählte. die aber aufgrund der neuen Umstände ehen nicht mehr ausreichend war.

Ich möchte an dieser Stelle auch sehr deutlich sagen: Herr Claus, lassen Sie die Kirche im Dorf! Natürlich versuchen Sie. sich hier zum Fürsprecher aller Hundebesitzer und aller Hundezüchter zu machen und mit Ihrem Antrag zu punkten. Uns eine es in erster Linie darum. Brandenburgerinnen und Brandenburger vor gefährlichen Hunden - vor Kampfhunden - zu schützen. Das war letztendlich der Ausgangspunkt dafür. dass wir gesagt haben: Wir schaffen jetzt eine Hundehalterverordnung aus einein Guss. Der Gefahr, dass Hundehaller. die unverantwortlich sind, die schon nach der erstell Verordnung nicht bereit waren. ihre Hunde zu melden. CS auch nach der zweiten Verordnung nicht tun werden. müssen wir einen Riegel orsehiehen. Deshalb gibt es jetzt eine Kennzeichnungspflicht bei Hunden mit 20 kg Gewicht bzw. 40 cm Schulterhöhe. Natürlich ist diese Höhe. wie Sie feststellen. Herr Claus. eine Höhe. die angesetzt werden musste. uni überhaupt einen Anhaltspunkt zu haben.

Herr Abgeordneter Homeger. gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich.

1 •izepräsident Habermann:

Bitte schön. Frau Hesselbarth!

Herr I-lomeyer. haben Sie einen Hund? - Das ist meine erste Frage.

Meine zweite Frage: Wissen Sie eigentlich. dass für den damals in Hamburg passierten Fall ein schwer krimineller Mensch verantwortlich gewesen ist und nicht der Hund?

Ich danke Ihnen für die Zwischenfrage. Frau Abgeordnete Hesselbarth. Ich habe einen Hund. Mein Hund hat etwas über 40 cm Höhe und wiegt etwas mehr als 20 k g. Wir werden ihn deshalb ordnun gsgemäß anmelden. Ein polizeiliches Führungszeugnis habe ich für mich als Hundehalter bereits beantra gt. Er wird dann seine Plakette tragen. Ich tue das - selbstverständlich uni damit einen Beitrag zu leisten. dass wir in Zukunft nicht mehr diese Vorfälle haben. Es geht dartun. dass alle ihre Hunde gemäß der neuen Hundehalterverordnung angemeldet haben und die Dunkelziffer der nicht angemeldeten Hunde gering gehalten wird.

(Beifall bei CDU und SPD)

Meine Damen und Herren, selbstverständlich ist uns bewusst, dass es in jeder Rasse sowohl sanftmütige als auch unberechenbare und aggressive Hunde gibt. Wir wissen selbstverständlich auch, dass das Problem meistens nicht die Hunde sind. sondern

deren Halter. Wir müssen in jedem Fall unseren Auftrag als Politiker. die Bevölkerung ausreichend zu schützen. erfüllen. Hierzu sind wir angesichts der Vorfälle. die wir in Brandenburg harten. verpflichtet. Ich nenne noch einmal die Zahlen. 1999 hatten wir 1 362 Bissvorfälle. 1997 waren es noch 1 700. Das ist einfach zu viel. Deshalb mussten wir handeln und deshalb. meine Damen und Herren von der antragstellenden Fraktion, sind wir nicht bereit. jetzt die Hundehalterverordnung wiederum zu novellieren.

Ich möchte hier aber auch eines deutlich sagen: Wir wollen natürlich die Hundehalter in Brandenburg nicht pauschal kriminalisieren - das lieg: uns absolut fern. Darum geht es auch nicht. Selbstverständlich wird die Landesregierung. wenn wir feststellen, dass Fristen nicht eingehalten werden können. weil zum Beispiel nicht genügend Hundeausbilder und -gutachter zur Verfügung stehen, darüber nachdenken. ob man dann aus Praktikahilitätsgründen die Frist verlängert. Selbstverständlich wird man sich auch Einzelfinte anschauen_ denn diese wird es geben.

Uns ist natürlich auch bewusst. dass die Ordnungsämter der Kreise und der Kommunen in der Anlaufphase Schwierigkeiten haben. das umzusetzen. und dass hier Prioritäten gesetzt werden müssen. Wir betreten Neuland wie andere Bundesländer auch.

Herr Abgeordneter Homevier. es wurde noch eine Zwischenfrage angemeldet. Würden Sie diese ebenfalls beantworten?

Selbstverständlich. Herr Präsident.

Bitte sehr, Frau Abgeordnete Hesselbarth?

Ich möchte nur meine zweite Frage, die ich vorhin gestellt habe. beantwortet wissen.

Würden Sie bitte so freundlich sein und die Frage noch einmal wiederholen?

Ich möchte wissen. ob Ihnen bewusst ist, dass für den Vorfall in Hamburg eigentlich ein schwer krimineller Mensch verantwortlich ist und nicht der Hund.

Das habe ich zu beantworten versucht. Uns ist klar. Frau Kollegin Hesselbarth, dass das Problem oftmals bei aggressiven Hunden nicht am unteren Ende der Leine ist, sondern am oberen Ende. Das ist in Hamburg auch der Fall gewesen. Das ist uns bewusst. Das ändert aber nichts an der Tatsache. dass wir die Brandenburgerinnen und Brandenburger vor diesen Hunden

schützen müssen - selbstverständlich - und dass wir die Halter. die sich nicht an Recht und Gesetz halten. zwingen müssen. ihre Hunde zu melden. damit sie nicht mehr ihr Unwesen treiben können. Darum geht es.

Meine Damen und Herren. \h. ir sind nicht gewillt. darüber zu debattieren. jetzt. nach einer Laufzeit von sechs Wochen. die Hundehalterverordnun g zu novellieren bzw. zurückzuziehen, sonderst wir wollen jetzt die notwendigen Maßnahmen durchziehen. wollen dabei aber auch vermeiden. dass es Härtefälle gibt. Ich hin mir ganz sicher, dass sich Innenminister Schönbohni dieser Sache annehmen und auch auf die Einhaltung des Übennakebotes Lichten wird. Ich bitte darum. dass wir den Antrag der DVU ablehnen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Homevier. - Das Wort geht an die Fraktion der PDS. an Herrn Abgeordneten Ludwig.

Meine Damen und Herren. ich hin vorhin auf ein Versehen aufmerksam gemacht worden. Ich habe nur die Hälfte unserer Gäste begrüßt. Die andere Hälfte kommt nämlich aus der Stadt Vetschau. Ich heiße Sie ebenfalls willkommen.

(Beifall Birte schön. Herr Ludwig! Ludwig (PDS) :

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angriffe von Hunden auf Menschen haben vor allem in den letzten beiden Jahren die Medien beschäftigt. Viele Bürgerinnen und Bürger haben zu Recht Sorge. dass auch in Brandenburg Hunde nicht sorgsam gezüchtet und gehalten werden und deswegen für Menschen - auch für die Hundehalter - gefährlich werden können. Hundehalter haben Sor ge. zu Unrecht pauschal als Halter gefährlicher Tiere gesellschaftlich isoliert zu werden.

Die Sorgen der Hundehalter greift die DVU scheinbar mit ihrem Antrag auf. Die volle Breitseite Populismus wird dabei auf die seit eineinhalb Monaten gültige Hundehalterverordnung abgegeben. Sicherlich gab und gibt es seit dem l. August eine Reihe von Fragen von Bürgern und knnminnalen Ämtern, wie einige Bestandteile der Verordnung zu verstehen sind und wann einiges so erschwerend für Halter großer oder nunmehr auch als gefährlich eingestufter Hunde geregelt wurde. Aber die sofortige ersatzlose Aufhebung wichtiger Regelungen kann man wie die DVU nur fordern. wenn man nicht um Lösungen bemüht ist. sondern nur erneut um Schlagzeilen.

Wenden wir uns bei der Diskussion zu diesem Thema den Sorgen der örtlichen Ordnungsämter, der Veterinärämter. der Tierheime. der Tierschützer. des Kinderschutzbundes und der Hundehalter zu und von solchen Anträgen ah! Wir lehnen diesen Antrag ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Ludwig. - Das Wort geht an die Landesregierung. Herr Minister Schönbohm. bitte schön!