Protokoll der Sitzung vom 20.09.2000

Meine Damen und Herren! Was von Bahnchef Mehdorn als marktorientiertes Angebotskonzept propa giert wird. vernachlässigt die Nachfrage des Marktes. Anstatt die bisweilen noch nicht gefüllten Züge zu beklagen und mit einer Einschränkun g des An gebotes zu reagieren. sollte die Deutsche Bahn ihre Bemühungen darauf richten. die Nachfrage nach Mobilität. die in Deutschland besteht. für die Deutsche Bahn zu gewinnen. Verbesserter Service. Verlässlichkeit und Pünktlichkeit. kürzere Wartezeiten zu den Anschlusszügen. aber auch abgestimmte Zeiten und Anschlussangebote mit anderen öffentlichen Verkehrsträgern werden die Zufriedenheit der Bahnkunden erhöhen und zu einer erhöhten Nachfrage nach Bahnleistungen beitragen.

Kurz: Verbesserung und Ausweitung der Bahnangebote können dazu führen, die derzeitigen Nachfragelücken zu schließen.

Meine Damen und Herren! Die derzeitigen Nachfragelücken nach Bahnangeboten mit der Reduzierung des Angebots zu beantworten ist der falsche Weg. Diesen Weg zu gehen bedeutet langfristig, dass sich der Verkehr von der Schiene auf die Straße zurückverlagert. folglich eine Entwicklung. die wir gerade nicht wollen.

Mit unserem Antrag wollen wir unserer Forderung Nachdruck verleihen, die Interregioangebote nicht wie geplant zu kürzen, Gleichzeitig verbinden wir damit die Forderung, dass sich die Brandenburger Landesregierung in Abstimmung mit den Landesregierungen der benachbarten Bundesländer bei der Bundesregierung und der Deutschen Bahn AG für den Erhalt des Interregroverkehrs einsetzt.

Wir wollen mit unserem Antrag deutlich machen. dass wir es nicht hinnehmen werden, dass dem Land Brandenburg ein wichtiger Bestandteil seiner Verkehrsinfrastmktur genommen wird. Wer Mobilität einfordert, kann die Pläne der Deutschen Bahn AG nicht hinnehmen.

Wir müssen auch der Bundesregierung gegenüber frühzeitig deutlieh machen, dass das Land nicht auf eigene Rechnung lnterregiozüge durch Regionalzüge ersetzen kann. Abgesehen vom erhöhten Knordinierungsaufwand zwischen den Verkehrsträgem und den Landesregierungen beim Ersatz von Interregioverbindungen durch Regionalzüge sowie den An gebotsverschlechterungen für unsere Bürger würden Kosten für die Bestellung zusätzlicher Regionalkilometer in Millionenhöhe getragen werden müssen.

Wir machen aber schon jetzt deutlich. dass wir von der Bundesregierung im Falle der Streichung von Strecken zusätzliche Regional isierungsmitte.I einfordern werden. Angebotseinschränkun gen hei öffentlichen Verkehrsanbindungen für unsere Bür

ger werden wir ebenso wenig hinnehmen wie zusätzliche Kosten für das Land in Millionenhöhe. - Danke schön.

(Bei fall hei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

I 730 Landtat:. Brandenhur2 -3. 1‘ ah Iperiode - Plenarprotokoll 3 20 - 20. Soplcmher 20011

Ich danke dem Abgeordneten Schrey. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU, Frau Abgeordnete Hesselbanh.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! NI i r bleibt eigentlich nur noch. mich meinen Vorrednern anzuschließen: denn es wurde bereits alles gesagt. Ich merke hiermit an. dass sich die Fraktion der DVU diesem Antrag anschließen wird.

(Beifall bei der DVI

Vizepräsident Haber ma

Ich danke Ihnen für den kurzen Beitrag. - Das Wort geht an den Verkehrsminister. Herr Minister Meyer. bitte!

Ganz so kurz kann ich es nicht machen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Deutsche Bahn AG versucht in der Tat schon seit einiger Zeit. eine Reihe von ertragsschwachen Verkehren - in erster Linie betrifft das den Interregio - aus dem Fahrplan Zu nehmen, Der 1998 und damit - wie Frau Tack bemerkte - schon in den _Dürren- Jahren der Bahn angekündi gte gravierende Einschnitt konnte durch massive Proteste der Bundesländer damals gerade noch N erhindert werden. Anschließend wurden Korrektur- und Anpassungsmaßnahmen vorgenommen. die aber nach Aussage der Deutschen Bahn das Betriebsergebnis nicht entscheidend verbesserten.

Da aber die Deutsche I3ahn verpflichtet ist. den Reisefemverkehr eigenwirtschaftlich durchzuführen, bleibt ihr aus ihrer Sicht zunächst keine andere Wahl. als schwache Segmente vom Markt zu nehmen. wenn nicht der Eigentümer Bund gegensteuert. Und die Länder fordern zu Recht, dass die Bahn Dienstleister für alle Bürger bleibt.

Die Deutsche Bahn AG hat nun vorgeschlagen. als Ersatz für entfallende Interregiolinicn zusätzliche Regionalexpressleistungen zu fahren. Abgesehen vom Attraktivitätsverlust für Bahnreisende - weniger Fernverkehrsangebote mit den typischen Komfortmerkmalen. wie zum Beispiel Platzreservierung. gastronomische Versorgung und andere -. gehören Regionalexpressleistungen zum Schienenpersonennahverkehr und sind von den Ländern zu bezuschussen. Das kann nicht sein.

Vor allem wegen dieser Problematik kam es in der vergangenen Woche kurzfristig zu einem Spitzengespräch zwischen dem Ministerpräsidenten und dem Chef der Deutschen Bahn AG. Ich durfte dabei sein. Dort wurde vereinbart, dass es auf Arbeitsebene noch einer bilateralen Absprache bedarf. Allerdings - und das muss gesagt werden - ließ Herr Mehdom keinen Zweifel an seinem Willen, grundsätzlich alle Interregios in ganz_ Deutschland einzustellen.

Mit dieser _Umschichtung- von Fern- und Nahverkehr wird jedoch die Geschäftsgrundlage der Regionalisierung verlassen.

Das ist die einhellige Meinung aller Bundesländer. Das Thema steht deshalb auf der Tagesordnun g der Verkehrsministerkonferenz. die in der nächsten Woche stattfindet mit dem Ziel. gegen diese Absichten zu intervenieren.

Vor diesem Hintergrund. Frau Tack. gibt es natürlich andere Modellrechnungen. die aber noch nicht von mir und sicherlich auch noch nicht offiziell von der Bahn in irgendeiner Form bestäti gt werden können. Da gibt es das 50:50-Modell für Interreglostrecken_ die rentabel gefahren werden können. Nun ist das so ein Geschäft in der Waage. In den dicht besiedelten Ländern Bayern. Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen lässt sich ein Intentgio leichter rentabel fahren als im dünn besiedelten Brandenburg. Bei diesen nicht rentablen Zügen - so will es dieser Vorschla g. den ich aber nicht offiziell bestätigen kann sieht die Bahn vor. dass die Länder sie zu 100 "ii zu bezahlen hätten. Das ist eben der Punkt. wo sich das Land Brandenburg eindeutig positioniert.

Zu diesem Zweck haben die Verkehrsminister und -senatoren den Arbeitskreis Bahnpolitik beauftragt. bis Ende nächster Woche. also his 27. 28. September, unter Beteili gung des Bundes und der Deutschen Bahn AG Eck-punkte einer gemeinsamen Position der Länder zu den Planungen hinsichtlich der Personenfern- und -naht erkehrsangebote der Deutschen Bahn AG zu erarbeiten, Dabei sind insbesondere die Gemeinwohlverpflichtung des Bundes für den Schienenpersonenfernverkehr gemäß Artikel 87 e Abs. 4 des Grundgesetzes und die der Länder für den Schienenpersonennahverkehr zu berücksichtigen. Die Verkehrsministerkonferenz forderte die Deutsche Bahn AG auf. bis dahin keine unumkehrbaren Fakten durch Einstellung von Interregdov erbindungen zu schaffen.

Für den Fall. dass die Bemühungen der VMK scheitern. müssen rechtzeitig Ersatzlösungen konzipiert werden. Deshalb befindet sich die Fachabteilung unseres Hauses in der Diskussion. ohne jedoch der VMK vorgreifen zu wollen.

Realistischerweise muss eingeschätzt werden, dass ein SPNVErsatzangebot. das den bisherigen Interregioangehoten weitgehend entspricht. weder verkehrlich sinnvoll noch finanziell leistbar ist. Anzustreben ist letztlich eine für alle Beteiligten zumutbare Lösung, die im Kontext mit dem noch zu fassenden VMK-Beschluss steht.

Der Entwurf des Landta gsantrages unterstützt insofern unsere Bemühungen. Ich kann aber heute. sehr verehrte Antragsteller, nicht mehr dazu sagen als zu versprechen. mich im engen Schulterschluss mit den anderen Bundesländern gegen diese Pläne der Deutschen Bahn AG zu wehren. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich danke Herrn Minister Meyer. - Wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angekommen und kommen zur Abstimmung über den Antrag zur Drucksache 371694 der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU. Wer diesem Antra g, seine Zustimmung gibt. den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dem Antrag einstimmig zugestimmt worden.

Landtal Brandenhurg - 3. V% ähiperwek - 3 - 20. Seph.-mber 2000 1231

ich schließe den Tagesordnungspunkt. und rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Humanitäre Grundsätze in der Flüchtlingspolitik beachten

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3 '1 701

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile der einreichenden Fraktion das Wort. Bitte schön. Herr Abgeordneter Sarrach!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Deutsche Bundestag fasste am 6. Juli 2000 einstimmi g den Beschluss. mit Blick auf Flüchtlinge und Vertriebene aus Bosnien und Herzegowina. aber auch Kosovo-Albanerinnen und -Albaner die Bundesregierung aufzufordern - ich zitiere aus der Bundestagsdrucksache 14 3729 -.

_in Zukunft keine Ausreiseauffordcnmg verbunden mit der Androhung der Abschiebung auszusprechen und. falls bereits Ausreiseauffordeningen ergangen sind. diese zu widerrufen. wenn es sich uni

1. Behinderte. Kranke. allein stehende Alte. Mütter mit Kleinkinden-1 sowie unbegleitete Minderjährige.

2. Tmuniatisierte mit fachärztlicher Beurteilung.

3. Ehepaare, die verschiedenen Ethnien angehören und deshalb jetzt in ihrer früheren Heimat nicht gemeinsam leben können.

4. Lagerinsassen. die während des Bürgerkriegs oder des Genozids inhaftiert waren.

5. Kriegsdienstverweigerer und Deserteure. die sieh der Beteiligung an völkerrechtswidrigen Aggressionen und Verbrechen entzogen haben,

6. Zeugen in Kriegsverbrecherprozessen.

7. Jugendliche, die in Deutschland aufgewachsen sind und weitgehend integriert sind,

handelt.'

Weiter forderte der Bundestag die Bundesregiening auf. sich dafür einzusetzen, dass Minderheiten. deren Heimat früher oder erst heute mehrheitlich von einer anderen Ethnie bewohnt wird, die sich gegen die Rückkehr dieser heutigen Minderheit wehrt. bzw. Roma und Aschkali. die überall Minderheit und fast überall Gejagte sind, wegen der inhumanen Verhältnisse vor Ort von der Ausreiseaufforderung aus genommen werden, sofern sie nicht freiwillig zurückkehren wollen.

1. die Sicherheit für Rückkehrwilli ge. die einer ethnischen bzw. religiösen Minderheit angehören:

2. die Sicherheit vor Minen:

3. die Existenzmöglichkeit für die Person oder Familie. uni ein Mindestmaß sozialer Überlebenschancen zu gewährleisten:

4. der Zustand des Gebäudes im Heimatort, in das die Person zurückkehren soll. bzw. geplante oder schon durchgeführte Rekonstnikt ionsprogramnie.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich führe das deswegen so umfänglich aus. weil dieser Beschluss ein deutlicher Appell der höchsten deutschen Volksvertretung ist, dass die gegenwärtige Abschlehepolitik so nicht fortgesetzt werden kann. Gefordert wird und erforderlich ist ein Einsatz für Menschen in einer Notsituation. Wenn Sie die aktuelle Einwanderungsdiskussion verfolgen. ist es besonders bemerkenswert, dass es nicht uni die Frage der Nützlichkeit ton Menschen geht. sondern endlich einmal uni die bedrohliche La ge von Menschen. In dieser Bewertung stimmen wir mit der PDS-Bundestagsfraktion überein. auch wenn ich den Ihnen vorliegenden Begründungstext unseres Antrages. der ja auf eine Initiative der rot-grünen Koalition in Nordrhein-Westfalen zurückgeht. korrigieren muss. da hei diesem interfraktionellen Antrag von 230 Bundestagsabgeordneten keine PDS-Abgeordneten einbezogen waren. also leider nicht von allen t3undestagsfraktionen gesprochen werden kann.