Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Ihnen vorliegende Antrag der Fraktion der PDS zur Realisierung von Soforthilfen für existenzbedrohte Gartenbaubetriebe könnte dem Wesen nach auch von den Fraktionen der Regierungskoalition ausgehen. Ja. auf der Ebene des Bundes gibt es analoge Überlegungen seitens einzelner Abgeordneter der CDU und auch der FDP. der für eine Reihe von Betrieben unerträglichen Situation durch schnelle und gezielte Unterstützung abzuhelfen.
Ich werde Ihnen zur Begründung des Antrages von gestiegenen Heizölpreisen berichten, möchte aber den inhaltlichen Ansatz der Ökosteuer keinesfalls negieren. Ich werde von energieintensiven landwirtschaftlichen Anbauverfahren sprechen und dennoch die Förderun g alternativer Energien nicht als Allheilmittel darstellen. Ich werde auf die erdrückende innereuropäische Konkurrenz hinweisen und weiß. dass Soforthilfen nicht dazu taugen. die Harmonisierung des Marktes zu erreichen. Vielleicht gelingt es mir jedoch. mit der unerfreulichen Vision vom Verschwinden der letzten Gemüse- und Zierpflanzenproduktionsbetriebe in Brandenburg und damit von noch mehr Schwerlasttransporten auf den Autobahnen und noch weniger Beschäftigen im ländlichen Raum den einen oder anderen akribischen Haushälter. liberalen Marktwirtschaftler oder treuen Verfechter der Agenda 2000 wenigstens von der Notwendigkeit zügigen Handelns zu überzeugen.
Zu den Fakten: Im Januar 1999 bezahlte der Käufer für den Liter Heizöl 37 Pfennig. Im September 2000 war der Preis auf gut 106 Pfennig pro Liter angestiegen. Im Vergleich dazu kam es in den Niederlanden - einem in der Pflanzen- und Gemüseproduktion bekanntermaßen führenden Konkurrenten - unter anderem wegen Abweichens in der Steuerpolitik lediglich zu einem Preissprung von 23 auf 34 Pfennig. Hinzu kommt die generell noch niedrigere Mehrwertsteuer auf Betriebsmittel. die bekanntennaßen in den Niederlanden hei nur 6 %. in Deutschland dagegen bei I 6 % liegt.
_Die jüngsten Steuerbeschlüsse in einigen Mitgliedsstaaten haben die im Energiebereich ohnehin bestehenden
Solange das aber noch so ist. Herr Minister. ist besonders Ihr Engagement für Brandenburg gerade auch an dieser Stelle gefordert.
Gestatten Sie mir, die Auswirkungen unter brandenburgischcn Betriebsverhältnissen zu veranschaulichen: Ein durchschnittlicher Gartenbaubetrieb wirtschaftet hierzulande auf vier bis fünf Hektar Produktionsfläche mit vier bis fünf Arbeitskräften. Für den unter Glas betriebenen Teil seiner Produktionsstätte benötigt er jährlich rund eine Million Liter Heizöl. Daraus ergab sich eine Steigerung der Heizkosten von 380 000 DM im Jahr 1999 auf 780 000 DM im Jahr 2000. Dass sich bei den beschriebenen Betriebsgrößen derartige Preisstei gerungen nicht mehr ausgleichen lassen. leuchtet ein. Zusätzlich verfügen die Ostdeutschen Betriebe re gelmäßig über eine geringe Kapitaldecke, sind häufig investitionsbedingt mit Kreditrückzahlungen belastet und sowieso nicht in einer Branche üppiger Margen tätig.
Akut gefährdet ist derzeit bereits ein Drittel der 265 Gewächshausbetriebe in Brandenburg mit ihren 1 450 Beschäftigten. Mein Kollege im Kreistag. Klaus Bochow. ist hier anwesend: Ihnen ist sicherlich auch bekannt. dass die Felgentreu GbR in unserem Heimatkreis Teltow-Fläming bereits 9 % ihrer Treibhausfläche. also rund 2 900 Quadratmeter. stillgelegt hat.
Die Aufgaben. die Unternehmer und Politiker mittelfristig zu lösen haben. sind bekannt. Der Zugang zum europäischen Markt muss mit Chancengleichheit der hier produzierenden Gewerbe verbunden sein. Energieintensive Produktionsverfahren sind durch sparsamere Technologien zu ersetzen. der Transportaufwand ist zugunsten örtlicher Kreisläufe zu reduzieren. Die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe soll eine immer währende Förderniittelvergabe ersetzen. - Diese Weisheiten betreffen natürlich auch eine Vielzahl anderer - insbesondere klein- und mittelständische - Unternehmen, bei denen der Energieverbrauch einen hohen Anteil der Betriebskosten ausmacht. Letztendlich haben alle Einkommensbezieher einen - und hier die Bezieher niedriger Einkommen einen überproportional hohen Anteil an den gestiegenen Kosten zu tragen. Nicht zuletzt hat auch die Bundesregierung veranlasst. für Abmilderung zu sorgen - ich denke dabei an die Kilometerpauschale.
Ich frage Sie. verehrte Abgeordnete: Warum soll dies nicht auch für die vergleichsweise kleine Gruppe der unter Glas produzierenden Gartenbaubetriebe gelingen? Lassen Sie mich dazu meine eingangs aufgeführten Zahlen über die gestiegenen Heizkosten aus der Sicht des Kämmerers erläutern. Die gestiegenen Verkaufspreise lassen auch die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer anwachsen, und zwar für den Liter Heizöl um ca. 9.6 Pfennig. Für jeden bestehenden Betrieb sind das durchschnittlich immerhin bis zu 100 000 DM. die als ungeplante Mehreinnahmen des Bundesfinanzministers für die Unterstützung existenzgefährdeter Betriebe zur Verfügung stehen könnten. Was hindert uns, Beträge dieser Größenordnung - es geht hier immerhin um 129 Millionen DM - in einen Sonderfonds einzustellen? Hier ist ein deutliches Ja von Ihnen. Herr Minister, notwendig. Damit ersparen Sie sich auch einen Wintertourismus. ähnlich dem Sommertourismus mit Bundestagsabgeordneten überwiegend der SPD, nachdem auch Sie unserem Antrag zur Soforthilfe für dürregeschädigte Betriebe nicht Fol ge leisten konnten.
Soweit wir uns zu einem solchen Vorgehen entschließen können, lassen Sie mich in den verbleibenden Minuten Überle gungen äußern. wie eine Soforthilfe zweckmäßig ausgereicht werden könnte. Sie werden mir bestimmt zustimmen. dass eine ungebundene Einmalzahlung in ihrer Wirkung bis zur nächsten Energiepreiskrise verpufft ist. Gleichermaßen dürften zinsverbilli gte Kredite. wie Sie es, Herr Minister. gestern deutlich machten, die fälli gen Tilgungsraten zunächst nur vergrößern und ihre Wirkung sicher erst zeitlich verzögert entfalten.
Gibt es hingegen technologische Möglichkeiten. mit Mitteln in den angedeuteten Größenordnungen direkte Energiesparmaßnahmen. die wiederum zeitnah zu einer Kostenreduzierung führen, zu realisieren?
Wir meinen Ja. Eine Zweckbindung der Soforthilfen an die Auflage zur baldigen Installation zum Beispiel von Holzheizun gen oder solarthermischen Anlagen innerhalb bestimmter Fristen wird in Kombination mit der längerfristig wirksamen Förderung der Ergänzung beziehungsweise Umstellung auf alternative und CO3 -neutrale Energieformen dazu beitragen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
ich danke Ihnen. Frau Abgeordnete Wehlau. - Das Wort geht an die Fraktion der SPD. an Herrn Abgeordneten Dr. Woidke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Wehlan. ich darf ihnen sagen: Sie haben mir in vielen Punkten Ihrer Rede aus dem Herzen gesprochen. Die Situation ist dramatisch. vor allem in den Unterglasbetrieben im Ganenbaubereich des Landes Brandenburg. Besonders dramatisch ist diese Situation. weil die Betriebe gerade in Brandenburg. aber auch in den anderen ostdeutschen Bundesländern nach wie vor über eine zu geringe Eigenkapitaldecke verfügen und gerade die Unterglasbetriebe in den letzten zehn Jahren sehr viel investieren mussten. was natürlich heute Zins und Tilgung nach sich zieht.
Der Landesgartenbauverband geht vor diesem Hintergrund davon aus. dass ein Teil dieser Betriebe die von Frau Wehlan ausführlich geschilderten zusätzlichen Belastungen nicht verkraften kann und circa ein Drittel der Brandenburger Unterglasgartenbauhetriehe in ihrer Existenz akut bedroht sind. Dieses ist besonders tragisch. weil diese Betriebe sowohl aufgrund ihrer Produkte als auch aufgrund ihrer Investitionen in der Vergangenheit eine sehr gute Stellung am Markt haben und sie grundsätzlich zukunftsfähig produzieren.
Im Prinzip ist dies ein Fall, mit dein wir in der Wirtschaft in den Bereich des Liquiditätssicherunesprogramms kommen. Es ist natürlich nach wie vor sehr bedauerlich, dass wir ein vergleichbares Instrument im Bereich der Landwirtschaft und des Gartenbaus bisher nicht haben und Gartenbau- und Landwirtsehaftsbetriebe sogar ausdrücklich voni Liquiditätssicherungsprogramm im Wirtschaftsministerium ausgeschlossen sind.
Ob nun die von der PDS formulierte Forderung einer Direktsubventionienme der Betriebe realisierbar ist oder oh andere Formen der Unterstützung. wie sie auch vorn Landesgartenbauverband gefordert wurden. sinnvoller sind, sollten wir im Ausschuss für Landwirtschaft. Umweltschutz und Raumordnung vielleicht auch unter Hinzuziehung des Finanzausschusses beraten.
Ich danke dem Abgeordneten Dr. Woidke und gebe das Wort an die Fraktion der DVU. an Hemi Abgeordneten Claus.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Frau Wehlan hat schon ziemlich viel zu dem Antrag gesagt: deswegen möchte ich mich kurz fassen.
Der Gartenbau ist ein Wirtschaftsbereich. der in der öffentlichen Meinung so gut wie nie eine politische Würdigung erfährt oder zur Geltung kommt - eigentlich unverständlich. da sich doch jeder tagtäglich in seiner Umgebung an den schönen Erzeinutissen gärtnerischer Kunst erfreuen kann. Doch es scheint so zu sein. dass in wirtschaftlichen Krisenzeiten der Wert von Kunst- und Nahrungsmittelproduzenten zu gering geschätzt wird. ob gleich jeder deren Erzeugnisse zum täglichen Leben benötigt.
Um es gleich zu sagen: Selbstverständlich stimmen wir als Fraktion der DVU dem Antrag der Fraktion der PDS zu, schon deshalb. weil jede Chance genutzt werden muss. um den besonders finanzschwachen. Pflanzen und Gemüse unter Glas anbauenden Betrieben jede mögliche politische Unterstützung zu geben. denn die Lage ist mehr als dramatisch.
Frau Wehlan, nur so viel: Ich möchte die Maßnahmen, die die Landesregierung schon eingeleitet hat, erläutern. Wir finden das eigentlich sehr gut.
Erfreulich ist aber auch die Nachricht. dass das Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung mit verschiedenen Banken in Verhandlungen steht, um die Möglichkeiten auszuloten. über Betriebsmitteldarlehen mit verbilligten Zinsen zu beraten und solche in Aussicht zu stellen. Aber auch ein Sonderkreditprogramm für Junglandwirte. die Produkte unter Glas anbauen. ist durch die Rentenbank in Vorbereitung.
Dabei stellt sich mir nur die Frage. Herr Minister Birthler. was Ihrer Ansicht nach Junglandwirte sind. - Die Älteren müssten ja auch bedacht werden.
Wir hoffen aber auch. dass Sie bei der Energiebesteuerune auf europäischer Ebene eine Angleichung erreichen. - Ich danke für ihre Aufmerksamkeit.
Ich danken Ihnen, Herr Ab geordneter Claus. - Das Wort geht an die Fraktion der CDU. an Hemt Abgeordneten Dombrowski.
Protokoll zu entnehmen ist. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert. _Hilfsmaßnahmen zur Entlastun g des Gartenbaus bei den Energiekosten schnellstmöglich zu ergreifen". Ich glaube, hier hätte das Land Brandenburg auch ein Zeichen setzen können.
(Beifall hei CDU und PDS ) Herr Präsident? Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Situation der Gärtner in Deutschland hat sich innerhalb des letzten Jahres dramatisch verschlechtert. Mit der Einführung des Ökosteuergesetzes stehen die Gartenbaubetriebe vor enormen finanziellen Belastungen, denen viele nicht mehr gewachsen sind. Hinzu kommt. dass die Gasölheihilfen entsprechend den Festlegungen der Bundesregierung erheblich reduziert und künt tig ganz und gar wegfallen werden. Mit der Festsetzung der Ökosteuer durch die Bundesregierung ist zudem eine Preislawine für Energieträger in Gan g gesetzt worden. deren Ende nicht absehbar ist und die im konkreten Fall bei leichtem Heizöl vom Januar des vorigen Jahres bis zum Vormonat zu einer Verdreifachuni! der Preise geführt hat. (Zurufe von der SPD)
Gefördert wird diese für Verbraucher negative Entwicklung durch eine Inflationsrate von 2,5 ",), den schwachen Euro und den hohen Dollarkurs. Besonders hart treffen diese Entwicklungen den deutschen Unterglasgartenbau. Der deutsche Gartenbau muss sich im europäischen Wettbewerb behaupten wie jeder andere Wirtschaftszweig auch. Dies können unsere Gartenhaubetriebe aber nur unter annähend gleichen Bedingungen leisten. Davon sind wir gegenwärtig allerdings weit entfernt.
Die Gärtner haben in den zurückliegenden Wochen und Monaten in zahlreichen Protestveranstaltun gen die Dramatik ihrer Situation der Politik gegenüber eindringlich verdeutlicht.
Eins jedoch muss auch klar gesagt werden: Die erhöhten Belastungen, vor denen der Gartenbau. aber nicht nur er. sondern auch der gesamte Agrarbereich in Brandenburg steht, sind nicht durch die Politik dieser Landesregierung oder durch Beschlüsse des Landtages Brandenburg verursacht worden. Ich möchte aber einschränkend feststellen. dass sich die Landesregierung nach meiner Meinung vehementer gegenüber der Bundesregierung für die Belange der Landwirtschaft und der Gartenbaubetriebe einsetzen sollte.
Es ist bedauerlich, dass die Dürreschäden im Rahmen der Verhandlungen zur Zustimmung des Landes zur Steuerreform nicht als vordringliches Landesinteresse vertreten wurden_ wie ich es in der Landtagssitzung vom 13. Juli 2000 gefordert hatte. Die Unterstützung der durch die Dürre dieses Jahres in ihrer Existenz bedrohten Landwirtschaftsbetriebe durch Bund und Land mit voraussichtlich jeweils 5 Millionen DM ist zwar zu begrüßen: angesichts mehrerer hundert Millionen DM Dürreschäden in Brandenburg ist das besser als nichts, aber dennoch zu wenig.
Es ist bedauerlich, dass die Initiative der Länder RheinlandPfalz. Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Sachsen und Thüringen auf der Agrarministerkonferenz am 22. September 2000 durch unser Land nicht unterstützt wurde, wie es dem
Ich meine, wir als Brandenburger haben keine politischen Rücksichten auf andere Länder oder auf die Bundesregierung zu nehmen: sie tun es nämlich auch nicht, wenn es unsere Interessen betrifft.
Die Union in Brandenburg ist bei der Zustimmung zur Steuerreform über ihren ei genen Schatten und über mehrere andere Schatten gesprungen. und ich glaube. so ist es im Interesse des Landes auch verantwortbar und richtig.
Die Belastung der Gartenbaubetriebe ist durch die Gesetzgebung der Bundesregierung mit verursacht. und sie ist int europäischen Maßstab ein erheblicher Wettbewerbsnachteil für unsere Ganenbaubetriebe. Wir sind deshalb der Auffassung. dass Brandenburg nicht für die verfehlte Politik der Bundesregierun g finanziell einzustehen hat. Bei aller Dramatik. v or der die Brandenburger Gartenbaubetriebe stehen. halte ich es für notwendig. auch hei dieser Problematik nach dem Verursacherprinzip zu handeln.
Zum Antrag der PDS: Meine Damen und Herren, so verständlich Ihr Anliegen ist. für wie dringend notwendig wir Hilfsmaßnahmen für betroffene Gartenbaubetriebe in Brandenburg auch erachten - Ihr Antrag zielt nicht auf das eigentliche Übel.
Zugleich möchte ich zu bedenken geben. dass nicht nur der Gartenbau von diesen Belastungen betroffen ist, sondern daneben viele andere Bereiche genauso wie die Transportunternehmen, der öffentliche Personennahverkehr und der gesamte Agrarbereich. ohne die Dramatik im Gartenbau zu verkennen. Es liegt nicht in unserem Interesse. dass Gartenhaubetriebe aufgrund dieser Belastungen stillgelegt werden müssen. was gleichbedeutend wäre mit dem Verlust von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum.
Die CDU-Fraktion wird deshalb einer Überweisung dieses Antrages der PDS in den Agrarausschuss zustimmen und erwartet dort eine ernsthafte Beratung. - Danke.