Protokoll der Sitzung vom 19.10.2000

(Heiterkeit hei der CDU)

denn der Beitrag der DVU im Ausschuss zu diesem Thema war - wie gestern schon bei einem ähnlichen Thema - null.

(Zuruf des Abgeordneten Schul dt [DVU])

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf seiner 100-Tage-Pressekonferenz stellte der Minister für Wirtschaft. Herr Fümiß, seine Pläne zur Neustrukturienmg der Wirtschaftsförderung des Landes Brandenburg erstmals vor. Was im Januar 2000 als Arbeitsskizze existierte, wird im Januar 2001 bereits arbeitsfertig sein. Damit wird in nur einem Jahr das geschaffen sein. was im Koalitionsvertrag als ein entscheidender Schritt für die Erhöhung der Attraktivität Brandenbur gs als Wirtschaftsstandort definiert wird. Das Land wird in Zukunft seiner Aufgabe als Dienstleister für Unternehmen besser gerecht werden. Brandenburg wird unternehmerfreundlicher.

In den Jahren des Aufbaus entstand eine Reihe von Institutionen, die als Dienstleister für ansässige Unternehmen. aber auch für potenzielle Investoren fungieren sollten - für sich genommen fraglos eine gute Idee, allerdings in einigen Fällen für die Wirtschaftsförderung in Brandenburg zeitaufwendig und manchmal bürokratisch. wenn es sich uni Investitionen in verschiedenen Förderbereichen. um eine komplexere Problematik handelte. Es wäre falsch_ wenn man sagte - da stimme ich Kollegen Müller zu -. dass die einzelnen Strukturen in der Vergangenheit nicht erfolgreich agiert hZitten. Die Koordination war aber oft vom Einzelen gagement der handelnden Personen abhän gig und war im Grunde genommen nicht im System verankert. Die jetzt gefundene Struktur ist moderne Wirtschaftspolitik, das heißt kompetente Beratun g und Begleitung aus einer Hand.

Kommen wir nun im Einzelnen zu dem Konzept. das uns die Landesregierung vorgelegt hat. Zunächst möchte ich hervorheben, dass ich begrüße. dass das Konzept in Zusammenarbeit mit den betroffenen Institutionen entworfen wurde. Man hat nicht nur auf den - hoffentlich vorhandenen - Sachverstand einer Unternehmensberatung vertraut. sondern das Konzept mit den beteili gten Gesellschaften der [LB. den Kammern und den betroffenen Ministerien entwickelt.

Ich denke. gerade bei einem Projekt, wie es die Förder- und Serviceagentur - oder Zukunftsagentur - ist, ist es wichtig, dass die Betroffenen sowie die Vertreter der Wirtschaft von Anbeginn an in die Planung einbezogen waren und dass ihre Erfahrungen genutzt werden konnten. Nur so kann gewährleistet werden, dass das Ziel der Steigerung der Effizienz der Wirtschaftsförderung erreicht wird.

Als zweiten Punkt möchte ich hervorheben. dass die Einführung des Kundenbetreuungsmodells ein wertvoller Schritt zu größerer Dienstleistungsorientierun g ist. Damit wird für Unternehmer nicht nur der bürokratische Aufwand reduziert. sondern für ihn eine Anlaufstelle mit erheblichen Kompetenzen geschaffen. Es wird seinem Anliegen sozusagen unmittelbar Aufmerksamkeit geschenkt - cm Effekt, der nicht zu unterschätzen ist.

Durch die Schaffung von fünf Außenstellen in den Regionen Brandenburgs wird zudem erreicht. dass die Investoren Ansprechpartner vor Ort finden und die Vorteile aller Regionen Brandenburgs für die Investoren vor Ort verdeutlicht werden können. Den einzelnen Regionen des Landes wird damit auch

1384 1.and.ta2 firandcnburp '13. Iperiode - I'lenarpriokt,113.23 - 19. Oklober 2000

die Chance gegeben. direkt in den Wettbewerb uni Investoren und Arbeitsplätze eintreten zu können.

Meine Damen und Herren! Soll der Anspruch an Professionalität. Dienstleistungsbereitschaft und Internationalität erreicht werden. muss einer neuen Zukunftsagentur auch ein hohes Maß an Flexibilität zu gebilligt werden. Der Vorschlag im Bericht. der Förder- und Serviceagentur eine Budgetfinanzierung zugrunde zu legen. ist ausdrücklich zu begrüßen. Wir müssen über die Details sicherlich noch reden.

Gerade jetzt, wo im Land verstärkt über die Modernisierung der Verwaltung geredet wird. halte ich es für zielführend. wenn wir die Budgetierung der Zukunftsagentur so gestalten, dass ein eigenständiges flexibles Handeln möglich ist.

Einer der wichtigen Punkte. denke ich, der bisher in den Ausführungen noch nicht zur Sprache gekommen ist, ist neben der reinen Wirtschaftsförderung. über die wir reden. die Gründung der Brandenburg Capital GmbH und ihr neu eingerichtetes Instrument, die Brandenburg Capital Venture GmbH.

Mit einem Finanzierungsvolumen in Höhe von rund 100 Millionen DM, aufgebracht von der Europäischen Investitionsbank. der ILB und damit ein Stück weit vom Land und von privaten Venture-Kapitalgesellschaften verfügt Brandenburg über ein außerordentlich attraktives Ansiedlungsargument_ zum einen. weil dieser public-private-partnership für marktgerechte Strukturen und Konditionen sorgt, zum anderen. weil hier der Nukleus für eine moderne, zukunftsgerichtete Wirtschafts- und Finanzpolitik gelegt wird. Das ist mir ein ganz wichtiger Punkt.

Werden wir in der Zukunft aus rein haushalterischen Gründen nicht mehr in der Lage sein, ausschließlich verlorene Zuschüsse als Subventionen an die Wirtschaft zu gehen? Hier ist bereits der Gedanke zu sehen, in den wenigen noch vor uns liegenden Jahren mit den Zuweisungen aus Bund und Ländern in bestimmten Bereichen einen Kapitalstock zu bilden, der revolvierende Elemente enthält, uni hei geringer werdenden Zuwendungen an das Land. die Europäische Gemeinschaft und den Bund dennoch Instrumente aktiver Wirtschaftspolitik zu behalten. Ich denke. das ist ein ganz, ganz wichtiger Aspekt.

Meine Damen und Herren. ich sehe das Projekt Zukunftsagentur nicht nur als elementaren Baustein für eine mehr dienstleistungsorientierte Unterstützun g der Wirtschaft_ sondern sie birgt eben auch Chancen, intellektueller Nukleus zu sein. Wir brauchen in Zukunft eine hohe Anpassungsfähi gkeit. um uns in den nächsten fünf bis zehn Jahren den dramatisch veränderten Rahmenbedingungen - sei es finanzpolitischer Art, aber auch anderen Rahmenbedingungen - für diebrandenbur gische Politik zu stellen.

Insofern ist es nicht nur der reine Servicecharakter, sondern auch das Potenzial, wie es sieh jetzt schon beispielsweise in den Risikokapitalfonds als Teil der Angebotsmöglichkeiten der neuen Agentur zeigt.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich festhalten. dass die Fraktion der CDU dem Bericht der Landesregierung zur Neustrukturierung der Wirtschaftsfördening zustimmt. Mit dem Bericht wurde uns ein Konzept für die zukünftige Wirt

schaftsförderung vorgelegt, das verspricht. die Attraktivität des Unternehmensstandortes Brandenburg deutlich zu erhöhen, Die Landesregierung hat bewiesen, dass sie die notwendi gen Reformen konsequent anpackt und dies im Interesse des Landes und der Brandenburgerinnen und Brandenburger schnellstmöglich umsetzt.

Wir als Parlamentarier wollen - Kollege Müller war heute sicherlich federführend - diesen Prozess aufmerksam und hilfreich begleiten. Deshalb bitte ich Sie. den Entschließungsantrag der Koalition zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Ein letztes Wort zum Entschließungsantrag der PDS: Ich will nicht verhehlen. dass Themen. die dort gestreift werden, Herr Christoffers. den Ausschuss beschäftigen werden. Nur ein Problem sehe ich in Ihren Ausführungen bezüglich der Standortdiskussion: Wir sollten jetzt nicht in eine Konkurrenz geraten und insofern das Benchmarking oder diesen Vergleich zu hoch hängen. Das wäre problematisch. Insofern verstehen Sie bitte, dass wir sicher über die Themen diskutieren, aber diesen Antrag in der Form ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort geht erneut an die PDS-Fraktion. Herr Abgeordneter Domres, bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass der Weg der Neustrukturierung ein richtiger war und nach wie vor ist. steht auch für die PDS außer Fra ge. Mein Kollege Christoffers sprach dazu. Selbst die BBG könnte aus meiner Sicht noch aktiver in die Förder- und Serviceagentur einbezogen werden. Das ist jetzt aber nicht mein Thema. Vielmehr frage ich die Landesregierung - diese Frage haben mit mir viele Menschen in der Pri gnitz -. ob sie noch das Konzept der dezentralen Konzentration verfolgt. Ich meine, der Weg. den die Landesregierung eingeschlagen hat, ist der Weg in die falsche Richtung. Wieder steht nach dein Finanzamt. nach dem Forstamt, nach dem Schulamt. nach der Außenstelle der BTU eine Landeseinrichtung vor dem Aus, denn Sie wissen ja. die T.IN.AAußenstelle Wittenberge wird geschlossen.

Das, sehr geehrte Damen und Herren. hat nichts mit dem Konzept der dezentralen Konzentration zu tun. Ich frage die Landesregierung. ob sieh die Befürchtungen bewahrheitet haben. dass die Koalition von diesem Leitbild abrückt.

Ich möchte es an dem Beispiel von Wittenberge plastisch machen. Mit der Entscheidung. die Außenstelle der T.IN.A zu schließen und in Wittenberge keinen dezentralen Standort für die Serviceagentur einzurichten, wird nicht nur das regionale Entwicklungszentrum infrage gestellt. auch die vom damaligen Wissenschaftsminister angekündigte mögliche Schließung der Außenstelle der BTU Cottbus stärkt in diesem Zusammenhang nicht gerade den Wirtschaftsstandort Wittenberge. Vielmehr erleidet die gesamt Region einen Rückschlag. denn die Stand

ortbedingungen werden nicht besser. Das von der Stadt. vom Landkreis aufgebaute Kompetenzzentnim TAN.A. 713TU-W'irtsehaftsfördergesellsehaft des Kreises und das Technologiezentrum in einem Haus in unmittelbarer Nähe einer großen beruflichen Bildungseinrichtung könnten Impulsgeber für die Prignitzer Wirtschaft sein.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter. lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Herr Kollege. meine Frage ist: Halten Sie es nicht für eine etwas statische Vorstellung angesichts der vorher von allen Rednern gemachten Äußerungen zu internationaler Wirtschaftspolitik, die sicherlich den Aspekt hat, vor Ort Repräsentanzen zu haben, das jetzt an dem Punkt festzumachen: Der Standort, der eine Repräsentanz hat, ist ein wichtiger und ein anderer ist ein unwichtiger? Das ist eine sehr statische Vorstellung.

Diese Einschätzung kann ich nicht teilen. Herr Kollege. und zwar aus dem einfachen Grund: weil die Prignitz allzu oft von bestimmten Entwicklungen abgekoppelt ist.

(Beifall bei der PDS)

An diesem Beispiel macht sich deutlich: Eine engere. ressortübergreifende Zusammenarbeit wäre der richtige Weg. aber die Regierung geht einen anderen. Mit der Bestätigung für das Projekt _Zukunft im Stadtteil- könnte dieses Kompetenzzentrum noch ausgebaut werden und weiterhin effizient arbeiten. Das ist überhaupt keine Frage. Wir können natürlich auch regionale Potenziale einbeziehen und eingliedern. Hierzu gab es bereits Gespräche. Dazu ist aber ein dringendes Bekennmis zu Wittenberge nöti g,, und zwar in Form der Ansiedlung einer ständi g besetzten Außenstelle einer Serviceagentur. Mehr noch das sage ich noch einmal - kann durch eine ressortübergreifende Zusammenarbeit mit Partnern verschiedener Ebenen an diesem Standort, an dem auch die Außenstelle der BTU eine Zukunft haben muss. ein Versprechen wahr werden.

Zu viele Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Zu düster sind die Zukunftsprognosen für die Pri gnitz, denn 77 000 Einwohner im Jahr 2010 in der Prignitz sind keine Schwarzmalerei. das sind die Prognosen der Landesregierung.

Jetzt ist Wittenberge dran, verkündete der Ministerpräsident auf einer Veranstaltung zum 1. Mai vor sechs Jahren. Viele Menschen haben diesen Spruch noch im Ohr. Lassen Sie doch bitte diesen Worten Taten folgen! Unsere Forderung bleibt: Eine Außenstelle der Förder- und Serviceagentur nach Wittenberge! Denn - uni mit Herm Müller zu sprechen - Tiefschläge hatte die Region wahrlich genug.

Ich bitte noch einmal darum. dem Änderungsantrag zuzustimmen. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Nun schließen wir ab mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Hirn iß. bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Vorteil dieser Zukunftsagentur ist, dass sie eine lernende Organisation ist. Mit anderen Worten: Es wäre völlig falsch, jetzt etwas festzuschreiben, sondern man muss mit einem offenen Konzept hineingehen und dann schauen. wo Veränderungen notwendig sind und wo man die Entwicklungen einer sieh rasant verändernden Wirtschaftsstruktur entsprechend aufnehmen muss. Herr Christoffers, genau das, was Sie befürchten, war eines der Motive, warum wir die Zukunftsa gentur überhaupt machen. Wenn die Abstimmung zwischen dem Wirtschaftsministerium und den Fördereinrichtungen und die Abstimmung zwischen der 1E13 idealtypisch so gewesen wäre, hätten wir es nicht gebraucht. Aber da wir Verbesserungspotenziale sehen, gehen wir das an und versuchen, durch bessere Strukturen eine bessere Abstimmung herbeizuführen.

Herr Müller. Sie müssten mich inzwischen kennen. Ich hin wirklich jemand. der in vielen Din gen auf Kontinuität setzt. Aber wenn man nicht mehr den Anspruch erheben darf. Dinge zu verbessern. dann kann man den Hut in der Garderobe abgeben.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wir brauchen auch eine bessere Abstimmung mit den Förderrichtlinien von EU und Bund. Das haben Sie beide übereinstimmend gesagt und ich halte es für ganz wichtig. Wir sind schon runter von 22 auf elf und wir haben nur noch vier Förderschwerpunkte. Im Moment sitzen wir daran, diese so zu formulieren_ dass man sie verstehen kann, ohne gleich drei Unternehmensberater zu brauchen. Das ist nicht ganz einfach, weil der Anspruch der Europäischen Kommission, bedingt durch die Vorgänge in der letzten Kommission. an Absicherung immer stärker wird. Die Zusammenarbeit wird also nicht einfacher. aber das muss man sehen.

Zu dem Beirat: Wenn es gute Leute sind. die uns helfen - warum soll das dann nicht so sein? Ich möchte nur nicht eine Organisationsform schaffen, wohin wir Verantwortung delegieren. Wir wollen die Verantwortung schon selbst übernehmen. nicht nach dem schönen alten Tucholsky-Motto: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann bilde ich einen Arbeitskreis.

(Beifall bei der CDU)

Das möchte ich nicht unbedingt tun. Wir wissen auch ohne Beirat weiter.

Ein nächstes Stichwort ist die Geschäftsführimg. Gerade weil wir Unsicherheiten befürchten, werden wir zum 1. Januar 2001 einen neuen Geschäftsführer etablieren. Die bisherigen werden

Mitglieder der Geschäftsleitung sem. Wir werden zwei Jahre sehen. wie das funktioniert, aber es wird einen Sprecher geben und dieser wird von außen kommen. Damit das ganz klar ist: Die Strukturen sind eindeutig. Das ist übrigens mit den Geschäftsführern besprochen und es besteht Konsens. Wir haben damit kein Problem.