Protokoll der Sitzung vom 19.10.2000

dass wir aus der Europäischen Union austreten und wir nebenbei auch noch den Euro abschaffen sollen. Ich weiß nicht, oh Ihnen bewusst ist. was Ihnen Ihr Kollege Frey in München aufgeschrieben hat, was Sie hier wiedergegeben haben. ob Sie das überhaupt realisiert haben.

(Zuruf von der CDU: Dös hat der so g'sehn!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Hesselbarth, die Einführung des Euro mehr oder weniger als Endpunkt des europäischen Integrationsprozesses ist einfach zu wichtig. als dass man zulassen kann, dass Sie dies hier in dieser Art und Weise besudeln.

Ist Ihnen denn nicht bewusst, dass Brandenburg mit die längste Grenze zu den mittel- und osteuropäischen Staaten hat, dass wir in den letzten zehn Jahren von der Europäischen Union profitiert haben, dass wir viele Fördermittel bekommen haben und dass wir - gerade wegen der Europäischen Union - als Brandenburger und Brandenburgerinnen in diesem Prozess eine Chance haben? Diesen Prozess müssen wir gemeinsam gestalten.

Ich möchte auch noch etwas Persönliches anmerken. Wenn es nach mir ginge. müssten und würden wir über das Thema noch viel mehr diskutieren und dieses Thema den Brandenbureerinnen und Brandenburgern näher bringen. Ich weiß. unser Justiz- und Europaminister arbeitet daran und kämpft auch dafür. und das ist auch richtig. Er verdient unsere Unterstützung.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, lehnen wir sowohl diesen Antrag als auch seine Überweisung ab. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort geht an Frau Stobrawa. Sie spricht für die PDS-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bekanntermaßen hat die PDS die Einführung des Euro unter dem Motto _Euro - so nicht!" abgelehnt. Im Gegensatz aber zu nationalistischen Kräften heißt für die PDS die Alternative zur Europäischen Union,

(Beifall bei CDU und SPD)

Jahrhundertelang ging von Europa Krieg aus. jahrhundertelang

zur Währungsunion und zum Euro nicht deutsche Vorherrschaft und nicht Deutsche Mark. Für die PDS besteht die Alternative zur jetzigen Entwicklung in einer uneingeschränkten europäischen Integration und in einer etwas anderen Entwicklun g der Europäischen Union.

Integration und Währung müssen vor allem den sozialen. den ökologischen und demokratischen Interessen der Menschen in Europa dienen und nicht primär an der Härte und Stärke einer gemeinsamen Währung orientiert sein.

Die PDS hat den Stabilitätspakt abgelehnt. Wir hatten damals gesagt. dass es für die Geldwertstabilität des Euro irrelevant ist, die Neuverschuldung des Staatshaushaltes auf maximal 3 "ie festzuschreiben und zudem Sanktionszahlungen bei Überschreitung dieser Grenze einzufordern.

Obwohl wir die Stabilität einer gemeinsamen Wähning wie auch den Abbau der Staatsverschuldung nicht infrage gestellt haben. meinen wir, die haushaltspolitische Flexibilität der EUMitgliedsstaaten bis hin zu ihren Kommunen muss gesichert werden. Ihre eigenständigen haushaltspolitischen Spielräume dürfen nicht durch willkürliche. starre Regelun gen eingeschränkt werden. Sie dürfen insbesondere nicht daran gehindert werden, eine aktive arbeitsmarkt- und beschäftigungsorientierte Investitionspolitik zu betreiben. die durch verbesserte Haushaltseinnahmen oder auch über Kreditaufnahmen möglich sein muss.

Unsere Fordening lautete in diesem Zusammenhang: Die Verpflichtung des Stabilitätspaktes, wonach Haushaltsüberschüsse ausschließlich zur Tilgung der Staatsschulden zu verwenden sind, ist auszusetzen. Für uns war von Beginn an klar, dass Währungsunion und Einführung des Euro einen qualitativen Sprung in der gegenseiti gen politischen und ökonomischen Durchdringung der Mitgliedsländer bedeuten, der die Lebensverhältnisse ihrer Bürgerinnen und Bürger tiefgreifend beeinflussen wird. Auch deshalb und nicht nur aus gnindsätzlichen Erwägungen haben wir damals die Beteiligung des Volkes gefordert. Bekanntlich gab und gibt es für unsere Position keine Mehrheiten. nicht einmal in der Bundesrepublik.

Das aber, was Sie von der DVU nun mit Ihrer Drucksache 3/1793 konzipiert zu haben meinen. das ist kein Konzept. Das sind vielmehr europafeindliche Sprüche. wie sie rechte Parteien in Deutschland schon immer präferierten. Sie beabsichtigen wahrscheinlich den Austritt Deutschlands aus der Wirtschaftsund Währungsunion und die Abschaffun g des Euro als Wähning. Dies ist aber rechtlich nicht möglich. Die von der Bundesrepublik getroffene Entscheidung ist nicht rückholbar und ich kann mir vorstellen...

Frau Abgeordnete. lassen Sie eine Zwischenfra ge zu?

Gleich. - Ich kann mir vorstellen, dass Ihre Antragschreiber. wo immer sie sitzen mögen, in Potsdam oder anderswo. das auch wissen. - Ich wollte den Satz nur zu Ende führen. Herr Präsidem.

Herr Eitler. bitte!

Frau Abgeordnete, Sie haben vorhin in Ihren Äußerungen betont, dass die PDS eine Abkoppelung von der Frage Haushaltskonsolidierung/Geldwertstabilität sehe. Ich würde gern die Frage stellen. wie Sie das volkswirtschaftlich belegen.

Ich habe nicht gesagt, dass das eine Abkoppelung. sei. Ich habe gesagt: Die Länder. der Bund. die Kommunen müssen eanz einfach weiterhin in der Lage sein. Geld zu haben, uni eine aktive Arbeitsmarkt- und Beschäfti gun gspolitik durchführen zu können. Bitte schön. der Stabilitätspakt - die 3

(Zuruf des Abgeordneten Homeyer [CDU])

war doch schlicht und einfach ein politisches Signal, das gesetzt wurde. Es gab zu diesem Zeitpunkt auch Überlegungen. bei denen gefragt wurde: Warum ist nicht die Arbeitslosenrate eines Landes als ein Kriterium des Stabilitätspaktes aufgenommen worden? Auch das hätte eine politische Entscheidung sein können.

Deshalb unterstellen Sie mir in Ihrer Frage etwas, was ich, wie gesagt. so nicht ausgedrückt habe. Vielmehr waren es politische Entscheidungen. die eine Rolle spielten.

(Homeyer [CDU]: Ach, Sie machen den Salto rückwärts. Frau Stobrawa!)

und da - der Meinung bin ich - gab es auch Spielräume.

Ich komme jetzt zurück und sage: Ich bin nach wie vor der Meinung. dass die von der Bundesrepublik getroffene Entscheidun g nicht rückholbar ist. Und ich unterstelle der DVU, dass sie in Wirklichkeit sicherlich auch etwas anderes will. Sie wollen auch mit diesem Antrag Europafeindlichkeit in der Bundesrepublik fördern und damit sicherlich auch bewusst Ausländerfeindlichkeit un Inneren unseres Landes schüren.

Sie verbrämen das - das ist eigentlich das große Problem - mit einem angeblichen Einsatz für die sozial Schwachen. benennen ausschließlich die Nachteile durch den niedrigen Eurokurs und sie verschweigen. dass es eben auch in der jetzigen Zeit, in der der Kurs des Euro so niedrig ist, durchaus Leute gibt. die beim Export von diesem niedrigen Eurostand profitieren. Ich hin nun aber weit davon entfernt. diesen Faktor - wie manche führende Bundespolitik-er - zu glorifizieren. Dennoch muss ich anerkennen, dass Tausende Arbeitsplätze auch in Deutschland dadurch erhalten werden. dass der Eurokurs zurzeit so niedrig ist. Das kann ich nun finden. wie ich will.

Das aber passt natürlich nicht in das ausländer- und auslandsfeindliche Konzept Ihrer Partei und deshalb verschweigen Sie die Wirkung. Die enormen Probleme. die es in Deutschland zurzeit gibt werden von uns weiterhin deutlich artikuliert werden. Unsere Anmerkungen sind aber nicht gegen Europa gerichtet. sondern wir werden weiterhin versuchen. uns gemein

1390 Landtag Brandnburg - 3. - Plertarprntokoll 3 23 - 19. Oktober 21100

sain mit europäischen Partnern in ein wirklich reformiertes Europa einzubringen. - Ich bedanke mich.

Wir lehnen den Antrag der DVU ab.

(Beifall bei der PDS und der Abgeordneten Frau Dettmann und Frau Siebkc [SPD])

Das Wort geht an die Landesregierung. Herr Minister Schelter. bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es macht überhaupt keinen Sinn. sich mit diesem Antrag fachlich auseinander zu setzen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich möchte nur Folgendes in Erinnerung rufen. meine Damen und Herren von der DVU: Wir schreiben heute den 19. Oktober des Jahres 2000: wir leben nicht im 19. Jahrhundert. Das wieder vereinigte Deutschland ist Mitglied der Europäischen Union und ich wiederhole mein C'eterum eenseo...Wenn Sie m der Gegenwart angekommen sind. melden Sie sich!" - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung.

Die DVU-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrages in der Drucksache 371793 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen, der federführend sein soll. sowie an die Ausschüsse für Arbeit. Soziales, Gesundheit und Frauen und für Wirtschaft. Wer diesem Übenveisunesansinnen folgt, den bitte ich uni sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist die Überweisung mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Antrag folgt. den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4 und begrüße zunächst die Senioren aus Falkensee. die heute unserer Plenarsitzung beiwohnen. Herzlich willkommen!

(Alleenteiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Änderung der Rechtsverordnung zur Berechnung der Investitionsurnlage für Pflegeeinrichtungen

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 371808

Das Wort geht an die beantragende Fraktion: Frau Bednarsky sitzt schon in den Startlöchern. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Brandenburgs Pflegeeinrichtungen existiert eine Zweiklassengesellschaft. Wir haben Pflegebedürftige. die in einem Heim leben oder die von ambulanten Pflegediensten betreut werden, deren Investitionen vollständi g durch die öffentliche Hand getragen worden sind, und wir haben Pfle gebedürftige. bei denen die Infrastruktur nicht oder nur zum Teil mit öffentlichen Mitteln finanziert worden ist.

Dieser Unterschied ist gravierend. Ist die Pflegeeinrichtung nämlich nicht vollständig öffentlich gefördert worden. dann ist der Träger berechtigt. eine Investitionsumlage von den Pflegebedürftigen zu erheben. Nach An gaben der Landesregierung beträgt dieser Umlagesatz in stationären Einrichtungen zwischen 15,78 DM und 16.01 DM pro Pflegetag. Ich betone: pro Pflegetag. nicht etwa pro Monat. Diese unterschiedliche Situation finden wir selbst unter dem Dach eines Heimes.